Sachbezug für die Dienstwohnung einer Heimleiterin
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde der Bf., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/x/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, in der Folge als Bf. bezeichnet, erzielte im Jahre 2014 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit resultierend aus ihren bei derDienstgeber als Heimleiterin des Hauses Haus entfalteten Aktivitäten.
Am brachte die Bf. die Erklärung zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2014 beim Finanzamt ein und beantragte in dieser u. a. den Alleinerzieherabsetzbetrag sowie Kinderfreibeträge für ihre beiden haushaltszugehörigen Kinder gem. § 106a Abs 1 EStG 1988.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 am erklärungsgemäß.
In der am gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde führte die Bf. begründend aus, dass siebei der Organisation (Dienstgeber) als Heimleiterin beschäftigt sei. Sie habe eine Dienstwohnung an der Adresse: 11,gasse. Weiters habe die Bf. eine Privatwohnung, die sie für die Zeit nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses mit derDienstgeber erhalten müsse.
In den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit habe der Dienstgeber 2014 einen Sachbezugswert für die Dienstwohnung in der Höhe von 9.748,56 Euro zugerechnet. Diese Hinzurechnung sei zu Unrecht erfolgt. Die Bf. sei dienstrechtlich verpflichtet, für die Jugendlichen vor Ort auch an den Wochenenden und in der Nacht für den Notfall erreichbar zu sein. RZ 172 LStR 2000 laute: "Eine freie (unentgeltlich überlassene) Dienstwohnung stellt nur dann keinen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis und daher auch keine Einnahme des Arbeitnehmers dar, wenn letzterer die Dienstwohnung ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers im Anspruch nimmt und seine bisherige Wohnung beibehält."
Eine Anfrage des Finanzamtes beim Dienstgeber der Bf. ergab, dass der in Rede stehende Sachbezugswert mit der GPLA vereinbart wurde. Über diese Rückfrage wurde im elektronischen Akt ein Vermerk sowie am im Papierakt ein handschriftlicher Aktenvermerk erstellt.
Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte in dieser begründend aus, dass eine Überprüfung durch das Betriebsfinanzamt ergeben habe, dass der Sachbezugswert für die der Bf. vom Dienstgeber überlassene Wohnung in richtiger Höhe ermittelt worden sei. Eine Änderung des Lohnzettels komme daher nicht in Betracht.
Im dagegen am beim Finanzamt eingebrachten - als Berufung bezeichneten - Vorlageantrag führte die Bf. aus, dass sich deren derzeitiger Mittelpunkt der Lebensinteressen bedingt durch ihre Arbeit und das damit verpflichtende Wohnen in der Dienstwohnung des Dienstgeber-Hauses Haus befinde. Es sei Voraussetzung und wesentlicher Bestandteil der Philosophie der Dienstgeber, dass der Leiter oder die Leiterin mit seiner/ihrer Familie im Wohnheim wohne (festgehalten im Leitbild, in jeder Leiterinnenausschreibung und im pädagogischen Konzept der Dienstgeber: "Gegenseitige Hilfsbereitschaft, Zuhören und füreinander Dasein prägen das gemeinsame Wohnen. Zwischen Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen gibt es einen intensiven, persönlichen Kontakt auf partnerschaftlicher Basis. Dies erreicht die Dienstgeberdurch ihre besondere Art, Wohnheime für junge Menschen zu führen: Hauptamtliche Heimleiterinnen wohnen mit ihren Familien selbst im Haus, haben dort ihren Lebensmittelpunkt, verbringen mit den Bewohnerinnen Zeit auch außerhalb von Dienstpflichten und haben dabei auch einen pädagogischen Auftrag." Siehe auch:
So sei mit ihrer Anstellung als Leiterin des Studierendenwohnheims Haus auch verbunden, dass die Bf. 2003 gemeinsam mit ihrer Familie in die Dienstwohnung im x. Bezirk übersiedelt sei.
Das Bewohnen der Dienstwohnung stelle für die Dienstgeber eine dienstliche Notwendigkeit dar, weshalb für diese bis 2013 auch kein Sachbezug gewertet worden sei. Diese sei im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers, der sicher gehen wolle, dass sich die Leitung den größten Teil der Zeit im Wohnheim befinde, zu werten. In einem Haus mit 233 Bewohnerinnen solle dadurch ein möglichst störungsfreier Ablauf gewährleistet sein.
Der Leiter oder die Leiterin müssten zu jeder Tages- und Nachtzeit für auftretende Notfälle bereit sein, sei es um Hilfe zu leisten, wenn ein gesundheitliches Problem bei einem Bewohner/einer Bewohnerin auftrete, ein Konflikt zu schlichten sei oder bei einer nächtlichen Ruhestörung einzugreifen sei. Sofort reagiert müsse natürlich auch werden, wenn ein Feueralarm ausgelöst werde oder eines von vielen technischen Problemen der Haustechnik auftrete. Weiters seien die Leitungen wie schon erwähnt dazu angehalten, in der Freizeit Aktivitäten mit den Bewohnerinnen durchzuführen.
Die Bf. habe zwar eine Dienstwohnung für ihre Familie und für sich im Dienstgeber-Haus Haus, ein entspannendes Wohnen sei dies jedoch nicht. Wenn die Bf. nach Büroschluss in die Wohnung komme, könne jederzeit ein Problem auftreten. Diesfalls sei die Bf. wieder im Einsatz, da sie sofort reagieren müsse.
Als ausgebildeter Brandschutzbeauftragter und Aufzugswärter sei die Bf. natürlich für einen entsprechenden möglichen Einsatz immer in Bereitschaft, wenn sie sich im Haus befinde und das an mehr als 300 Tagen im Jahr. "Ein Ohr" sei immer im Dienst.
Von den verschiedenen Alarmierungen seien natürlich auch ihre Kinder betroffen. Bei einem nächtlichen Einsatz der Bf. sei es auch oft mit deren ruhigem Schlaf vorbei.
Die bereitgestellte Dienstwohnung stelle daher auf die ausschließliche Nutzung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ab und könne vom Heimleiter auch nicht abgelehnt werden.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde der Bf. dem BFG zur Entscheidung vor und führte im diesbezüglichen Vorlagebericht aus, dass laut dieser die Hinzurechnung des Sachbezugswertes (Dienstwohnung) iHv 9748,56 Euro zu Unrecht erfolgt sei. Nach Rücksprache mit dem Dienstgeber sei im Zuge einer GPLA-Prüfung festgelegt worden, die Wohnung als Sachbezug anzuerkennen.
Lt. Ansicht der Finanzbehörde sei die Wohnung als Sachbezug zu werten. Eine Dienstwohnung stelle nur dann keinen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar, wenn sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers in Anspruch genommen und die bisherige Wohnung beibehalten werde (; ; ; ).
Lt. Sachverhalt wohne die Bf. seit dem in der Wohnung (von Dienstgeber), die bisherige Wohnung (Adresse) sei am aufgegeben und daher nicht beibehalten worden.
Angemerkt wird, dass eine vom Finanzamt am durchgeführte Behördenabfrage beim Zentralen Melderegister ergab, dass die Bf. seit dem an der Adresse: 11,gasse aufrecht gemeldet ist und dass sich dort deren Hauptwohnsitz befindet. Als Unterkunftgeber scheint das Haus Haus der österreichischen Institution auf. Als Nebenwohnsitz der Bf. ist in dieser Abfragebeantwortung Straßevermerkt. An dieser Adresse ist die Bf. seit dem aufrecht gemeldet.
Angemerkt wird weiters, dass seitens des BFG im Internet - ÖAMTC-Routenplaner - ergaben, dass die Entfernung vom Hauptwohnsitz der Bf. zu deren Nebenwohnsitz auf der Standardroute 295,4 km beträgt und dass für deren Bewältigung eine Fahrtzeit vom 3:14 Stunden zu veranschlagen ist.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die Bf. ist seit 2003 als Leiterin des Studierendenwohnheimes Haus Haus beschäftigt. Mit dieser Anstellung war die Übersiedelung der Bf. und deren Familie in eine sich in diesem Wohnheim befindlichen Dienstwohnung verbunden. Diese wurde der Bf. von deren Dienstgeber - Dienstgeber - zur verpflichtenden Benutzung zur Verfügung gestellt. In dieser Wohnung befindet sich der Hauptwohnsitz sowie der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. Die Familie der Bf. wohnt ebenfalls in diesen Räumlichkeiten. Für diese Wohnung wird ein vom Dienstgeber der Bf. mit der GPLA vereinbarter Sachbezug iHv Euro 9.748,56 berechnet.
Die Bf. verfügt weiters über einen Nebenwohnsitz, der von ihrem Hauptwohnsitz rund 300 km entfernt ist.
Strittig ist, ob die Hinzurechnung des o. a. Sachbezuges für die Benützung der Dienstwohnung zu den Bezügen der Bf. durch den Dienstgeber im Jahre 2014 zu Recht erfolgte.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem gesamten Akteninhalt sowie auf den als glaubhaft zu beurteilenden Ausführungen der Bf. und ist unbestritten.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen.
§ 15 Abs. 2 EStG 1988 normiert, dass geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbraucherortes anzusetzen sind. Die Wohnraumbewertung ist in § 2 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung näher geregelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine freie Dienstwohnung nur dann keinen geldwerten Vorteil dar, wenn der Arbeitnehmer sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers in Anspruch nimmt (zB ). Die dienstrechtliche, allenfalls auch gesetzliche Verpflichtung, die Dienstwohnung am Arbeitsplatz zu benützen, schließt einen eigenen Vorteil des Arbeitnehmers nicht aus ( zur Dienstwohnung eines Anstaltsarztes; und zur Dienstwohnung eines Bezirkshauptmanns).
Ein geldwerter Vorteil des Dienstnehmers liegt zB dann vor (siehe Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 15 Rz 29), wenn
- die Wohnnutzfläche der Dienstwohnung wesentlich größer als jene der Privatwohnung ist und für die Familie des Dienstnehmers die Möglichkeit der Mitbenutzung besteht ();
- die Dienstwohnung nach objektiven Kriterien als Mittelpunkt der Lebensinteressen verwendet wird (LStR 2002 Rz 162; EStR 2000 Rz 4023);
- die Dienstwohnung die einzige Wohnung des Dienstnehmers ist oder sie zwar nicht die einzige Wohnung ist, sie aber ständig benutzt wird ( zum Arzt eines Rehabilitationszentrums, der nach dem Dienstvertrag verpflichtet war, die Wohnung am Dienstort zu benützen und VwGH 25.3.1999, 97/15/0089 zur Dienstwohnung eines Bezirkshauptmanns, der gesetzlich verpflichtet war, am Dienstort eine Dienstwohnung zu beziehen);
- der Dienstnehmer durch eine arbeitsplatznahe Dienstwohnung sich größere Fahrtstrecken erspart (, 1985, 261; siehe auch LStR 2002Rz 162; krit Hayden/Varro, RdW 2016, 850f);
Im vorliegenden Fall ist die Bf. verpflichtet, die Dienstwohnung zu benützen. Die Inanspruchnahme der Dienstwohnung durch die Bf. liegt zweifellos im Interesse des Dienstgebers, weil die Bf. andernfalls ihren Dienstpflichten nicht zur Gänze nachkommen könnte.
Es ist jedoch im Sinne der dargelegten Rechtsprechung ebenso ein Interesse der Bf. an der Dienstwohnung gegeben, steht doch der Bf. keine andere Wohnung, von der sie täglich ihren Arbeitsplatz erreichen könnte, zur Verfügung. Deren Zweitwohnsitz ist aufgrund der Entfernung - lt. Routenplaner 295,4 km, Fahrzeit 3:14 Stunden - zum täglichen Pendeln - auch im Hinblick auf mögliche Einsätze in der Nachtzeit - nicht geeignet.
Die in Rede stehende Dienstwohnung ermöglicht die Mitbenutzung durch die Familie. Es befindet sich in der ständig benutzten Wohnung der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf.
Durch die Dienstwohnung erspart sich die Bf. den Aufwand für eine eigene Wohnung in Arbeitsplatznähe sowie den (Zeit)aufwand für Fahrtstrecken zwischen Privatwohnung und Arbeitsplatz ().
Es trifft sicher zu, dass - wie die Bf. einwendet - mit der Wohnung im Jugendwohnheim Nachteile verbunden sind. Für die Beurteilung, ob der Bf. ein "geldwerter Vorteil" im Sinne des § 15 Abs. 1 EStG 1988 zukommt, sind allerdings nicht allfällige Nachteile relevant, sondern ob die Benützung der Dienstwohnung ausschließlich im Interesse des Dienstgebers liegt. Letzteres ist im gegebenen Fall eindeutig zu verneinen. Die Hinzurechnung eines Sachbezugswertes zu den Bezügen der Bf. erfolgte daher durch deren Dienstgeber zu Recht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des VwGH folgt, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung beizumessen wäre. Eine ordentliche Revision an den VwGH war daher nicht zuzulassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ x Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104820.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at