zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.10.2020, RV/7105908/2018

Geschäftsführerhaftung, Verschulden, Abgabenhinterziehung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0100. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Franz Karl Juračzka, Rechtsanwalt, Alser Straße 32 Tür 15, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO nach der am in Anwesenheit des Beschwerdeführers, dessen Vertreters und der Finanzamtsvertreterinnen ***1*** und ***2*** sowie der Schriftführerin ***3*** durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die ***X-GmbH*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ***Datum1*** gegründet. Im Gesellschaftsvertrag wurden ***D*** und ***M*** zu Geschäftsführern bestellt.

***M*** war gemäß dem vorliegenden Firmenbuchauszug bis ***Datum2*** handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH, ***D*** bis ***Datum3***.

Ab ***Datum3*** vertrat der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) die Firma als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum4*** wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss vom ***Datum5***mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. In der Folge wurde die Firma am ***Datum6*** gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht.

Mit Vorhalt vom brachte das Finanzamt dem Bf. zur Kenntnis, dass am Abgabenkonto der GmbH für die Jahre 2007 bis 08/2010 Abgaben in Höhe von € 307.492,84 unberichtigt aushafteten.

Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Der Bf. sei im Zeitraum vom ***Datum3*** bis ***Datum6*** zum Geschäftsführer und damit zum Vertreter der abgabenschuldnerischen GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Der Geschätsführer habe sich zu Beginn seiner Tätigkeit in angemessener Frist über Abgabenrückstände bzw. Versäumnisse, welche zu Abgabenrückständen führten, zu informieren und Maßahmen zu deren Begleichung vorzunehmen. Als angemessen werde ein Zeitraum von 3 Monaten erachtet. Sollten nach Ablauf dieser Frist keine solchen Abstattungsmaßahmen getroffen werden oder der Geschäftsführer mangels Möglichkeiten zu solchen seine Tätigkeit nicht niederlegen, so übernehme dieser auch die volle Verantwortung für die Altlasten und somit auch die schuldhafte Pflichtverletzung in der Nichtentrichtung, (vgl. ; , 89/15/0159; , 2003/13/0111). Die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten ende erst mit deren Abstattung. Die Haftung umfasse daher auch bei Vertretungsübernahme bereits bestandene Altschulden (; , 2003/13/0111).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe (vgl. etwa ).

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Vertreter (vgl. ). Der Bf. werde ersucht, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.

Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger habe auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu erfassen (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich seien). Trete der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann könne ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ).

Dem Vorhalt angeschlossen wurden der Umsatzsteuerbescheid 2007, 2008 und 2009, der Haftungsbescheid gemäß § 95 EStG für 2007-2009 beide vom , der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom , der Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG für Lohnsteuer vom und der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom .

Die Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom bestand in der Übermittlung des Formulars betreffend Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Demnach sei der Bf. seit April 2016 selbstständig tätig (Teppichhandel), sein Jahreseinkommen betrage ca. 10.000,00 bis 18.000,00 Euro, sonstige Verbindlichkeiten wurden mit 1.000.000,00 Euro beziffert.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. als ehemaliger Geschäftsführer der Firma ***X-GmbH*** für deren aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 307.492,84 gemäß § 9 i.V.m. § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zur Haftung herangezogen.

Diese setzen sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Umsatzsteuer
2007
26.205,47
Umsatzsteuer
2008
46.637,50
Umsatzsteuer
2009
41.063,75
Umsatzsteuer
04/10
982,01
Umsatzsteuer
05/10
1.079,00
Umsatzsteuer
06/10
695,40
Umsatzsteuer
07/10
877,32
Lohnsteuer
01-08/2010
1.132,90
Kapitalertragsteuer
2007
1 Woche nach Zufließen
59.700,32
Kapitalertragsteuer
2008
1 Woche nach Zufließen
66.886,11
Kapitalertragsteuer
2009
1 Woche nach Zufließen
62.233,06
Summe:
307.492,84

Zur Begründung wurde nach Zitierung der §§ 9 und 80 BAO ausgeführt, dass die im Rückstand ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt seien. Die Bescheide der im Rückstand angeführten, festgesetzten Abgaben seien dem Bf. bereits im Haftungsvorverfahren zur Kenntnis gebracht worden. Bei den übrigen angeführten Abgaben handle es sich um selbst gemeldete Selbstbemessungsabgaben.

Durch die Selbstbemessung sei die Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung geschaffen worden ().

Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Der Bf. sei im Zeitraum vom ***Datum3*** bis ***Datum6*** zum Geschäftsführer und damit zum Vertreter der abgabenschuldnerischen GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Der Geschäftsführer habe sich zu Beginn seiner Tätigkeit in angemessener Frist über Abgabenrückstände bzw. Versäumnisse, welche zu Abgabenrückständen führten, zu informieren und Maßnahmen zu deren Begleichung vorzunehmen. Als angemessen werde ein Zeitraum von 3 Monaten erachtet. Sollten nach Ablauf dieser Frist keine solchen Abstattungsmaßnahmen getroffen werden oder der Geschäftsführer mangels Möglichkeiten zu solchen seine Tätigkeit nicht niederlegen, so übernehme dieser auch die volle Verantwortung für die Altlasten und somit auch die schuldhafte Pflichtverletzung in der Nichtentrichtung. (vgl. ; , 89/15/0159; , 2003/13/0111). Die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten ende erst mit deren Abstattung. Die Haftung umfasse daher auch bei Vertretungsübernahme bereits bestandene Altschulden. (; , 2003/13/0111)

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien AZ ***xxx*** vom ***Datum5*** sei das am ***Datum4*** über das Vermögen der GmbH eröffnete Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Mit Beschluss vom ***Datum6***sei die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgt. Der Rückstand sei daher beim Primärschuldner uneinbringlich.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen habe.

Der Unternehmer habe eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Daraus folge: Die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Umsatzsteuer sei vom Abfuhrpflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden dürfe.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftenden Lohnabgaben sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag abzuführen.

Gleiches gelte auch für den Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag.

Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 habe der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des voll vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Werde in einem solchen Fall die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. ).

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Kapitalertragsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Die Pflicht zur Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer (§§ 95, 96 EStG 1988) hätten unter der Sanktion des § 9 Abs. 1 BAO die Vertreter der juristischen Person zu erfüllen. Die Kapitalertragsteuer sei gemäß § 96 Abs. 1 EStG binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) dem Betriebsfinanzamt abzuführen. Die Kapitalertragsteuer sei vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen.

Die Nichtentrichtung der Kapitalertragsteuer, die auf (verdeckte oder offene) Gewinnausschüttungen entfalle, könne daher nicht mit dem Hinweis auf fehlende Mittel gerechtfertigt werden. (vgl. ). Die Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz würden für die Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und im Steuerabzugsverfahren gemäß § 99 EStG 1988 erhobene Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger gelten.

Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Er sei dieser Aufforderung - sohin seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun - nicht ausreichend nachgekommen. Die ledigliche Abgabe des Fragenbogens (EV7) betreffend die wirtschlichen Verhältnisse des Bf. reiche jedenfalls nicht aus. Die höchstgerichtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Vertreter, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen habe, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkomme, einer besonderen Darlegungspflicht unterliege. Es treffe ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung, "darzutun", aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, er wäre seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. und , 2002/16/0168). Nachweise einer erfolgten Gläubigergleichbehandlung (für das Fehlen einer diesbezüglichen Pflichtverletzung) habe er im Zuge des Haftungsvorverfahrens nicht erbracht. Es stehe somit fest, dass er der Verpflichtung, als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, für die Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben zu sorgen, zumindest leicht fahrlässig und damit schuldhaft im Sinne des § 9 BAO nicht nachgekommen sei.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd. § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könne. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. ). Letzteres stehe hier fest. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

****

In der gegen diesen Haftungsbescheid mit Eingabe vom eingebrachten Bescheidbeschwerde wird dieser seinem ganzen Inhalt nach bekämpft und zwar aus den Beschwerdegründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Zu den Beschwerdegründen wurde ausgeführt:

1. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Festzuhalten sei, dass dem angefochtenen Haftungsbescheid keine exakten Feststellungen zu den Grundlagenbescheiden zu entnehmen seien. Zur aushaftenden Umsatzsteuer würden jegliche Feststellungen zur Haftung des Geschäftsführers bzw. zur Struktur und zum konkreten Abgabenverfahren der einzelnen Abgaben fehlen. Wie sich der Betrag zusammensetze, sei nicht in schlüssiger Weise dem Haftungsverfahren bzw. dem Haftungsbescheid zu entnehmen.

Insbesondere habe die Geschäftsführung des Beschwerdeführers laut Firmenbuch erst am ***Datum3*** begonnen. Inwieweit daher Umsatzsteuern aus den Jahren 2007 und 2008 zu diesem Termin fällig werden sollten, sei in keinster Weise nachvollziehbar. Darüber hinaus sei aber auch nicht verständlich, wieso für die Kapitalertragsteuer aus den Jahren 2007 und 2008 gehaftet werden solle, es habe ja eine Geschäftsführung gegeben und wäre zunächst an diese heranzutreten. Die Argumentation, dass die Abgaben bereits mit Übernahme der Geschäftsführung bestanden hätten sollen, leuchte auch nicht ein, da sie teilweise, obgleich aus dem Vorjahr, laut Bescheid erst am fällig geworden seien.

Zur Fälligkeit und Struktur der Abgabenzuordnung zu den einzelnen Perioden fehlten dem Bescheid jegliche Feststellungen, so dass er bezüglich der Haftung aus den Vorperioden jedenfalls unschlüssig erscheine.

In der Folge sei auch zu prüfen, nachdem der Geschäftsführer die Firma am ***Datum3*** übernommen habe und bereits am ***Datum4*** das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma eröffnet worden sei, ob dem Geschäftsführer im Zusammenhang mit dem Konkursverfahren überhaupt irgendein Verschulden treffe, dass er die Lohnsteuer und Umsatzsteuer in den Jahren 2010 bzw. am noch fällige Umsatzsteuer, die allesamt letztlich konkursverfangen erscheinen würden, noch mit den Mitteln hätte überhaupt abführen können.

Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung, die die Gläubiger nicht gleich behandle, seien dem Bescheid ebenfalls nicht zu entnehmen, im gegenständlichen Fall sei aufgrund des Konkursverfahrens auch keine Beweislastverpflichtung im Gegensatz zur Annahme der Behörde erkennbar.

Darüber hinaus seien auch im Laufe des Konkursverfahrens 2010, entgegen der Verpflichtung seitens des Masseverwalters, beschlagnahmte Teppiche bei weitem günstiger verkauft worden, nämlich nicht so, wie sie dem Schätzgutachten entsprochen habe. Durch die unzulässige Unterpreisigkeit und die Unterlassung jedweden Einspruchs sei ein Schaden von € 140.000,00 entstanden. Dieser Fehlbetrag an Abgaben könne daher keineswegs im Rahmen eines Haftungsbescheides dem Geschäftsführer angelastet werden. Der Verkehrswert habe € 160.000,00 betragen, während nur € 20.000,00 im Rahmen der Zwangsversteigerung der konfiszierten Teppiche an Einnahmen vorgekehrt worden seien. Gerne sei der Bf. bereit, dem Finanzamt allfällige Ansprüche gegen den Masseverwalter abzutreten oder diese im Auftrag des Finanzamtes zu betreiben. Wieso aber für die periodenanteiligen Abgaben in Höhe von € 140,000,00 eine Abgabenschuldigkeit bestehe, oder er für diese zu haften habe, sei nicht nachvollziehbar.

[...]

Die Firma ***B*** habe 170 Teppiche an Kommissionsware retourniert erhalten, die irrtümlich steuerlich als verkauft angesetzt worden seien.

[...]

170 Teppiche habe der ehemalige Geschäftsführer im Zuge einer Schlussveranstaltung billigst privat ankaufen können, damit diese nicht nach China retourniert werden müssten. Diese seien der Primärschuldnerin in Kommission übergeben worden. Eine Liste derselben sei der Fa. ***Firma2*** an Frau ***X***zur Verfügung gestellt worden. Dennoch sei kein Eintrag in die Buchhaltung und dadurch keine steuerliche Berücksichtigung erfolgt. Dies werde im Grundlagenbescheidverfahren zu ergänzen sein und mindere entsprechend die Haftung des Beschwerdeführers.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers

Ob diese Umstände der bescheiderlassenden Behörde bekannt gewesen seien oder nicht, bleibe vorläufig offen.

Eine Grundlage nur in einer Insolvenz erscheine ungenügend. Ein Verschulden des ehemaligen Geschäftsführers liege nicht vor und werde von der belangten Behörde auch nicht dargelegt, sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund aufzuheben sein werde.

Darüber hinaus lägen aber auch nach Auffassung des zur Haftung herangezogenen Geschäftsführers Unvollständigkeiten und Fehlleistungen der Buchhaltung trotz ordnungsgemäßer Beauftragung und Begleichung sämtlicher Steuerberatungsagenda vor, die nicht dem Geschäftsführer in Form einer Haftung anzulasten seien.

[...]

Zudem seien in den Grundlagenverfahren vom Finanzamt 500 Stück Importteppiche aus ***4*** zuviel angesetzt bzw. berechnet worden, ohne hinreichende Begründung.

[...]

Vom Vater des Bf. sei eine eigene Privatsammlung angekauft worden. Nach über 100 Jahren seien diese steuerfrei! In der Galerie ***J***seien die ***y***Sammlung als Schaustücke gezeigt worden. All dies sei zu Lasten der GmbH und des Geschäftsführers nicht berücksichtigt worden.

[...]

Zudem seien alte Bilder mit ca. € 160.000,00 im Dorotheum besichtigt, als Kopien retourniert worden.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers

2. Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Der Bf. habe im bisherigen Abgabenverfahren keine bzw. keine ausreichende Möglichkeit auf rechtliches Gehör gehabt, dies werde als Verfahrensmangel gerügt. Insbesondere habe während des Insolvenzverfahrens Einfluss auf die Abgabengebarung zu nehmen bestanden. Lediglich im Rahmen der Vorbereitung des Haftungsbescheides habe die Möglichkeit einer Äußerung bestanden, wobei aber auch hier nicht sämtliche Grundlagenbescheide vorhanden gewesen seien, so dass es praktisch unmöglich sei, ohne immensen Aufwand hier befriedigend Stellung zu nehmen. Im Abgabenverfahren als auch im Haftungsverfahren sei daher die Möglichkeit nicht hinreichend gewesen.

[...]

Da die Möglichkeit zur Einvernahme des Bf. unter Mitnahme aller notwendigen Unterlagen zu einem für ihn günstigeren Bescheidergebnis geführt hätte oder zu einem solchen zumindest hätten führen könnten, liege ein gravierender und wesentlicher Verfahrensmangel vor, der geeignet erscheine, die richtige rechtliche Beurteilung der Abgabensache zu hindern.

Da der ehemalige Geschäftsführer auch psychisch erkrankt gewesen sei, habe er seinen Verpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen können, wobei dennoch jedes Verschulden nach wie vor bestritten bleibe.

[...]

ANTRAG auf Einräumung einer Frist von drei Monaten zur Beschwerdeergänzung:

Aufgrund des extrem großen Umfangs des zu prüfenden Materials sowie der Notwendigkeit einer eingehenden Besprechung und Vorbereitung beantrage der Bf. zudem eine Frist von drei Monaten zur Vornahme einer Beschwerdeergänzung, um die zahlreichen Beweismittel und Vorgänge der Behörde sowie seine Schadenersatzansprüche ausführlich und präzise darzustellen zu können.

Aus all diesen Gründen stelle der Beschwerdeführer nachstehende Beschwerdeanträge
an das Bundesfinanzgericht als Beschwerdegericht:

Das Beschwerdegericht möge der Beschwerde Folge geben und eine Beschwerdeverhandlung anberaumen,

1. den angefochtenen Bescheid abändern, in der Sache selbst entscheiden und von einer Haftung absehen, eventualiter lediglich im geringeren Umfang, insbesondere ohne Anschluss der Vorperioden, in der gar keine Geschäftsführung ausgeübt worden sei,

in eventu

2. den angefochtenen Bescheid aufheben und der ersten Instanz eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung - wie aufgezeigt - auftragen.

****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Zitierung der §§ 9 und 80 BAO aus, dass der Bf. im Zeitraum von ***Datum3*** bis ***Datum6*** Geschäftsführer der GmbH gewesen sei. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum5*** sei das am ***Datum4*** über das Vermögen der GmbH eröffnete Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Mit Beschluss vom ***Datum6***sei die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgt. Der Rückstand sei daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Über die in der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid geltend gemachten Gründe werde abgesprochen wie folgt:

Der Bf. behaupte, dem Haftungsbescheid seien keine exakten Feststellungen zu den Grundlagenbescheiden zu entnehmen und es sei nicht ersichtlich, wie sich der aushaftende Betrag der Umsatzsteuer zusammensetze. Mit Verweis auf die Umsatzsteuerbescheide aus den Jahren 2007, 2008, 2009, 04/10, 05/10, 06/10 und 07/10, und den Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom , die die Beträge detailliert aufschlüsselten, sei dem zu entgegnen:

Die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sei im Haftungsverfahren nicht zu überprüfen. Die nach § 9 BAO im Haftungsverfahren erforderliche Verschuldensprüfung habe von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. (vgl. ; ).

Zur Haftung des Geschäftsführers für Abgaben, die bereits vor der Geschäftsführung entstanden seien, sei auszuführen, dass sich der Geschäftsführer zu Beginn der Tätigkeit in angemessener Frist über Abgabenrückstände bzw. Versäumnisse, die zu Abgabenrückständen führten, zu informieren und Maßnahmen zu deren Begleichung vorzunehmen habe. Sollten binnen 3 Monaten keine Abstattungsmaßnahmen getroffen worden sein oder der Geschäftsführer mangels Möglichkeiten zu solchen seine Tätigkeit nicht niedergelegt habe, so übernehme dieser auch die volle Verantwortung für die Altlasten und damit auch die schuldhafte Pflichtverletzung in der Nichtentrichtung. Die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten ende erst mit deren Abstattung. Die Haftung umfasse daher auch bei Vertretungsübernahmen bereits bestandene Altschulden. (vgl. ; ; ).

Zum behaupteten Mangel, es fehlten im Haftungsbescheid Feststellungen zur Fälligkeit und Struktur der Abgabenzuordnung zu den Perioden, folglich sei diesbezüglich die Haftung jedenfalls unschlüssig, sei auszuführen, dass die Geschäftsführertätigkeit des Abgabenschuldners von ***Datum3*** bis ***Datum6*** gedauert habe und somit die Fälligkeit der Abgabenschuld in den Zeitraum der Vertretungsfunktion falle. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorhandensein der für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel bestimme sich danach, zu welchem Zeitpunkt die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Die Voranmeldung gelte als Steuererklärung. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Somit sei die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Umsatzsteuer vom Abfuhrpflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden dürfe. Betreffend die Struktur der Abgabenzuordnung werde auf die Umsatzsteuerbescheide aus den Jahren 2007, 2008, 2009, 04/10, 05/10, 06/10 und 07/10 verwiesen.

Gemäß § 78 EStG habe der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats in einem Betrag an das Finanzamt abzuführen.

Die schuldhafte Verletzung der Pflicht, Selbstbemessungsabgaben dem Finanzamt zum Fälligkeitstermin bekanntzugeben und zu entrichten, werde nicht dadurch aufgehoben, dass keine Gesellschaftsmittel zu den Zahlungsterminen gemäß § 210 Abs. 4 BAO mehr vorhanden seien. Gemäß § 96 EStG sei die KESt vom Abgabenschuldner binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen.

Zur Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger und zur Beweislastpflicht sei auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun habe, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe. (vgl. etwa ). Vom Vertreter des Abgabenschuldners seien hierzu keine Nachweise erbracht worden. Daher sei dem Abgabenschuldner die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorzuschreiben (vgl. ).

Betreffend die Behauptungen der Unvollständigkeiten und Fehlleistungen der Buchhaltung sei auszuführen, dass diese monierten Mängel nicht belegt hätten werden können und es sei auch nicht begründet worden, wie sie die Höhe der Abgabenschuld verringert hätte. Darüber hinaus sei auf die Letztverantwortlichkeit des Geschäftsführers der Abgabenschuldnerin der GmbH zu verweisen. Der Geschäftsführer habe das Unternehmen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters zu führen und trage auch die Verantwortung für die rechtzeitige Tilgung der Abgabenschuld.

Der Partei sei vor allem Gelegenheit zu Äußerungen zu behördlichen Sachverhaltsannahmen sowie zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens zu geben (vgl. ). Eine wie vom Abgabenschuldner behauptete Missachtung des Parteiengehörs durch die erste Instanz wäre allerdings im Rechtsmittelverfahren heilbar (vgl. ).

Der Abgabenschuldner sei bereits im Haftungsvorverfahren umfassend über seine Rechte und Pflichten im Abgabenverfahren belehrt worden und es seien ihm auch taugliche Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Ansprüche dargelegt worden. Des Weiteren sei auch zu entgegnen, dass der Abgabenschuldner sein rechtliches Gehör nicht nur im Haftungsvorverfahren, sondern auch im Haftungsverfahren insbesondere durch die eingebrachte Beschwerde vom habe wahrnehmen können.

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

****

Dagegen beantragte der Bf. mit Eingabe vom , die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Insbesondere seien nicht alle Beschwerdepunkte bearbeitet worden. Wichtige Zeugen seien nicht vernommen worden, eine Einbeziehung des Gutachtens bzw. der Schadensfälle sei der Entscheidung nicht zu entnehmen, wie die Einbeziehung von 500 Stück Importteppichen aus ***4*** im Grundlagenverfahren.

Weder zur Krankheit des Bf. noch zu den ergänzenden möglichen Angaben der Steuerberaterin sei Stellung genommen worden.

Aus all diesen Gründen beantrage der Bf. wie bisher und die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des Bf. aus, dass in der Beschwerde auch gegen die Sache selbst, betreffend die Grundlagenbescheide Einwendungen eingebracht worden seien. Damit sei konkludent eine Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide eingebracht und diese mit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid verbunden worden.

Weitere Vorbringen wurden nicht erstattet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Gemäß der vorliegenden Kontoabfrage haften die mit Haftungsbescheid vom geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten nach wie vor unberichtigt am Abgabenkonto aus.

Verjährung:

Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben bzw. zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe (§ 238 Abs. 1 BAO).

Die Verjährung wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen (§ 238 Abs. 2 BAO).

Gemäß § 9 Abs. 1 IO wird durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Diese Bestimmung stellt gegenüber § 238 BAO eine lex specialis dar (siehe dazu , und , 2009/16/0181).

Die der Haftung zugrunde liegende Umsatzsteuerbescheide 2007-2009 sowie der Haftungsbescheid gemäß § 95 EStG ergingen am , der Haftungsbescheid für 01-11/2010 betreffend Lohnsteuer am . Die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern 4-7/2010 wurden von der GmbH gemeldet jedoch nicht entrichtet.

Über das Vermögen der ***X-GmbH*** wurde am ***Datum4*** das Insolvensverfahren (Konkursverfahren) eröffnet. Der Konkurs wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum5*** mangels Kostendeckung aufgehoben. Im vorliegenden Fall unterbrach die Anmeldung der Abgabenforderungen im Konkurs die Einhebungsverjährung. Die Verjährungsfrist begann mit der Aufhebung des Konkursverfahrens im Jahr 2014 neu zu laufen, weshalb im Zeitpunkt des Ergehens des Haftungsvorhalts () sowie der Erlassung des Haftungsbescheides die Einhebungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen war.

2.) Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes vom ***Datum4*** wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss vom ***Datum5*** mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. In der Folge wurde die Firma am ***Datum6*** gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sind daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung - soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter im Sinn des § 80 BAO (, mit Verweis auf Vorjudikatur). Trifft den Masseverwalter ein Verschulden insoweit, als - laut Vorbringen der Bf. - im Insolvenzverfahren die Möglichkeit nicht wahrgenommen wurde, Teppiche zum Preis des (höheren) Schätzgutachtens zu veräußern, ändert dies nichts daran, dass die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenforderungen uneinbringlich sind. Die Bf. übersieht, dass die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht Folge der behaupteten mangelhaften Verwertung des Gesellschaftsvermögens im Konkursverfahren war, sondern die Abgaben in Folge ihr anzulastender schuldhafter Pflichtverletzungen nicht aus den der Gesellschaft zur Verfügung gestandenen Mitteln entrichtet wurden, zumal es zu den vordringlichen Pflichten der Bf. als Geschäftsführerin gehörte, rechtzeitig für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Für die Beurteilung des Vorliegens einer Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO ist das (un)rechtmäßige Verhalten des Masseverwalters im Konkurs der Primärschuldnerin ohne Belang.

3.) Stellung des Bf. als Vertreter

Gemäß Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die GmbH vom ***Datum3*** bis zur Konkurseröffnung als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer und zählt damit zum Kreis der in § 80 BAO genannten Vertreter, welche bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden können.

4.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Geschäftsführer

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Im Haftungsverfahren wurde nicht bestritten, dass dem Bf. die Umsatzsteuerbescheide 2007-2009 vom , der Haftungsbescheid gemäß § 95 EStG für 2007-2009 vom , der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom , der Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG für Lohnsteuer vom sowie der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom zusammen mit dem Vorhalt des Finanzamtes vom übermittelt wurden.

Die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen 04/10-7/10 wurden vom Bf. mit Umsatzsteuervoranmeldungen selbst gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Demzufolge müssen diese Beträge für den Bf. nachvollziehbar sein.

Das Vorbringen, es könne nicht festgestellt werden, wie sich die Nachforderungsbeträge zusammensetzen, ist daher nicht nachvollziehbar, weil die Bescheide sowie der BP-Bericht vom und insbesondere auch der 36-seitige BP-Bericht vom für die Stellungnahme im Haftungsverfahren zur Verfügung standen.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. , mwN; , 2009/16/0226, VwSlg 8541 F/2010). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).

Gemäß § 248 BAO kann der Haftungspflichtige nicht nur gegen seine Heranziehung zur Haftung, sondern innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Bescheidbeschwerde einbringen.

Durch § 248 BAO ist dem Haftenden auch ein Rechtszug gegen die an die GmbH ergangenen Grundlagenbescheide eingeräumt.

Einwendungen gegen den Abgabenanspruch können - solange die erlassenen Abgaben- und Abzugsteuerhaftungsbescheide dem Rechtsbestand angehören - im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden (siehe ).

Bringt der Bf. sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen die maßgeblichen Bescheide über den Abgabenanspruch Berufungen (nunmehr Beschwerden) ein, so ist zunächst über die Berufung (Beschwerde) gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, zumal von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt ().

Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mittel der Gesellschaft Sorge zu tragen, so hat die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführung für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze ().

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom ***Datum7***, Zl. ***zzz***, wurde der Bf. rechtskräftig wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, Abs. 3 lit. a und b, 13, 38 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 180.000,00 sowie einer Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit von 4 Monaten verurteilt, da er als faktischer und ab eingetragener Geschäftsführer in mehrfachen Tathandlungen vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die unrichtige bzw. unterlassene Abgabe von Steuererklärungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung selbst zu berechnender Abgaben hinsichtlich

der Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 39.080,54,
der Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 46.637,50
der Körperschaftsteuer 2007 in Höhe von € 29.490,85
der Körperschaftsteuer 2008 in Höhe von € 35.275,06
der Kapitalertragsteuer 2007 in Höhe von € 59.700,32
der Kapitalertragsteuer 2008 in Höhe von € 66.886,11
der Kapitalertragsteuer 2009 in Höhe von € 62.233,06
der Kapitalertragsteuer 2010 in Höhe von € 15.000,00
der Umsatzsteuer 1/2010-7/2010 in Höhe von € 7.679,99
bewirkt und hinsichtlich

der Umsatzsteuer 2009 in Höhe von € 41.063,75
der Körperschaftsteuer 2009 in Höhe von € 33.640,44

zu bewirken versucht hat, wobei es ihm hinsichtlich der Kapitalertragsteuer drauf ankam, (§ 5 Abs. 2 StGB), sich durch die wiederkehrende Begehung einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben entsprechen mit Ausnahme der Umsatzsteuer 4-7/2010 jenen des Urteils, der Haftungsbetrag für die Umsatzsteuer 2007 ist geringer.

Die mit dem vorliegenden Haftungsbescheid geltend gemachten Beträge an Umsatzsteuer 4-7/2010 wurden vom Bf. zwar gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Gründe für die Nichtentrichtung wurden im Beschwerdeverfahren nicht dargetan, insbesondere wurde auch kein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht.

Es kann daher, entsprechend der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ohne Zweifel von einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO ausgegangen werden, wobei auch seitens des Bundesfinanzgerichtes kein Zweifel daran besteht, dass zu den Fälligkeitstagen der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuern ausreichende Mittel für eine Abgabenentrichtung vorhanden gewesen sind, zumal auch Gegenteiliges vom Bf. nicht behauptet wurde.

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Hinsichtlich der Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der steuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG - binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) - dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie auch bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0038) eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.

Zum Umfang der Haftung:

Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeit) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt.

Bei Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe festgesetzt wird.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Gemäß § 21 Abs. 4 UStG wird der Unternehmer nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.

Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG).

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 96 Abs. 1 EStG ist die Kapitalertragsteuer binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) dem Betriebsfinanzamt abzuführen.

Gemäß § 214 Abs. 2 BAO ist in den Fällen einer gemäß § 201 Abs. 4 zusammengefassten Festsetzung von Abgaben als Fälligkeitstag der gesamten Abgabennachforderung der Fälligkeitstag der jüngsten zusammengefasst festgesetzten Abgabenschuldigkeit anzusehen.

Der Bf. bringt vor, dass laut Firmenbuch seine Geschäftsführerfunktion erst am ***Datum3*** begonnen habe und nicht verständlich sei, weshalb er für die davor fällig gewordenen Abgabenschuldigkeiten betreffend die Jahre 2007 und 2008 haften solle.

Dem ist entgegenzuhalten:

Die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten endet nicht mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung, sondern erst mit ihrer Abstattung. Die Gesellschaft bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr bzw. Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist gemäß § 80 BAO der Geschäftsführer verhalten. Dieser muss sich bei der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit darüber unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/15/0021, sowie vom , 2000/16/0601).

Gemäß dem bereits genannten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom ***Datum7***, Zl. ***zzz***, hat der Bf. zugestanden, vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer (***Datum3***) als faktischer Machthaber der GmbH fungiert und die Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuern verkürzt zu haben.

Es kann daher kein Zweifel bestehen, dass der Bf. im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit Kenntnis davon hatte, dass die Gesellschaft ihren abgabenrechtlichen Pflichten nicht nachgekommen ist.

Demzufolge haftet der Bf. auch für die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten der Jahre 2007 und 2008.

Soweit der Bf. vorbringt, dass er psychisch erkrankt gewesen sei, weshalb er seinen Verpflichtungen nicht vollständig habe nachkommen können, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ) zu verweisen.

"Behauptet ein Geschäftsführer, er sei etwa durch Krankheit an der Erfüllung seiner Verpflichtungen gehindert worden, so schließt dies ein Verschulden an der Verletzung seiner Pflichten nicht aus, da der Geschäftsführer - wie auch in anderen Fällen, in denen er nicht in der Lage ist, die Geschäftsführerfunktion ordnungsgemäß auszuüben bzw. die Umstände, welche zu der Behinderung führen, zu beseitigen - dazu verhalten ist, diese Funktion zurückzulegen. Welcher Zeitraum zwischen dem Erkennen der Behinderung bzw. der Ergebnislosigkeit der Bemühungen, diese zu beseitigen und dem Rücktritt haftungsrelevant ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (Hinweis Ritz, Bundesabgabenordnung, Rz 17 zu § 9 BAO und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes)."

Abgesehen davon wurden die vorgelegten Befunde am bzw. ausgestellt. Demnach war der Bf. erst ab 2012 in ärztlicher Behandlung, wegen Depression, Ein- und Durchschlafstörungen, Konzentrationsstörungen. Die Schreiben lassen weder erkennen, dass diese Erkrankungen bereits in den Jahren 2007-2010 vorgelegen waren noch inwieweit die Erkrankung die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit unmöglich gemacht hätte. Darüber hinaus wurde dieses Vorbringen im Strafverfahren vor dem Landesgerichtes Wien (GZ ***zzz***) nicht dargetan, weshalb von einer Schutzbehauptung auszugehen ist.

Im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde der beantragten Einvernahme der namentlich genannten Fachärztin für Psychiatrie nicht Folge geleistet, da eine Erkrankung keinen Schuldausschließungsgrund darstellt.

Aus den genannten Gründen, insbesonders aufgrund des Geständnisses des Bf. im Strafverfahren vor dem Landesgericht Wien ist das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung als erwiesen anzusehen, könnte eine Einvernahme der weiteren beantragten Zeugen nichts mehr zur Klärung des Sachverhaltes beitragen, weshalb hievon Abstand genommen wurde.

5.) Kausalzusammenhang:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6.) Ermessen:

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensübung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen.

Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (). Mit der gegenständlichen Beschwerde hat der Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung eines Vertreters gemäß § 80ff BAO zu prüfen war. Da die Entscheidung auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105908.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at