Reisekosten im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten Fortbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer erzielt aus seiner Tätigkeit als Patissier Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Werbungskosten für Arbeitsmittel (€ 75,76), Fachliteratur (€ 282,50) und Bildungsmaßnahmen (€ 4.511,89).
Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Belege sowie eine Kostenaufstellung betreffend die geltend gemachten Bildungsausgaben vorzulegen, seine Tätigkeit und deren Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme kurz zu beschreiben und etwaige erhaltene Ersätze bekannt zu geben. Da der Vorhalt unbeantwortet blieb, wurden die beantragten Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2018 vom nicht berücksichtigt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom Beschwerde und beantragte abermals die Berücksichtigung der Werbungskosten, eingeschränkt um jene für Arbeitsmittel. Gemeinsam mit der Beschwerde wurde ein Konvolut an Belegen sowie eine Aufstellung der Fahrten im Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme beigebracht.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden aufgrund der vorgelegten Belege und im Hinblick auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Patissier € 2.670,- für die Fortbildungsmaßnahme zum Schokoladen-Sommelier an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim als Werbungskosten anerkannt. Unberücksichtigt blieb eine diesbezügliche Anzahlung von € 300,-, da diese laut Beleg bereits im Jahr 2017 zu entrichten gewesen sei. Ebenso wenig wurden die beantragten Reisekosten im Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme berücksichtigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei kein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch vorgelegt worden und die angegebenen Fahrten und Flugreisen würden größtenteils nicht mit den Kursterminen übereinstimmen. Die Kosten für den Blumen-Modellier-Kurs (€ 159,-) seien nicht berücksichtigt worden, weil der Kurs als Bildungsmaßnahme von allgemeinen Interesse zu qualifizieren sei. Aus dem Überweisungsbeleg an "***1***" sei nicht hervorgegangen, um welche Art von Kurs es sich gehandelt habe. Die hierfür getätigten Aufwendungen von € 71,80 seien daher ebenfalls unberücksichtigt geblieben. Auch die geltend gemachten Rezept- bzw. Kochbücher seien nicht als Fachliteratur und damit Werbungskosten anzuerkennen gewesen, da diese als Werke von allgemeinen Interesse der privaten Lebensführung zuzuordnen und damit nicht abzugsfähig seien.
Mit Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer dagegen abermals eine "Beschwerde" wegen Nichtberücksichtigung der Reisekosten im Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme zum Schokoladen-Sommelier ein, welche von der belangten Behörde als Antrag auf Vorlage zur Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gewertet wurde. Gegen die Nichtberücksichtigung der übrigen beantragten Werbungskosten für Bildungsmaßnahmen und Fachliteratur wurden keine Einwände erhoben. Gemeinsam mit dem Vorlageantrag wurde ein Unterrichtsplan betreffend das Schokoladen-Sommelier-Seminar sowie eine überarbeitete Fahrtenaufstellung und die bereits in der Beschwerde beigebrachten Belege für die Flugreisen vorgelegt.
Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, aufgrund der nunmehr vorgelegten Unterlagen sei es möglich, die angeführten Pkw-Fahrten und Flugreisen mit den Terminen des Schokoladen-Sommelier-Seminars in Einklang zu bringen. Die Kosten für die Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und den Standorten der Bildungseinrichtung in Köln und Weinheim würden sich auf insgesamt € 1.682,89 belaufen. Angesichts der glaubhaften und nachvollziehbaren Darstellung werde daher die Stattgabe der Beschwerde in diesem Punkt beantragt. Betreffend die übrigen Werbungskosten werde unter Verweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung die Abweisung beantragt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Patissier und absolvierte 2018 ein mehrtägiges Schokoladen-Sommelier-Seminar in Weinheim. Diese Ausbildung setzte einen Meisterbrief im Konditoren-/Bäckerhandwerk voraus (siehe Homepage der Bundesakademie Wernheim). Der Beschwerdeführer leistete bereits im Jahr 2017 eine Anzahlung auf die Seminarkosten in Höhe von € 300,00 und beglich im Jahr 2018 den Restbetrag in Höhe von € 2.670,00. Um zum Veranstaltungsort zu gelangen, erwuchsen ihm Reisekosten in Höhe von € 1.682,89.
Außerdem besuchte er 2018 einen Blumen-Modellier-Kurs der Firma Cakeart, für den er € 159,00 bezahlte und der sich laut Homepage auch an "Hobby-Bäckerinnen" richtete.
Er erwarb im Streitjahr folgende Bücher um insgesamt € 157,10:
Jakabfi David, Patissier
Julien Duvernay, Desserts
Wolfgang Kießling, Patisserie International
Dabei handelt es sich um Koch- bzw- Rezeptbücher, die nicht nur bei in der Patisserie tätigen Personen auf Interesse stoßen.
Wofür die Beträge von € 82,20 und € 43,20 an den Trauner Verlag geleistet wurden, gab der Beschwerdeführer nicht bekannt.
Der Beschwerdeführer überwies einen Betrag von€ 71,80 an ***1*** für einen Kurs, worum es sich dabei genau handelte, ist dem vorgelegten Beleg nicht zu entnehmen und teilte der Beschwerdeführer nicht mit.
Beweiswürdigung
Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen, die Angaben des Beschwerdeführers sowie auf Internetrecherchen.
2.1. Aufwendungen für Arbeitsmittel, Fachliteratur und Blumen-Modellier-Kurs
Der Nichtanerkennung der Aufwendungen für Arbeitsmittel (€ 75,76), für die Rezept-/bzw. Kochbücher (€ 282,50) und der Kosten des Blumen-Modellier-Kurses in der Beschwerdevorentscheidung trat der Beschwerdeführer in seiner als Vorlageantrag gewerteten Eingabe nicht entgegen. Trotz der diesbezüglichen Ausführungen seitens des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung und trotz entsprechenden Vorbringens des Finanzamtes im Vorlagebericht vom - die beide insofern Vorhaltscharakter entfalten ( zur Beschwerdevorentscheidung und - für viele - zum Vorlagebericht) - hat der Beschwerdeführer keine zusätzlichen Nachweise beigebracht. Das Bundesfinanzgericht folgt diesbezüglich der Würdigung der belangten Behörde.
2.2. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schokolade-Sommelier-Seminar
Hinsichtlich der mit dem Besuch des Patissier-Sommelier-Seminars angefallenen Reisekosten erbrachte der Beschwerdeführer im Zuge des Vorlageantrages weitere Nachweise, die vom Finanzamt im Vorlagebericht als glaubhaft und nachvollziehbar beurteilt wurden. Das Bundesfinanzgericht schließt sich dieser Würdigung an. Es waren daher Reisekosten in Höhe von € 1.682,89 zusätzlich zu den im Jahr 2018 verausgaben Seminarkosten in Höhe von € 2.670,00 als Werbungskosten zu qualifizieren.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
3.1.1. Aufwendungen für Arbeitsmittel, Fachliteratur und Blumen-Modellier-Kurs
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Diese Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen ().
Typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, für die eine private Mitveranlassung besteht, werden von der Regelung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 erfasst (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 3.1 zu § 20 EStG 1988, 48. Lfg.). Demnach dürfen, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2010/15/0197, ausgesprochen hat, Aufwendungen für solche Wirtschaftsgüter grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn eine eindeutige, klar nachvollziehbare Trennung zwischen der privaten Veranlassung der Anschaffung einerseits und der betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassung andererseits gegeben und die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung nicht bloß völlig untergeordnet ist. Eine Aufteilung kann aber nicht vorgenommen werden, wenn mangels klarer Quantifizierbarkeit der einzelnen Veranlassungskomponenten ein objektiv überprüfbarer Aufteilungsmaßstab nicht besteht und damit ein entsprechendes Vorbringen des Steuerpflichtigen keiner Nachprüfung zugänglich ist. Ist eine derartige objektiv nachvollziehbare und einwandfreie Aufteilung nicht möglich, kommt die Berücksichtigung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis für eine (zumindest beinahe) gänzliche betriebliche bzw. berufliche Veranlassung erbringt ().
Wie bereits die belangte Behörde festgestellt hat, handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer angeschafften Büchern um Rezept- bzw. Kochbücher, die auch für Personen interessant sind, die nicht in der Branche des Beschwerdeführers tätig sind. Auch der Besuch des Blumen-Modellier-Kurses richtet sich nicht nur an in der Sparte des Beschwerdeführers tätige Personen, sondern - wie das Finanzamt ermittelte - auch an Hobby-Bäckerinnen. Dass sich dem Beschwerdeführer Möglichkeiten der beruflichen Nutzbarmachung der Bücher- und Kursinhalte eröffnen, bewirkt keine völlige Zurückdrängung der privaten Mitveranlassung.
Die dafür aufgewendeten Beträge waren daher nicht einkünftemindernd zu berücksichtigen.
Die vom Beschwerdeführer nicht näher erläuterten Beträge waren mangels Darstellung und Nachweises des beruflichen Zusammenhanges nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
3.1.2. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schokolade-Sommelier-Seminar
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zählen Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, zu den Werbungskosten.
Fortbildungskosten dienen dazu, im jeweils ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu blieben, um den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Merkmal beruflicher Fortbildung ist es, dass sie der Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten im bisher ausgeübten Beruf dient (Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 30. EL § 16 Anm. 134, mwN).
Eine begünstigte Bildungsmaßnahme liegt jedenfalls vor, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können. In Bezug auf Aufwendungen für die Persönlichkeitsentwicklung kann dies wegen der Nähe zum Bereich der privaten Lebensführung allerdings nur dann gelten, wenn im Rahmen der ausgeübten beruflichen Betätigung eine entsprechende Schulung erforderlich ist (, und Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Tz. 1 und 2 zu § 16 Abs. 1 Z 10).
Neben Kursgebühren sind auch Fahrtkosten abzugsfähig (Jakom/Lenneis, EStG 2018, § 16 Rz 53). Der Beschwerdeführer hat die im Zusammenhang mit dem Besuch des Schokoladen-Patissier-Seminars angefallenen Reisekosten in Höhe von € 1.682,89 in den Beilagen zum Vorlageantrag nach Ansicht der belangten Behörde glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Zusätzlich zu den im Jahr 2018 bezahlten Seminarkosten von €2.670,00 waren daher die Reisekosten in Höhe von € 1.682,89 als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die vom Beschwerdeführer getätigten Aufwendungen beruflich veranlasst sind, folgte das Bundesfinanzgericht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen und die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Beilage: 1 Berechnungsblatt (Einkommensteuer 2018)
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104387.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at