Mit der Auflösung ("dissolution") ist eine Limited beendet
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, Adresse_BF1, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG, Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
Die A-KG betrieb im Streitzeitraum in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft an der Adresse Adresse_A-KG, eine Pizzeria.
Im Zuge einer die Jahre 2010 bis 2012 umfassenden gemeinsamen Prüfung der Lohnabgaben wurde der bei einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO für die Streitjahre festgestellte Lohnaufwand in folgender Höhe den Bemessungsgrundlagen für die Lohnabgaben hinzugerechnet:
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2010 | 2011 | 2012 |
64.350,52 € | 153.134,99 € | 125.153,55 € |
Das Finanzamt folgte dieser Feststellung erließ die nunmehr streitgegenständlichen Haftungs- und Abgabenbescheide. Die Adressierung dieser Bescheide wurde wie folgt vorgenommen:
A-KG
z.H. R S
[...]
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, der Behörde sei bekannt gewesen, dass die involvierten Personen als ortsabwesend gemeldet gewesen seien und daher von einer Prüfungsabsicht der lohnabhängigen Abgaben erst wesentlich später informiert hätten werden können. Es würden nun die nötigen Lohnunterlagen nachgereicht und werde der Antrag auf eine mündliche Anhörung gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , die an die A-KG, z.H. Frau R T, Adresse_BF1, adressiert ist, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt aus, es sei zwar eine Ortsabwesenheit für das Ehepaar T und S R für die Zeit vom bis bei der Post angemerkt gewesen, aber ein Prüfer der WGKK habe Herrn S R am im Lokal L angetroffen. Ermittlungen des Finanzamtes zufolge würde sich das Ehepaar ortsabwesend melden, tatsächlich aber sowohl am Wohnort als auch am Betriebsort anwesend sein. Die in der Beschwerde angekündigte Nachreichung von "Lohnunterlagen" sei bis dato nicht erfolgt.
In weiterer Folge wurde wie folgt ein Vorlageantrag eingebracht:
T R (A-KG)
Adresse_BF1
Darin führte sie aus,
• Ihre Wohnadresse sei unverändert Adresse_BF1 und nicht Adresse,
• für T R sei vom bis eine Ortsabwesenheit aufrecht gewesen, da sie über einen längeren Zeitraum nachweislich krank und in ärztlicher Behandlung gewesen und ihr untersagt worden sei, Erledigungen wahrzunehmen. Es sei daher auszuschließen, dass sie im genannten Betrieb tätig gewesen sei.
• In der Beschwerdevorentscheidung werde Frau T R als Vertreterin der Beschwerdeführerin genannt. Dies sei aber unrichtig, weil sie als Kommanditistin im Firmenbuch eingetragen sei und ihr bei der Berufung gegen die Feststellungsbescheide die Parteistellung aberkannt worden sei. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung sei daher nicht rechtswirksam.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag liegt nicht vor (siehe Konkursakt ******, Seite 49).
Laut Firmenbuchauszug (FN 1111) fungierten als unbeschränkt haftende Gesellschafter der Beschwerdeführerin:
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Von | Bis | |
S R | ||
ME | ||
C_Ltd (Nummer) | ----------------- |
Als Kommanditistin fungierte Frau T R, die auch die gewerberechtliche Geschäftsführung innehatte.
Die C_Ltd (Nummer), etabliert in Adresse_C-Ltd, wurde laut einem Auszug aus dem englischen Handelsregister (siehe Konkursakt ******, Seite 67 ff) am eingetragen und am aufgelöst ("dissolved"). Als Director fungierten folgende Personen/Gesellschaften:
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Appointed (ernannt/bestellt) | Resigned (ausgeschieden) | |
R S | ||
AD | ||
X-Ltd | --------------- | |
WP | ---------------- |
Die nach der GPLA ergangenen Bescheide waren wie folgt adressiert:
A-KG
z.H. R S
[...]
2. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Konkursakt ****** befindlichen Unterlagen, den Firmenbuchauszug FN 1111 sowie die im Akt befindlichen Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)
3.1.1. Betreffend Bescheidadressat
Nach der Bestimmung des § 131 Z 4 iVm § 161 UGB wird eine Kommanditgesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst.
Die Auflösung der juristischen Person ist nach herrschender Lehre dem "Tod" iSd § 131 Z 4 UGB gleichzuhalten (vgl. Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch-UGB, § 131 Rz 15).
Auch der OGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Löschung einer Limited im Register nach dem englischen Recht konstitutiv wirkt; die Beendigung ("dissolution") bewirkt, dass die Existenz der Gesellschaft als Rechtsträger (juristische Person) aufhört und die Vertretungsbefugnisse enden (vgl. und die dort weitere angeführte Judikatur und Lehrmeinungen).
Mit der Auflösung der C_Ltd (Nummer) am wurde die Existenz dieser Gesellschaft als Rechtsträger beendet und erloschen die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vertretungsbefugnisse. Damit fiel der einzige Komplementär weg und es verblieb nur noch die Kommanditistin als einzige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin.
Gemäß § 142 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Diesfalls geht das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über. Bei Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Rechtsvorgängers.
Umgelegt auf den zu beurteilenden Sachverhalt und die Adressierung der angefochtenen Bescheide ist daher davon auszugehen, dass diese an die Kommanditistin als Rechtsnachfolgerin der Beschwerdeführerin und nicht an die Beschwerdeführerin zu adressieren gewesen wären. Es handelt sich daher bei den angefochtenen Bescheiden um Nichtbescheide.
3.1.2. Betreffend Unwirksamkeit der angefochtenen "Bescheide"
Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter sind als unzulässig zurückzuweisen (Ritz, BAO6, § 260 Tz 8, mit weiteren Nachweisen).
Kein Bescheid liegt z.B. vor, wenn die an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an keine Rechtsperson, sondern an eine nicht mehr existente Personengesellschaft gerichtet ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die gegen die als Haftungs- und Abgabenbescheide intendierten Schriftstücke eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die Bestimmung des § 274 Abs. 3 Z 1 BAO iVm § 274 Abs. 5 BAO abgesehen werden, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge der Zurückweisung im Fall einer Beschwerde gegen eine an eine nicht mehr existente Personengesellschaft gerichtete Erledigung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist daher zu verneinen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 161 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 131 Z 4 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102267.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at