Todesfallkapital aus liechtensteinischer Pensionskasse: Besteuerung beim Erben
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0128. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/1100445/2019-RS1 | Ein einmalig an einen Hinterbliebenen von der liechtensteinischen Pensionskasse ausbezahltes Todesfallkapital ist gemäß § 124b Z 53 EStG zu einem Drittel steuerfrei zu belassen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2019 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert: Die Vorauszahlung an Einkommensteuer für das Jahr 2019 wird mit EUR 10.800,- festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Nach einem Vorhalteverfahren setzte das Finanzamt die Einkommensteuervorauszahlungen für 2019 mit EUR 16.000,- fest.
In seiner Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer unter Verweis auf zwei Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts, die Einkommensteuervorauszahlung für 2019 bei Anwendung des § 124b Z 53 EStG auf die Auszahlung des Todesfallkapitals für ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 41.734,51 in Höhe von EUR 10.800,- festzusetzen. Der Beschwerdeführer erhalte Waisenrenten von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt, der liechtensteinischen X-Versicherung und von der Y-Pensionskasse in Liechtenstein. Weiter habe er im Jahr 2019 ein anteiliges einmaliges Todesfallkapital von CHF 48.478,- ausbezahlt bekommen, welches gemäß § 124b Z 53 EStG zu einem Drittel steuerfrei zu belassen sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer niemals einen primären Anspruch auf Rentenzahlung gehabt habe, und das Todesfallkapital nicht durch eine Pension in Rentenform abgefunden werden habe können und somit keine Pensionsabfindung darstelle, sodass § 124b Z 53 EStG nicht anwendbar sei. Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der 2005 geborene und durch seine Mutter vertretene Beschwerdeführer ist ausweislich des Abgabeninformationssystems des Bundes der Sohn des am Datum verstorbenen V. Er erhielt im Jahr 2019 eine Waisenrente von CHF 865,- pro Monat von der Liechtensteinischen X-Versicherung; Bezüge von der Pensionsversicherungsanstalt von EUR 682,- und eine Waisenrente in Höhe von CHF 328,25 pro Monat sowie ein anteiliges Todesfallkapital in Höhe von CHF 48.478,- von der Y-Pensionskasse in Liechtenstein. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen der auszahlenden liechtensteinischen Stellen und aus dem von der Pensionsversicherungsanstalt übermittelten Lohnzettel.
Art. 25 des Vorsorgereglements der Y-Pensionskasse Liechtenstein (gültig ab , veröffentlicht unter www ) lautet auszugsweise:
"1. Stirbt eine versicherte Person vor dem Altersrentenbeginn, wird ein Todesfallkapital fällig.
2. Das Todesfallkapital entspricht dem im Zeitpunkt des Todes angesammelten Altersguthaben abzüglich des Barwerts zur Finanzierung der Hinterlassenenrenten…
6. Das Todesfallkapital wird folgenden Personen, unabhängig vom Erbrecht, ausbezahlt:
a) dem überlebenden Ehegatten, bei dessen Fehlen
b) dem Lebenspartner…, bei dessen Fehlen
c) den Kindern der versicherten Person…
7. Die versicherte Person kann zu Lebzeiten durch schriftliche Erklärung der Stiftung mitteilen, welche natürlichen Personen aus den Gruppen ( b bis g ) zu welchen Teilen auf das Todesfallkapital begünstigt werden sollen…"
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur festzusetzen, wenn sie andere Einkünfte von mehr als EUR 730,- bezogen haben (§ 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) oder im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen haben (§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988). Gemäß § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlung der Steuer anpassen, welche sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit b EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Unerheblich ist dabei, ob derartige Einnahmen einmalig oder laufend zufließen oder ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen (§ 25 Abs. 2 EStG 1988).
Die Qualifikation der monatlich zufließenden (Waisen-)Renten von der liechtensteinischen X-Versicherung, von der liechtensteinischen Y-Pensionskasse und von der Pensionsversicherungsanstalt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinn des § 25 Abs. 1 Z 2 lit b EStG 1988 ist zwischen den Parteien unstrittig. Ebenso unstrittig ist die Zuordnung des einmalig von der liechtensteinischen Y-Pensionskasse gezahlten Todesfallkapitals zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Strittig ist lediglich, ob dieses Todesfallkapital zur Gänze (so das Finanzamt) oder in Anwendung des § 124b Z 53 EStG 1988 nur zu zwei Dritteln der Besteuerung unterliegt (so der Beschwerdeführer).
§ 124b Z 53 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. … Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."
Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Auszahlung eines Todesfallkapitals gegenüber der liechtensteinischen Y-Pensionskasse ist aufgrund des Ablebens seines Vaters (und allenfalls aufgrund dessen Verfügung) entsprechend dem Vorsorgereglement der liechtensteinischen Y-Pensionskasse entstanden. Der Beschwerdeführer hatte keinerlei Möglichkeit der Disposition hinsichtlich der Auszahlung dieses Todesfallkapitals. Es ist auch nicht erkennbar, dass der verstorbene Vater des Beschwerdeführers zu irgend einem Zeitpunkt eine Verfügung über die Modalitäten der Auszahlung des Todesfallkapitals hätte treffen können. Daher gebietet es schon die teleologische Interpretation des § 124b Z 53 EStG 1988, ein Drittel des dem Beschwerdeführer ausbezahlten Todesfallkapitals steuerfrei zu belassen: Wenn es schon dem Gesetzgeber laut den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung (ErlBem RV 927 BlgNR 21. GP 2) unbillig erscheint, die Auszahlung von Pensionsabfindungen aus dem Ausland tarifmäßig zu besteuern, muss dies auch für Zahlungen aus vom ursprünglich Pensionsanspruchsberechtigten erworbenen Ansprüchen an Hinterbliebene gelten, denen im übrigen von der Satzung des leistungspflichtigen Rechtsträgers keine Verfügungsmöglichkeit über die Zahlungsmodalitäten eingeräumt wird (vgl. ; ; ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in mehreren Erkenntnissen ( et al) ausgesprochen, dass ein Zwang zur (Inanspruchnahme der) Pensionsabfindung Voraussetzung für die Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist - nichts anderes kann im hier gegebenen Fall gelten, in dem es angesichts der Bestimmungen des Vorsorgereglements keinerlei Möglichkeit gab (für den ursprünglich anspruchsberechtigten, verstorbenen Vater des Beschwerdeführers) bzw. gibt (für den Beschwerdeführer), die Erfüllung des Anspruches auf Auszahlung des Todesfallkapitals auf eine andere Art als durch Einmalzahlung zu erwirken.
Daher erweist sich das Beschwerdebegehren auf Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen 2019 für ein voraussichtlich zu versteuerndes Einkommen von EUR 41.734,51 (darin enthalten das ausbezahlte Todesfallkapital zu zwei Dritteln) mit gerundet EUR 10.800,- als berechtigt.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei der Lösung der hier zugrundeliegenden Rechtsfrage an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientieren, weshalb die Revision nicht zulässig ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100445.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at