Fruchtgenuss gegen AfA-Miete bei Grundstücksschenkung nach § 15 Abs. 3 GebG von Dienstbarkeitsgebühr befreit
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103952/2020-RS1 | Fortgesetztes Verfahren - Der Verwaltungsgerichtshof , Ra 2020/16/0112 iVm hat - Dienstbarkeitsgebühr für „Fruchtgenussrecht gegen AfA-Miete“ wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben: Wird – wie in diesem Fall - in einem Vertrag vom Geschenkgeber ein Grundstück an den Geschenknehmer geschenkt und in einem gesonderten Punkt vom Geschenknehmer ein Fruchtgenussrecht gegen Zahlung der AfA-Miete an den Geschenkgeber eingeräumt, liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft Schenkung eines Grundstücks gegen Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes, dieses wiederum gegen laufende Zahlungen von Beträgen in Höhe der AfA vor, für das das Grunderwerbsteuergesetz maßgebend ist, weshalb die Fruchtgenussrechtseinräumung gegen Zahlung der AfA-Miete gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Dienstbarkeitsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG befreit ist. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1 Tür Freyung, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom ErfNr. ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Rechtsgebühren (Fruchtgenussrecht gegen AfA-Abschreibung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittige Punkte
Bei einer Grundstücksschenkung mit gleichzeitiger Vereinbarung Vorbehaltsfruchtgenussrecht gegen "AfA-Miete"/Substanzabgeltung liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft Schenkung eines Grundstücks gegen Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes, dieses wiederum gegen laufende Zahlungen von Beträgen in Höhe der AfA vor, für das das Grunderwerbsteuergesetz maßgebend ist, weshalb die Fruchtgenussrechtseinräumung gegen Zahlung der AfA-Miete gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Dienstbarkeitsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG befreit ist. (fortgesetztes Verfahren zu - , welches auf verweist).
1. Verfahrensgang
Mit Schenkungsvertrag vom schenkte und übergab der Bf. sein Grundstück ***2*** seiner Tochter, der Geschenknehmerin. In Punkt VII. "Fruchtgenussvorbehalt" räumte die Tochter dem Bf. auf dem geschenkten Grundstück ein lebenslanges Fruchtgenussrecht ein. Demzufolge war der Bf. als Fruchtgenussberechtigter berechtigt, das Grundstück zu vermieten und die Mieterträge zu vereinnahmen. Die Mieterträge stehen dem Bf. zur Gänze zu. Andererseits übernahm der Bf. die Verpflichtung, für die Dauer des Fruchtgenusses sämtliche Kosten der Instandhaltung des Gebäudes zu Tragen. Weiters verpflichtete sich der Bf., der Fruchtgenussberechtigte, die auf den schenkungsgegenständlichen Anteil entfallende jährliche steuerliche Abschreibung (AfA) an die Tochter zu bezahlen.
Für die Schenkung des Grundstücks setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer fest. In der Folge richtete das Finanzamt mehrere Anfragen an den Bf. und ersuchte ihn, die Instandhaltungskosten und die jährliche Substanzabgeltung bekannt zu geben. Mit Schreiben vom gab der Bf. bekannt, dass im Jahr 2016 eine Zahlung in Höhe von 134.612,30 Euro für Substanzabgeltung geleistet worden sei. Im Jahr 2015 seien keine Instandhaltungskosten angefallen, der Betrag für 2016 und die Folgejahre sei nicht bekannt und werde naturgemäß jährlich unterschiedlich ausfallen. Im Schriftverkehr zwischen Finanzamt und Bf. betonte der Bf. immer wieder, dass in der vorliegenden Vertragsgestaltung keine Einräumung eines Fruchtgenussrechtes gegen Afa Substanzabgeltung vorliege und diese Vereinbarung gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen sei.
Das Finanzamt setzte mit Gebührenbescheid vom die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG fest (auf das Leben des Bf. kapitalisierte jährliche Substanzabgeltung 1,009.417,04 x2% = 20.188,34 Euro). In der Begründung führte das Finanzamt unter anderem an: Werde in einem Übergabsvertrag dem Übergeber des Grundstücks ein Fruchtgenussrecht eingeräumt, und hat der Fruchtgenussberechtigte zur Substanzabgeltung ein Entgelt zu leisten, stelle diese Leistung das Entgelt dar. Bemessungsgrundlage sei der kapitalisierte Wert der auf Lebenszeit zu leistenden Substanzabgeltung.
Fristgerecht wurde dagegen Beschwerde erhoben. Der Bf. beantragte die ersatzlose Aufhebung des Gebührenbescheides. Der Bf. habe seiner Tochter das Grundstück geschenkt und sich ein Fruchtgenussrecht zurückbehalten, eine Personaldienstbarkeit Fruchtgenussrecht sei jedoch nicht eingeräumt worden. Zusätzlich zum Vorbehalt des Fruchtgenusses sei eine Zahlung für Substanzabgeltung vereinbart worden. Diese stelle kein Entgelt für die Einräumung des Fruchtgenusses dar. Im Zuge der Grundstücksschenkung sei das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum am Grundstück vom Bf. an seine Tochter übergegangen. Der Bf. sei zwar ertragssteuerlich weiterhin Inhaber der Einkunftsquelle des vermieteten Grundstücks (Vorbehaltsfruchtnießer), mangels wirtschaftlichen Eigentums habe er aber kein Recht zur einkommensteuerlichen Geltendmachung der Abschreibung für Abnutzung (AfA) am Gebäude. Diese stehe nur seiner Tochter als zivilrechtlicher Eigentümerin zu. Diese Zahlung für Substanzabgeltung solle den Wertverzehr des Gebäudes abbilden und den Bf. wirtschaftlich zur Geltendmachung der Abschreibung berechtigen. Mit einem Entgelt für die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes habe diese Zahlung nichts zu tun und es falle keine Gebühr an. Eine Gebühr falle aber auch deshalb nicht an, weil gemäß § 15 Abs. 3 GebG Rechtsgeschäfte, die der Grunderwerbsteuer unterliegen von der Gebührenpflicht ausgenommen sind. Bereits der -I/11 habe entschieden, dass eine Grundstücksschenkung unter Vorbehalt des Fruchtgenusses unter das Grunderwerbsteuergesetz falle und damit die Befreiungsbestimmung gemäß § 15 Abs. 3 GebG zur Anwendung komme. Genau dieser Fall liege aber auch hier vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Fristgerecht beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. (Vorlageantrag).
Mit E-Mailschreiben vom ersuchte der Bf., mit einer Entscheidung zuzuwarten, da noch eine ergänzende Eingabe zum Nichtvorliegen der Gebührenpflicht bis spätestens Ende Oktober/Anfang November 2019 übermittelt werde.
Eine ergänzende Eingabe langte beim Bundesfinanzgericht nicht ein.
Das Bundesfinanzgericht wies mit Erkenntnis vom , RV/7100688/2018 die Beschwerden als unbegründet ab.
Dagegen erhob der Bf. Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hob das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf
Der Verwaltungsgerichtshof verwies auf das Erkenntnis : In den Entscheidungsgründen legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass es Zweck des § 15 Abs. 3 GebG ist, zu vermeiden, dass ein Rechtsgeschäft, das nach einem der erschöpfend angeführten Abgabengesetze steuerbar ist, nicht noch überdies mit einer Rechtsgebühr belegt wird. ( Rn 8). Die Frage, ob ein einheitlicher Vertrag oder zwei oder mehr selbständige Rechtsgeschäfte mit mehreren verschiedenen Leistungspflichten vorliegen, ist gemäß § 914 ABGB nach dem Willen der Vertragsparteien zu beurteilen, wobei für das Vorliegen eines einheitlichen Vertrages die Zusammenfassung und gleichzeitige Annahme mehrerer Leistungen in einem Schriftstück spricht. ( Rn 9). Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ist allein anhand der Inhalte der nach § 17 Abs. 1 GebG maßgeblichen "Schenkungsverträge" von einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang der Begründung aller darin vorgesehenen Berechtigungen und Verpflichtungen und damit von einheitlichen Rechtsgeschäften auszugehen. Damit ist von einheitlichen Rechtsgeschäften, nämlich von Schenkungen gegen Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes an der Liegenschaft - dieses wiederum gegen laufende Zahlung von Beträgen in Höhe der AfA auszugehen. ( Rn 10).
Mit Ablauf des ist die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG, soweit sich diese auf das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz bezieht, für Rechtsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, inhaltsleer geworden. Für die gegenständlichen Schenkungsverträge ist das Grunderwerbsteuergesetz maßgebend, weshalb der Tatbestand der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG "Rechtsgeschäfte, die unter das …. Grunderwerbsteuergesetz …. fallen eingreift. ( Rn 13).
Durch die Aufhebung des Erkenntnisses des BFG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes war die Beschwerde wieder unerledigt.
Aus allen diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid ersatzlos aufzuheben.
3. Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist dem Erkenntnis bzw. Ra 2020/16/0112 gefolgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | -I/11 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103952.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at