pauschale Werbungskosten bei Funktionsgebühren?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Rupert Karl, Kopplerstraße 59, 5321 Koppl, über die Beschwerde vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) gab in der Einkommensteuererklärung 2018 Funktionsgebühren in Höhe von 600,00 Euro als sonstige Einkünfte bekannt.
Im vorläufigen Einkommensteuerbescheid 2018 vom setzte das Finanzamt Funktionsgebühren in Höhe von 3.600,00 Euro als sonstige Einkünfte mit der Begründung an, dass die Funktionsgebühren laut 109a Mitteilung auf 3.600,00 Euro korrigiert worden seien.
In der dagegen am elektronisch eingebrachten Beschwerde wurde begründend Folgendes ausgeführt:
Von der Finanzverwaltung seien die in der Einkommensteuererklärung angesetzten pauschalen Werbungskosten von 3.000,00 Euro nicht anerkannt worden. Der Bf habe Funktionsgebühren in Höhe von 3.600,00 Euro für seine Tätigkeit im Tourismusverbandes A erhalten. Für sein Tätigwerden würden zweifellos Werbungskosten anfallen. Gemäß TZ 6613a zweiter Absatz der EStR bestehe für Funktionäre öffentlichrechtlicher Körperschaften im Interesse einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise die Möglichkeit diese Werbungskosten mit 30% der Einnahmen, mindestens aber 3.000,00 Euro und höchstens 6.000,00 Euro zu schätzen. Von dieser Möglichkeit sei im Rahmen der Ermittlung der sonstigen Einkünfte Gebrauch gemacht worden. Die Finanzverwaltung gehe offensichtlich davon aus, dass die Regelung der TZ 6613a zweiter Absatz der EStRL über diese pauschalen Werbungskosten nur für Feuerwehrleute anwendbar sei. Diese Ansicht halte einer genauen Betrachtung der Regelungen der TZ 6613a nicht stand:
- Es sei zutreffend, dass sich der erste Absatz auf die Tätigkeit von Feuerwehrfunktionären beziehe.
- Der dritte Absatz über die Mitteilungspflicht für Funktionsgebühren gemäß § 109a EStG 1988 sei zweifellos für Funktionsgebühren von allen Funktionären von öffentlichen Körperschaften anzuwenden.
- Da auch im zweiten Absatz keine Einschränkung dieser Regelung auf eine bestimmte Gruppe von Funktionären geregelt sei, sei diese Regelung auf alle Funktionsgebühren anzuwenden. Dies sei auch aus der inhaltlichen Sichtweise zutreffend, da eine Einschränkung der pauschalen Werbungskosten auf Feuerwehrfunktionäre inhaltlich nicht argumentierbar sei. Dieser Gruppe von Funktionären entstünden keine besonderen Werbungskosten im Vergleich zu anderen Funktionären.
Daher seien die pauschalen Werbungskosten in Höhe von 3.000,00 Euro im Rahmen einer einheitlichen und angemessenen Rechtsanwendung auch bei den Funktionsgebühren des Bf absetzbar.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 mit nachstehender Begründung ab:
Laut Information des BMF/bundesweiter Fachbereich vom , SZK-010203/0539-ESt/2012 würden sich die pauschalen Werbungskosten der Rz 6613a zweiter Absatz EStR nur auf Feuerwehrfunktionäre beziehen (siehe auch Salzburger Steuerdialog 2010, Einkommensteuer). Pauschale Werbungskosten könnten bei den Funktionsgebühren als Vorstand des Tourismusverbandes nicht in Abzug gebracht werden. Werbungskosten könnten nur in tatsächlicher Höhe geltend gemacht werden. Diesbezüglich seien jedoch keine Angaben gemacht worden.
Mit Schriftsatz vom brachte daraufhin der steuerlich vertretene Bf einen Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ein und verwies auf die Begründung seiner Beschwerde.
Mit Bericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde des Bf an das Bundesfinanzgericht. In diesem wurde unter dem Titel "Sachverhalt" ua. festgehalten, dass der Bf bereits im Rahmen des Beschwerdeverfahrens des Vorjahres darauf hingewiesen worden sei, dass allfällige tatsächlich angefallene Werbungskosten nachzuweisen bzw. nachzureichen wären, dies sei jedoch nicht erfolgt. In der Stellungnahme wurde angemerkt, dass es dem Bf jederzeit freistünde, tatsächliche Werbungskosten nachzuweisen und geltend zu machen.
Dieser Bericht wurde dem Bf im Rahmen der Information über die erfolgte Vorlage seiner Beschwerde als Beilage übermittelt.
Im Rahmen des Vorhaltes vom räumte das Bundesfinanzgericht dem Bf die Möglichkeit ein, durch die Funktionstätigkeit tatsächlich entstandene Werbungskosten nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.
Dieser Vorhalt blieb von Seiten des Bf unbeantwortet.
Dazu wird erwogen
1 gesetzliche Grundlagen
Der Einkommensteuer unterliegen nach § 2 Abs. 3 Z. 7 EStG 1988 sonstige Einkünfte im Sinne des § 29.
Einkünfte im Sinne des Abs. 3 sind gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 bei den sonstigen Einkünften der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16).
Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. ….
Zur Ermittlung von Werbungskosten können gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.
Nach § 29 Z. 4 EStG 1988 sind sonstige Einkünfte Funktionsgebühren der Funktionäre von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, soweit sie nicht unter § 25 fallen.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen. Ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
2 Sachverhalt
Der Bf bezog laut einer Auskunft nach § 109a EStG 1988 vom Tourismusverband A eine Funktionsgebühr in Höhe von 3.600,00 Euro. Diese Funktionsgebühr wurde ihm für seine Tätigkeit im Tourismusverbandes A ausbezahlt.
Tourismusverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie erledigen ihre Aufgaben in Autonomie, stehen jedoch unter Aufsicht der Landesregierung. Die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der Tourismusverbände findet sich im Salzburger Tourismusgesetz 2003. (Vgl. https://www.salzburg.gv.at/tourismus/Seiten/tourismusverbaende.aspx).
Der Bf erbrachte keinen Nachweis über Werbungskosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Tourismusverbandes A. Auch eine Glaubhaftmachung erfolgte nicht. Er machte vielmehr unter Hinweis auf EStR 2000 Rz 6613a einen Pauschalbetrag von 3.000,00 Euro als Werbungskosten geltend.
3 rechtliche Beurteilung
Einkünfte aus Funktionsgebühren sind als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip (§ 19 EStG 1988) zu ermitteln. (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 29 Rz 55).
Hinsichtlich abzugsfähiger Werbungskosten beruft sich der Bf im gegenständlichen Fall auf die EStR 2000 Rz 6613a und macht entsprechend Absatz zwei der Rz 6613a einen Pauschalbetrag von 3.000,00 Euro als Werbungskosten geltend.
Rz 6613a lautet:
"Entschädigungen von Feuerwehrfunktionären, die nicht in einem Dienstverhältnis stehen, sind im Rahmen des § 29 Z. 4 EStG 1988 steuerlich zu erfassen. Mit der Funktionsausübung sind vielfach Aufwendungen verbunden, die als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Dies trifft insbesondere auf Kosten für Berufsbekleidung (Uniform) und Fahrt- und Reisekosten zu. Nicht abzugsfähig sind hingegen Repräsentationsaufwendungen wie etwa Spenden bei Festen oder Essens- und Getränkeeinladungen.
Im Interesse einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise bestehen keine Bedenken Werbungskosten in Höhe von 30% der Einnahmen, mindestens aber 3.000 Euro und höchstens 6.000 Euro zu schätzen. Die geschätzten Werbungskosten dürfen zu keinem Verlust führen. Die Berücksichtigung höherer Werbungskosten setzt den Einzelnachweis sämtlicher als Werbungskosten beantragter Aufwendungen voraus. Die LStR 2002 Rz 383a ff (Politikeraufwendungen) sind diesbezüglich nicht anzuwenden. Diese Regelung ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Funktionsgebühren gemäß § 29 Z. 4 EStG 1988 unterliegen der Mitteilungspflicht gemäß § 109a EStG 1988 iVm der Verordnung zu § 109a, BGBl. II Nr. 417/2001. Siehe dazu Rz 8300 ff."
Zur Rechtsnatur der Einkommensteuerrichtlinien ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/15/0038, hinzuweisen:
"Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Erkenntnis vom , V 4/2017, von seiner bisherigen Rechtsprechung zu Art. 89 B-VG und Art. 139 Abs. 3 bzw. Art. 140 Abs. 3 B-VG, wonach nicht gehörig kundgemachte Verordnungen von den Gerichten auch ohne Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof von vorneherein nicht anzuwenden seien, abgegangen. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen anzuwenden haben und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten haben; bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich (vgl. Punkt 2.9 des genannten Erkenntnisses). Eine derartige Bindung besteht aber nur für Akte von staatlichen Organen, die einen normativen Inhalt für einen unbestimmten Adressatenkreis aufweisen (vgl. Punkt 2.10.1 des genannten Erkenntnisses). Bei den Einkommensteuerrichtlinien handelt es sich - wie im Begleitschreiben zu diesen Richtlinien ausdrücklich angeführt wird - lediglich um einen Auslegungsbehelf, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt werde. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten könnten aus den Richtlinien nicht abgeleitet werden. Damit handelt es sich bei diesen Richtlinien aber um keine Akte, die einen normativen Inhalt aufweisen (vgl. , VfSlg. 9518). Eine Bindung von Gerichten an diese Richtlinien besteht daher schon deswegen nicht."
Das Bundesfinanzgericht ist somit laut der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht an die Einkommensteuerrichtlinien gebunden und es können über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten daraus jedenfalls nicht abgeleitet werden.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Anerkennung von Werbungskosten bilden die §§ 16 und 17 Abs. 6 EStG 1988; § 17 Abs. 6 EStG 1988 enthält eine Verordnungsermächtigung zur Festlegung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen. Laut der VO zu § 17 Abs. 6 BGBl II 2001/382 werden für folgende Gruppen von Steuerpflichtigen Durchschnittssätze für Werbungskosten festgelegt: Artisten, Bühnenangehörige, Fernsehschaffende, die regelmäßig (mehrmals im Monat) auf dem Bildschirm erscheinen, Journalisten, Musiker, Forstarbeiter, Förster im Revierdienst und Berufsjäger im Revierdienst, Hausbesorger, Heimarbeiter, Vertreter, Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde oder Ortsvertretung, Expatriates.
Betrachtet man die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 16 und 17 EStG 1988 sowie der Verordnung zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 über die Aufstellung vor Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, so zeigt sich, dass die österreichische Rechtsordnung keine pauschalierten Werbungskosten zu sonstigen Einkünften aus Funktionsgebühren kennt. Für die Anerkennung pauschaler Werbungskosten in der beantragten Höhe fehlt es somit im gegenständlichen Fall an einer gesetzlichen Grundlage. (Vgl. ).
Es bleibt somit nur die Anwendung der grundlegenden Norm des § 16 Abs. 1 EStG 1988.
Tatsächlich getätigte Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus seine Tätigkeit im Tourismusverbandes A im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 hat der Bf nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Dies, obwohl das Finanzamt sowohl in der Beschwerdevorentscheidung als auch im Vorlagebericht darauf hinwies, dass tatsächlich angefallene Werbungkosten nachzuweisen wären, und zusätzlich das Bundesfinanzgericht im Zusammenhang mit den Einkünften aus Funktionsgebühren die Möglichkeit zum Nachweis oder Glaubhaftmachung von Werbungskosten einräumte.
Da der Bf - trotz entsprechender Aufforderungen - im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Tourismusverbandes A keine Werbungskosten nachwies oder glaubhaft machte, kommt das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass dem Bf anlässlich dieser Funktionärstätigkeit im Streitjahr 2018 keine von ihm zu tragenden Werbungskosten erwuchsen.
Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
4 Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)
Im gegenständlichen Fall ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit der EStR dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes folgt und darüber hinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht strittig waren.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100635.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at