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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.09.2020, RV/5200038/2020

Bescheidaufhebung weil ein antragsgebundener Verwaltungsakt ohne Antrag erging

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Linz Wels vom , Zl. ***1***, betreffend Ungültigerklärung einer Zollanmeldung zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom stellte die ***NN***, ***Adr.NN***, Polen, einen Antrag auf Ungültigerklärung der Anmeldung CRN ***2*** vom gem. Art. 251 ZK-DVO.

Diesen Antrag brachte im Auftrag und mit Vollmacht des genannten Unternehmens die nunmehrige Beschwerdeführerin (Bf.), die ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als ausgewiesene Vertreterin ein.

Seitens des Zollamtes Linz Wels erging daraufhin der Bescheid vom , Zl. ***1***. Mit diesem Bescheid wies das Zollamt einen Antrag der Bf. vom 17.06. und (gemeint zweifellos: vom ) ab. Als Bescheidadressat scheint in diesem Bescheid sowohl im Adressfeld als auch im Spruch die Bf. auf. Die Antragstellerin, die ***NN***, ist in diesem Bescheid hingegen nicht genannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung vom , die nunmehr als Beschwerde zu werten ist. Diese Beschwerde wurde sowohl von der ***NN***, vertreten durch die Bf., als auch durch die Bf. im eigenen Namen eingebracht.

Das Zollamt Linz Wels wies daraufhin die vorbezeichnete Berufung der Bf. mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. ***3***, als unbegründet ab.

Im Spruch dieser Berufungsvorentscheidung ist ausschließlich die Bf. genannt. Das Adressfeld ist wie folgt ausgefüllt:

"***NN***
[...]
z.Hd.
[...]".

Mit Schreiben vom , Zl. [...], teilte das Zollamt Linz Wels der Bf. mit, dass in der eben erwähnten Berufungsentscheidung eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung angeführt worden sei. Obwohl dieses Schreiben als Bescheidberichtigung intendiert war und im Betreff ausdrücklich als solche bezeichnet wurde, erging diese Mitteilung formlos und nicht wie in § 293 BAO gefordert mittels Bescheid.

Sowohl die ***NN*** vertreten durch die Bf. als auch die Bf. im eigenen Namen stellten daraufhin mit Eingabe vom den Vorlageantrag.

Am zog die Bf. den Antrag auf Senatsentscheidung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Zollanmeldung CRN ***2*** vom erfolgte die Überführung einer Sendung mit einer Rohmasse von 1.937,20 kg in den zoll- und steuerrechtlichen Verkehr. In dieser Anmeldung ist die ***NN*** als Empfängerin genannt. Als direkte Vertreterin (Art. 5 Abs. 2 erster Anstrich ZK) scheint die Bf. auf. Im Feld 37 der Anmeldung ist der Code 4000 vermerkt.

Mit Eingabe vom begehrte die ***NN*** die Ungültigerklärung dieser Anmeldung. Da sie ihren Sitz in Polen habe, hätte die Zollabfertigung im Verfahren 4200 stattfinden sollen.

Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in den vom Zollamt Linz Wels elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)

Rechtslage

Gemäß Art. 66 Abs. 1 Buchstabe der im Beschwerdefall noch maßgebenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) erklären die Zollbehörden auf Antrag des Anmelders eine bereits angenommene Anmeldung für ungültig, wenn der Anmelder nachweist, dass die Waren irrtümlich zu dem in dieser Anmeldung bezeichneten Zollverfahren angemeldet worden sind oder dass infolge besonderer Umstände die Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren nicht mehr gerechtfertigt ist.

Gem. Abs. 2 leg.cit. kann nach Überlassung der Waren außer in den nach dem Ausschussverfahren festgelegten Fällen die Anmeldung nicht mehr für ungültig erklärt werden.

Artikel 251 ZK-DVO bestimmt dazu (auszugsweise):

"Abweichend von Artikel 66 Absatz 2 des Zollkodex kann eine Zollanmeldung nach Überlassung der Waren unter folgenden Voraussetzungen für ungültig erklärt werden:

…"

Die Bundesabgabenordnung in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung legt u.a. fest:

§ 83 (1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

§ 93 (2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Erwägungen

Eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten ist dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf einem Versehen beruht und der Adressat zweifelsfrei feststeht ().

Im vorliegenden Fall steht auf Grund der unmissverständlichen Formulierung des Spruchs der Berufungsvorentscheidung vom zweifellos fest, dass sie an die Bf. gerichtet ist, zumal (nur) dieses Unternehmen im Spruch ausdrücklich genannt ist. Die ***NN*** scheint hingegen dort nicht auf. Auch in der Bescheidbegründung wird die Bf. als Berufungswerberin bezeichnet.

Die Tatsache, dass das Zollamt die ***NN*** (offensichtlich versehentlich) ins Adressfeld aufgenommen hat, ändert daran nichts. Denn auf Grund der geschilderten Umstände kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass die Berufungsvorentscheidung gem. § 97 Abs. 1 BAO ihrem Inhalt nach für die Bf. bestimmt war. Dies kommt zusätzlich auch dadurch zum Ausdruck, dass das Zollamt das o.a. "Berichtigungsschreiben" vom ausdrücklich an die Bf. gerichtet hat und die ***NN*** darin unerwähnt ließ.

Außer Streit steht, dass die Berufungsvorentscheidung der Bf. tatsächlich zugekommen ist.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es aus all diesen Gründen als erwiesen, dass sich das Zollamt von Beginn an hinsichtlich des Rechtssubjektes des Verfahrens geirrt hat. Obwohl der dem vorliegenden Abgabenverfahren zugrundeliegende Antrag vom eindeutig von der ***NN*** gestellt worden ist und obwohl der Bf. in diesem Antrag bloß die Rechtsstellung als Vertreterin gem. § 83 BAO zukam, hat das Zollamt im angefochtenen Bescheid vom zu Unrecht der Bf. Parteistellung gem. § 78 BAO zugemessen und den angefochtenen Bescheid nicht an den zutreffenden Bescheidadressaten (nämlich an die ***NN*** ) gerichtet.

Konsequenter Weise hat sich dieser Fehler bis zur Erlassung der Berufungsvorentscheidung vom durchgezogen, die ebenfalls nicht an die ***NN*** sondern an die Bf. ergangen ist. Sogar die Verständigung gem. § 265 Abs. 4 BAO des Zollamtes vom über die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgericht ist ausschließlich an die Bf. und nicht an die ***NN*** gerichtet.

Eine Berichtigung des Bescheidadressaten in den beiden o.a. Bescheiden vom und vom ist dem Bundesfinanzgericht allerdings verwehrt, zumal für eine derartige Maßnahme nach ständiger Judikatur immer dann kein Raum besteht, wenn dadurch das jeweilige Rechtssubjekt des Verfahrens ausgetauscht werden sollte (siehe dazu zB und mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Bescheidaufhebung (als meritorische Beschwerdeerledigung) u.a. dann zu erfolgen, wenn ein antragsgebundener Verwaltungsakt ohne Antrag erging (vgl. z.B. VwgH , 2001/16/0182).

Alleine aus der für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entscheidenden Feststellung folgt, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Denn die Bf. selbst hat nie einen Antrag auf Anwendung des Art. 251 ZK-DVO gestellt. Es hätte im Gegenstand kein Bescheid an die Bf. ergehen dürfen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Hinweis

Über die Beschwerde der ***NN*** (und somit auch über deren Vorlageantrag vom ) wurde gesondert entschieden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ergibt bzw. die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind.

Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 78 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200038.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at