Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2020, RV/2100302/2015

Selbständigkeit freier Dienstnehmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Birgit Feldkircher, Schöckelbachweg 3, 8045 Graz-Andritz, und Fidas Graz Steuerberatung Gmbh & Co KG, Petersbergenstraße 7, 8042 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2009 Steuernummer zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben wurden "die freien Dienstnehmer auf Dienstnehmer nach § 4/2 ASVG umgestellt" und dafür der hier strittige Dienstgeberbeitrag 2009 vorgeschrieben.

Zum vom Finanzamt festgestellten Sachverhalt ergibt sich aus dem Prüfbericht bzw. der Niederschrift zur Schlussbesprechung nichts.

Mit Schreiben vom hat der steuerliche Vertreter den Sachverhalt wie folgt dargelegt:

"Arbeitszeit, Arbeitsort

Die freien Dienstnehmer sind bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit weder an örtliche, zeitliche noch fachliche Vorgaben der ***Bf*** gebunden (es werden solche Vorgaben auch nicht gemacht). Es ergehen keinerlei Weisungen hinsichtlich des Ablaufes oder der Methode der mobilen Dienste der Jugendwohlfahrt. Die ***Bf*** hat im Vorhinein auch keine Kenntnis der Termine zwischen Sozialbetreuer und Jugendlichem.

Es wird keine Planung vom Sozialbetreuer an die ***Bf*** übermittelt. Die ***Bf*** hat daher vor der jeweils erstellten Abrechnung keine Kenntnis von konkret vereinbarten Betreuungsterminen; eine Ablaufkontrolle oder Ähnliches ist daher schon aus diesem Grund bewusst und im Interesse des Gestaltungsfreiraums des freien Dienstnehmers auch faktisch ausgeschlossen.

Zitat der Einvernahme vom von Hr. ***1***:

"Die Arbeitszeiten richten sich nach meinen zeitlichen Möglichkeiten und auch nach den Bedürfnissen der Kinder und Familien. Es kann in Krisensituationen durchaus auch spontan (zB an Wochenenden, am Abend) zu Kontakten mit den Kindern und Familien kommen."

Die Betreuung der Jugendlichen erfolgt ausschließlich im Wohnraum des Sozialbetreuers, im Wohnraum des Jugendlichen sowie im aktuellen sozialen Umfeld des Jugendlichen (z.B. in öffentlichen Parks, in Tiergärten, auf dem Fußballplatz, in Kaffeehäusern etc.). Die ***Bf*** sowie auch die Bezirkshauptmannschaften stellen keinerlei Räumlichkeiten zur Verfügung (weder entgeltlich noch unentgeltlich). Es wird somit kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt.

Je Betreuungsfall gibt es eine maximale Anzahl an Stunden, die vom Sozialarbeiter der Bezirkshauptmannschaft festgelegt wird. Diese maximale Anzahl an Stunden darf auch unterschritten werden, insoweit für die Betreuung des Jugendlichen weniger Stunden als ausreichend erachtet werden.

Zitat der Einvernahme vom von Fr. ***2***:

"Mit der Sozialarbeiterin (Anm.: der Bezirkshauptmannschaft) werden dann die Rahmenbedingungen festgelegt: Jahresstundenkontingent, Kilometerkontingent, Vertragsdauer, Betreuungsziele, Leistungen verrechenbar und nicht verrechenbar, die Höhe des Honorars und des Kilometergeldes, Honorar für die Fahrtzeit, Dokumentation und Berichterstattung, usw."

Zitat der Einvernahme vom von Hr. ***1***:

"Es ist auch schon vorgekommen, dass ich bei der BH (Anm.: Bezirkshauptmannschaft) um eine Erhöhung des Stundenkontingents angesucht habe, da aufgrund der familiären Situation die genehmigten Stunden in relativ kurzer Zeit aufgebraucht waren."

In der Einvernahme von Fr. ***3*** vom wurde folgendes protokolliert

" ... wobei die Stundenanzahl in der Sozial und Lernbetreuung zwischen 12 und 12,5 Stunden pro Monat variiert hat, in der Erziehungshilfe 20 Stunden pro Monat und in der Sozialbetreuung 40 Stunden monatlich.

Dies erweckt den Anschein, dass eine fixe Anzahl von Stunden zu leisten ist. Wie weiter oben bereits erwähnt, handelt es sich hierbei jedoch um das maximale Stundenkontingent, welches vom freien Dienstnehmer ausgeschöpft werden kann, aber nicht ausgeschöpft werden muss.

Die in mehreren Einvernahmen protokollierten Wörter der "Fixstunden" oder Fixtermine" beziehen sich auf periodisch wiederkehrende Termine, die zwischen dem Sozialbetreuer und dem Jugendlichen vereinbart wurden. Die ***Bf*** und die Bezirkshauptmannschaften haben auf diese Termine keinen Einfluss.

Anzahl der Auftraggeber bzw. Klienten

Die freien Dienstnehmer erhalten ihre Aufträge überwiegend direkt von den Bezirkshauptmannschaften.

Dies läuft so ab, dass der bei der Bezirkshauptmannschaft zuständige Sozialarbeiter direkt Kontakt mit dem freien Dienstnehmer aufnimmt und diesem den Auftrag erteilt. Nur in seltenen Einzelfällen werden Betreuungsfälle durch die ***Bf*** vermittelt.

Zitat Einvernahme Fr. ***4*** vom :

"Ich bin bisher immer über die Sozialarbeiterinnen von Gleisdorf zu meinen Klienten gekommen. Die Sozialarbeiterinnen kontaktieren mich und fragen, ob ich noch Stunden frei habe.«

Somit gibt es wirtschaftlich gesehen mehrere Auftraggeber (nämlich die Bezirkshauptmannschatten) auch wenn der Vertrag selbst mit der ***Bf*** erstellt wird. Auch wenn letztlich formal der jeweilige freie Dienstvertrag für einen bestimmten Klienten mit der ***Bf*** erstellt wird, sind daher im Regelfall die jeweiligen Bezirkshauptmannschaften die entscheidenden wirtschaftlichen Auftraggeber; um deren Vertrauen bemühen sich die einzelnen freien Dienstnehmer direkt und ohne Einfluss der ***Bf***.

Unter Punkt 16 dieses Vertrages wird ein Konkurrenzverbot ausgeschlossen und Tätigkeiten für andere Dienstgeber ausdrücklich erlaubt.

Zitat Punkt 16 der Betreuungsvereinbarung:

"Für den/die Dienstnehmerin (Anm.: gemeint ist der/die freie Dienstnehmer/in) besteht keinerlei wie immer geartetes Konkurrenzverbot. Der/die Dienstnehmer/in ist berechtigt, ähnliche Tätigkeiten auch für andere Dienstgeber auszuüben."

Irreführend ist hier folgende Aussage der Einvernahme von Fr. ***4*** vom :

"Danach bekomme ich vom Verein den Betreuungsvertrag zugeschickt in dem die Vertragsdauer, ... , Verschwiegenheitspflicht und Konkurrenzverbot " festgelegt ist. "

Dies erweckt den Anschein, dass ein Konkurrenzverbot besteht. Wie weiter oben beschrieben, ist dies jedoch nicht der Fall.

Auslagenersatz

Als Auslagenersatz erhält der freie Dienstnehmer Kilometergeld für Fahrten zum oder mit dem Jugendlichen. Für die Nichteinhaltung von Terminen seitens der betreuten Jugendlichen trägt das Risiko der freie Dienstnehmer. Er erhält für vereinbarte, aber nicht stattgefundene Termine, kein Kilometergeld. Außer dem Kilometergeld erhält der freie Dienstnehmer keinerlei Auslagenersatz.

Bereitstellung Betriebsmittel

Die freien Dienstnehmer erhalten von der ***Bf*** keinerlei Betriebsmittel zur Verfügung gestellt (weder entgeltlich noch unentgeltlich). Die Kosten aller zur Ausübung der Tätigkeit verwendeten Betriebsmittel wie z.B. PKW, Computer oder Mobiltelefon werden durch die freien Dienstnehmer selbst getragen.

In der Privatwirtschaft, wie auch im öffentlichen Sektor, ist die Zurverfügungstellung von Abrechnungsprogrammen (z.8. Online Portale, Excel Vorlagen) an Lieferanten oder Dienstleister gängige Praxis. Daher stellt das Abrechnungsprogramm für sich kein Betriebsmittel, sondern eine Form der Übermittlung einer Rechnung dar. Ein Abrechnungsprogramm ist kein Wirtschaftsgut und somit kein Betriebsmittel, da es nicht selbständig bewertbar ist und am freien Markt für sich alleine nicht verkauft werden kann.

In der Einvernahme vom von Fr. ***5*** findet sich folgender Satz:

"Vom Verein bzw. der GmbH wurden mir als Betriebsmittel die Excel-Datei für die Abrechnung und die Abrechnungsdatenbank zur Vertilgung gestellt."

Eine Excel-Datei (als Abrechnungsvorlage) als Betriebsmittel zu bezeichnen ist nicht nachvollziehbar. Diese dient lediglich als Vorlage für die Abrechnung. Auch wurde nicht die Abrechnungsdatenbank zur Verfügung gestellt, sondern nur ein Zugang zu dieser.

Der Begriff Betriebsmittel in Zusammenhang mit der Excel-Vortage bzw. mit dem Zugang zur Abrechnungsdatenbank findet sich in diversen Einvernahmen in sehr ähnlicher Schreibweise. Dies erweckt den Anschein, dass u.a. in diesem Punkt die Befragung suggestiv vorgenommen wurde.

Entlohnung

Die freien Dienstnehmer erhalten für die tatsächlich geleisteten Stunden (es besteht keine Verpflichtung eine festgelegte Anzahl von Stunden tätig zu sein - dies liegt im Ermessen des freien Dienstnehmers) ein Stundenentgelt. Für die Nichteinhaltung von Terminen seitens der betreuten Jugendlichen trägt das Risiko der freie Dienstnehmer. Er erhält für vereinbarte aber nicht stattgefundene Termine keine Entlohnung.

Die freien Dienstnehmer haben monatlich Stundenlisten anhand des Abrechnungsprogramms zu erstellen. Diese werden von den Erziehungsberechtigten der Jugendlichen unterschrieben und an die ***Bf*** weitergeleitet. Die ***Bf*** prüft die Abrechnung lediglich auf formale Richtigkeit (eine inhaltliche Prüfung findet nicht statt) und leitet diese direkt an das Land Steiermark bzw. an die Bezirkshauptmannschaft weiter. Auch alle fachlichen Berichte der freien Dienstnehmer werden ohne inhaltliche Prüfung an das Land Steiermark bzw. teilweise direkt vom freien Dienstnehmer an die Bezirkshauptmannschaft weitergeleitet.

Kontrolle Arbeitgeber

Die ***Bf*** übt keinerlei Kontrolle über die Tätigkeit der freien Dienstnehmer aus. Die fachliche und kaufmännische Kontrolle erfolgt ausschließlich von den Bezirkshauptmannschaften. Die ***Bf*** prüft Abrechnungen und Berichte lediglich auf deren formale Richtigkeit. Eine inhaltliche Prüfung findet nicht statt. Nach den Vorgaben des Landes Steiermark wird lediglich die Einhaltung der vorgegebenen Supervision und der Fortbildungsverpflichtung geprüft.

Hierzu stellt das Protokoll der Einvernahme vom von Fr. ***6*** mit dem Satz:

"Die Einhaltung der Verpflichtungen wurden vom Verein auch so kontrahiert"

möglicherweise ein falsches Bild dar, da hier auch ein eigener Absatz verwendet wurde um diesen Satz hervorzuheben. Tatsache ist, dass von der ***Bf*** lediglich eine formale Überprüfung stattfindet.

Die ***Bf*** greift nicht durch Weisungen etc. in den Tätigkeitsablauf der freien Dienstnehmer ein. Dies wäre auch schwer möglich, da die vereinbarten Termine der Sozialbetreuer mit den Jugendlichen, der ***Bf*** nicht bekannt und die freien Dienstnehmer hier vollkommen autonom ohne Kontrolle tätig sind.

Leistungserbringung

Die freien Dienstnehmer erbringen die Leistung im Wesentlichen persönlich, können sich jedoch jederzeit von anderen fachlich qualifizierten Personen vertreten lassen. Aufgrund der engen Bindung zwischen dem Jugendlichen und dem Sozialbetreuer wird eine Vertretung aus sozialpädagogischer Sicht selten vorgenommen. Wenn ein Sozialbetreuer länger als 14 Tage abwesend ist, muss er sich selbst um eine Vertretung kümmern. Hier gibt es von der ***Bf*** bzw. von der Bezirkshauptmannschaft ein Ablehnungsrecht. Dies gilt jedoch nur in jenen Fällen, in denen die fachliche Qualifikation der Vertretung nicht gegeben ist.

Zitat der Einvernahme vom von Fr. ***7***:

"Eine Vertretung außerhalb von Urlaub und Krankheit war eigentlich aufgrund der Art der Tätigkeit nicht möglich und nicht üblich. Und auch bei Urlaub und längerer Krankheit ist eine Vertretung so gut wie nie vorgekommen. Die Vertretung im letzteren Fall, wenn überhaupt, wurde dann aber mit der Sozialarbeiterin abgesprochen und abgeklärt, nicht aber vom Verein.

Rechtsnatur

Für jeden betreuten Jugendlichen wird eine eigene Betreuungsvereinbarung (freier Dienstvertrag) abgeschlossen. Dieser regelt vor allem die zwischen Sozialbetreuer und Bezirkshauptmannschaft vereinbarten Rahmenbedingungen.

Es handelt sich jeweils um ein bestimmtes Zielschuldverhältnis, da die jeweilige Betreuungsvereinbarung seitens der BH auf bestimmte Zeit mit bestimmten Erfolgsinhalten geschlossen wird. Sollte es die Bezirkshauptmannschaft für nötig erachten, wird der Vertrag auf bestimmte Zeit verlängert, nie jedoch auf unbestimmte Zeit. Auch deshalb liegen richtigerweise nur Zielschuldverhältnisse vor.

Tätigkeitsinhalt

Die Tätigkeit der freien Dienstnehmer umfasst die Erbringung der Dienstleistung der Betreuung der Jugendlichen. Nachfolgend finden sich exemplarisch ein paar Beispiele aus den Betreuungsvereinbarungen:

Beispiel für Dienstleistungen aus der Betreuungsvereinbarung von Fr. ***4***:

• "Unterstützung und Entlastung der KM (Anm.: Kindsmutter) in der Betreuung der Drillinge

• Anleitung in Erziehungsfragen

• Unterstützung der KM bei der Organisation weiterführender Hilfen"

Beispiel für Dienstleistungen aus der Betreuungsvereinbarung von Fr. ***8***:

• Positiver Schulerfolg

• Unterstützung der KM in Erziehungsfragen

• Sprachliche Integration

• Förderung"

Durch die ***Bf*** erfolgt keinerlei Einschulung in die Tätigkeit der freien Dienstnehmer. Die entsprechenden Rahmenbedingungen werden von der Bezirkshauptmannschaft vorgegeben (auch von der Bezirkshauptmannschaft erfolgt keine Einschulung).

Um die Dienstleistung in der erforderlichen Qualität durchführen zu können, müssen die freien Dienstnehmer an einer gewissen Anzahl Supervisionen und Fortbildungen teilnehmen. Die Häufigkeit richtet sich je nach Erfordernis. Dies ist in den Rahmenverträgen der Bereiche "sozialpädagogische Familienbetreuung" und "Erziehungshilfe" mit dem Land Steiermark geregelt. Nach mündlicher Auskunft des Landes Steiermark sollte dies mindestens vier Mal pro Jahr in Anspruch genommen werden. Die ***Bf*** bietet Supervisionen und Fortbildungen, für welche ein Unkostenbeitrag eingehoben wird, an. Es steht jedoch jedem freien Dienstnehmer frei, die Supervisionen und Fortbildungen bei einem anderen Anbieter zu absolvieren.

Tätigkeitsdauer

Es handelt sich hierbei um Zielschuldverhältnisse. Die Verträge werden von der Bezirkshauptmannschaft auf bestimmte Zeit mit bestimmten Erfolgsinhalten geschlossen.

Unternehmerwagnis

Der freie Dienstnehmer trägt das Unternehmerwagnis in der Form, dass bei Nichteinhaltung von Terminen seitens der betreuten Jugendlichen ihm weder ein Entgelt für die geleisteten Stunden, noch ein Ersatz des Kilometergeldes gebührt.

Bei Krankheit oder sonstiger Verhinderung gebührt dem freien Dienstnehmer kein Entgelt. Weiters hat er das Recht Aufträge abzulehnen. weiterzugeben oder sich vertreten zu lassen. Auch der tatsächlich geleistete Stundenaufwand liegt im Ermessen des freien Dienstnehmers (im Rahmen des von der Bezirkshauptmannschaft vorgegebenen Maximums).

Weisungsbindung

Die ***Bf*** greift nicht durch Weisungen etc. in den Tätigkeitsablauf der freien Dienstnehmer ein. Dies wäre auch nicht möglich, da die vereinbarten Termine und die sozialpädagogische Vorgehensweise der Sozialbetreuer der ***Bf*** nicht bekannt und die freien Dienstnehmer hier vollkommen autonom ohne Kontrolle tätig sind. Eine eventuelle fachliche Kontrolle wird ausschließlich von den Bezirkshauptmannschaften ausgeübt."

Das Finanzamt hat den Sachverhalt in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wie folgt gewürdigt:

"Im Vertrag wurden unter anderem der Beginn und das Ende und das zeitliche Ausmaß der Betreuung, die Mindestanzahl der Kontakte mit den Jugendlichen, die Probezeit und die Meldepflicht bei längeren Abwesenheiten vereinbart. Ebenso wurde festgelegt, dass die Arbeitsleistungen im Wesentlichen persönlich zu erfolgen haben; Vertretungen nur durch geeignete und zuvor mit dem Arbeitgeber abgesprochenen Personen erfolgen dürfen. Damit die Qualität erhalten bleibt, behält sich der Arbeitgeber das Recht vor "Rahmenweisungen" (siehe Punkt 6 der Vereinbarung) zu erteilen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Beaufsichtigung von Minderjährigen regelmäßig in einem Dienstverhältnis erfolgt, selbst wenn die Sozialarbeiterin mit dem Auftraggeber einen freien Dienstvertrag abschließt, der unter anderem auch eine Vertretungsmöglichkeit durch qualifizierte dritte Personen vorsieht. Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist auch, dass die Sozialarbeiterin als Organ des Auftraggebers tätig wird und die Haftung nicht auf die Sozialarbeiterin übertragen werden·kann. Die Bezeichnung als freier Dienstvertrag ist für die Beurteilung der Einkünfte von untergeordneter Bedeutung. Auch kommt einer vertraglich eingeräumten Vertretungsmöglichkeit keine entscheidende Bedeutung zu, da diese als eine unter Kollegen übliche Vertretung anzusehen ist.

Wenn nun diese Aufsichtsverpflichtung an den Verein übertragen wurde, ist in Folge von einem Dienstverhältnis der für den Verein tätigen Sozialarbeiter zum Verein auszugehen.

Zum Einwand, dass es sich der Rechtsnatur nach um ein Zielschuldverhältnis handelt, wird dem gegenüber festgehalten, dass die Arbeitsleistungen der Sozialarbeiter im Wesentlichen persönlich zu erbringen sind und sie gewissen Weisungen zu folgen verpflichtet sind. Sie schulden keinen Erfolg, sondern nur die Arbeitsleistung. Daran vermag auch der Umstand, dass bei keiner Leistung auch kein Entgelt zusteht, am Dauerschuldverhältnis nichts ändern.

Auch zur organisatorischen Eingliederung ist festzuhalten, dass diese im Wesentlichen dann vorliegt, wenn Arbeitszeit, Arbeitsort vorgegeben sind und die Tätigkeit in unmittelbarer Einbindung in die betrieblichen Abläufe des Arbeitgebers erfolgt. Diese sind sogar im Vertrag zwischen Sozialarbeiter und Arbeitgeber vereinbart.

Dass der Vertrag zwischen Sozialarbeiter und Arbeitgeber nur mit Beginn und Ende des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wird, ist für die Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis vorliegt oder eine selbständige Tätigkeit nicht von Bedeutung, weil auch Dienstverhältnisse befristet abgeschlossen werden können.

Auch kann ein Unternehmerrisiko in der Tätigkeit nicht erkannt werden, weil unabhängig vom Erfolg, das Entgelt nur von der Anzahl der Stunden der Leistungserbringung abhängt."

Im Vorlageantrag wiederholte der steuerliche Vertreter sein Vorbringen und ergänzte, dass die Abgrenzung zwischen echten Dienstnehmern und freien Dienstnehmern nach der Rechtsprechung vor allem durch folgende Kriterien zu beurteilen sei: Arbeitsort, Arbeitszeit, arbeitsbezogenes Verhalten, Weisungsbindung, Entlohnung, Leistungserbringung, Unternehmerwagnis. Bei Prüfung des Sachverhaltes anhand dieser Kriterien seien im Beschwerdefall freie Dienstnehmer gegeben.

In einem weiteren Schriftsatz legte die Bf. ein Erkenntnis des BVwGH vom ***GZ*** vor, demzufolge die betroffenen Personen als Freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
Der Magistrat hat mit ebenfalls vorgelegtem Bescheid vom die betroffenen Personen ebenfalls als Freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG beurteilt.

Der BVwGH hat zum Sachverhalt darüber hinaus festgestellt, dass die Bf. ihre Verträge als "bewilligte private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung" abgeschlossen hat:

"Hier wurden der Aufgabenbereich der Betreuer, die Ziele der Betreuung, die zu erbringenden Leistungen, Beginn, Ende und Ausmaß der Leistung, die Rechnungslegung und das Honorar, Regelungen über eine vorzeitige Beendigung des freien Dienstverhältnisses, eine Verschwiegenheitspflicht und Regelungen zur Qualitätssicherung, zur Dokumentation und Berichterstattung festgelegt.

Zudem wurde darin vereinbart, dass die Betreuer an keine Arbeitszeit und keinen Dienstort gebunden sind, keine Weisungsbindung zur BF bei der Erfüllung der Tätigkeiten und kein Konkurrenzverbot für sie besteht sowie eigene Betriebsmittel zu verwenden sind.

Der Betreuer hat die Dienstleistungen vorwiegend persönlich zu erbringen, kann sich aber von geeigneten Dritten vertreten lassen.

Die BF behält sich das Recht zur Erteilung von Rahmenanweisungen vor.

Zusätzlich wurde in den freien Dienstverträgen festgelegt, dass seitens der Betreuer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BF akzeptiert werden.

In den oben angeführten Rahmenverträgen wurde für die Betreuer je nach Bereich unterschiedliche Ausbildungsqualifizierungen festgelegt. Bei der Sozialbetreuung handelt es - sich um einen niederschwelligen Dienst, für welchen neben der persönlichen Eignung und Lebensgestaltung des Sozialbetreuers, Volljährigkeit, Unbescholtenheit und eine abgeschlossene Pflichtschulausbildung vorausgesetzt wurde. Bei der Erziehungshilfe und bei der Sozialpädagogischen Familienbetreuung war eine abgeschlossene Ausbildung in einer Ausbildungseinrichtung (z.B. Bundesbildungsanstalt, Fachhochschule für Soziale Arbeit), ein Mindestalter von 25 Jahren sowie eine Berufs- und Supervisionspraxis im Ausmaß von zwei Jahren vorgesehen.

Die Zuteilung des zu betreuenden Kindes bzw. Jugendlichen erfolgte regelmäßig durch einen Sozialarbeiter der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde und nach Verfügbarkeit bzw. freier Kapazität des jeweiligen Betreuers. Diese konnten jedoch einzelne Betreuungsfälle grund- und sanktionslos ablehnen.

Im Anschluss wurden ein individueller Betreuungsvertrag zwischen der Bezirksverwaltungsbehörde und der BF, sowie ein freier Dienstvertrag zwischen der BF und dem jeweiligen Betreuer abgeschlossen.

Die Dauer des Vertrages wurde aufgrund der Bedürfnisse der Klienten (zu betreuendes Kind bzw. zu betreuende Familie) abgeschlossen (zumeist 12 Monate).

Es wurde ein fixes Stundenkontingent für den Betreuungszeitraum für die Betreuer festgelegt. Zusätzlich wurde eine Regelmäßigkeit der Betreuung insoweit vorgegeben, als nach Möglichkeit zumindest einmal pro Woche eine Betreuung erfolgen sollte. Die Lage der Verteilung der Arbeitszeit sowie das konkrete tägliche Ausmaß konnten die Betreuer selbst bestimmen.

Die einzelnen Betreuungskontakte wurden mit den Erziehungsberechtigen vereinbart. Den Ablauf der Tätigkeit konnten die Betreuer gänzlich selbst bestimmen. Die BF erteilte keine Weisungen hinsichtlich des Arbeitsablaufs und des arbeitsbezogenen Verhaltens der Betreuer.

Der Ort der Betreuung ergab sich zumeist aus dem jeweiligen Bedarf und der erfolgten Zielsetzung und war insbesondere davon abhängig welche Maßnahmen für die Entwicklung des Kindes förderlich waren, dies war beispielsweise der Wohnraum des Kindes. Die Betreuer waren jedoch vertraglich an keinen Dienstort gebunden.

Von der BF wurden den Betreuern für ihre Tätigkeit keine Räume zur Verfügung gestellt, weder für die Betreuung der Klienten noch zur Abwicklung von administrativen Tätigkeiten. Die Betreuer verrichteten keine Bürotätigkeiten (z.B. Telefondienst) für die BF.

Es bestand für die Betreuer eine Berichtspflicht. Zu Beginn der Betreuung war vom Betreuer ein vorgegebenes Anamneseblatt auszufüllen und an die GmbH zu übermitteln. Zusätzlich war nach spätestens zwei Monaten nach Betreuungsbeginn ein Betreuungskonzept zu verfassen. Nach Ablauf von sechs Betreuungsmonaten war ein Halbjahresbericht sowie 6 Wochen vor Ablauf des Vertrages ein Abschluss- bzw. Verlängerungsbericht zu erstellen. Sämtliche Berichte waren an den zuständigen Sozialarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde sowie an die BF zu übermitteln.

Die Betreuer waren verpflichtet eine monatliche Abrechnung ihrer Betreuungszeiten sowie ein Betreuungsprotokoll über die geleisteten Stunden zu erstellen. Dafür wurde von der BF ein Abrechnungsprogramm zur Verfügung gestellt. Der Ausdruck des Betreuungsprotokolls musste von den Erziehungsberechtigten oder vom Jugendlichen ab 14 Jahren unterschrieben werden. Das vollständig ausgefüllte Abrechnungsformular sowie die Betreuungsdokumentation waren bis zum 5. des Folgemonats an die BF zu übermitteln.

Bis auf das zur Verfügung gestellte Abrechnungsprogramm erhielten die Betreuer keine weiteren Betriebsmittel von der BF. Die Betreuer verwendeten in der Regel die Privat-Pkw um zum Betreuungsort zu gelangen.

Die Kosten für Eintritte, Getränke, Eis, Bastelmaterial etc. wurden von den Betreuern selbst getragen und konnten weder an die BF noch an die Bezirksverwaltungsbehörden weiterverrechnet werden.

Für die Fahrten mit dem Privat-PKW konnten die Betreuer großteils das amtliche Kilometergeld in Rechnung stellen.

Die Erziehungshelfer und sozialpädagogischen Familienbetreuer waren verpflichtet einmal pro Quartal sowie ab zwei zu betreuenden Minderjährigen einmal im Monat eine Supervision in Anspruch zu nehmen. Sozialbetreuer waren verpflichtet an den ausgeschriebenen Koordinationstreffen der BF teilzunehmen. Des Weiteren fanden jährlich vier Intervisionen statt, wovon zwei Intervisionen für alle Betreuer verpflichtend zu besuchen waren. Eine Verletzung der Teilnahmeverpflichtung an diesen Veranstaltungen hatte keine Konsequenz oder Sanktion für die Betreuer zur Folge.

Es bestand für die Betreuer kein Konkurrenzverbot. Es war ihnen somit gestattet Betreuungstätigkeiten für andere Betreuungseinrichtungen auszuüben.

Die Betreuer hatten eine Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich allfälliger ihnen zur Kenntnis gelangenden Tatsachen aus dem Vertragsverhältnis zur BF.

Eine Vertretung war grundsätzlich vertraglich erlaubt, jedoch aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Betreuer und dem zu Betreuenden nicht praktizierbar und fand daher nicht statt.

Im Falle von längeren Abwesenheiten (z.B. Urlaub, Krankheit) wurde die Betreuung des Minderjährigen bzw. der Familie für diesen Zeitraum ausgesetzt. Es mussten lediglich längere Abwesenheiten (mehr als 2-wöchige Verhinderung) der BF mitgeteilt werden. Die Betreuer mussten selbst (längere) Abwesenheiten, wie Urlaube, von Seiten der BF nicht genehmigen lassen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Aus den schriftlichen Vorbringen und den Ergebnissen der Beweisaufnahme durch den BVwGH ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Bf. ist eine gem. § 11a Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 anerkannte Einrichtung der privaten Jugendwohlfahrt.

Die Bf. hat es gegen Entgelt übernommen, im Auftrag diverser Bezirkshauptmannschaften Sozial- und Lernbetreuung sowie Erziehungshilfe zu leisten.
Die Bezirkshauptmannschaften waren bei der Auswahl ihrer Vertragspartner gem. § 10 Abs 2 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz an die Anerkennung als Einrichtung der privaten Jugendwohlfahrt gebunden.

Die jeweilige Bezirkshauptmannschaft hat in den Vereinbarungen die Ziele der Betreuung, Beginn und Ende der Betreuung, die bewilligten "Stundenkontingente", Verschwiegenheitspflichten, Kontrollrechte sowie Berichts- und Dokumentationspflichten geregelt. Die bewilligten Stundenkontingente durften unter-, aber nicht überschritten werden.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat sich die Bf. verschiedener Betreuer bedient, mit denen sie je betreutem Jugendlichen eine "Betreuungsvereinbarung" abgeschlossen hat. Die Betreuer in der Sozialbetreuung mussten nur persönlich geeignet sein während die Erziehungshelfer eine abgeschlossene Ausbildung in Erziehungshilfe aufweisen mussten.

Inhalt der Betreuungsverträge war der Aufgabenbereich der Betreuer, die Ziele der Betreuung, die zu erbringenden Leistungen, Beginn, Ende und Ausmaß der Leistung, die Rechnungslegung und das Honorar, Regelungen über eine vorzeitige Beendigung des freien Dienstverhältnisses, eine Verschwiegenheitspflicht und Regelungen zur Qualitätssicherung, zur Dokumentation und Berichterstattung.

Die Betreuer hatten bei Ausübung ihrer Tätigkeit große Freiheiten: Ihre Aufgaben sind in den jeweiligen Betreuungsvereinbarungen relativ vage beschrieben (zB "Unterstützung in der Betreuung der Drillinge" oder "Anleitung in Erziehungsfragen") und die Organisation der Tätigkeit war ihnen überlassen; so erfolgt die Terminvereinbarung selbständig nach den Erfordernissen der betreuten Personen, an Orten, die die Sozialarbeiter dafür geeignet halten.
Laut Betreuungsvertrag waren sie bei der Erfüllung der Tätigkeiten an keine Weisungen der Bf. gebunden und es bestand kein Konkurrenzverbot.

Es bestand eine Vertretungsmöglichkeit. Diese wurde jedoch aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Betreuer und Betreutem tatsächlich nicht ausgeübt.

Die Räumlichkeiten der Bf. standen den Betreuern für ihre Tätigkeit nicht zur Verfügung.

Es bestand für die Betreuer eine Berichtspflicht. Zu Beginn der Betreuung war vom Betreuer ein vorgegebenes Anamneseblatt auszufüllen und an die Bf. zu übermitteln. Zusätzlich war nach spätestens zwei Monaten nach Betreuungsbeginn ein Betreuungskonzept zu verfassen. Nach Ablauf von sechs Betreuungsmonaten war ein Halbjahresbericht sowie 6 Wochen vor Ablauf des Vertrages ein Abschluss- bzw. Verlängerungsbericht zu erstellen. Sämtliche Berichte waren an den zuständigen Sozialarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde sowie an die Bf zu übermitteln.

Laut Allgemeiner Geschäftsbedingungen verpflichteten sich die Betreuer zur einmaligen Supervision pro Quartal und zu mindestens zwei Intervisionen pro Jahr. Eine mehr als zweiwöchige Verhinderung war der Bf. zu melden.

Laut Vertrag waren eigene Betriebsmittel zu verwenden. Die Fahrtkosten konnten der Bf. in Form von Kilometergeld verrechnet werden während andere Kosten (Eintritte, Eis, Bastelmaterial etc.) nicht verrechnet werden konnten.

Die Sozialarbeiter hatten ausschließlich für abgehaltene Stunden Anspruch auf Entlohnung. Wurden Stunden zwar vereinbart, aber abgesagt, hatten die Sozialarbeiter weder Anspruch auf ein (Stunden)Entgelt noch auf Aufwandsersatz (Kilometergeld).

Über ein EDV-Abrechnungsprogramm haben die Sozialarbeiter die geleisteten Stunden (samt Betreuungsprotokoll mit Gegenzeichnung durch die Jugendlichen) an die Bf. weitergeleitet. Das vollständig ausgefüllte Abrechnungsformular sowie die Betreuungsdokumentation waren bis zum 5. des Folgemonats an die Bf. zu übermitteln. Die geleisteten Stunden wurden sodann von der Bf. der Auftraggeberin Bezirkshauptmannschaft in Rechnung gestellt.

Rechtslage

§ 47 EStG 1988

(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen.

Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz 1991, LGBl 93/1990 idF 67/2004

"§ 10 Heranziehung von Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt

(1) Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt können zur Besorgung nicht hoheitlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt gemäß Abs. 2 herangezogen werden, wenn sie für den betreffenden Aufgabenbereich nach § 10a Abs. 1 oder § 29 Abs. 2 anerkannt bzw. bewilligt sind oder die Voraussetzungen des § 10a Abs. 4 oder § 29 Abs. 3 vorliegen. Gewährleistet ein freier Jugendwohlfahrtsträger jedoch unter Berücksichtigung seiner Ausstattung und sonstigen Leistungen das Wohl eines Minderjährigen besser und wirtschaftlicher als der öffentliche Träger, so soll der freie Träger herangezogen werden.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörden können zur Erbringung von Leistungen im Bundesland Steiermark nur solche Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt heranziehen, mit deren Trägern das Land einen Rahmenvertrag abgeschlossen hat.

(3) Der Rahmenvertrag ist unter Bedachtnahme auf den Jugendwohlfahrtsplan auf höchstens fünf Jahre abzuschließen und hat insbesondere zu regeln:

1. die zu erbringenden Leistungen,
2. den örtlichen Versorgungsbereich,
3. das Entgelt,
4. die Vertragsdauer sowie
5. Kündigungsgründe.

§ 10a Anerkennung von Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt

(1) Die Landesregierung hat auf Antrag eines Trägers der freien Jugendwohlfahrt mit Bescheid die Eignung seiner Einrichtung zur Erfüllung bestimmter nicht hoheitlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt anzuerkennen. Der Antrag hat insbesondere die beabsichtigte Leistung sowie den örtlichen Wirkungsbereich zu bezeichnen und das inhaltliche Konzept, die organisatorischen Rahmenbedingungen, die personelle, fachliche und räumliche Ausstattung, die Finanzierung sowie Angaben über die beabsichtigte Betreuungskapazität zu enthalten.

(2) Eine Anerkennung der Eignung darf nur ausgesprochen werden, wenn das vorgelegte Konzept den in der Verordnung gemäß § 9a vorgesehenen Leistungen entspricht.

(3) Eine Anerkennung der Eignung nach Abs. 1 ist für solche Einrichtungen nicht erforderlich, die nach diesem Gesetz bewilligungs- oder anzeigepflichtig sind.

(4) Die Landesregierung kann unter Berücksichtigung des Jugendwohlfahrtsplans zur Erprobung von nicht in der Verordnung gemäß § 9a vorgesehenen Leistungen von einer Anerkennung im Sinne des Abs. 1 für die Dauer von höchstens drei Jahren absehen, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 gegeben sind (Pilotprojekte).

(5) Anerkannte Einrichtungen gemäß Abs.1 unterliegen der Fachaufsicht der Landesregierung. Organe der Landesregierung sind zur Einschau an Ort und Stelle berechtigt. Ihre Ermittlungen sind in jeder Weise zu unterstützen. Werden Missstände wahrgenommen, so ist, sofern deren Behebung möglich ist, diese mit Bescheid innerhalb angemessener Frist aufzutragen. Wurden nicht behebbare Missstände festgestellt oder wird dem Auftrag zur Behebung nicht fristgerecht entsprochen, so hat die Landesregierung die Eignung zu widerrufen.

(6) Der Träger einer anerkannten Einrichtung der freien Jugendwohlfahrt hat jede Änderung der Eignungsvoraussetzungen unaufgefordert und unverzüglich der Landesregierung schriftlich bekannt zu geben.

Rechtliche Beurteilung

In Hinblick auf das zum gegenständlichen Sachverhalt ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom ***GZ***, ist festzuhalten, dass der Begriff des Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts ist. Er deckt sich weder mit dem Arbeitsrecht noch mit dem Sozialversicherungsrecht, weil sie an gesetzlich anders definierte Voraussetzungen anknüpfen. Dem Steuerrecht ist der Begriff eines "Freien Dienstnehmers" gänzlich fremd, es gibt steuerrechtlich nur Dienstnehmer oder selbständig Erwerbstätige.

Daher besteht auch keine formelle Bindung an die Feststellungen zur Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG.

Dienstverhältnis nach § 47 EStG

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Demgegenüber spricht man von einem Werkvertrag, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen (vgl. etwa ).

Nach der Rechtsprechung des (verst.Sen), ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anhand zweier Kriterien, nämlich der
- Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der
- Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen.

Nur in den Fällen, in denen diese beiden Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen (vgl. etwa ; oder ; ).

Weisungsgebundenheit

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt.

Das persönliche Weisungsrecht ruft so einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervor (vgl. ). Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (vgl. Doralt, EStG6, § 47 Tz 37). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (vgl. ).
Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht ()

Im Beschwerdefall werden die Betreuer - wie in der Beschwerdevorentscheidung beschrieben - für die Bf., und nicht die Bezirkshauptmannschaften tätig. Dies u.a. deshalb, weil die jeweiligen Bezirkshauptmannschaften Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt nur an zugelassene Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt, wie es die Bf. eine ist, auslagern können.
Ob die Bf. die übernommenen Aufgaben aber durch Dienstnehmer oder durch selbständige Unternehmer erbringen lässt, liegt in ihrer freien unternehmerischen Disposition.

In Hinblick auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist weniger auf die vertraglich vereinbarten als auf die tatsächlich erfolgten Weisungen abzustellen, da die Besteuerung immer den tatsächlichen Umständen entsprechen muss (vgl , ).

In den Betreuungsverträgen wurde u.a. der Aufgabenbereich der Betreuer, die Ziele der Betreuung, die zu erbringenden Leistungen, Beginn, Ende und Ausmaß der Leistung geregelt. Die Betreuer waren bei der Erfüllung der Tätigkeiten ausdrücklich an keine Weisungen der Bf. gebunden.

Das Finanzamt hat zu tatsächlich erfolgten Weisungen keine Feststellungen gemacht.

Die gesamte Gestaltung der Tätigkeit lässt vermuten, dass es auch tatsächlich zu keinen Weisungen gekommen ist:
Zunächst war der Aufgabenbereich relativ vage beschrieben (zB Unterstützung in der Betreuung der Drillinge" oder "Anleitung in Erziehungsfragen") und den Betreuern wurden im Wesentlichen nur Zeitvorgaben gemacht (Beginn, Ende und Ausmaß der Leistung).
Die Betreuer erstellten sodann nach einer Anamnese spätestens zwei Monaten nach Betreuungsbeginn selbständig ein Betreuungskonzept. Nach Ablauf von sechs Betreuungsmonaten war ein Halbjahresbericht sowie 6 Wochen vor Ablauf des Vertrages ein Abschluss- bzw. Verlängerungsbericht zu erstellen. Diese Berichte waren direkt an den zuständigen Sozialarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde sowie an die Bf zu übermitteln.
Bei einer solchen Gestaltung der Arbeitsabläufe bleibt auch für die Annahme eines tatsächlich erfolgten Weisungsrechts kein Raum.

Aus der Verpflichtung zur einmaligen Supervision pro Quartal bzw. zu mindestens zwei Intervisionen pro Jahr lässt sich auch kein Weisungsrecht ableiten, zumal es durchaus üblich ist, von Subunternehmern den Nachweis ihrer Qualifikation (etwa durch ISO-Zertifizierungen) zu verlangen.

Damit hat die Bf. kein Weisungsrecht ausgeübt.

Eingliederung in den geschäftlichen Organismus

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. ; ; ).

Im Beschwerdefall war die Organisation der Tätigkeit den Betreuern überlassen; so erfolgt die Terminvereinbarung selbständig nach den Erfordernissen der betreuten Personen, an Orten, die die Sozialarbeiter dafür geeignet halten.

Die Räumlichkeiten der Bf. standen den Betreuern für ihre Tätigkeit nicht zur Verfügung. Die Bf. stellte den Betreuern auch keine sonstigen Arbeitsmittel zur Verfügung. Mit Ausnahme der Fahrtkosten wurden keine Aufwendungen der Betreuer ersetzt.

Damit waren die Betreuer nicht in den geschäftlichen Organismus der Bf. eingebunden.

Weitere Merkmale / Ergebnis

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. oder ) ist nur dann auf weitere Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen, wenn das Vorliegen von Weisungsgebundenheit oder die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers derart unklar sind, dass dadurch noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit möglich ist.

Im Beschwerdefall war ein Weisungsrecht der Bf. weder vorgesehen noch tatsächlich ausgeübt und die Betreuer waren nicht in den geschäftlichen Organismus der Bf. eingebunden. Damit ergibt sich bereits aus dem Nichtvorliegen dieser beiden Kriterien, dass eine selbständig ausgeübte Tätigkeit vorliegt. Daher ist das Vorliegen etwa des Unternehmerrisikos oder der Vertretungsbefugnis gar nicht mehr zu prüfen.

Der angefochtene Bescheid war daher - wie im Spruch ersichtlich - aufzuheben.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall wurde keine Rechtsfrage, sondern nur eine Sachverhaltsfrage aufgeworfen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100302.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at