Gebrauchsabgabe wegen Nutzung des öffentlichen Grundes durch Portalverkleidungen etc. Die Mieterin des Lokales und die Vermieterin des Lokales nützen beide diese Verkleidungen und sind daher Gesamtschuldner.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien MA 46 als Abgabenbehörde vom , MA 67-P82/246280-1/2018/SIA/SCJ, betreffend Gebrauchsabgabe für die Abgabenjahre 2017 und 2018 wegen des Gebrauches öffentlichen Grundes im Beisein der Schriftführerin R am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen den Abgabenbescheid betreffend Gebrauchsabgabe für die Jahre 2017 und 2018 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Gebrauchsabgabe für die Portalverkleidungen des Mietlokales schuldet und wenn ja für welchen Zeitraum.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Die Bf war in der Zeit vom bis Mieterin des Geschäftslokales an der angegebenen Adresse. Dieses Lokal verfügte über Portalverkleidungen, Rollbalkenkasten und Sonnenschutz, wofür öffentlicher Grund in Anspruch genommen wurde.
Die Abgabenbehörde stellte fest, dass öffentlicher Grund in Anspruch genommen wurde, ohne dass eine Gebrauchsbewilligung erteilt worden sei. Eine Gebrauchsbewilligung habe nur bis einschließlich 2015 bestanden. Die Abgabenbehörde, der Magistrat der Stadt Wien, forderte daher die Bf mit Schreiben vom auf, etwaige bestehende Bewilligungen zum Nachweis vorzulegen oder ein entsprechendes Ansuchen an die Magistratsabteilung zu übermitteln.
Die Bf kam dieser Aufforderung nicht nach.
Die Behörde erließ am einen Bescheid, in dem sie der Bf die Gebrauchsabgabe für die Jahre 2017-2018 in der Höhe von 790,60 Euro vorschrieb. Begründend wurde ausgeführt, dass nach § 9 Abs 1a Gebrauchsabgabegesetz derjenige, der öffentlichen Grund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, samt den dazugehörigen Anlagen einschließlich des Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes benutze, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis bewirkt zu haben, die Gebrauchsabgabe zu entrichten habe. Die Abgabe sei durch Bescheid festzusetzen. Die Abgabepflichtige nutze den öffentlichen Grund ohne Gebrauchserlaubnis. Sohin sei die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid wurde seitens der Bf Beschwerde erhoben. Die rechtsfreundliche Vertretung der Bf führte darin aus, dass es sich bei der Bf nicht um die abgabepflichtige Person im Sinne des § 9 Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG) handle. Die Bf sei bis und ab nicht Mieterin des Objektes gewesen, eine Abgabenfestsetzung für die Jahre 2017 und 2018 daher nicht gerechtfertigt. Während der Dauer des Mietverhältnisses seien die gegenständlichen Portalverkleidungen, Rollbalkenkasten und Sonnenschutzvorrichtungen nicht benutzt worden. Der bekämpfte Bescheid sei schon deshalb mit Rechtswidrigkeit behaftet, da die Bf den öffentlichen Grund nicht benutzt habe noch benutze. Die im Bescheid angeführten Portalverkleidungen etc. seien bereits vor Beginn des Mietverhältnisses errichtet worden und sei die Gebrauchsabgabe vom Eigentümer des Objektes vorschriftsgemäß entrichtet worden. Es handle sich daher um eine doppelte Verrechnung der Gebrauchsabgabe. Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Der Magistrat der Stadt Wien entschied mit teilweise stattgebender Beschwerdevorentscheidung vom . Auf Grund der verringerten Ausmaße der Portalverkleidungen werde die Gebrauchsabgabe für 2017 und 2018 jeweils mit 241,90 Euro und für den Sonnenschutz jeweils mit 46,30 Euro für 2017 und 2018, insgesamt daher mit 576,40 Euro zur ungeteilten Hand mit der Wohnungseigentümerin, für die die Gebrauchsabgaben in einem gesonderten Bescheid festgesetzt werden, festgesetzt.
Begründend führte der Magistrat aus, dass gemäß § 9 Abs 1a GAG derjenige, der öffentlichen Grund ohne Gebrauchserlaubnis benutze, die Gebrauchsabgabe gemäß dem angeschlossenen Tarif zu entrichten habe. Diese Regelung sei mit der Novelle des GAG im Jahr 2013 eingeführt worden. Den Materialien sei zu entnehmen, dass in Zukunft die Abgabepflicht auch an den bloßen Gebrauch von öffentlichem Grund anknüpfen solle. Es werde also darauf abgestellt, wem die Gegenstände, die in den Luftraum oder in die öffentliche Fläche ragten, einen Nutzen brächten. Die Bf habe als Mieterin Nutzen aus den Aufbauten gezogen. Ebenso habe die Vermieterin Nutzen aus den Aufbauten gezogen, da sie diese mit dem Lokal habe vermieten können.
Aus den Vorakten habe sich ein Hinweis auf Rückbauten des Portals ergeben, was durch einen Ortsaugenschein bestätigt worden sei. Deshalb sei der Abgabenbetrag verringert worden. Die Wohnungseigentümerin habe der Behörde einen Mietvertrag mit der Bf vorgelegt. Darin sei die Bezahlung von Strom, Gas, Internet, Fernsehen und Telefon geregelt gewesen, nicht die der Gebrauchsabgaben. Es werde daher die Gebrauchsabgabe sowohl der Bf als auch der Wohnungseigentümerin zu ungeteilten Hand vorgeschrieben.
Gemäß § 11 Abs 3 GAG sei die Jahresabgabe für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten. Abgabenjahr sei das Kalenderjahr. Es sei daher nicht relevant, dass die Bf nicht während des gesamten Jahres Mieterin gewesen sei. Der Einwand, dass gegenüber der Vermieterin die Gebrauchsabgabe festzusetzen sei, vermöge an der Abgabenverpflichtung der Bf nichts zu ändern, weshalb die Vorschreibung zur ungeteilten Hand aufrecht zu erhalten sei.
Die Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht. Die Beschwerdevorentscheidung werde wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.
Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde handle es sich bei der Bf nicht um die abgabepflichte Person im Sinne des § 9 GAG, da die Bf für die Dauer des Mietverhältnisses die Portalverkleidungen samt Sonnenschutz etc nicht benutzt habe. Wenn daher bei Begründung der Abgabepflicht darauf abgestellt werde, wem die Gegenstände einen Nutzen gebracht hätten, so ergebe sich, dass die Bf nicht zu dem Kreis der abgabepflichtigen Personen gemäß § 9 GAG zähle. Die Abgabepflicht treffe lediglich die Wohnungseigentümerin, welche die gegenständlichen Verkleidungen etc bereits vor Beginn des Mietverhältnisses errichtet habe. Gemäß der Auskunft der Wohnungseigentümer werde die Gebrauchsabgabe von dieser vorschriftsgemäß entrichtet, sodass es sich bei dem bekämpften Bescheid um eine Doppelverrechnung handle.
Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
In der durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde von der Vertreterin der Behörde ausgeführt, dass gegenüber der Vermieterin des Lokals die Gebrauchsabgabe mit Bescheid vom vorgeschrieben worden sei. Dieser Bescheid sei nachweislich zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Darüber hinaus gab es kein weiteres Vorbringen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Bf nutzte von Juli 2017 bis Mai 2018 als Mieterin das Geschäftslokal in 1210 Wien, Straße.
Dieses Geschäftslokal verfügt über Portalverkleidungen und Sonnenschutzeinrichtungen, welche in den öffentlichen Raum ragen. Diese Verkleidungen bestehen aus einem Rollbalkenkasten von 12,20 Meter Länge und einer Portalverkleidung von 8,40 Meter Länge und 3 Meter Höhe, das ergibt 26 Quadratmeter Schaufläche.
Gleichermaßen nutzt auch die Vermieterin des Geschäftslokales die damit verbundenen Portalverkleidungen und Sonnenschutzeinrichtungen im Wege der Vermietung. Auch sie nutzt den öffentlichen Raum.
Mit Bescheid vom wurde der Bf die Gebrauchsabgabe für die betreffenden Vorrichtungen für die Jahre 2017 und 2018 vorgeschrieben.
In der Beschwerdevorentscheidung gab die Behörde an, dass auch gegenüber der Wohnungseigentümerin die Gebrauchsabgabe festgesetzt wurde.
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:
Nach § 9 Abs 1a GAG 1966 in der Fassung LGBl Nr 61/2016 hat derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.
In den erläuternden Bemerkungen zum LGBl 11/2013, mit dem diese Bestimmung eingeführt wurde, wird dazu ausgeführt, dass in Zukunft die Abgabepflicht auch an den bloßen Gebrauch von öffentlichem Grund der Gemeinde anknüpfen soll. Wie in anderen Bereichen üblich (z.B. Parkometerabgabe) soll die Abgabe auch für den Zeitraum, in welchem öffentlicher Grund ohne Gebrauchserlaubnis benützt wird, vorgeschrieben werden. Festgestellt wird auch, dass wenn für ein und denselben Gebrauch in ein und demselben Zeitraum ein Antrag auf Gebrauchserlaubnis gestellt und bewilligt wird, die vom Antragsteller bereits nach diesem Absatz entrichtete Gebrauchsabgabe anzurechnen ist.
Die Gebrauchsabgaben nach Tarifpost B sind Jahresabgaben je begonnenem Abgabenjahr.
Unter Tarifpost B Punkt 2 sind Rollbalkenkästen und einziehbare ……. Sonnenschutzvorrichtungen erfasst, unter Tarifpost B Punkt 3 Ladenvorbauten und portalartige Verkleidungen.
Die Gebrauchsabgabe beträgt für Vorrichtungen nach Punkt 2 für den ersten begonnenen Längenmeter 15,10 Euro, für jeden weiteren begonnenen Längenmeter 2,60 Euro in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung, LGBl Nr 61/2016.
Für Vorrichtungen nach Punkt 3 beträgt die Gebrauchsabgabe in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung für den ersten begonnenen Quadratmeter 15,10 Euro, für jeden weiteren begonnenen Quadratmeter 6,30 Euro, LGBl Nr 61/2016 .
Gemäß § 11 Abs 3 GAG 1966 idF LGBl Nr 61/2016 ist die Jahresabgabe für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten; Abgabenjahr ist das Kalenderjahr. Für das begonnene Abgabenjahr, für das die Gebrauchserlaubnis erteilt wurde, wird die Abgabe mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheides bzw des gesonderten Abgabenbescheides fällig; für jedes spätere Abgabenjahr ist die Abgabe jeweils bis 31. Jänner im Vorhinein zu entrichten.
Gemäß § 6 Abs 1 BAO sind Personen, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).
Wesen der Gesamtschuld ist, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Dem Gläubiger steht insgesamt jedoch nur einmal die Befriedigung seiner Ansprüche zu. Ist die gesamte Schuld (zB durch einen der Gesamtschuldner) entrichtet, so erlischt das Gesamtschuldverhältnis.
Im Abgabenrecht liegt die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern im Ermessen (§ 20) des Abgabengläubigers.
Es liegt im Ermessen der Behörde,
• ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will,
• weiters ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder dem gesamten offenen Betrag erfolgt sowie
• der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner.
Bei der Ermessensübung sind das Wesen und der Zweck von Gesamtschuldverhältnissen zu beachten. Insbesondere werden daher von Bedeutung sein: die Intensität der Bindung und Gemeinsamkeit, die in der Folge zur Gesamtschuld führte; die jeweilige Situation, die das Gemeinschuldverhältnis auslöste; die Besonderheiten der Tatbestandsverwirklichung (etwa Zufall, Versehen, Irrtum oder Absicht usw); ferner das Ausmaß der Verantwortlichkeit des einzelnen, aber auch das Ausmaß der Vorteile (Bereicherung), die aus den die Gesamtschuld auslösenden Gemeinsamkeiten oder den beiderseitigen Rechtsbeziehungen von den einzelnen geschöpft werden.
Das vertragliche Innenverhältnis ist bei der Ermessensübung von Bedeutung. Bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei einem Gesamtschuldner bleibt für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners kein Spielraum für die Ermessensübung.
Die Ausübung des Ermessens ist entsprechend zu begründen. Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen so weit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Nach der Bestimmung des § 9 Abs 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 idgF schuldet jeder, der öffentlichen Raum nutzt, die Gebrauchsabgabe. Benutzen ist dabei dahingehend zu verstehen, dass es nicht darauf ankommt, ob der Betreffende den öffentlichen Raum tatsächlich zu seinem Vorteil in Anspruch nimmt, sondern lediglich darauf, dass ihm die Nutzung durch vorhandene, untrennbare Vorrichtungen, die den öffentlichen Raum in Anspruch nehmen, jederzeit möglich ist und er aus rechtlichen oder vertraglichen Gründen über die Nutzung dieser Vorrichtungen entscheiden und bestimmen kann. So ist beispielsweise für die Aufstellung eines Containers auf öffentlichem Grund eine Gebrauchsabgabe zu entrichten, selbst wenn nichts in den Container eingefüllt und er nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne leer wieder abtransportiert wird. Dies allein deshalb, weil durch sein Aufstellen öffentlicher Grund benutzt wurde.
Gleiches gilt auch für die vorhandenen Portalverkleidungen und Sonnenschutzeinrichtungen. Selbst wenn sie die Bf tatsächlich im Einzelnen nicht genutzt hat, standen sie ihr zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung und beanspruchten öffentlichen Raum. Aus diesem Grunde schuldet die Bf als Mieterin der streitgegenständlichen Aufbauten die Gebrauchsabgabe.
Dass auch die Vermieterin den gleichen Tatbestand erfüllt und daher auch die Gebrauchsabgabe schuldet, vermag die Bf nicht zu befreien. In diesem Falle schulden wie in § 6 BAO geregelt beide Abgabepflichtige die gleiche Abgabe und werden dadurch für die Gebrauchsabgabe zu Gesamtschuldnern.
Wer nun im Innenverhältnis verpflichtet ist, die Gebrauchsabgabe wirtschaftlich zu tragen, ist eine Frage, die im Rahmen des privatrechtlichen Schuldverhältnisses zu klären ist. Diese Frage ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens.
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses steht es dem Abgabengläubiger frei, welchen Gesamtschuldner er in Anspruch nehmen möchte. Jedoch muss er diese Entscheidung im Rahmen des Ermessens treffen und seine Ermessensübung begründen.
Ermessensentscheidungen müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben.
Im vorliegenden Fall hat die Abgabenbehörde das Ermessen wie folgt geübt:
Der Anforderung der Zweckmäßigkeit hat die Behörde entsprochen, indem sie alle Abgabepflichtigen gleich behandelt. Sie hat auch im vorliegenden Fall so wie in allen anderen Fällen grundsätzlich die Bf als Mieterin in erster Linie als Schuldnerin der Gebrauchsabgabe in Anspruch genommen.
Die Inanspruchnahme war auch zweckmäßig, da die Bf als Mieterin des Geschäftslokales die Nutzerin des öffentlichen Grundes war.
Darüber hinaus war bei der Bf keine Uneinbringlichkeit der Abgabe gegeben. Das Interesse der Behörde an der Abgabeneinbringung wurde damit gewahrt.
Die Inanspruchnahme der Bf, die sich aus den angeführten Gründen als zweckmäßig erwies, verstieß auch nicht gegen die Billigkeit. Da im Mietvertrag die Gebrauchserlaubnis nicht erwähnt wurde und auch keine Regelung getroffen wurde, wer im Innenverhältnis der Vertragsbeziehung die Gebrauchsabgabe zu tragen habe, konnte die Bf nicht auf das Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis vertrauen und vorbehaltlos davon ausgehen, dass die Vermieterin diese Abgabe tragen würde.
Die Ermessensübung ist nachvollziehbar. Eine Überschreitung des Ermessens zum Nachteil der Bf ist nicht ersichtlich.
Die Gebrauchsabgabe ist als Jahresabgabe ist für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten, unabhängig davon, ob der öffentliche Grund im gesamten Kalenderjahr in Anspruch genommen wurde.
Die Bf beanspruchte den öffentlichen Grund im Jahr 2017 für fünfeinhalb Monate und im Jahr 2018 für vier Monate. Die Vorschreibung der Jahresabgabe für die Jahre 2017 und 2018 erfolgte damit zu Recht.
Höhe der Gebrauchsabgabe, Berechnung:
Hinsichtlich Höhe der Abgabe stellte sich im Zuge des Verfahrens heraus, dass die Behörde bei ihrem Erstbescheid und auch noch bei der Beschwerdevorentscheidung von einer unrichtigen Länge und Höhe der Portalverkleidungen ausgegangen ist. Aus diesem Grunde ist die Abgabe unter Berücksichtigung der tatsächlichen Ausmaße, wie sie im Sachverhalt festgestellt wurden, neu zu berechnen:
Bei einer Schaufläche von 26 m2 ergibt sich laut Tarifpost B Punkt 2 eine Abgabe von 172,60 Euro pro Kalenderjahr (15,10 € für den ersten m2 und 6,30 € pro m2 für die weiteren 25 m2) und für den Rollbalkenkasten bei 12,20 m Länge laut Tarifpost B Punkt 2 eine Abgabe von 46,30 Euro (15,10 € für den ersten Längenmeter und 2,60 € pro Längenmeter für die weiteren 12 m), insgesamt daher pro Kalenderjahr eine Gebrauchsabgabe von 218,90 Euro pro Jahr.
Die Höhe der Gebrauchsabgabe beträgt für die Kalenderjahre 2017 und 2018 jeweils 218,90 Euro, insgesamt daher 437,80 Euro für beide Jahre.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht auf Grund des klaren Wortlaut des Gesetzes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor.
Aus diesem Grunde war die Revision als unzulässig zu erklären.
Das Antragsformular samt Vermögensbekenntnis kann beim Verfassungsgerichtshof/Verwaltungsgerichtshof elektronisch (jedoch nicht per E-Mail), postalisch oder persönlich eingebracht werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400077.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
RAAAC-26002