Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.10.2020, RV/2100729/2020

Schätzung eines Gastronomiebetriebes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Steiermark GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Schubertstraße 62, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2016 und 2017 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

[...]

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden Bf), hat in den Streitjahren 25.11. - (29 Tage) und vom 01.12. - (23 Tage) einen Stand am Markt betrieben.

Am reichte die Bf. eine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Einkünfte des Jahres 2016 ein. Am selben Tag wurde ein erklärungsgemäßer Bescheid erlassen.

Am reichte die Bf. die Erklärung betr. das Jahr 2017 ein.

Auf eine Kontrollmitteilung der Finanzpolizei hin kam es zu einer abgabenbehördlichen Überprüfung der Streitjahre 2016 und 2017.
Dabei wurden folgende Feststellungen gemacht:

"Während der Adventzeit wird im Weihnachtsdorf, ein Stand betrieben.
Angeboten werden verschiedene Waffel, mehrere Sorten Glühwein, kalte Getränke, Kaffee, Kakao, Schnäpse und Speisen.
Der Stand ist von Montag bis Samstag ab 10:00 Uhr bis 22:00 Uhr geöffnet. Sonntags ist der Adventstand von 13:00 Uhr bis 22:00 Uhr geöffnet."

Die Ermittlung der Tageslosungen erfolgt mittels Kassenzählprotokoll. Es besteht weder Registrierkassenpflicht noch Belegerteilungspflicht.

"Laut steuerlicher Vertretung werden keinerlei Aufzeichnungen wie etwa Strichlisten betreffend verkaufter Produkte geführt. Es gibt auch keine Aufzeichnungen betreffend der Aufteilung der Umsätze, die auf Getränke und Speisen entfallen.

Zu Prüfungsbeginn wurden folgende Unterlagen vorgelegt: Kassenzählprotokoll (erfasste Tageslosungen), Eingangsrechnungen wie Standplatzgebühr, diverse Wareneinkäufe. Eine Preisliste wurde nicht vorgelegt, wurde aber seitens der Prüferin angefordert."

"Am wurde eine Preisliste per E-mail vom steuerlichen Vertreter übermittelt. Auf diesen Preislisten befanden sich Preise für verschiedene Waffel und Getränke wie verschiedene Sorten Glühwein, alkoholfreie Getränke (Mineralwasser, Cola, Fanta, Apfelsaft) und Bier.
Der Prüferin lagen Unterlagen aus einer Kontrolle des Adventstandes durch die Finanzpolizei am vor. Daraus ging hervor, dass wesentlich mehr Produkte wie verschiedene Sorten Kaffee, Kakao, Schnäpse und sogar Speisen angeboten wurden, die sich nicht auf der vorgelegten Preisliste befanden.
Auch der Wareneinkauf weist darauf hin, dass entsprechendes Zubehör wie Suppenschalen, Schnapsgläser, Waffellikörbecher, Kaffeelöffel, Zuckersäckchen eingekauft wurde. Am wurden schließlich die Preislisten für 2016 und 2017 übermittelt.

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde der (Jahres-) Wareneinkauf anhand der Einkaufsrechnungen bei Glühwein, Waffelteig und Getränken ermittelt.
Die angebotenen Glühweine, Waffelteige und Getränke wurden Zug um Zug eingekauft.
Anhand der Preisliste wurden die entsprechenden Portionen hochgerechnet.
Ein entsprechender Schwund wurde berücksichtigt.
Ebenso wurde die 10 + 1 Gratis - Aktion und ein Eigenverbrauch berücksichtigt.

Diese Hochrechnung führte zu erheblichen Abweichungen gegenüber den erklärten Umsätzen bzw. Einnahmen."

(…)

"Tz. 6 Kalkulation Kaffee. Kakao

Verschiedene Kaffees (Espresso, Verlängerter, Kaffee mit Amaretto und Baileys) und Kakaos (Kakao, Kakao mit Rum, Kakao mit Amaretto) befinden sich auf der Preisliste. Unter den vorgelegten Unterlagen befanden sich keine Belege betreffend Einkauf von Kaffee, Kakao und Tee.
Sehr wohl aber fand sich unter den vorgelegten Unterlagen Einkaufsrechnungen betreffend Kaffeelöffel, Zuckerpäckchen, Rum, Amaretto und Baileys.

Tz. 7 Kalkulation Speisen

Die Zutaten zu den angebotenen Speisen wie geriebener Käse, Würstchen, Brot etc. wurden Zug um Zug eingekauft.
Im Jahr 2016 wurden 500 Stück Suppenschalen eingekauft, im Jahr 2017 200 Stück.

Tz. 8 Kalkulation Glühwein

[...]

Tz. 9 Kalkulation Waffel

Herstellung Waffelteig: Pulver mit Wasser und Eier anrühren, Teig rasten lassen. 20 Portionen aus 1 kg Teig
Berücksichtigt wurden: Ausstellungsstücke, fehlerhafte Waffel, Eigenverbrauch und Gratis -Aktion. Volle Packungen können retourniert werden.

[...]

Tz. 10 Kalkulation kalte Getränke (alkfreie Getränke. Bier)

[...]

Tz. 11 Kalkulation Speisen (Suppe, Gröstl)

Kartoffelsuppe serviert in der Suppenschale, Gröstl serviert auf Pappteller.

[...]

Tz. 12 Kalkulation Kaffee

Unter den vorgelegten Unterlagen wurden keine Rechnungen betreffend Kaffee-Einkauf vorgefunden.
Kaffeelöffel und Zuckersäckchen wurden eingekauft.

Da verschiedene Kaffeespezialitäten in den Prüfungsjahren laut Preisliste angeboten wurden wird der Umsatz bzw. Erlös aus Kaffeeverkauf im Schätzungswege ermittelt.
1 kg Kaffee entspricht 150 Tassen
Schätzung BP: Einkauf 7 kg Kaffee Ausgabe Einkauf: 7 x 9 € ergibt 63 €

[...]

Tz. 13 Kalkulation Kakao

Unter den vorgelegten Unterlagen wurden keine Rechnungen betreffend Kakao-Einkauf vorgefunden. Da verschiedene Kakaospezialitäten in den Prüfungsjahren laut Preisliste angeboten wurden, wird der Umsatz bzw. Erlös aus Kakaoverkauf im Schätzungswege ermittelt.

1 kg Kakao entspricht 120 Tassen

Schätzung BP: Einkauf 3 kg Ausgabe Einkauf: 3 x 8 € ergibt 24 €

[...]

Tz. 14 Kalkulation Tee

In den Prüfungsjahren wurde laut Preisliste Früchtetee angeboten. Der entsprechende Einkauf von Teespezialitäten wurde unter den vorgelegten Unterlagen nicht vorgefunden.
Daher wird der Umsatz bzw. Erlös aus Verkauf von Früchtetee im Schätzungswege ermittelt.

Schätzung BP: 120 verkaufte Portionen entsprechen 6 Packungen Früchtetee zum Preis Ausgabe Einkauf: 6 x 2 € ergibt 12 €

[...]

Tz.15 Kalkulation Schnäpse und "Süße Träume"

Laut Preisliste wurden verschiedene Sorten von Schnäpsen angeboten. Da sich nicht jede angebotene Sorte unter den vorgelegten Unterlagen befand, erfolgt die Umsatz- bzw. Erlösermittlung im Schätzungswege.

Schnapsbecher und Waffellikörbecher (120 Stück) wurden eingekauft.

[...]

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren hins. Feststellung der Einkünfte 2016 wieder aufgenommen und mit Feststellungsbescheid vom selben Tag wurden die Einkünfte entsprechend den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung neu festgesetzt.
Mit Bescheid vom (gem. § 293 BAO berichtigt am ) wurden die Einkünfte für das Jahr 2017 erstmals einheitlich und gesondert in Höhe der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Überprüfung festgestellt.

In den dagegen eingebrachten Beschwerden vom wandte sich die Bf. gegen die Kalkulation und kündigte an, Eingangsrechnungen betr. Schnapseinkauf vorzulegen.

Nach erfolgtem Mängelbehebungsauftrag führte die Bf. in ergänzendem Schriftsatz aus, dass eine Schätzungsbefugnis nicht gegeben sei, da die festgestellten formellen Mängel (Fehlen des Wareneinkaufes bei betragsmäßig untergeordneten Waren) nicht so schwerwiegend seien, dass diese bereits Grund für eine Schätzung geben.

Sollte eine Schätzungsbefugnis gegeben sein, so sei unbegründet geblieben, warum seitens des Finanzamtes als Schätzungsmethode die "kalkulatorische" Schätzung gewählt wurde.

"Das Finanzamt ist aufgrund des fehlenden Wareneinsatzes bei einzelnen (mengen- und betragsmäßig untergeordneten) Waren, die laut Preisliste angeboten wurden (Kaffee, Kakao, Tee und Schnäpse) zum Schluss gekommen, dass die Einnahmen insgesamt falsch erklärt sein müssen. Aufgrund fehlender (aber sehr geringer) Betriebsausgaben wurde die nicht weiter begründete Schlussfolgerung gezogen, dass die Einnahmen nicht stimmen würden. Eine Begründung für diese Schlussfolgerung ist nicht vorliegend. Es wäre ja naheliegender, dass man in diesem Fall einzelne Betriebsausgaben dazu schätzt (wie etwa hier € 99,00 pro Jahr für Kaffee-, Kakao-, und Teeeinkauf; siehe Tz 17 der Niederschrift). Konkrete Anhaltspunkte, dass die vorgelegten Kassazählprotokolle (und somit die Einnahmen) nicht korrekt erklärt wurden, wurden seitens des Finanzamtes nicht dargelegt.

Es wurde dabei nicht hinterfragt, ob tatsächlich alles, was auf der ja nur einmal pro Jahr gedruckten Preisliste angeführt war, auch tatsächlich verkauft wurde.

Das Nachreichen der vollständigen Preislisten war dadurch begründet, weil Herrn. ***1*** während der Betriebsprüfung einige Zeit im Krankenhaus war und die erste Preisliste (hinsichtlich der wichtigsten Waren) aus dem Gedächtnis und vom Krankenhausbett aus erstellt hat. Zu diesem Zeitpunkt war nicht klar, dass seitens des Finanzamtes eine vollständige Nachkalkulation erfolgen würde, die auch die weniger umsatzstarken Waren umfasst. Erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus war es möglich, die vollständigen Original-Preislisten vorzulegen und wurde dies auch umgehend getan. Dass alle Einkäufe Zug um Zug erfolgten, ist nicht korrekt, es wurde - wie sich aus den vorgelegten Einkaufsrechnungen ergibt - vieles auf Vorrat eingekauft, insbesondere Waffelteig und Zubehör (Plastikschüsseln, Plastiklöffel, Zuckersäckchen, ...), weil es sich hierbei in der Regel um Dinge handelt, welche aufgrund des niedrigen Stückpreises von vornherein in Form von Großpackungen eingekauft werden (z.B. bei Metro)."

"Nachfolgend führen wir daher an, warum uE die vom Finanzamt vorgenommene Kalkulation (entsprechend der in der Niederschrift angeführten Tz) nicht die wahren Verhältnisse abbildet:

(…)

Tz. 8; Kalkulation Glühwein, Glühbier, Glühmost, Punsch:

In unserer Stellungnahme vom haben wir auf die Besonderheiten, die sich aus dem fassweisen Einkauf (20-Liter-Gebinde) ergeben, bereits umfangreich hingewiesen (in den Fässern verbleibt immer ein nicht verwertbarer Rest, es wird etwas verschüttet, im letzten Fass bleibt immer ein erheblicher Rest übrig, in die Becher wird mehr als die 200 ml eingefüllt, ...). Wie sich aus der von uns vorgelegten Kalkulation ergibt, ist die tatsächlich verkaufbare Menge um rund 15% geringer als die eingekaufte Menge. Vom Finanzamt wurden - ohne Begründung - nur 8% angesetzt.
Hinsichtlich Glühbier (hier können volle Gebinde nicht mehr retourniert werden) ist festzustellen, dass hier der Wareneinkauf in 2016 (4 Fässer à 20 Liter) deutlich höher war als letztlich verkauft werden konnte. Daher wurden in 2017 auch nur mehr 2 Fässer eingekauft. Dieser Umstand wurde vom Finanzamt nicht berücksichtigt.

Tz. 9; Kalkulation Waffel:

Hier werden zu Beginn der Tätigkeit erhebliche Mengen des Teiges eingekauft. Da dieser Teig in der Originalverpackung grundsätzlich eine längere Haltbarkeit hat, können nicht verbrauchte ganze Packungen bei ordnungsgemäßer Lagerung auch im nächsten Jahr noch verwendet werden. Die Annahme des Finanzamtes, wonach ungeöffnete Verpackungen retourniert werden könnten, entspricht laut unserem Klienten nicht den Tatsachen.

In der von uns am vorgelegten Kalkulation haben wir dargelegt, dass im Durchschnitt pro kg Teig nur 12 Portionen Waffeln erzeugt werden können aufgrund der Größe der verwendeten Waffeleisen.

Warum das Finanzamt hier von 20 Portionen ausgeht, wird nicht begründet. Wir haben ebenfalls dargelegt, dass hier eine erhebliche Anzahl an Portionen für nicht verkaufbare Ausstellungsstücke, fehlerhafte Produktion (zu dunkel gebacken bzw. Festkleben am Waffeleisen) verloren gehen. Unsere (gut begründete) Kalkulation geht in 2016 von 1.350 verkauften Waffeln aus und in 2017 von 1.024. Das Finanzamt kommt (weil man sich weder mit der Größe der verwendeten Waffeleisen beschäftigt hat, noch die konkreten Umstände bei der Produktion hinterfragt hat) zu völlig unrealistischen 3.300 Portionen in 2016 und 3.200 Portionen in 2017. Unser Angebot, die vor Ort tätigen Mitarbeiter diesbezüglich zu befragen, wurde vom Finanzamt nicht wahrgenommen.

Auch der Umstand, dass am Ende der Saison erhebliche Mengen an nicht verarbeitetem Teig übrig war, wurde vom Finanzamt - trotz von uns am vorgelegter Fotodokumentation - ohne jedwede Begründung ignoriert. Der Umstand, dass eine Rückgabe (theoretisch) hätte erfolgen können, hat unseres Erachtens dann keine Bedeutung, wenn - wie hier vorliegend - ein Nachweis über die vorhandenen Restbestände (siehe Fotodokumentation als Beilage zu unserem Schreiben vom ) vorhanden ist.

Tz. 10; Kalkulation kalte Getränke (alkoholfrei und Bier):

Warum das Finanzamt unserer Argumentation, dass hier ein deutlich erhöhter Eigenverbrauch durch die Mitarbeiter vorliegt, nicht gefolgt ist, wird vom Finanzamt nicht begründet. Auch hierzu hätte man die Mitarbeiter befragen können.

Tz. 11; Kalkulation Speisen (Suppe, Gröstl):

Hier zeigt sich, dass die vom Finanzamt vorgelegte Kalkulation sehr unrealistisch ist, in besonderem Maße:
Hochgerechnet wurde anhand der eingekauften Plastik-Suppenschüsseln. Hier wurden in Großpackungen in 2016 genau 500 solche Billig-Schüsseln eingekauft. Entgegen unseren Ausführungen, dass diese Schüsseln auch anderen Zwecken dienen (Mistbehälter, Knabbereien) oder aufgrund üblicher Verunreinigungen auch weggeworfen werden müssen (Abwaschen wäre hier unwirtschaftlich), hat das Finanzamt angenommen, dass in 2016 bei 500 Stk. eingekauften Plastik-Schüsseln

- jede eingekaufte Suppenschüssel zu genau einer verkauften Suppe geführt hat, somit 500 Suppen, und (!)

- darüber hinaus noch weitere 350 Portionen Gröstl verkauft wurden, obwohl dieses Gröstl ebenfalls in diesen Schalen serviert wurde und nicht - wie vom Finanzamt völlig unbegründet angenommen - auf Papptellern serviert wurde.

Das Finanzamt hat dann auch noch in 2017 den Verkauf von 200 Suppen geschätzt. Dies nur, weil in 2017 weitere 200 Stück Suppenschüsseln eingekauft wurden und den (von uns sehr wohl aufgezeigten) Umstand ignorierend, dass die Preisliste des Jahres 2017 gar keine Suppen mehr enthielt (weil die Nachfrage in 2016 entsprechend niedrig war).

Tz. 12; Kalkulation Kaffee:

Wareneinkauf liegt hier tatsächlich keiner vor. Warum in den Jahren 2016 und 2017 jeweils genau 7 kg Kaffee eingekauft worden sein sollen und warum aus jedem Kilogramm Kaffee genau 150 Portionen resultieren (somit in jedem Jahr 1.050 Portionen Kaffee), wurde vom Finanzamt nicht begründet und ist daher nicht nachvollziehbar.

Tz. 13; Kalkulation Kakao:

Gerade Kakao wurde tatsächlich sehr wenig verkauft. Warum in den Jahren 2016 und 2017 jeweils genau 3 kg Kakao eingekauft worden sein sollen und warum aus jedem Kilogramm Kakao genau 120 Portionen resultieren (somit in jedem Jahr 360 Portionen Kakao), wurde vom Finanzamt nicht begründet und ist daher nicht nachvollziehbar. Auch hierzu hätte man die Mitarbeiter befragen können.

Tz. 14; Kalkulation Tee:

Auch Früchtetee wurde nur in untergeordnetem Ausmaß tatsächlich verkauft. Die vom Finanzamt angenommenen 120 Portionen je Jahr wurden ohne weitere Begründung angesetzt.

Ad Tz 12-14: Zusammenfassung

Laut Auskunft von Herrn. ***1*** wurden pro Jahr ca. 600 Portionen Kaffee, Kakao und Tee (insgesamt) verkauft. Die Kalkulation des Finanzamtes ergibt in Summe pro Jahr rd. 1.400 Portionen (1.050 Portionen Kaffee, 360 Portionen Kakao und 120 Portionen Tee abzgl. 10% für Schwund, Eigenbedarf, ..). Eine Begründung für diese von unseren Angaben völlig abweichende Annahme liegt nicht vor.

Tz. 15; Kalkulation Schnäpse und "Süsse Träume":

Auch hier geht das Finanzamt davon aus, dass jede auf der Preisliste angeführte Ware tatsächlich verkauft wurde, obwohl kein diesbezüglicher Wareneinsatz in den Betriebsausgaben vorhanden ist. Dennoch hat das Finanzamt bei den Schnäpsen die Angaben aus unserer am vorgelegten Kalkulation (ca. 500 Schnäpse in 2016 und ca. 300 Schnäpse in 2017) exakt übernommen. Warum man unseren durchaus konkreten Angaben hinsichtlich der in 2017 erstmals angebotenen "Süssen Träume" (diese umfassen "Haselnusstraum", "Süßer Engel" und "Heiße Hexe") mit jeweils 30 Portionen nicht folgen konnte, ist leider unbegründet geblieben und ist somit für nicht nachvollziehbar."

In den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom erläuterte das Finanzamt ausführlich die vorgenommene Schätzung.
In Bezug auf die Schätzungsberechtigung führte es an, dass die erklärten Umsätze durch eine kalkulatorische Verprobung überprüft wurden. Da sich hinsichtlich der Umsätze erhebliche Abweichungen zwischen Erklärung und Kalkulation ergaben, ging das Finanzamt davon aus, dass eine sachliche Unrichtigkeit der Bücher als erwiesen angenommen werden musste.

Zur Wahrung des Parteiengehörs sei der Bf. eine erste "Rohkalkulation" während der Prüfung ausgehändigt worden und einige Argumente seitens der steuerlichen Vertretung wie etwa "eine erhebliche Anzahl an Portionen für nicht verkaufbare Ausstellungsstücke", fehlerhafte Produktion (zu dunkel gebacken, bzw. "Festkleben am Waffeleisen") etc. seien als "Schwund, Eigenverbrauch und Aktionen" durch Abschläge berücksichtigt worden. Das Vorbringen wurde mit dem vorhandenem Kontrollmaterial der Finanzpolizei verglichen und entsprechend gewürdigt.

Mit Vorlageantrag vom bzw. Ergänzung vom wandte sich die Bf. gegen die Schätzungsbefugnis an sich und die erfolgte Schätzung.

In Ergänzung der Beschwerde führte die Bf an:

"Auch in der Beschwerdevorentscheidung vom (in der Folge kurz "BVE") wird vom Finanzamt keine tragfähige Begründung für die vorgenommene Schätzung vorgelegt. Das Finanzamt stellt nämlich selbst fest, dass die formellen Mängel der Aufzeichnungen offenbar nicht derart schwerwiegend waren, dass diese Mängel für sich gesehen bereits zur Schätzung berechtigen würden. Tatsächlich bestanden die einzigen festgestellten Mängel darin, dass für Kaffee, Kakao und Tee kein Wareneinkauf festgestellt wurde und bei Spezialschnäpsen nur ein sehr geringer Wareneinkauf nachgewiesen wurde.

Das Finanzamt hält in der BVE fest, dass eine Schätzung dann zulässig ist, wenn sich im Zuge einer Nachkalkulation herausstellt, dass die sachliche Unrichtigkeit der Bücher als erwiesen angenommen werden kann. Ziel der Außenprüfung war es "diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben". Diesem Ziel ist grundsätzlich zuzustimmen.

Nach wie vor fehlt es aber an der Begründung, warum das Ergebnis, das vom Finanzamt bei der vorgenommenen Nachkalkulation ermittelt wurde, diese "größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit" haben soll. Eine derartige Begründung erscheint uE umso notwendiger, je mehr das Ergebnis aus der Nachkalkulation vom erklärten Ergebnis abweicht. Im konkreten Fall führte die Nachkalkulation laut Finanzamt zu hochgerechneten Umsätzen, die beinahe das Doppelte (!) der vom Steuerpflichtigen erklärten Umsätze - für die formal korrekte Kassenzählungs-Protokolle vorgelegt wurden - erreichen.

In der BVE wird festgehalten, dass das Finanzamt im Zuge der vorgenommenen Nachkalkulation die vom Steuerpflichtigen vorgebrachten Argumente durch Abschläge berücksichtigt hat. Es wird in der BVE aber auch festgehalten, dass "nicht jedes Argument glaubwürdig erschien und wurde teilweise im Vergleich mit vorhandenem Kontrollmaterial, welches nach einer Kontrolle des Adventstandes am durch die Finanzpolizei der Außenprüfung vorlag, unglaubwürdig". Welches "Kontrollmaterial" - abgesehen von einigen Fotos, die den Adventstand insgesamt zeigen und uE keine wesentliche Aussagekraft haben - hier zusätzlich vorliegt, wurde dem Steuerpflichtigen nicht vorgelegt und auch in der BVE wird darauf nicht weiter eingegangen. Das Finanzamt beschränkt sich somit ganz allgemein darauf, festzuhalten, dass die - durchaus substantiierten - Angaben des Steuerpflichtigen "unglaubwürdig" seien. Insofern liegt ein wesentlicher Begründungsmangel vor.

Die Annahme des Finanzamtes, dass sämtliche auf der Preisliste angeführten Produkte auch tatsächlich alle verkauft wurden, ist unzutreffend. Die Fehlerhaftigkeit dieser Annahme beruht schon allein auf dem Umstand, dass die Preisliste nur einmal im Jahr (im Vorhinein) gedruckt wurde und es auch in den Vorjahren immer wieder vorkam, dass einzelne Produkte - insbesondere jene, die ein geringe Gängigkeit hatten - dann tatsächlich nicht verkauft wurden bzw. nicht über die ganze Dauer im Advent gleichermaßen verkauft wurden.

Das Finanzamt stößt sich auch an dem Umstand, dass die ursprünglich übermittelten Preislisten nicht vollständig waren. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese am dem Finanzamt übermittelten Preislisten (siehe Beilage 1) vom Steuerpflichtigen während seines damaligen Krankenhausaufenthaltes aus seiner bloßen Erinnerung heraus erstellt wurden, da er damals (im Krankenhaus) keinen Zugriff auf die Original-Preislisten hatte. Er hat dabei nur die gängigsten Produkte angeführt. Dass es sich bei den am übermittelten Listen nicht um die Original-Preislisten gehandelt hat, geht ja schon allein aus der Art der Darstellung klar hervor: Die Preise für beide Jahre wurden auf einem Blatt angegeben. Bereits am wurden dann - als die Zugriffsmöglichkeit auf die Daten wieder gegeben war - die Originalpreislisten übermittelt (Beilage 2). Aus diesem Umstand kann jedenfalls auch nicht abgeleitet werden, dass die Angaben des Steuerpflichtigen zur Kalkulation unglaubwürdig wären. Auch wenn dies seitens des Finanzamtes suggeriert wird, wurde seitens des Steuerpflichtigen auch nie behauptet, dass kein Kaffee, kein Tee, kein Kakao und keine Schnäpse verkauft wurden. Der Steuerpflichtige hat nur - umfangreich begründet - dargelegt, dass eben nicht die vom Finanzamt angenommenen Mengen von diesen Produkten verkauft wurden, sondern deutlich weniger.

Das Finanzamt hat vor allem aufgrund der Menge der eingekauften Billigstprodukte (Plastiklöfferl, Plastik-Suppenschalen, Plastik-Schnapsbecher) eine Nachkalkulation für Speisen (Suppe und Gröstl), für Kaffee/Kakao und Schnäpse erstellt. Es ist fern jeglicher Lebenserfahrung, anzunehmen, dass jedes der eingekauften Plastik-Utensilien 1:1 zu einem verkauften Produkt führt. Wir haben ausführlich dargelegt, dass die seitens des Finanzamtes diesbezüglich vorgenommene Nachkalkulation aus diesem Grund sicher nicht geeignet ist, "die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit" für sich zu haben.

Das Finanzamt führt in der BVE an, dass man der von uns vorgebrachten Argumentation, wonach pro Tag durchschnittlich 10 alkoholfreie Getränke als Eigenverbrauch (für 3 Mitarbeiterinnen und Herrn Herrn. ***1*** selbst) anfielen, nicht gefolgt sei. Warum man unserer Argumentation nicht gefolgt ist, wird aber völlig offen gelassen. Aus unserer Sicht erscheint es durchaus glaubwürdig, dass pro Person und Tag rd. 2,5 an alkoholfreien Getränken als Eigenverbrauch angefallen sind. Ein Adventstand ist erfahrungsgemäß ja kein Betrieb, bei dem alkoholfreie Getränke im Vordergrund der Konsumation der Kunden stehen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass ein erheblicher Teil der eingekauften alkoholfreien Getränke als Eigenverbrauch angefallen ist.

Vom Finanzamt wurde somit auch im Zuge der BVE nicht nachvollziehbar begründet dargelegt, warum die vom Finanzamt vorgenommene Kalkulation eher geeignet sein soll, die wahren Verhältnisse abzubilden denn die vom Steuerpflichtigen selbst vorgenommene (und vorgelegte) Nachkalkulation.

Wenn im Zuge der BVE vorgehalten wird, dass es seitens des Steuerpflichtigen keine Aufzeichnungen über Schwund gab, so ist dem entgegenzuhalten, dass es dazu auch keine gesetzliche Verpflichtung gibt. Um herauszufinden, ob die vom Steuerpflichtigen vorgebrachten und durchaus konkret begründeten Angaben zu Schwund, Eigenverbrauch, Gratis-Aktionen, usw. glaubhaft sind, hätte das Finanzamt auch die am Adventstand beschäftigten Mitarbeiter befragen können. Stattdessen hat sich das Finanzamt damit begnügt, in völlig eigenständiger Form und mit z.T. als lebensfern zu bezeichnenden Annahmen eine Nachkalkulation vorzunehmen. Dies bei einem Betrieb in Form eines Adventstandes, der sich von einem klassischen Gastronomiebetrieb naturgemäß stark unterscheidet.

Dass sich das Finanzamt bei der Nachkalkulation mit den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen unzureichend auseinandergesetzt hat, zeigt auch die Formulierung in der BVE zu Tz 11, wo das Finanzamt festhält: "Außerdem erscheinen "pikante" Spezialitäten eine willkommene Abwechslung zu den angebotenen süßen Speisen". (Suppe/Gröstl) in jener Menge, die der Anzahl der eingekauften (Billigst)Plastik-Schüsseln entspricht, verkauft worden sein müssen.

Auch die in Tz 15 der BVE angeführte Passage: "Beim Besucher sollen Produkte wie "Heiße Hexe" und "Süsser Engel" die Neugierde auf den Konsum wecken" zeigt signifikant, von welchen Leitlinien das Finanzamt bei der Nachkalkulation ausging. Derartige Mutmaßungen erscheinen uns als völlig ungeeignet, um das Ziel der Schätzung, nämlich den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, zu erreichen.

Bei einer Schätzung sind nicht nur die branchentypischen Verhältnisse, sondern insbesondere die betrieblichen Bedingungen des betreffenden Betriebes (seine Besonderheiten, die für ihn geltenden Marktbedingungen) zu berücksichtigen. Diesen Umstand hat das Finanzamt mehrfach ignoriert.

Die pauschale Vorgangsweise des Finanzamtes zeigt sich auch in den Tz 12, 13 und 14 der BVE: Hier wurde vom Finanzamt festgehalten, dass folgender Einkauf angenommen wurde:

• Kaffee: 7 kg

• Kakao: 3 kg

• Tee: 6 Packungen Früchtetee

Warum diese angeführten Mengen richtiger sein sollen als die Angaben, die der Steuerpflichtige dazu gemacht hat, ist in der BVE nicht zu finden.

Insbesondere ist die Darstellung in der Zusammenfassung zu Tz 12-14 in der BVE nicht nachvollziehbar. Das Finanzamt leitet aus dem Umstand, dass die ursprünglich vorgelegten Preislisten (deren Erstellungsgrund oben angeführt ist) keine Preise für Kaffee/Kakao/Tee beinhaltete, ab, dass seitens des Steuerpflichtigen behauptet worden wäre, dass diese Produkte gar nicht verkauft worden wären. Dies ist - wie oben bereits ausgeführt - unzutreffend, da bei der Erstellung der ersten Preislisten - aus dem Gedächtnis heraus - nur die wesentlichsten Produkte angeführt wurden. Es ist somit auch die Schlussfolgerung, dass der Wareneinkauf der betreffenden Produkte bewusst nicht vorgelegt wurde, unrichtig. Wahr ist vielmehr, dass der sehr geringe Wareneinkauf in diesem Bereich deshalb in den Aufzeichnungen fehlt, weil es sich um absolut untergeordnete Beträge handelt, die nur versehentlich nicht aufbewahrt wurden und nun (leider) auch nachträglich nicht mehr auffindbar sind.

Auffällig ist, dass das Finanzamt mehrmals anführt, dass die Kalkulation (auch) auf den vorhandenen Fotos des Adventstandes und dem darauf erkennbaren Warenangebot beruht. Dies ist nicht nachvollziehbar. Auf den uns vorgelegten Fotos ist diesbezüglich kaum etwas Eindeutiges zu erkennen und ist dies im Übrigen kein tragfähiges Argument für die Annahme, dass auch alles, was im Regal stand, auch tatsächlich verkauft worden sein muss.

Letztlich ist auch der Behauptung des Finanzamtes in Tz 9 der BVE, dass ungeöffnete Packungen des eingekauften Waffelteiges bei der Firma PreGel retourniert werden können, zu widersprechen. Aufgrund des dem Steuerpflichtigen seitens Fa. PreGel gewährten günstigen Einkaufspreises bestand diese Möglichkeit nämlich nicht. Als Nachweis legen wir die entsprechende Bestätigung des ehemaligen Geschäftsführers der Firma PreGel bei (Beilage 3)."

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte der Vertreter der Bf. nicht erklären, wie viel Schnaps, Kaffee, Tee und Kakao tatsächlich eingekauft wurde. Die Angaben erschöpften sich in "geringe Mengen". Der Schnaps sei hauptsächlich an andere Standbetreiber, die in der freien Zeit eine Runde Schnaps zu sich genommen haben, verkauft worden. Hinsichtlich der von der Bf. vorgelegten Kalkulation musste die Bf. einräumen, dass es sich diesbezüglich um Schätzungen ihrerseits handelt.

Uneinigkeit bestand auch darüber, wie viele Waffeln sich aus 1kg Teigpulver herstellen lassen: Herr Herrn. ***1*** sagte aus, dass 12 - 13 Portionen möglich seien während das Finanzamt auf die Angaben des Herstellers verwies, denenzufolge bei dem laut Buchhaltungsunterlagen verwendeten "Waffeleisen pro Kilogramm Teigmasse 25 Portionen produziert werden können. Da der Teil ausrinnt, wenn man in ein Waffeleisen zu viel Teigmasse hineingibt, ist das Finanzamt von dieser Menge ausgegangen und hat die behauptete nicht sparsame Verwendung von Waffelteig durch Ansatz von nur 20 Portionen berücksichtigt.
Im Jahr 2016 seien 24kg übrig geblieben, die im Jahr 2017 zum Teil weiterverwendet wurden (sofern sie noch nicht abgelaufen waren). Im Jahr 2017 sind 64 kg übrig geblieben, was u.a. darauf zurückzuführen sei, dass ein benachbartes Lokal ebenfalls Waffeln verkauft habe. Zum Nachweis der Restbestände im Jahr 2017 übergab die Bf. Fotos aus den Lagerstätten bei Herrn Herrn. ***1*** und einem Bekannten.
Die Herstellung von Waffeln sei u.a. von nicht beeinflussbaren Faktoren, wie dem Temperaturunterschied im Außenbereich oder der Luftfeuchtigkeit abhängig. Da sich dies über den Tag hinweg geändert hat sei es zu Produktionsausfällen gekommen. Im Übrigen betonte Herr Herrn. ***1***, dass die verkauften Waffeln besonders groß waren.
Dennoch sei der Waffelverkauf schleppend gelaufen.

Zu den Glühgetränken führte die Bf. aus, dass das Finanzamt den Umstand, dass im Jahr 2016 50 Liter eingekauftes Glühbier nicht verkauft werden konnte, nicht berücksichtigt hat.

Nochmals betonte die Bf., dass im Jahr 2017 überhaupt keine Suppen verkauft wurden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage

§ 184 BAO

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Schätzungsbefugnis

Im Beschwerdefall hat das Finanzamt seine Schätzungsbefugnis damit begründet, dass die sachliche Richtigkeit der eingereichten Erklärungen aufgrund der erfolgten Nachkalkulation nicht gegeben sei.

Wenn die Bedenken der belangten Behörde gegen die Richtigkeit des in den Abgabenerklärungen ausgewiesenen Ziffernmaterials nicht beseitigt werden können, dürfen die Grundlagen der Abgabenerhebung gemäß § 184 Abs 2 BAO geschätzt werden (siehe schon )

Es ist nicht rechtswidrig, wenn die Abgabenbehörde bei einer Kalkulationsdifferenz von über 10 Prozent einen begründeten Anlass sah, an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen zu zweifeln und eine Schätzungsbefugnis annahm ( unter Hinweis auf ).

Im Beschwerdefall hat sich bereits bei der Nachkalkulation der Hauptumsatzträger "Glühwein" und "Waffeln" Differenzen von weit mehr als 10% ergeben:

Beil Glühwein ergab die Nachkalkulation des Finanzamtes einen Umsatz, der den erklärten Umsatz um 28% (2016) bzw. 23% (2017) überstieg.

[...]

Selbst wenn man bei der Berechnung zusätzlich den Einwendungen der Bf. ungeprüft folgt (Rest im Fass, Verschütten, mehr eingeschenkt) und statt eines 8%igen Schwundes einen 15%igen Schwund ansetzt (wobei zusätzlich ein weiterer Abschlag von 10% angesetzt wird), kommt man zu Kalkulationsdifferenzen von rund 18,5% (2016) bzw. 14% (2017):

[...]

Bei den Waffeln liegt die Kalkulationsdifferenz gar bei 120% (2016) bzw. 181% (2017):

[...]

Auch hier gilt, dass es selbst dann zu Kalkulationsdifferenzen kommt, wenn man sämtlichen Einwendungen der Bf. ungeprüft vollinhaltlich folgt (12 statt 20 Portionen je kg, doppelter Abschlag). Die Differenzen betragen in dem Fall 17% (2016) bzw. 50% (2017):

[...]

Die Behörde hatte angesichts der selbst ermittelten Kalkulationsdifferenzen von 20% - 181% bzw. der sich bei ungeprüfter Berücksichtigung der Angaben der Bf. ergebenden Differenz von 14% -50% einen begründeten Anlass, an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung zu zweifeln.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist in einem derartigen Fall eine Schätzungsbefugnis iSd § 184 BAO anzunehmen ( unter Hinweis auf ), weshalb auch im hier gegenständlichen Verfahren vor dem BFG zu schätzen ist.

Höhe der Schätzung

Im Besteuerungsverfahren besteht die Schätzung darin, Besteuerungsgrundlagen, bei denen trotz Bemühens um Aufklärung eine sichere Feststellung ihrer Höhe nicht möglich ist, mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln und festzulegen.
"Schätzen" bedeutet also, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeits-überlegungen und Wahrscheinlichkeitsschlüsse sowie durch begründetes Einbeziehen und Ausschließen von Möglichkeiten, die sachverhaltsbezogen den tatsächlichen Gegebenheiten und Ergebnissen näher oder ferner liegen, zu ermitteln ().
Die Schätzungsbefugnis erstreckt sich neben dem Sachverhalt der Höhe nach auch auf den Sachverhalt dem Grunde nach ( unter Hinweis auf Ritz, BAO § 184 Rz 1).

Ist eine Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei abgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen.
Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (vgl zB unter Hinweis auf , mwN).
Hiebei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl. beispielsweise oder , 0089, mwN).
Die Bescheidbegründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. , ).

Im Beschwerdefall hat das Finanzamt die gebotene Schätzung (siehe zuvor zur Schätzungsberechtigung) anhand einer Kalkulation vorgenommen.
Die kalkulatorische Schätzung ist eine anerkannte Schätzmethode (vgl zB ).

Da eine Kalkulation der verkauften Waren wegen des großteils nachvollziehbaren Einkaufs und der bekannten Gewinnspanne relativ genau durchgeführt werden kann, sich die Schätzungsbefugnis bereits auf die Kalkulationsdifferenzen stützt und auch von der Bf. eine "Nachkalkulation" erstellt wurde, ist die vorgenommene kalkulatorische Schätzung jedenfalls geeignet, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen.
Die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge sind schlüssig und folgerichtig und das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, steht mit der Lebenserfahrung in Einklang, da bei Gastronomiebetrieben eine Kalkulation zu den üblichen innerbetrieblichen betriebswirtschaftlichen Überprüfungsmaßnahmen zählt (vgl. auch ).

Im Zuge dieser Schätzung hat das Finanzamt jedoch nicht alle vom Abgabepflichtigen vorgetragenen, für die Schätzung möglicherweise relevanten Behauptungen berücksichtigt.

Bei der hier gebotenen kalkulatorischen Schätzung ergibt sich bei Berücksichtigung der relevanten Einwendungen Folgendes:

Glühgetränke:

Bei der Kalkulation der Glühgetränke hat das Finanzamt nicht berücksichtigt, dass im Jahr 2016 auch 80 Liter "Glühbier" eingekauft wurden, von dem nur 30 Liter verkauft werden konnten. Diese Behauptung ist nicht unplausibel zumal es sich um ein auf dem Adventmarkt nicht typischerweise verkauftes Getränk handelt und im Folgejahr auch nur 40 Liter Glühbier eingekauft wurden. Daher sind im Jahr 2016 der Kalkulation 50 Liter weniger zugrunde zu legen.
Den Einwendungen betr. Rest in Fässern, Verschütten etc. hat das Finanzamt mit dem Abschlag von 8% Schwund ausreichend Rechnung getragen.
Umgekehrt scheint die Berücksichtigung von Eigenverbrauch und Gratisaktionen im Ausmaß von 10% der Verkaufserlöse unangemessen hoch zu sein zumal die Bf. selbst angegeben hat, dass das Servicepersonal im Wesentlichen nur antialkoholische Getränke getrunken hat. Zusammen mit dem Umstand, dass der Stand allgemein "schlecht gegangen" sei, erscheint die Berücksichtigung von Aktionen im Ausmaß von 3% als ausreichend.

Betraglich stellen sich diese Überlegungen folgendermaßen dar:

[...]

Waffel

Bei der Kalkulation der Waffeln besteht Streit über die Menge des eingesetzten Teiges und die Anzahl der Waffeln, die aus 1 kg Teig erzeugt werden können.

Bezüglich des eingesetzten Teiges konnte die Bf. glaubhaft machen, dass im Jahr 2016 24 kg Waffelteig übriggeblieben sind und im Jahr 2017 64 kg.
Der Teig des Jahres 2016 wurde nach Angaben der Bf. in der mündlichen Verhandlung jedoch im Jahr 2017 weiter verwendet. Die Menge des eingesetzten Teiges ist daher im Jahr 2016 um 24 kg zu vermindern, wobei diese 24 kg zum Wareneinsatz 2017 dazugezählt werden müssen, weshalb sich der Wareneinsatz im Jahr 2017 nur um 40 kg vermindert (Einsatz + 24 kg abzüglich 64 kg Rest).

Anderes gilt für die Anzahl der herstellbaren Waffeln: Das Finanzamt hat seiner Berechnung die Angaben des Herstellers (25 Waffeln je Kilogramm Teigmasse) zugrunde gelegt und ist von 20 Waffeln pro Kilogramm Teigmasse (statt 25) ausgegangen, um Verschütten durch hastiges Arbeiten ebenso zu berücksichtigen wie allfällig zu optimistische Angaben des Herstellers. Die Annahmen des Finanzamtes sind plausibel. Während beispielsweise Palatschinken oder das ebenfalls verkaufte "Gröstl", die in einer nach oben offenen Pfanne zubereitet werden, ist bei Waffeln die Menge des verwendbaren Teiges durch das Waffeleisen begrenzt.
Die Einwendungen der Bf. bezüglich der Herstellung von nur 12 - 13 Waffeln je Kilogramm Teigmasse erschöpfen sich hingegen in der bloßen Behauptung, die Waffeln seien extrem groß. Da die Größe der Waffeln jedoch durch das Waffeleisen begrenzt ist, bleibt dieses Vorbringen auf der Behauptungsebene und ist nicht als substantiiert vorgetragene, für die Schätzung relevante Behauptung anzusehen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde zusammen mit der Kalkulation der Bf. auch ein Bild einer verkauften Waffel übergeben. Auf diesem Bild ist zu sehen, dass die Waffeln genau der Größe des Waffeleisens entsprechen und kein Teigrest über die Ränder geht.

Mit dem Abschlag von 10% sind selbst verzehrte Waffeln, fehlerhafte Waffeln oder Ausstellungstücke ausreichend berücksichtigt, da die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass Unternehmer den Ausschuss von Waren möglichst gering halten wollen und die Beobachtung der Finanzamtsmitarbeiterinnen bei der häuslichen Waffelproduktion (kein "Anpicken", Bräunung in der angegebenen Zeit) plausibel erscheinen.

Betraglich stellen sich diese Überlegungen folgendermaßen dar:

[...]

Kalte Getränke

Hinsichtlich der Kalkulation der "kalten Getränke" hat der steuerliche Vertreter eingeräumt, dass keine großen Differenzen zwischen dem Finanzamt und der Bf. bestehen und so keine die Kalkulation als unrichtig erscheinen lassende Behauptung getroffen wurde.
In diesem Verfahren kann daher der Kalkulation des Finanzamtes gefolgt werden.

[...]

Im Vorlageantrag führte die Bf. zu den kalten Getränken aus, dass die drei Mitarbeiter pro Tag insgesamt 10 kalte Getränke zu sich genommen haben, ohne Angaben über die Größe der kalten Getränke zu machen (1/4 Liter oder ½ Liter).
In der selbst vorgelegten Kalkulation wiederum ist die Bf. in beiden Jahren von 90/4 Litern selbst konsumierten Getränken ausgegangen, was im Jahr 2016 etwa einem einzigen selbst konsumierten Getränk (1/4 Liter) pro Mitarbeiter entspricht und weit unter der im Vorlageantrag getroffenen Aussage (10 Getränke pro Tag bei 3 Mitarbeitern) liegt.

Um eine realistische Einschätzung zu treffen kann behelfsweise von der empfohlenen Tagesdosis von 2 Litern Flüssigkeit abzüglich Frühstücksgetränken ausgegangen werden. Zieht man in Betracht, dass der Genuss von Alkohol die Arbeitsfähigkeit einschränkt, ist davon auszugehen, dass tatsächlich 1,5 Liter antialkoholische Getränke pro Person und Tag konsumiert wurden.
Unter dieser Annahmen könnte man "10 Getränke" als 10 mal ½ Liter verstehen. Dies auch deshalb, weil man bei einer körperlichen Tätigkeit den ganzen Tag über mehr als 3/4 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen muss.

Bei diesem Eigenverbrauch wären im Jahr 2016 allerdings 131 Liter (1,5 Liter x 3 Personen x 29 Tage) und im Jahr 2017 104 Liter (1,5 Liter x 3 Personen x 23 Tage) selbst konsumiert worden.
Bedenkt man, dass das Finanzamt der Kalkulation 2016 nur 80 Liter und der Kalkulation 2017 sogar nur 60 Liter antialkoholische Getränke zugrunde gelegt hat, so wird evident, dass offenbar nicht alle eingekauften Waren Eingang in das Rechenwerk gefunden haben.
Selbst bei der Hälfte, nämlich 65,5 bzw. 52 Liter entspricht die selbst konsumierte Menge in etwa der eingekauften Menge, sodass keine antialkoholischen Getränke für den Verkauf übrig blieben.

Speisen

Bei der Kalkulation der Speisen hat das Finanzamt - offenbar mangels anderer Anhaltspunkte - die Anzahl der eingekauften Suppenteller als Kalkulationsbasis herangezogen.
Dabei hat es den Umstand, dass im Jahr 2017 laut Speise- und Getränkekarte tatsächlich keine Suppe angeboten wurde, nicht beachtet.

Hinsichtlich der Kalkulation des Jahres 2016 hat die Bf. ausgeführt, dass die Schätzung zu hoch sei: Nicht alle Becher seien für den Verkauf von Suppen verwendet worden, sondern auch für den Verkauf von Gröstl bzw. als Tischmistkübel oder Aschenbecher zweckentfremdet worden.
Von den 500 eingekauften Schüsseln seien 200 übrig geblieben.
Die Bf. selbst hat in der dem Finanzamt vorgelegten Nachkalkulation, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch dem BFG übergeben wurde, die Anzahl der Suppen mit 180 und der Gröstl mit 150 geschätzt, ohne die Schätzung zu belegen.
Die Angaben der Bf. sind diesbezüglich widersprüchlich, da die Bf. laut eigenen Angaben bereits 330 Schüsseln für den Verkauf von Speisen verwendet hat und 200 Schüsseln übrig genblieben sind. Bei einem Einkauf von 500 Stück und einem Verbrauch von 530 Stück (330 Speisen + 200 Rest) ist der plausible Nutzen als Abfalleimer sowie das unbeabsichtigte Verunreinigen gar nicht denkbar.
Insofern muss man diese Einwendungen als nicht substantiiert bezeichnen.

Das Finanzamt hat demgegenüber für allfällige Verunreinigungen und anderweitige Nutzungen einen Abschlag von 10% vorgenommen. Damit wurden die Einwendungen der Bf. ausreichend berücksichtigt.

Betraglich stellen sich diese Überlegungen folgendermaßen dar:

[...]

Kaffee/Tee/Kakao

Zur Kalkulation der warmen antialkoholischen Getränke konnte die Bf. gar keinen Wareneinkauf vorlegen.
Das Finanzamt hat der Kalkulation dabei 7 kg Kaffee, 3 kg Kakao und 6 Packungen Tee zugrunde gelegt.

Vergleicht man die sich so ergebende Menge an antialkoholischen warmen Getränken (insgesamt 1.530 Portionen jedes Jahr) mit der Anzahl des vom Finanzamt geschätzten Glühweinverkaufes (rund 3.000 Portionen im Jahr 2016 bzw. 3.400 Portionen im Jahr 2017) so wurde dem Einwand der Bf., Kaffee, Kakao und Tee würden auf einem Adventstand nur in untergeordnetem Ausmaß verkauft, nicht ausreichend Rechnung getragen. Es entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass auf einem Adventstand am späteren Nachmittag bzw. am Abend hauptsächlich alkoholische Getränke konsumiert werden. Außerdem hat die Bf. wiederholt und überzeugend vorgebracht, dass der Umsatz tagsüber eher schleppend gelaufen ist.

Die Bf. hat den Verkauf von Kaffee/Kakao und Tee mit jeweils 600 Portionen pro Jahr (ergibt bei einem Verkaufspreis von 2,5 Euro einen Umsatz von 1.500 Euro) geschätzt. Diese Schätzung ist im gegebenen Zusammenhang nicht unplausibel, sodass dafür auch jeweils 1.500 Euro anzusetzen sind.

Schnäpse und "Süße Träume"

Auch für die Kalkulation der Schnäpse konnte die Bf. keinen Wareneinsatz vorlegen.
Anders als bei den antialkoholischen warmen Getränken entspricht es der Lebenserfahrung, dass Schnaps "in Runden" konsumiert wird, das heißt, dass bei Besuchern, die miteinander bekannt sind, ein Besucher damit beginnt, seine Freunde auf einen Schnaps einzuladen worauf zumeist ein weiterer Besucher "die nächste Runde spendiert".
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Bf. auch eingeräumt, dass andere Standbetreiber in der freien Zeit eine Runde Schnaps zu sich genommen haben.

Die Bf. selbst hat angegeben, dass im Jahr 2016 500 Portionen Schnaps zu einem Preis von je 1,50 Euro und im Jahr 2017 300 Portionen zu einem Preis von je 2 Euro verkauft wurden.
Das Finanzamt ist dieser Darstellung gefolgt und hat im Jahr 2017 die ebenfalls angebotenen "Haselnussträume" anhand der eingekauften Waffellikörbecher mit 12 Stück geschätzt. Zusätzlich wurde der Verkauf von 100 Portionen "Engel" und "Hexe" dazu geschätzt.

Dieser Schätzung konnte die Bf. nichts entgegen setzten. Da das Finanzamt den Verkauf anhand der eingesetzten Becher kalkulierte, ist diesen Feststellungen zu folgen und für den Schnapsverkauf im Jahr 2016 ein Erlös von 675 Euro und im Jahr 2017 ein Erlös von 1.193,40 Euro anzusetzen.

In Summe ergibt die hier vorgenommene Kalkulation folgende Erlöse:

[...]

Sicherheitszuschlag

Trotz der (Nach-)Kalkulation des verbuchten Wareneinsatzes bleiben Unsicherheiten bezüglich der Ergebnisermittlung, die die Bf. nicht ausräumen konnte: Der Einkauf von Kaffee, Tee, Kakao und Schnaps hat gar nicht Eingang in das Rechenwerk gefunden und konnte auch im Nachhinein trotz gegenteiliger Ankündigung nicht belegmäßig nachgewiesen werden. Das legt die Vermutung nahe, dass auch der Einkauf von anderen Waren nicht vollständig erfasst wurde.
Außerdem sind die Angaben der Bf. zum Eigenverbrauch widersprüchlich: die Menge der angeblich selbst konsumierten antialkoholischen Getränke (131 Liter im Jahr 2016 und 104 Liter im Jahr 2017) übersteigt die Menge der laut Kalkulation des Finanzamtes eingesetzten Getränke (80 Liter im Jahr 2016 und 60 Liter im Jahr 2017) bzw. entspricht nicht der selbst vorgelegten Kalkulation (45 Liter Eigenverbrauch pro Jahr, wobei auch zu bedenken ist, dass der Stand im Jahr 2017 fast eine Woche kürzer geöffnet war und der Eigenverbrauch so eigentlich niedriger sein müsste).

Im Rahmen der hier vorgenommen Schätzung kann solchen Bedenken durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.
Ein Sicherheitszuschlag gehört zu den Elementen der Schätzung (vgl ), weil davon auszugehen ist, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur nachgewiesenermaßen nicht aufgezeichnete, sondern auch weitere Einnahmen nicht aufgezeichnet worden sind (; ).

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen ().

Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden, als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Seine Höhe hat sich nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen, zu richten (vgl Stoll, BAO, § 184, 1941).

Im Beschwerdefall kalkulierte die Bf. in der im Rahmen des BP-Verfahrens bzw. der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kalkulation den Verkauf des nicht buchhalterisch erfassten Kaffee, Tee, Kakao und Schnaps selbst mit insgesamt 2.250 Euro.
Setzt man diesen Umsatz in Verhältnis zum kalkulierten Gesamtumsatz so ergibt sich, dass bereits nach Angaben der Bf. 15% bzw. 16% der veräußerten Waren überhaupt keinen Eingang ins Rechenwerk gefunden hat (2.250 Euro sind in etwa 15% des für 2016 kalkulierten Gesamtumsatzes von 15.272 Euro bzw. in etwa 16% des für 2017 kalkulierten Gesamtumsatzes von 14.080).
Dazu kommt, dass die eingesetzten antialkoholischen Getränke den behaupteten Eigenverbrauch nicht decken.

Diese Umstände rechtfertigen es, zusätzlich einen Sicherheitszuschlag im Ausmaß von 15% der kalkulierten Umsätze anzunehmen.

Ergebnisermittlung:

Aus der hier vorgenommenen Kalkulation und den von der Bf. eingereichten Erklärungen ergibt sich folgendes Ergebnis:

[...]

Die getätigten Aufwendungen sind nicht strittig. Auch die Erhöhung des Wareneinsatzes um 99 Euro/Jahr kann übernommen werden, da zwar für Kaffee, Kakao und Tee weniger Wareneinsatz angesetzt wurde, so jedoch der Schnapseinkauf berücksichtigt wird.

[...]

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage zu lösen, sondern die zitierte Rechtsprechung des VwGH auf den ermittelten Sachverhalt anzuwenden weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100729.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at