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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 15.10.2020, RV/2100480/2020

Zurücknahme mangels fristgerechter Mängelbehebung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Zurückweisung eines Antrages 2010 auf Wiedereinsetzung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages (§ 264 BAO) im Gewinnfeststellungsverfahren (§ 188 BAO) für 2010 beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist eine Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (FA) vom (zugestellt ) betreffend Zurückweisung eines Antrages der beschwerdeführenden Partei (Bf) auf Wiedereinsetzung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages (§ 264 BAO) im Gewinnfeststellungsverfahren nach § 188 BAO für 2010.

Die Beschwerde vom ist wie folgt formuliert:

"Beschwerde

gegen den Zurückweisungsbescheid vom , zugestellt am .

Die Beschwerde richtet sich gegen die Rechtswidrigkeit des beschwerten Bescheides, da dieser gesetzwidrig und daher unrichtig erlassen wurde.

Es wird beantragt den beschwerten Bescheid aufzuheben und durch einen neuen Bescheid zu erlassen, der den unten angeführten Beschwerdebegründungen entspricht.

Beschwerdebegründung:

Die umfangreiche Beschwerdebegründung wird ehest nachgereicht.

Es wird beantragt

1. der vorliegenden Beschwerde statt zu geben und den beschwerten Zurückweisungsbescheid ersatzlos aufzuheben,

2. eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO vor dem gesamten Senat abzuhalten, zu der die Beschwerdeführerin bzw. ihre ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig zu laden sind."

Mit Bescheid vom forderte das FA die Bf unter Verweis auf die Bestimmung des § 250 Abs. 1 lit d BAO zur Behebung der Mängel ihrer Beschwerde vom hinsichtlich der Begründung "bis zum " (= Dienstag) auf. Bei Versäumung der gesetzten Frist gelte die Beschwere als zurückgenommen (FA-Vorlagebericht OZ 7 mit Rückschein zur RSb-Zustellung v. Freitag, an die steuerliche Vertretung der Bf).

Am (Sonntag) beantragte die steuerliche Vertretung der Bf im Wege einer FinanzOnline-Eingabe zur StNr der Bf die "mit Bescheid vom " gesetzte Frist "bezüglich Ergänzung der Beschwerde vom " wegen des terminlichen Gedränges von Erledigungen im Tagesgeschäft, vor den Weihnachtsfeiertagen und dem bevorstehenden Jahreswechsel" bis zu verlängern (FA-Vorlagebericht OZ 8).

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom stellte das FA fest, dass die Beschwerde der Bf vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gilt (FA-Vorlagebericht OZ 4, OZ 5 Rückschein zur RSb-Zustellung vom an die steuerliche Vertretung).

Mit Eingabe vom (beim FA eingelangt am selben Tag) beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und begehrte die ersatzlose Aufhebung des Zurückweisungsbescheides vom . Zugleich enthielt der achtseitige Schriftsatz die Erledigung des Mängelbehebungsauftrages vom (FA-Vorlagebericht OZ 6).

Mit verfahrensleitendem Bescheid vom wies das FA das Fristverlängerungsansuchen der Bf vom schließlich als verspätet zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Das BFG legt den angeführten Verfahrensgang, der sich aus den insoweit unbedenklichen Vorlageunterlagen des FA ergibt, der Entscheidung im anhängigen Verfahren als erwiesenen Sachverhalt zugrunde.

II. Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Bescheidbeschwerde im Abgabenverfahren zu enthalten:

  • die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

  • die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

  • die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

  • eine Begründung.

Entspricht eine Bescheidbeschwerde den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen nicht, ist die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO verpflichtet, dem Einschreiter die Behebung der Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht (z.B. ; ; ).

Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Beschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen.

Der Eintritt dieser Rechtsfolge wird durch den darauf Bezug nehmenden (verfahrensrechtlichen) Bescheid der Behörde iSd § 85 Abs. 2 BAO nicht begründet, sondern lediglich festgestellt.

Zwar ist die Frist zur Mängelbehebung zufolge § 245 Abs. 5 BAO auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern, doch setzt dies eine Antragstellung vor Fristablauf voraus. Ein nach Fristablauf eingebrachter Antrag auf Fristverlängerung kann die mit Ablauf der im Mängelbehebungsauftrag festgelegten Frist ex lege eingetretene Wirkung des § 85 Abs. 2 BAO ebenso wenig beseitigen, wie eine (verspätet) vorgenommene Mängelbehebung (; ; ).

Im abgabenbehördlichen Verfahren ist eine Bescheidbeschwerde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 BAO vom FA mit BVE als zurückgenommen zu erklären. Im BFG-Verfahren hat eine solche Maßnahme durch Beschluss zu erfolgen (§ 263 Abs. 1 lit b BAO bzw. § 278 Abs. 1 lit b BAO).

III. Im anhängigen Verfahren macht die Bf - zu Recht - nicht die Unzulässigkeit der Verfügung des Mängelbehebungsauftrages geltend, weist sie doch selbst in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom auf die nachzureichende Begründung hin. Da die Beschwerde vom ohne Begründung zweifelsfrei nicht den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs. 1 lit d BAO entsprach, war das FA zur Erteilung des Mängelbehebungsauftrages vom nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.

Dass vom Finanzamt die in diesem Bescheid gemäß § 85 Abs. 2 BAO gesetzte Frist von vier Wochen nicht angemessen gewesen wäre oder den Verhältnissen des Beschwerdefalles nicht sachgerecht Rechnung getragen hätte, ist für das BFG nicht erkennbar, zumal die letztlich im Schriftsatz vom nachgeholte Mängelbehebung sich im Wesentlichen auf eine zusammengefasste Wiederholung von Vorbringen aus diversen Schriftsätzen im vorangegangenen Verfahren betreffend den Antrag der Bf auf Wiedereinsetzung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages im Gewinnfeststellungsverfahren nach § 188 BAO für 2010 beschränkt.

Zudem hatte es die Bf in der Hand, durch fristgerechte Einbringung eines hinreichend begründeten Fristverlängerungsantrages eine Verlängerung der Mängelbehebungsfrist zu erwirken (§ 245 Abs. 5 BAO).

Dieser Antrag war vor Ablauf des beim FA einzubringen, um Rechtswirksamkeit zu entfalten (). Da die Einbringung nachweislich am und somit deutlich verspätet erfolgte, kam es auf den Zeitpunkt der förmlichen Entscheidung des FA über diesen Antrag nicht mehr an. Die Rechtsfolgen des § 85 Abs. 2 BAO waren mit Ablauf des ex lege eingetreten.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Erledigung des Fristverlängerungsantrages vom durch bescheidmäßige Zurückweisung beim vorliegenden Sachverhalt ebenso der Rechtslage entsprach (), wie das Erlassen einer BVE zur Feststellung des Eintritts der Rechtsfolgen des § 85 Abs. 2 BAO durch die Abgabenbehörde (§ 263 Abs. 1 lit b BAO).

Auch die weiteren Einwendungen gegen das abgabenbehördliche Beschwerdeverfahren im verfahrensgegenständlichen Vorlageantrag vom erweisen sich als nicht begründet.

Weder knüpfte das Gesetz die Wirksamkeit eines Mängelbehebungsauftrages an eine Zustellung mit Zustellnachweis (die im Übrigen lt. FA-Vorlagebericht OZ 7 ohnehin erfolgte), noch war bzw. ist aufgrund des ex lege-Eintritts der Wirkung des § 85 Abs. 2 BAO mit Ablauf des eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen in der verspäteten Mängelbehebung vom geboten.

Eine Relevanz des eingewendeten Fehlers bezüglich Rechtsgrundlage der erlassenen BVE (lt. FA § 263 BAO anstatt nach Ansicht der Bf "§ 262, respektive § 260 BAO") ist für das BFG ebenfalls nicht zu erkennen, zumal der BVE vom nach der geltenden Rechtslage die Bestimmung des § 263 Abs. 1 lit b BAO zugrunde liegt und die Anführung der (zumal vollständigen) Rechtsgrundlage nach der VwGH-Judikatur nicht zu den notwendigen Spruchbestandteilen bescheidmäßiger Behördenerledigungen gehört (vgl. Ritz, BAO Kommentar6, § 93 Rz 9 mit Judikaturverweisen).

Da die Bf dem Mängelbehebungsauftrag des FA vom innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprach, war die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom vom BFG gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO mit Beschluss als zurückgenommen zu erklären.

Aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage konnte aus verfahrensökonomischen Gründen auf eine Entscheidung durch den gesamten Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden (§ 274 Abs.3 Z. 2 iVm 272 Abs.4 BAO).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages eintretende Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO. Im Übrigen entspricht die gegenständliche Entscheidung der angeführten VwGH-Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird dadurch nicht berührt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 250 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100480.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at