zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2020, RV/3100958/2019

Gemischt genutztes Gebäude: Finanzierungskosten anteilig als Werbungskosten

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/3100958/2019-RS1
Nur bei objektiv feststellbarem (nach außen erkennbarem) Veranlassungszusammenhang zwischen Finanzierungskosten und außerbetrieblicher Einkünfteerzielung sind Darlehenszinsen (bei gemischt genutzten Gebäuden) zur Gänze abzugsfähig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schrettl Herbert & Partner Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 elektronisch beim Finanzamt ein und erklärte darin unter anderem Überschüsse der Werbungskosten aus der Vermietung von vier Liegenschaften in Höhe von insgesamt EUR 23.765,-. Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2015 unter Übernahme der erklärten Bemessungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer mit EUR -12.119,- fest.

Am reichte der Beschwerdeführer die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 elektronisch beim Finanzamt ein und erklärte darin unter anderem Einnahmenüberschüsse aus der Vermietung von vier Liegenschaften in Höhe von insgesamt EUR 2.245,30. Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2016 unter Übernahme der erklärten Bemessungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer mit EUR -128,- fest.

Nach einer mit Bericht vom abgeschlossenen Außenprüfung verfügte das Finanzamt die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 und 2016 und erließ am selben Tag neue Einkommensteuerbescheide für 2015 und 2016. Im Einkommensteuerbescheid 2015 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer mit EUR -6.430,- fest und änderte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf insgesamt EUR -12.387,17. Im Einkommensteuerbescheid 2016 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer mit EUR 3.871,- fest und änderte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf insgesamt EUR 10.244,12. In den Bescheidbegründungen verwies das Finanzamt jeweils auf den Bericht über die Außenprüfung vom . Neben verschiedenen Änderungen der erklärten Bemessungsgrundlagen, welche nicht beschwerdegegenständlich sind, findet sich zu den beschwerdegegenständlichen Änderungen folgende Begründung: "Mit Schenkungsvertrag vom hat [der Beschwerdeführer] die Liegenschaft X von seiner Mutter … unentgeltlich erworben. Mit Baubescheid vom wurde der Neubau einer Wohnanlage mit 5 Wohnungen auf diesem Grundstück genehmigt. Aus der Wohnnutzfläche der einzelnen Tops wurde der Gebäudeschlüssel mit 39 % privat und 61 % Vermietung ermittelt. … An den einzelnen Tops wird Wohnungseigentum begründet, wobei [der Beschwerdeführer] Eigentümer sämtlicher Einheiten ist. Die Finanzierung der Errichtungskosten wurde mittels Eigenmittel und einer Kreditaufnahme von EUR 500.000,- … vorgenommen. Nachdem die den Vermietungsbereich betreffenden Baukosten in Summe netto ca 508.000,- ausmachen, wurde der gesamte Kredit von 500.000,- dem Vermietungsbereich zugeordnet. Diese Zuordnung wird von Seiten des Finanzamtes nicht akzeptiert.

Eine Schuld kann nicht deshalb, weil sie geringer ist als die Herstellungskosten des unternehmerisch genutzten Teiles, als nur auf den für Vermietung fallenden Teil angesehen werden. Die Schuld ist vielmehr der unternehmerischen und privaten Nutzung des Gebäudes entsprechend aufzuteilen. Eigenmittel und Darlehensauszahlungen sind auf dem Girokonto eingegangen und es wurden die Zahlungen der Errichtungskosten von diesem Girokonto vorgenommen, wobei von jeder Zahlung der 39%ige Privatanteil ausgeschieden wurde. Für den Großteil dieser Zahlungen werden Mittel aus den auf dem Girokonto eingegangenen Darlehensauszahlungsbeträge verwendet (Guthaben aus Eigenmittel für privaten Anteil auf dem Konto nicht gegeben.

Anmerkung: Auch die das Darlehen gewährende Bank hat sich bei der grundbücherlichen Sicherstellung nicht auf die Vermietungstops beschränkt…

Von den Finanzierungskosten für die Errichtung der Liegenschaft Adresse_1 ist der Privatanteil in Ansatz zu bringen, der sich aus dem Gebäudenutzungsschlüssel ergibt." Das Finanzamt ermittelte einen "Privatanteil" an den erklärten Zinsen und Spesen für Bankkredite Wohnbau von 39 Prozent der Gesamtbeträge, nämlich EUR 9.996,62 von EUR 25.632,36 im Jahr 2015 und EUR 4.227,65 von EUR 10.840,14 im Jahr 2016 und verringerte die Werbungskosten 2015 und 2016 um diese Beträge.

Nach zwei Anträgen vom und auf Verlängerung der Frist zur Einreichung einer Beschwerde erhob der Beschwerdeführer am Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 und beantragte die Änderung dieser Bescheide dahin, dass die vom Finanzamt nicht anerkannten Finanzierungsaufwendungen von EUR 9.996,62 im Jahr 2015 und EUR 4.227,65 im Jahr 2016 als Werbungskosten anerkannt werden sollten. Er begründete seine Beschwerde zusammengefasst wie folgt: Es bestehe der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit im Ertragssteuerrecht, für die Zuordnung eines Darlehens sei der Schuldgrund bzw. der Veranlassungszusammenhang entscheidend. Im Rahmen seiner Finanzierungsentscheidung seien die Herstellkosten den eigenständige Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen gezielt zugeordnet worden. Dies ergebe sich aus diversen von ihm verfassten Mails. Er habe über Eigenmittel von insgesamt EUR 345.000,- (darin enthalten Schenkungen von seiner Großtante in Höhe von insgesamt EUR 270.000,- zweckgebunden für die Errichtung eines Eigenheimes) verfügt und seine laufenden Einkünfte für die Finanzierung des Eigenmittelanteiles verwendet.

Die Baukosten für die Errichtung der Mietwohnungen entsprächen exakt der Höhe der Fremdmittel, da die Finanzierung genau danach geplant worden sei. Daher sei nachgewiesen, dass die Fremdmittel ausschließlich für die Errichtung der Mietwohnungen verwendet worden seien. Die Baukosten der Mietwohnungen hätten EUR 553.000,- betragen, der Kredit der Bank_1 EUR 522.000,- betragen und jener der Bank_2 EUR 20.000,-. Mit den Fremdmitteln seien abgrenzbare und ausschließlich betrieblich genutzte Gebäudeteile finanziert worden. Dem Hinweis des Außenprüfers, dass die darlehensgewährende Bank nicht nur die zur Vermietung bestimmten Einheiten als Sicherheit beansprucht habe, werde entgegengehalten, dass dies einer üblichen Kreditabwicklung entspreche. Die Bank habe auch noch auf weiteren Sicherheiten (Verpfändung der Bezüge des Beschwerdeführers, Risikoversicherung, Übergabe von zwei Blankowechseln) bestanden.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies zusammengefasst damit, dass die Herstellungskosten wie Aushubarbeiten, Dachstuhl, Dacheindeckung, Heizungsanlage, Rohinstallationen, Außenanlagen etc betroffen hätten und daher nicht in einen der Vermietung und einen der Privatnutzung dienenden Teil aufgeteilt werden könnten. Auch sei keine getrennte Überweisung der Kosten erfolgt.

In seinem Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer weiter vor, dass die fünf errichteten Wohnungen jeweils als eigenes einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen seien. Bei einem Bau dieser Art sei eine Aufteilung der Baukosten und Zuordnungen zu den einzelnen Wohneinheiten nicht möglich. Dennoch seien die private Wohnung mit Eigenmitteln und die zur Vermietung bestimmten Wohnungen mit Fremdmitteln finanziert worden.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und führte weiter aus, dass auch bei wohnungsweiser Betrachtung eine Zuordnung von Herstellungskosten auf eine einzelne Wohnung nicht nachvollziehbar sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer ist aufgrund eines Schenkungsvertrages vom im Grundbuch eingetragener Eigentümer der Liegenschaft X an der Adresse Adresse_1 in PLZ Ort. Mit bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichem Bescheid der Stadtgemeinde Ort vom wurde die Errichtung einer Wohnanlage mit fünf Wohnungen auf Grundstück X bewilligt. Im Grundbuch sind auf dieser Liegenschaft 5 Wohnungen und 8 Kfz-Abstellplätze ausgewiesen, hinsichtlich derer vorläufiges Wohnungseigentum des Beschwerdeführers begründet wurde.

Der Beschwerdeführer hat am mit der Bank_1 einen Darlehensvertrag über die Summe von EUR 522.000,- abgeschlossen. Im vorgelegten Darlehensvertrag ist als Verwendungszweck "Neuerrichtung Eigenheim" ausgewiesen. Aus dem Grundbuch und dessen Urkundensammlung ist ersichtlich, dass auf der gesamten Liegenschaft X ein Pfandrecht der Bank_1 im Höchstbetrag von EUR 522.000,- lastet.

Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Errichtung von fünf Wohneinheiten auf der Liegenschaft X hat der Beschwerdeführer im Jahr 2015 Darlehenszinsen von EUR 25.632,36 und im Jahr 2016 Darlehenszinsen von EUR 10.840,14 bezahlt. Dies ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

Das Verhältnis der Nutzflächen der zur Vermietung bestimmten vier Wohneinheiten auf der Liegenschaft X zur Nutzfläche der privat genutzten Wohneinheit beträgt 61,02 zu 38,98 Prozent (gerundet: 61 zu 39 Prozent). Dies ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich, ob die in den Streitjahren angefallenen Darlehenszinsen in Höhe EUR 25.632,36 im Jahr 2015 und EUR 10.840,14 im Jahr 2016 zur Gänze oder nur anteilig im Verhältnis der Nutzflächen der privat bzw. zur Vermietung genutzten Einheiten als Werbungskosten bei den Einkünften des Beschwerdeführers aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind unter anderem Schuldzinsen als Werbungskosten abzugsfähig, insoweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können im betrieblichen Bereich Verbindlichkeiten, die ein Abgabepflichtiger anlässlich des Erwerbes oder der Herstellung eines teils betrieblich und teils privat genutzten Gebäudes in der Regel nur nach Maßgabe der betrieblichen Nutzung auf das Betriebs- und Privatvermögen aufgeteilt werden ( mwN).

Eine Zuordnung von Darlehen zum Bereich der außerbetrieblichen Einkunftserzielung zur Gänze kommt nach Zorn dann in Betracht, wenn Baumaßnahmen für einzelne Gebäudeteile abgrenzbar sind und wenn mit den Darlehensmitteln objektiv nachvollziehbar nur ein vermieteter Gebäudeteil bezahlt wird. Im Zweifel wird jedoch eine einheitliche Finanzierung des gesamten Gebäudes angenommen, die Darlehenszinsen sind diesfalls verhältnismäßig auf die Gebäudeteile aufzuteilen (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hg), EStG, 21. Lfg 2020, Rz 63 zu § 16 mwN). Lenneis vertritt die Auffassung, dass Zinsen jedenfalls (nur) nach dem Ausmaß der Nutzung eines Gebäudes zur Einkunftserzielung anteilsmäßig abzugsfähig sind, wenn die gemischte Nutzung Teil eines einheitlichen Planes war (Lenneis in Jakom, EStG, 13.A. 2020, Rz 8 zu § 16).

Auf Sachverhaltsebene haben sich keinerlei Umstände ergeben, die eine Zuordnung der Darlehenszinsen ausschließlich zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung rechtfertigen würden. Im Darlehensvertrag mit der Bank_1 GmbH wird als Verwendungszweck "Neuerrichtung Eigenheim" angeführt, was dem Beschwerdevorbringen geradezu widerspricht. Auch lastet eine Höchstbetragshypothek zur Besicherung dieses Darlehens auf der gesamten Liegenschaft und nicht bloß auf den vier zur Vermietung bestimmten Wohneinheiten, hinsichtlich derer vorläufiges Wohnungseigentum begründet wurde und die daher einer gesonderten Verwertung zugänglich wären.

Der Beschwerdeführer hat nicht einmal behauptet, dass er die für die Errichtung der zur Vermietung bestimmten Wohneinheiten entfallenden Baukosten getrennt von den auf den privat genutzten Gebäudeteil entfallenden Baukosten bezahlt hätte (vgl. ). Vielmehr enthalten die vom Beschwerdeführer vorgelegten Baurechnungen Vermerke wie "Bauvorhaben Adresse_1", "Wohnbebauung BfOrt" , "BV [Beschwerdeführer]" oder "Bf Wohnbau". Im übrigen wäre eine Zuordnung bzw. gesonderte Bezahlung von Kosten für Baumaßnahmen wie Aushub und Kellererrichtung, Baustelleneinrichtung oder Errichtung des Daches auf einzelne Wohneinheiten im selben Gebäude geradezu lebensfremd (was auch der Beschwerdeführer im Vorlageantrag einräumt).

Es kommt dabei entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag auch nicht darauf an, dass die fünf errichteten Wohneinheiten aufgrund der Begründung von vorläufigem Wohnungseigentum eigenständige Gebäudeteile darstellen (vgl. wiederum ).

Im Ergebnis erschöpft sich das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Zuordnung der Darlehenszinsen in bloßen Behauptungen und Absichtserklärungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Art der Finanzierung eines Betriebes der freien Disposition eines Unternehmers. Da sich aber im gegenständlichen Fall - außer den Behauptungen des Beschwerdeführers - keinerlei objektivierbare Hinweise auf eine ausschließlich der Erzielung von Vermietungseinkünften dienende Darlehensaufnahme ergeben haben, geht der Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 3630/80 ins Leere.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage war nicht zu lösen, zumal die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes im Einklang mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100958.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at