Zulässigkeit einer Aufrechnung einer aus der Arbeitnehmerveranlagung resultierenden Gutschrift mit aushaftenden Insolvenzforderungen nach Rechtskraft der Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Dr. Rudolf Rudari, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Felderstraße 5, 6706 Bürs, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom und vom betreffend Abweisung eines Rückzahlungsansuchens (§ 239 BAO) und betreffend Abrechnung (§ 216 BAO) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Am brachte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden abgekürzt Bf.) beim Finanzamt einen Rückzahlungsantrag betreffend eines aus der Arbeitnehmerveranlagung 2017 resultierenden Guthabens in Höhe von 963,00 € ein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, auf dem Abgabenkonto des Bf. bestehe derzeit kein Guthaben.
Mit Schriftsätzen vom und vom beantragte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden abgekürzt Bf.) überdies die Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO. Begründend brachte der steuerliche Vertreter vor, er habe für den Bf. die Dienstnehmerveranlagung 2017 durchgeführt. Aus diesen Veranlagung habe sich ein Guthaben in Höhe von 963,00 € ergeben. Dieses Guthaben sei durch die Aufrechnung mit Konkursforderungen aufgebraucht worden. Diese Vorgangsweise sei rechtswidrig. Der Bf. habe Sorgepflichten für seine Gattin (einkommenslos) und für drei Kinder. Das Einkommen des Bf. liege unter der Pfändungsgrenze. Diese Aufrechnung komme einer Pfändung gleich. Außerdem sei es moralisch verwerflich, jemandem mit einem derart geringen Einkommen und den geschilderten Sorgepflichten noch jene Negativsteuer wegzunehmen, die auf den Alleinverdienerabsetzbetrag zurückzuführen sei. Die Negativsteuer sei auch kein Einkommen, wodurch eine Pfändung nicht zulässig sei.
Mit Abrechnungsbescheid vom stellte das Finanzamt die Rechtmäßigkeit der Verbuchung der Gebarung fest. Begründend wurde ausgeführt, nach Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses würde die Exekutionssperre enden und die Gläubiger könnten ihre unberichtigt verbliebenen (Insolvenz)Forderungen uneingeschränkt geltend machen. Die Aufrechnungsbestimmungen der §§ 19 und 20 IO seien ebenfalls außer Kraft gesetzt und es würden wieder die abgabenrechtlichen Verrechnungsbestimmungen gelten. Die Abgabenbehörde sei nicht nur berechtigt, sondern vielmehr gesetzlich verpflichtet, bestehende Abgabenforderungen mit bestehenden Guthabensansprüchen des Bf. zu verrechnen (§ 215 Abs. 1 BAO). Da nach Insolvenzaufhebung die beschränkenden Aufrechnungsbestimmungen der IO nicht mehr Gültigkeit hätten, habe die Abgabenbehörde die Verrechnung ungeachtet der Art der Entstehung des Abgaben(gutschrifts)anspruches unbeschränkt durchzuführen. Die Verrechnung mit den anderweitig gegen den Bf. noch aushaftenden Abgabenforderungen tilge die angeführte Gutschrift aus der Arbeitnehmerveranlagung zur Gänze und es sei daher kein rückzahlbares Guthaben im Sinne des § 215 Abs. 4 BAO mehr vorhanden. Angemerkt werde, dass es sich bei dieser Verrechnung nicht um eine Pfändung gemäß § 290 Abs. 1 EO handle und diese Bestimmung daher keine Anwendung finde.
Das mit Beschluss vom ***1*** eröffnete Konkursverfahren über das Vermögen des Bf. beim Landesgericht ***2***, GZ. ***3***, sei am ***4*** aufgehoben worden. Die Rechtskraft der Konkursaufhebung sei mit Beschluss vom ***5*** bestätigt worden. Am sei es zu einer Gutschrift aus der Einkommensteuer 2017 in Höhe von 963,00 € gekommen. Deshalb sei die Vorschreibung der unberichtigt gebliebenen Forderungen in selbiger Höhe durchgeführt worden.
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Buchungstag | Abgabenart | Zeitraum | Betrag | Tagessaldo |
Gutschrift Einkommensteuer | 2017 | -963,00 € | -963,00 € | |
Mehrkindzuschlag | 2017 | -240,00 € | -1.203,00 € | |
Rückzahlung | 240,00 € | -963,00 € | ||
Wiederaufnahme Einbringung | 963,00 € | 0,00 € |
Aus den obig angeführten Gründen werde die Rechtmäßigkeit der Buchungen auf dem Abgabenkonto festgestellt.
Die fristgerecht erhobene Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid, mit dem der Rückzahlungsantrag abgewiesen wurde sowie gegen den Abrechnungsbescheid. Begründend wurde nochmals betont, es sei zwar richtig, dass die Gläubiger andrängen könnten. Es sei jedoch so, dass das Einkommen des Bf. unter der Pfändungsgrenze liege. Der Bf. habe Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder und eine einkommenslose Gattin. Außerdem sei die Gutschrift praktisch nur durch den Alleinverdienerabsetzbetrag und den Mehrkindzuschlag entstanden. Es sei neben der rechtlich eigentlich nicht zulässigen Pfändung zutiefst unmoralisch, noch die Gutschriften eines Geringverdieners auf Grund seines Familienstandes einzukassieren. Der Fiskus sei hierdurch auch unzulässigerweise privilegiert gegenüber anderen Gläubigern. Das Streben des Staates nach Steuereinnahmen müsse irgendwo eine Grenze haben. Im Übrigen werde auf die im Verfahren betreffend Verrechnung der Einkommensteuergutschrift 2016 mit aushaftenden Konkursforderungen getätigten Argumente verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen.
Bezüglich der Abweisung des Rückzahlungsantrages wurde begründend ausgeführt, ein Guthaben eines Abgabenpflichtigen entstünde für diesen dann, wenn auf seinem Steuerkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteige. Ein sich aus der kontokorrentmäßigen Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes Guthaben sei in erster Linie nach § 215 zur Tilgung allfälliger Abgabenschulden zu verwenden. Ein danach verbleibendes Guthaben sei nach Maßgabe des § 239 BAO an den Abgabepflichtigen zurückzuzahlen. Diese Rückzahlung könne auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Im vorliegenden Fall habe auf dem Abgabenkonto des Bf. zum Zeitpunkt der elektronischen Stellung des Rückzahlungsantrages am kein Guthaben bestanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei einem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweise. Im Fall eines Rückzahlungsantrages sei grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheine (vgl. z.B. ).
Bezüglich des Abrechnungsbescheides wurde auf die Beschwerdevorentscheidung vom und auf das noch offene Verfahren beim BFG verwiesen. Hinsichtlich des Mehrkindzuschlages 2017 in Höhe von 240,00 € wurde darauf hingewiesen, dass die Auszahlung dieses Zuschlages am auf das bei der Abgabenbehörde in den Grunddaten des Bf. gespeicherte Bankkonto erfolgt sei. Eine Aufrechnung des Mehrkindzuschlages 2017 mit den noch offenen Abgabenforderungen sei somit nicht erfolgt.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde das Beschwerdevorbringen aufrechterhalten. Ein ergänzendes Vorbringen wurde nicht erstattet.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Über das Vermögen des Bf. wurde mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***1***, GZ. ***3***, ein Konkursverfahren eröffnet. Nach Verteilung einer Konkursquote von 4,8% wurde der Konkurs mit Gerichtsbeschluss vom ***4*** aufgehoben. Mit Gerichtsbeschluss vom ***5*** wurde die Rechtskraft der Konkursaufhebung bestätigt.
Aus der mit Bescheid vom durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung 2016 resultierte aufgrund erstattungsfähiger Negativsteuern gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 (Alleinverdienerabsetzbetrag plus Sozialversicherungsbeiträge) eine Gutschrift in Höhe von -963,00 €. Am wurde das Abgabenkonto des Bf. mit aushaftenden Konkursforderungen in Höhe dieser Gutschrift belastet.
Mit Bescheid vom wurde ein Mehrkindzuschlag für 2017 mit einer Gutschrift in Höhe von 240,00 € festgesetzt. Mit selben Datum wurde diese Gutschrift auf ein Bankkonto des Bf. überwiesen.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***6***, GZ. ***7***, wurde wiederum über das Vermögen des Bf. ein Konkursverfahren eröffnet. Mit Gerichtsbeschluss vom ***8*** wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Mit Gerichtsbeschluss vom ***9*** wurde die Rechtskraft der Konkursaufhebung bestätigt.
Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die seitens des Finanzamtes übermittelten Aktenteile und auf eigene Recherchen im Abgabeninformationssystem.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.
Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.
Gemäß § 239 Abs. 1 erster Satz BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Gemäß § 290 Abs. 1 Z 9 EO sind Forderungen auf die gesetzliche Familienbeihilfe einschließlich Mehrkindzuschlag und Schulfahrtbeihilfe sowie die nach den jeweils geltenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern auszuzahlenden Absetzbeträge unpfändbar.
Gemäß § 293 Abs. 3 EO ist die Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil der Forderung, abgesehen von den Fällen, wo nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind, nur zulässig zur Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhange stehenden Gegenforderung oder einer Schadenersatzforderung, wenn der Schade vorsätzlich zugefügt wurde.
Eine positive Erledigung eines Rückzahlungsantrags hat nach dem Gesetzeswortlaut des § 239 Abs. 1 BAO zur Voraussetzung, dass das Abgabenkonto zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Guthaben ausweist. Ein solches Guthaben entsteht dann, wenn die Summe aller Gutschriften auf dem Abgabenkonto die Summe aller Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht (; ). Dabei kommt es nicht auf die Gutschriften bzw. die Lastschriften an, welche die Abgabenbehörden nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätten durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften und Lastschriften.
Sowohl zum Zeitpunkt der elektronischen Stellung des Rückzahlungsantrages am als auch zum nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes maßgeblichen Zeitpunkt der bescheidmäßigen Absprache über diesen Antrag (siehe dazu ; ; , sowie ; davon abweichend ; , und , wonach für den Bestand eines Guthabens auf den Zeitpunkt des Rückzahlungs- bzw. des Umbuchungsantrages abzustellen ist) hat das Abgabenkonto des Bf. kein Guthaben ausgewiesen, sodass schon deshalb der Beschwerde gegen den das Rückzahlungsansuchen abweisenden Bescheid nicht Folge zu geben war.
In Wahrheit bestand Streit darüber, ob die Aufrechnung (Buchungsdatum ) der sich aus der Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2017 (Einkommensteuerbescheid vom ) ergebenden Gutschrift mit aushaftenden Konkursforderungen rechtmäßig war, oder ob, wie vom Bf. eingewendet, die betreffende Gutschrift von der Abgabenbehörde zu Unrecht einbehalten wurde.
Wie das Finanzamt im angefochtenen Bescheid sowie in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausführt, sind nach Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses zwingend die abgabenrechtlichen Verrechnungsbestimmungen anzuwenden. Danach ist gemäß § 215 Abs. 1 BAO ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen grundsätzlich unabhängig vom Entstehungsgrund des Abgaben(gutschrifts)anspruches zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabenpflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.
Bedacht zu nehmen ist allerdings auf die Sonderbestimmung des § 293 Abs. 3 EO, die auch dem Beschwerdevorbringen, wonach die Verrechnung wirtschaftlich einer Pfändung gleichkommt, Rechnung trägt. Auf diese Norm, laut der unter anderem die abgabenrechtlichen Verrechnungsbestimmungen für gemäß § 290 Abs. 1 EO unpfändbare Forderungen nur in Ausnahmefällen anzuwenden sind (siehe dazu auch Rz 811 der Richtlinien für die Abgabeneinhebung [RAE], wo jedoch nur für Mietzinsbeihilfenansprüche nach § 107 EStG 1988 die Aufrechnungsfähigkeit verneint wird) wird auch bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 215 Anm 12, sowie bei Ritz, BAO6, § 215 Tz 8, verwiesen. Dazu gehören gemäß § 290 Abs. 1 Z 9 EO Ansprüche auf Familienbeihilfe (§ 27 Abs 2 FamLAG), der Familien-(Mehrkind-)Zuschlag (§ 9c FamLAG), die Schulfahrtbeihilfe (§ 30i Abs 1 FamLAG) sowie die nach den jeweils geltenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern auszuzahlenden Absetzbeträge. Unter letzteren sind der Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs. 3 EStG 1988) und der Unterhaltsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988) zu verstehen, weil durch diese beiden Absetzbeträge die gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber haushaltszugehörigen bzw. nicht haushaltszugehörigen Kindern abgegolten werden sollen (siehe dazu z.B. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 33 Rz 20 und Rz 75). Nicht unter die gemäß § 290 Abs. 1 Z 9 EO unpfändbaren Forderungen fallen der Familienbonus plus, der nach den ErlRV "weder einen Beitrag des Staates zum Unterhalt der Kinder dar[stellen], noch […] die Kinderlasten ab[decken] soll" (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 33 Rz 30), der Alleinverdienerabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988), weil dieser die gesetzliche Unterhaltspflicht des verdienenden Ehepartners gegenüber dem nicht oder gering verdienenden Ehepartner bzw. dem eingetragenen Partner nach dem EPG abgelten soll (siehe dazu z.B. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 33 Rz 50) und der Alleinerzieherabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988), der der Einschränkung des Alleinerziehers im Erwerbsleben Rechnung tragen soll (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 33 Rz 65).
Während also der in § 290 Abs. 1 Z 9 EO explizit als unpfändbar benannte Mehrkindzuschlagsanspruch in Höhe von 240,00 € aufgrund von § 293 Abs. 3 EO nicht mit aushaftenden Konkursforderungen verrechnet wurde, war eine Verrechnung des zu einem großen Teil auf den Alleinverdienerabsetzbetrag zurückzuführenden "negativen Abgabenanspruches" gemäß § 215 Abs. 1 BAO mit solchen Forderungen deshalb verpflichtend vorzunehmen, weil der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zu den unpfändbaren Forderungen gemäß § 290 Abs. 1 Z 9 EO zählt. Denn hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch jene Absetzbeträge des § 33 EStG 1988, die wie der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht die Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern bezwecken, zu den unpfändbaren Forderungen gemäß § 290 Abs. 1 Z 9 EO zählen, wäre diese Norm nach Auffassung des BFG wie folgt formuliert worden: "….sowie die nach den jeweils geltenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen auszuzahlenden Absetzbeträge…." Der Passus "gegenüber Kindern" in § 290 Abs. 1 Z 9 EO wäre also entfallen.
Der Beschwerde zum Erfolg verhelfen kann auch nicht der Einwand der Gläubigerbenachteiligung, weil einzig die Abgabenbehörde Kenntnis von den Negativsteuern gehabt hat und deshalb Abgabenschuldigkeiten mit diesen aufrechnen konnte. Denn abgesehen davon, dass es sich bei der Aufrechnung um keine Exekutionsmaßnahme handelt (siehe dazu z.B. ; ), kommt der Grundsatz des Verbotes der Gläubigerbenachteiligung auch einzig im Insolvenzverfahren zum Tragen. Zum Zeitpunkt der Aufrechnung war jedoch kein Insolvenzverfahren anhängig.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ist die Rechtslage aufgrund des eindeutigen Wortlautes der zitierten Gesetzesbestimmungen klar und eindeutig. In einem solchen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 290 Abs. 1 Z 9 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 293 Abs. 3 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 § 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 213 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100005.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at