Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Umsatzsteuer 2018 beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Im Zuge einer den Betrieb der Beschwerdeführerin betreffenden Umsatzsteuersonderprüfung wurden in Tz 2 des Prüfungsberichtes angeführte Aufzeichnungsmängel (ua. fehlende Belege und Rechnungen) festgestellt.
2. Den Feststellungen der Prüferin Rechnung tragend wurde in der Folge mit elektronisch übermittelten Bescheiden vom die Umsatzsteuer für die Zeiträume 04-06/2018, 07-09/2018 und 10-12/2018 gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 festgesetzt.
3. Am wurde die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2018 elektronisch übermittelt.
4. Davon abweichend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2018 mit elektronisch übermitteltem Bescheid vom unter Verweis auf die Ausführungen im Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung fest.
5. Am brachte die Beschwerdeführerin über FinanzOnline eine Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2018 ein. Begründend wurde in dem als Anhang übermittelten Schriftsatz vom im Wesentlichen ausgeführt, dass die Buchhaltung neu erstellt worden sei und die im Rahmen der Umsatzsteuerprüfung bemängelten Punkte saniert worden seien bzw. auch neu hervorgekommene Rechnungen berücksichtigt worden seien.
6. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurück, da die Frist zur Einbringung einer Beschwerde am geendet habe.
7. Mit elektronisch übermitteltem Vorlageantrag wurde die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2018 durch das Bundesfinanzgericht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Dass die Beschwerdefrist am geendet hätte, sei nicht richtig. Der Umsatzsteuerbescheid 2018 könne gar nicht am ausgefertigt und am gleichen Tag postalisch zugestellt worden sein. Da der zudem auf einen Freitag gefallen sei, könne die Zustellung frühestens am Montag den erfolgt sein, sodass der jedenfalls noch in der Be-schwerdefrist liege und die Beschwerde daher rechtzeitig eingebracht worden sei. Weiters wurde erneut auf die erfolgte Sanierung der im Zuge der Umsatzsteuerprüfung festgestellten Mängel hingewiesen.
8. Nachdem das Finanzamt im Vorlagebericht auf die am erfolgte elektronische Übermittlung des Bescheides hingewiesen hatte, ersuchte die Beschwerdeführerin um schriftliche Auskunft, ob sie in irgendeiner Weise über die elektronische Zustellung informiert worden sei und an welche E-Mail-Adresse die Verständigung gesendet worden sei. Dies sei deshalb von Bedeutung, weil sie zum einen keine E-Mail-Adresse habe und sie zum anderen ihres Wissens nach nie einer elektronischen Zustellung zugestimmt habe.
9. In Beantwortung des Auskunftsersuchens hat das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom mitgeteilt, dass sie sich am mit Formular FON 1 zu FinanzOnline angemeldet und mit einer Kopie des Reisepasses legitimiert habe. Mit am persönlich behobenem Rückscheinbrief (RSa) seien ihr die Zugangsdaten übermittelt worden. Die elektronische Zustellung sei in FinanzOnline aktiviert. Da sie keine E-Mail-Adresse für automatische Benachrichtigungen hinterlegt habe, habe sie auch keine E-Mail-Benachrichtigung über die Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 2018 erhalten. Dabei handle es sich um eine optionale Servicefunktion, eine nicht erfolgte Benachrichtigung per E-Mail ändere daher nichts an der Rechtmäßigkeit der elektronischen Zustellung.
10. Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).
11. Nach § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für den Beginn der Frist ist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die behördliche Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).
12. Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates. Beginn und Lauf einer Frist werden nach § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
13. Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (lit. a). Nach § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden.
14. Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
15. Ua. auf Grundlage des § 97 Abs. 3 BAO wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006) erlassen (BGBl. II Nr. 97/2006).
16. § 5b der FOnV 2006 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet auszugsweise:
"(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
(2) Jeder Teilnehmer kann in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.
(3) Ein Teilnehmer kann in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. … "
17. Elektronisch zugestellte Dokumente gelten nach der Bundesabgabenordnung somit als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Bei über FinanzOnline übermittelten Dokumenten ist dies der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die DataBox (vgl. , sowie Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mwN). Die - mit einer vorläufigen Unwirksamkeit der Zustellung verbundene - Berücksichtigung der nicht rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang beschränkt das Gesetz ausdrücklich auf den Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es hingegen nicht an (vgl. Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mwN, sowie , und , mwN). Ebenso wird die Wirksamkeit der Zustellung einer Erledigung durch die Nichtangabe einer E-Mail-Adresse und die dadurch nicht erfolgte Mitteilung über die Einbringung eines Dokumentes (eines Bescheides) in die DataBox nicht gehindert (§ 5b Abs. 2 FOnV 2006).
18. Nach der Aktenlage, insbesondere auch im Hinblick auf die unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Finanzamtes im Schreiben vom , ist als erwiesen anzusehen, dass die Beschwerdeführerin Teilnehmerin von FinanzOnline war und sie von der ihr offenstehenden Verzichtsmöglichkeit auf elektronische Zustellungen nicht Gebrauch gemacht hat. § 5b Abs. 1 FOnV 2006 folgend wurde der Umsatzsteuerbescheid 2018 am in die DataBox der Beschwerdeführerin eingebracht und damit an diesem Tag wirksam zugestellt (§ 98 Abs. 2 BAO). Da der Ablauf der Monatsfrist des § 245 Abs. 1 BAO auf den , einen Sonntag, fiel, hat die Frist zur Einbringung einer Beschwerde nach § 108 Abs. 3 BAO am Montag den geendet. Die am erhobene Beschwerde war daher verspätet und infolgedessen gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen.
19. Von einer Durchführung der im Vorlageantrag beantragten mündlichen Verhandlung hat das Bundesfinanzgericht aufgrund der bezüglich der Frage der Rechtmäßigkeit der Beschwerde klaren Sach- und Rechtslage gemäß § 274 Abs. 3 iVm Abs. 5 BAO, wonach von einer mündlichen Verhandlung ua. abgesehen werden kann, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist, Abstand genommen.
Unzulässigkeit einer Revision
20. Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
21. Die Beurteilung, ob die Beschwerde fristgerecht eingebracht wurde, erfolgte auf Grundlage von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen. Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde wiederum ergibt sich unmittelbar aus § 260 Abs. 1 BAO. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG wird durch diesen Beschluss somit nicht berührt, eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100421.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at