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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.11.2020, RV/1100002/2020

Festsetzung einer Zwangsstrafe; Zulässigkeit der nicht elektronisch über FinanzOnline zugestellten Androhung der Zwangsstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Gerhild Fellner, den Richter Mag. Josef Ungericht sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. AA. und Mag. BB. in der Beschwerdesache des A., Adr1, Ort1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom hinsichtlich Verhängung einer Zwangsstrafe, in der Sitzung vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Mit Schreiben (Bescheid) des Finanzamtes vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen.

In weiterer Folge verhängte das Finanzamt mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO in Höhe von 250,-- Euro, weil der Bf. die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 nicht bis eingereicht hatte. Mit diesem Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe vom wurde der Bf. gleichzeitig auch aufgefordert, die bisher nicht abgegebene Einkommensteuererklärung 2017 bis beim Finanzamt einzureichen.

2. Gegen die mit Bescheid vom festgesetzte Zwangsstrafe wurde vom Bf. mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde erhoben (eingebracht über Finanzonline), die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat beantragt. Als Beschwerdegründe wurden unter Pkt. 2 der Beschwerde angegeben:

"2. Beschwerdegründe:

2.1

Dem Bf wurde überhaupt nie ein Bescheid vom über die angebliche Androhung einer Zwangsstrafe zugestellt. Zustellungen durften im konkreten Fall ohnehin ausschließlich per finanzonline rechtswirksam erfolgen.

2.2

im Übrigen war dem Bf die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2017 bis zum schon deshalb gar nicht möglich, da in den Beteiligungsgesellschaften die Gewinnsteuererklärungen noch gar nicht abgegeben worden waren. Ein auch nur geringfügiges schuldhaftes Verhalten seitens des Bf ist vielmehr auszuschließen."

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde vom Finanzamt angeführt:

"Zustellungen können per Post oder über finanzonline erfolgen. Die Androhung der Festsetzung einer Zwangstrafe erfolgte durch Schreiben vom . Die Zustellung ist mittels Rsb wirksam am erfolgt.

Eine Erldärungsabgabe hat auch ohne genau bekanntem Ergebnis der Beteiligungen zu erfolgen, dies mit dem Hinweis, in weiterer Folge amtswegig weiter zu ermitteln. …"

4. Dagegen wurde vom Bf. am21.11.2019 per Finanzonline ein Vorlageantrag eingebracht. Begründend dazu wurde seitens des Bf. mit Finanzonline-Eingabe vom (auszugsweise) folgende Ergänzung nachgereicht.

"1. Rechtlich nicht vertretbar ist der Standpunkt im Vorlageantrag (Anm.: richtig wohl Beschwerdevorentscheidung), die Behörde hätte bei Zustellungen die Wahl zwischen elektronischer Zustellung per finanzonline und der herkömmlichen Postzustellung. Der Bf hatte auch im Juni 2019 nie auf die elektronische Form der Zustellung verzichtet. Entsprechend §5b Abs 1 FNoV 2006 war die Finanzbehörde daher verplichtet, ausschließlich elektronisch zuzustellen (Anführungszeichen: Die Abgabenbehörden haben Zustellungen elektronisch vorzunehmen.Anführungszeichen).

2. Darüber hinaus erhielt der Bf nie eine Androhungsverfügung, da er sich speziell im Monat Juni 2019 im ferneren Ausland aufgehalten hatte. Eine rechtswirksame Zustellung per wird ausdrücklich bestritten. Eine solche war ausgeschlossen.

3. Zudem lag auch schon objektiv nie Säumigkeit vor, so dass die Verhängung einer Zwangsstrafe schon deshalb ausscheidet. Die angebliche Säumigkeit wurde auch nicht inhaltlich begründet.

6. Das Bundesfinanzgericht hat daher in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass er ersatzlos aufgehoben wird.

…"

5. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

6. Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung wurde vom Berichterstatter des erkennenden Senates an den Bf. und an das Finanzamt ein (gleichlautendes) Ergänzungs- bzw. Auskunftsersuchen gerichtet, das auszugsweise folgenden Inhalt hat (Schreiben vom ):

"I. Sachverhalt

3. Dem Beschwerdeführer wird zur Kenntnis gebracht, dass das Bundesfinanzgerichts beim Finanzamt angefragt hat, ob seitens der Abgabenbehörde "nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten" die Zustellung der Androhung einer Zwangsstrafe über Finanzonline 2019 möglich war. In weiterer Folge hat das Finanzamt diesbezüglich beim Bundesministerium für Finanzen angefragt. In der dazu ergangenen Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen an das Finanzamt (mail an das Finanzamt vom ; weitergeleitet vom Finanzamt am an das Bundesfinanzgericht) wird angegeben: "Sehr geehrter …, grundsätzlich werden derartige Bescheide nicht elektronisch versendet. Es gibt jedoch seit März 2020 die Möglichkeit der elektronischen Zustellung (FON) von händischen Bescheiden über die GDV. RSa/RSb-Schriftstücke können jedoch nur dann elektronisch zugestellt, wenn es einen externen Zustelldienst gibt, der auch bei uns hinterlegt ist (bis dato ist jedoch noch kein einziger gespeichert); sonst gehen derartige Schriftstücke immer per Post an den Pflichtigen, da eine FON-Zustellung keine Zustellung mit Zustellnachweis darstellt. Hier der Link ins Portal: https://portal.bmf.gv.at/WP_ST/537923.html ... Mit freundlichen Grüßen …"

II. Ergänzungspunkte

4. Dem Beschwerdeführer steht es frei, sich dazu (zu den vom Finanzamt übermittelten Ausführungen hinsichtlich Zustellung der Androhung einer Zwangsstrafe, o.a. Pkt. 3) zu äußern.

Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, dass "er sich speziell im Monat Juni 2019 im ferneren Ausland aufgehalten hatte." Nach der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage liegen diesbezüglich keine Nachweise vor. An dieser Stelle wird dazu allgemein angemerkt, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung der Beschwerdeführer diesbezüglich einen Nachweis zu erbringen hat. Der Beschwerdeführer wird ersucht, den Nachweis über den Auslandaufenthalt zu erbringen bzw. die entsprechenden Unterlagen dem Bundesfinanzgericht zur Einsichtnahme vorzulegen. Insbesondere sind die genaue Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. Angaben über den Aufenthaltsort sowie das genaue Datum der Abreise und das genaue Datum der Rückreise anzugeben und diese Angaben entsprechend (zB Flugtickets, Hotelrechnungen etc.) nachzuweisen.

5. Das Finanzamt wird ersucht bekanntzugeben, wann genau (Datum) die Säumnis zur Einreichung der Abgabenerklärung eingetreten ist und wie lange diese Säumnis andauerte.

Weiters wird das Finanzamt um Bekanntgabe ersucht, ob auch in sonstigen Jahren bzw. in den Vorjahren die Abgabenerklärungen verspätet eingereicht wurden.

[…]"

6.1. In der Stellungnahme des Finanzamtes vom wurde dazu mitgeteilt, dass die Einkommensteuererklärung 2017 elektronisch am beim Finanzamt eingelangt sei.

"Als steuerlicher Vertreter war V1 bis auch als Quotenvertreter zu 2017 eingetragen. - Zu diesem Zeitpunkt hat er sich selbst aus dem Verzeichnis herausgenommen." Dadurch hätte der Bf. für das Jahr 2017 keinen Vertreter mehr gehabt und "die Erklärung wäre - da dann schon verspätet - sofort abzugeben gewesen." Somit sei seit , jedenfalls seit , Säumnis eingetreten, denn bei einer Quotenvertretung wäre bis spätestens 31. März (bzw. 30. April) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgende Kalenderjahr die Erklärung einzubringen. "Es wurde dann am 12.06. mit Nachfristsetzung erinnert und als die Frist vorbei war, wurde noch ziemlich lange im Kulanzwege zugewartet, bis am schlussendlich eine Festsetzung erfolgte.

Mit übernahm die V2 die Vertretungen und ist für 2018 Quotenvertreter.

Hierzu gab es keine Säumnis.

2016 wurde die Erklärung auch recht spät, nach Erinnerungen und Fristabweisungen abgegeben, aber es kam zu keiner Festsetzung."

Ergänzend wurde vom Finanzamt eine Dokumentation zu diesen Ausführungen beigelegt.

6.2. In der Stellungnahme des Bf. vom (eingebracht per Telefax am ) wurde angegeben, dass er vor dem in seine frühere Heimat H. gereist und erst wieder am nach Österreich zurückgekehrt sei. Eine rechtswirksame Zustellung der "angeblichen Androhungsverfügung vom " an ihn scheide daher aus. Dazu wurde auf die angeschlossene Beilage ("Flugticket "; - richtig: ) verwiesen. Abgesehen davon hat der Bf. weitergehend angegeben, dass die Zustellung der Androhung der Zwangsstrafe tatsächlich per Finanzonline möglich gewesen wäre. Zudem wurde vom Bf. in der Stellungnahme ergänzend ausgeführt, dass die Einkommensteuererklärung 2017 jedenfalls noch vor dem beim Finanzamt eingelangt sei, weshalb die Zwangsstrafe schon deshalb nicht verhängt hätte werden dürfen. Abschließend in der Stellungnahme wurde vom Bf. noch vorgebracht, dass jedenfalls auch die im angefochtenen Bescheid vom enthaltene Frist (Anm.: Einreichung bis ) zur Einbringung der Einkommensteuererklärung 2017 eingehalten worden sei.

8. Zur mündlichen Verhandlung am ist der Bf. oder ein Vertreter des Bf. trotz ordnungsgemäßer Ladung durch das Bundesfinanzgericht ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Die vom Bf. beantragte mündliche Verhandlung wurde am in Abwesenheit des Bf. durchgeführt und darüber eine Niederschrift aufgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt, gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

Mit Schreiben ("Bescheid") des Finanzamtes vom wurde der Bf. unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen. Nach einem erfolglosen Versuch, das mittels RSb-Brief versendete Schriftstück vom dem Bf. an seiner Abgabestelle (Wohnung) zuzustellen, wurde dieses beim zuständigen Postamt hinterlegt und die Abholfrist beginnend mit festgelegt. Die schriftliche Verständigung an den Bf. über die Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) wurde in den Briefkasten eingelegt (auf dem Rückschein hat der Zusteller "in Briefkasten eingelegt" angekreuzt). Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom verhängte das Finanzamt gegenüber dem Bf. eine Zwangsstrafe in Höhe von 250 Euro, weil der Bf. die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 nicht bis eingereicht hatte. Gleichzeitig mit diesem Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe vom wurde der Bf. auch nochmals aufgefordert, die bisher nicht abgegebene Einkommensteuererklärung 2017 bis beim Finanzamt einzureichen. Die Einkommensteuererklärung 2017 wurde am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe auf Grund der nicht fristgerechten Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe ist in § 111 BAO geregelt. § 111 BAO lautet:

"§ 111. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.

(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Nach § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist.

Unstrittig im vorliegen Fall ist zunächst, dass der Bf. grundsätzlich eine Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2017 beim Finanzamt abzugeben hatte (vgl. § 42 Abs. 1 EStG 1988).

Die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung wird in § 134 BAO gesetzlich bestimmt. § 134 BAO lautet:

"§ 134. (1) Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

(2) Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen."

Für Abgabenerklärungen, die durch berufsmäßige Parteienvertreter eingereicht werden, gilt nach der Praxis der Finanzverwaltung eine allgemeine Fristerstreckung bis 31.5. des Folgejahrs, darüber hinaus eine "Quotenregelung" bis 31.3.bzw. 30.4. des zweitfolgenden Jahrs (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 42 Rz 12, unter Hinweis auf "Organisationshandbuch" der Finanzverwaltung).

Da der Bf. für die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2017 einen berufsmäßigen Parteienvertreter beauftragt hatte, wäre die Erklärungsfrist für die Einkommensteuer 2017 unter Berücksichtigung der von der Finanzverwaltung praktizierten "Quotenregelung" jedenfalls spätestens am abgelaufen. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass der gegenständliche Fall des Bf. bzw. die gegenständliche Einreichung der Einkommensteuererklärung 2017 des Bf. nach den Angaben des Finanzamtes vom steuerlichen Vertreter am aus dem beim Finanzamt aufliegenden Verzeichnis der vom steuerlichen Vertreter vertretenen Fälle zur Einreichung der Abgabenerklärungen bzw. aus der "Quotenregelung" herausgenommen wurde, somit die Erklärungsfrist unter Berücksichtigung der "Quotenregelung" tatsächlich wenige Tage vor dem abgelaufen war (siehe dazu Stellungnahme des Finanzamtes vom bzw. das dieser Stellungnahme angeschlossene Verzeichnis).

Als das Finanzamt den Bf. mit Schreiben ("Bescheid") vom unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufforderte, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen, war die Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2017 daher jedenfalls abgelaufen.

Die Erfüllung der Verpflichtung, Abgabenerklärungen einzureichen, ist mit Zwangsstrafe (§ 111) erzwingbar (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 133 Rz 11, unter Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur).

Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist (§ 111 Abs. 2 BAO).

Der Bf. vertritt dazu die Ansicht, dass ihm überhaupt nie ein Bescheid vom über die angebliche Androhung einer Zwangsstrafe zugestellt worden sei. Der Bf. hätte auch im Juni 2019 nie auf die elektronische Form der Zustellung verzichtet. Nach § 5b Abs. 1 FOnV 2006 sei die Finanzbehörde daher verpflichtet gewesen, die Androhung der Zwangsstrafe elektronisch zuzustellen.

Nach § 5b Abs. 1 FOnV 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörden, soweit sie nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten keine elektronischen Zustellungen vornehmen können, Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen haben. § 98 Abs. 1 BAO bestimmt: "Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung)." In § 102 BAO (in der für den gegenständlichen Fall anzuwendende Fassung) wird bestimmt: "Wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen, hat die Abgabenbehörde die schriftlichen Ausfertigungen mit Zustellnachweis zuzustellen. Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken."

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist es nun nicht zu beanstanden, dass das Finanzamt das Schriftstück, mit dem der Bf. unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufgefordert wurde, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen, im postalischen Weg mit Zustellnachweis vorgenommen hat. Die Zustellung mit Zustellnachweis war schon deshalb geboten, da die im Schreiben vom angeführten Rechtsfolgen (Einreichung der Einkommensteuererklärung bis ; Verhängung einer Zwangsstrafe) von der erfolgten Zustellung an den Bf. abhängig waren. Dass die Zustellung über FinanzOnline keine Zustellung mit Zustellnachweis darstellt, wurde auch in der dazu an das Finanzamt ergangenen Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen (mail an das Finanzamt vom ; weitergeleitet vom Finanzamt am an das Bundesfinanzgericht) bestätigt.

Damit erfolgte die Zustellung des Schriftstückes vom (postalische Zustellung mit Zustellnachweis), mit dem der Bf. vom Finanzamt unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufgefordert wurde, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen, entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu Recht.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 42/2020, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Zustellung an den Empfänger

§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. …

[…]

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

[…]"

Im vorliegenden Fall wurde der Empfänger des Schriftstückes (Schreiben des Finanzamtes vom ) bzw. der Bf. beim Zustellversuch an der Abgabestelle nicht angetroffen. Die Hinterlegungsanzeige wurde im Briefkasten eingelegt und als Beginn der Abholfrist das Datum festgelegt.

Aufgrund des Vorbringens des Bf. (Eingabe vom ), wonach er sich speziell im Monat Juni 2019 im ferneren Ausland aufgehalten habe und eine rechtswirksame Zustellung per ausdrücklich bestritten würde, erging seitens des Bundesfinanzgericht ein Ergänzungsersuchen an den Bf. (Ergänzungsersuchen vom ). Unter ausdrücklichem Hinweis, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung der Bf. den Nachweis über die Ortsabwesenheit zu erbringen hat, wurde der Bf. ersucht, "den Nachweis über den Auslandaufenthalt zu erbringen bzw. die entsprechenden Unterlagen dem Bundesfinanzgericht zur Einsichtnahme vorzulegen. Insbesondere sind die genaue Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. Angaben über den Aufenthaltsort sowie das genaue Datum der Abreise und das genaue Datum der Rückreise anzugeben und diese Angaben entsprechend (zB Flugtickets, Hotelrechnungen etc.) nachzuweisen."

In der Stellungnahme des Bf. vom (eingebracht per Telefax am ) wurde diesbezüglich angegeben, dass er vor dem in seine frühere Heimat H. gereist und erst wieder am nach Österreich zurückgekehrt sei. Dazu wurde auf das übermittelte Flugticket (Flugticket bzw. Flug von Ort2 nach Ort3 am ) verwiesen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Hinreise bzw. des behaupteten Aufenthaltes im bzw. ab Juni 2019 im Ausland wurden vom Bf. keinerlei Nachweise beigebracht. Damit hat der Bf. aber keinen Nachweis über die Abwesenheit im bzw. ab Juni 2019 erbracht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden (vgl. , unter Hinweis auf ; vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 17 ZustG Rz 23, mit weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall vermochte der Bf. die von ihm angegebene Ortsabwesenheit im bzw. ab Juni 2019 nicht nachzuweisen. Da der Bf. alleinig das Flugticket für den Flug am vom Ausland nach Österreich beigebracht hat, ist nach Ansicht des erkennenden Senates davon auszugehen, dass die vom Bf. behauptete Ortsabwesenheit im bzw. ab Juni 2019 nicht zutrifft. Wie der Vertreter des Finanzamtes in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist es zudem auch unglaubwürdig, dass der Bf. von Juni 2019 bis Dezember 2019 im Ausland gewesen sein soll, zumal er in Ort1 in einer Pizzeria berufstätig sei. Im Übrigen hat der Bf. auch keinerlei Gründe dafür angegeben, warum er diesbezügliche Nachweise, insbesondere über den Zeitpunkt der (Ab-)Reise von Österreich ins Ausland, nicht vorgelegt hat bzw. nicht vorlegen könnte.

Insgesamt ist damit das Schreiben des Finanzamtes vom , mit dem der Bf. unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 250,00 Euro aufgefordert wurde, die Einkommensteuererklärung für 2017 bis beim Finanzamt einzureichen, rechtskonform am (erster Tag der Abholfrist) zugestellt worden.

Weiters hat der Bf. in der Beschwerde vom vorgebracht, dass die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2017 bis zum schon deshalb gar nicht möglich gewesen sei, "da in den Beteiligungsgesellschaften die Gewinnsteuererklärungen noch gar nicht abgegeben worden waren."

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Steuererklärungspflicht des unbeschränkt Steuerpflichtigen in § 42 EStG 1988 angeordnet ist. Die Steuererklärungspflicht zur Feststellung und der Einkünfte der einzelnen Beteiligten ist in § 43 EStG 1988 angeordnet. Daraus folgt, dass es sich bei den in den §§ 42 und 43 EStG 1988 gesetzlich geregelten Erklärungspflichten um jeweils gesonderte bzw. (jeweils) eigenständige Erklärungspflichten handelt.

Auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelung wird somit der vom Bf. vertretenen Auffassung seitens des erkennenden Senates nicht zugestimmt.

Darüber hinaus hat der Bf. in seiner Stellungnahme vom auch behauptet, dass die Einkommensteuererklärung 2017 jedenfalls noch vor dem beim Finanzamt eingelangt sei, weshalb die Zwangsstrafe schon deshalb nicht verhängt hätte werden dürfen. Abschließend wurde in dieser Stellungnahme vom Bf. auch noch vorgebracht, dass jedenfalls die im angefochtenen Bescheid vom enthaltene Frist zur Einbringung der Einkommensteuererklärung 2017 (Anm: ) eingehalten worden sei.

Dazu genügt der Hinweis, dass die Einkommensteuererklärung am elektronisch beim Finanzamt eingereicht wurde. Dieses Einreichdatum ergibt sich aus der Einsichtnahme in das elektronische Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung bzw. dem elektronischen Eingangsvermerk zum Erklärungsverfahren. Anhaltspunkte dafür, dass diese elektronisch erfassten Daten unrichtig sein sollten, liegen nicht vor und sind solche Anhaltspunkte auch nicht erkennbar. Der erkennende Senat geht somit davon aus, dass die vom Bf. vorgebrachten Behauptung, er habe die Einkommensteuererklärung 2017 vor Ergehen des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe (Bescheid vom ) bzw. vor dem beim Finanzamt eingereicht, nicht zutrifft. Darüber hinaus ist dazu auch anzumerken, dass der Bf. für seine Behauptung (Einbringung der Einkommensteuererklärung 2017 vor dem ) auch keinerlei Nachweise erbracht hat. Somit steht sachverhaltsmäßig für den erkennenden Senat fest, dass die Einkommensteuererklärung 2017 zeitlich erst nach dem und auch erst nach Ergehen des Bescheides vom , mit dem die Zwangsstrafe festgesetzt wurde, elektronisch eingereicht wurde. Auf dieser Grundlage ist die Festsetzung der Zwangsstrafe seitens des erkennenden Senates aber nicht zu beanstanden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der im angefochtenen Bescheid vom angeführten (wiederholten) Aufforderung, die Einkommensteuererklärung 2017 beim Finanzamt (bis ) einzureichen, vom Bf. schließlich am nachgekommen wurde.

Nach § 111 Abs. 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen. Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 111 Rz 10, mit weiteren Nachweisen). Für den vorliegenden Fall ist die abgabenrechtliche Bedeutung der Einreichung der Einkommensteuererklärung für die Veranlagung zur Einkommensteuer zu berücksichtigen. Vom Finanzamt wurde eine Zwangsstrafe von 250 Euro, somit 5 % des im § 111 Abs. 3 BAO festgelegten Höchstbetrages von 5.000 Euro, festgesetzt. Davon ausgehend vertritt der erkennende Senat die Ansicht, dass das Finanzamt mit der verhängten Zwangsstrafe von 250 Euro keinesfalls eine sachlich nicht gerechtfertigte überhöhte Festsetzung bewirkt hätte.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 102 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Androhung der Zwangsstrafe
Zwangsstrafe
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100002.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at