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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.11.2020, RV/7300033/2019

Einstellung wegen zwischenzeitiger absoluter Verjährung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7300033/2019-RS1
wie RV/3300005/2013-RS1
Ein Ablauf einer Verjährungsfrist betreffend die Strafbarkeit von Finanzvergehen ist auch dann beachtlich, wenn dieser Umstand erst im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht eintreten sollte.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 5 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Meyenburg, Linke Wienzeile 4/2/2, 1060 Wien, wegen der Finanzvergehen der grob fahrlässigen Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 36 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und des fahrlässigen Eingriffs in Monopolrechte nach § 45 Abs. 1 FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 2014, SpS 2018, in der gemäß § 265a Abs. 3a FinStrG durchgeführten Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin Sabrina Klein zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates aufgehoben und das beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde zur Strafnummer 2014 geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, der Beschuldigte habe grob fahrlässig unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben dadurch bewirkt, dass er am und anlässlich der Verzollung von 3750 Packungen á 250g Wasserpfeifentabakersatz (SOEX) einen unrichtigen (zu niedrigen) Kleinverkaufspreis bei der Verzollung MRN 10AT320000IV9MR260 und 10AT320000IVA69A65 angegeben und durch den beabsichtigten Verkauf dieser Ware, welche Gegenstand des Tabakmonopols sei, grob fahrlässig, teilweise versucht, teilweise vollendet, die in den Vorschriften über die das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzt, gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c, 31 Abs. 5 FinStrG eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: AFB, Strafnummer 2014, SpS 2018, wurde Herr ***Bf1***, geb. 1965, ***Bf1-Adr*** schuldig gesprochen, er habe grob fahrlässig unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben dadurch bewirkt, dass er am und , anlässlich der Verzollung von 3750 Packungen á 250g Wasserpfeifentabakersatz (SOEX) einen unrichtigen (zu niedrigen) Kleinverkaufspreis bei der Verzollung MRN 10AT320000IV9MR260 und 10AT320000IVA69A65 angegeben und durch den beabsichtigten Verkauf dieser Ware, welche Gegenstand des Tabakmonopols sei, grob fahrlässig, teilweise versucht, teilweise vollendet, die in den Vorschriften über die das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzt.

Er habe dadurch die Finanzvergehen der grob fahrlässigen Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 36 Abs. 1 FinStrG und des fahrlässigen Eingriffs in Monopolrechte nach § 45 Abs. 1 FinStrG begangen und wurde hiefür unter Bedachtnahme gemäß §§ 31/40 StGB auf die Erkenntnisse der Finanzstrafbehörden vom (AZ Strafe1) und vom (AZ Strafe2) zur Bezahlung einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 12.000,-, im Falle der Uneinbringlichkeit 24 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 185 FinStrG habe der Beschuldigte die Kosten des Finanzstrafverfahrens in der Höhe von Euro 500,- zu ersetzen.

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Beschuldigten wird das Erkenntnis seinem gesamten Umfang nach wegen Verfahrensmängel, Feststellungsmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes durch den Spruchsenat des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz, angefochten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 35 Abs. 2 FinStrG: Der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben macht sich schuldig, wer, ohne den Tatbestand des Abs. 1 zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bewirkt. Die Abgabenverkürzung ist bewirkt, wenn eine entstandene Eingangs- oder Ausgangsabgabenschuld bei ihrer Entstehung nicht oder zu niedrig festgesetzt wird und in den Fällen des § 33 Abs. 3 lit. b bis f.

§ 36 Abs. 2 FinStrG: Der grob fahrlässigen Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben macht sich schuldig, wer die im § 35 Abs. 2 und 3 bezeichneten Taten grob fahrlässig begeht.

§ 44 Abs. 1 FinStrG: Des vorsätzlichen Eingriffes in Monopolrechte macht sich schuldig, wer zu seinem oder eines anderen Vorteil vorsätzlich die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzt; hievon ausgenommen ist der Handel mit Tabakerzeugnissen, für die Tabaksteuer entrichtet wurde oder die von der Tabaksteuer befreit sind.

Gemäß § 45 Abs. 1 FinStrG macht sich des fahrlässigen Eingriffes in Monopolrechte schuldig, wer die im § 44 FinStrG bezeichneten Handlungen und Unterlassungen fahrlässig begeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.

Gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG beträgt die Verjährungsfrist für Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 drei Jahre, für andere Finanzordnungswidrigkeiten ein Jahr, für die übrigen Finanzvergehen fünf Jahre.

Gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG erlischt bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, die Strafbarkeit jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre und gegebenenfalls die in Abs. 4 lit. c genannte Zeit verstrichen sind. Bei Finanzvergehen nach § 49a FinStrG erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn dieser Zeitraum ab dem Ende der Anzeigefrist gemäß § 121a Abs. 4 BAO oder der Mitteilungsfrist nach § 109b Abs. 6 EStG 1988 verstrichen ist.

Zur Frage der Verjährung:

Im verwaltungsbehördlichen Rechtsmittelverfahren ist nicht nur die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Zeitpunkt des Ergehens zu prüfen, sondern es muss eine eigenständige Beurteilung der Sachlage und Rechtslage vorgenommen werden. Eine das angefochtene Erkenntnis bestätigende Entscheidung darf daher im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren nur dann ergehen, wenn die der Rechtsmittelinstanz vorliegende Sachlage und Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung im Ergebnis keine anders lautende Entscheidung erfordert. Dies ist aber bei Eintritt der absoluten Verjährung während des hier anhängigen Rechtsmittelverfahrens nicht der Fall, da sich die rechtlichen Voraussetzungen entscheidend geändert haben. Für die Beachtung der während des Rechtsmittelverfahrens abgelaufenen absoluten Verjährungsfrist macht es keinen Unterschied, ob die Rechtsmittelbehörde ein verurteilendes erstinstanzliches Straferkenntnis zu bestätigen oder ob sie infolge Berufung des Amtsbeauftragten gegen eine erstinstanzliche Einstellung mit Strafausspruch abzuändern hätte ().

Das Erlöschen der Strafbarkeit wegen Ablaufs der absoluten Verjährung ist von der Rechtsmittelbehörde (nunmehr vom Bundesfinanzgericht) auch bei Fristablauf während des Rechtsmittelverfahrens wahrzunehmen (; ).

Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, wie dies bei einer grob fahrlässigen Verkürzung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs. 2, 36 Abs. 1 FinStrG zutrifft, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt.

Mit Zollanmeldung CRN 10AT320000IV9MR260 vom kam es zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr von 10 Packstücken Tabakersatzstoffen mit einer Rohmasse von 154,00 kg.

Mit Zollanmeldung CRN 10AT320000IVA69A65 vom kam es zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr von 65 Packstücken Tabakersatz mit einer Rohmasse von 1.008,00 kg.

Aufgrund der buchmäßigen Erfassung ist der Erfolg einer Verkürzung von Eingangsabgaben und damit der Beginn der Verjährung am bzw. eingetreten.

Für das vorliegende Finanzstrafverfahren ergibt sich daraus, dass hinsichtlich der inkriminierten Verkürzungen an Eingangsabgaben und den damit verbundenen Eingriffen in Monopolrechte am bzw. am die absolute Verjährung der Strafbarkeit eingetreten ist.

Gleiches gilt für das Handeln mit Monopolgegenständen bzw. dem fahrlässigen Eingriff in Monopolrechte. Indem der Beschuldigte bereits mehrfach im eigenen Namen und auch für andere Personen um Genehmigung für den Handel mit Monopolgegenständen ansuchte, dabei aber immer scheiterte, musste er um die rechtlichen Schwierigkeiten wissen, sodass es ihm zumutbar gewesen wäre, entsprechende Erkundigungen einzuholen, ob der Handel mit SOEX unter das Monopolgesetz fällt oder nicht.

Aus dem Akt lässt sich zwar ableiten, dass am 700 Packungen Tabak beschlagnahmt wurden, wann die Differenz zu der importierten Menge tatsächlich gehandelt bzw. verkauft wurde, kann im Nachhinein nicht mit Sicherheit festgelegt werden. Zudem ist aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses ersichtlich, dass hier teilweise wegen versuchtem grob fahrlässigen Eingriffes in Monopolrechte (auch hier fehlt eine mengenmäßige Zuordnung) bestraft wurde. Eine versuchte grob fahrlässige Handlungsweise ist jedoch nicht strafbar. Somit ist zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass mit der für ein Finanzstrafverfahren geforderten notwendigen Sicherheit - mangels Vorliegen entsprechend gesicherter Nachweise, welche Mengen wann (und davon welche Mengel allenfalls grob fahrlässig versucht) tatsächlich verkauft wurden - nicht festgestellt wurde, dass der Beschuldigte nach dem Monopolwaren gehandelt hätte. Damit ist auch für dieses Finanzvergehen am die absolute Verjährung der Strafbarkeit eingetreten.

Daher war der Beschwerde wegen zwischenzeitig eingetretener absoluter Verjährung der Strafbarkeit stattzugeben und das Finanzstrafverfahren gemäß §§ 136, 157, 31 Abs. 5 FinStrG einzustellen.

Ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen war somit obsolet.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §§ 125 Abs. 3, 157 FinStrG abgesehen werden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die eindeutige Rechtslage und Judikatur zur absoluten Verjährung (siehe oben zitierte Judikatur) wird verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300033.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at