Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Haftungsbescheid vom machte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die Beschwerdeführerin (Bf) als Haftungspflichtige gemäß § 6a KommStG für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in der Höhe von € 27.322,55 für den Zeitraum Jänner 2008 bis Jänner 2011 und gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in der Höhe von € 1.240,13 für den Zeitraum Jänner 2008 bis Dezember 2010 der ***2*** in Liquidation haftbar und führte zur Begründung wie folgt aus:
"Gemäß § 6a Abs. 1 des zitierten Kommunalsteuergesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Nach § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***3*** zur Zahl ***4*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin mangels Kostendeckung ein Konkursverfahren nicht eröffnet. Am wurde die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht. Der Rückstand ist bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.
Frau ***5*** war bis im Firmenbuch als Geschäftsführerin der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und hat weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.
Sie hat somit die ihr als Geschäftsführerin der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und ist daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht eingebracht werden kann.
Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da der Rückstand nach der Aktenlage bei der Primärschuldnerin uneinbringlich ist.
Der Rückstand setzt sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:
Rückstand Zeitraum Betrag in EUR
Kommunalsteuer 2008 5.199,74
Kommunalsteuer 2009 5.549,94
Kommunalsteuer 2010 16.058,37
Säumniszuschlag 16,65
Kommunalsteuer 1/11 488,09
Säumniszuschlag 9,76
Dienstgeberabgabe 2008 288,75
Dienstgeberabgabe 2009 263,81
Dienstgeberabgabe 2010 687,57
Summe 28.562,68
Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer wird auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, entrichtet werden. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so wird die Gesellschaft mangels anderweitiger Bestimmungen durch sämtliche Geschäftsführer vertreten.
Der Geschäftsführer kann sich nicht auf Unkenntnis seiner Steuerpflichten berufen. Wer als im Handelsregister eingetragener gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft am Wirtschaftsleben teilnimmt, hat sich, wenn ihm die entsprechenden Kenntnisse fehlen, diese in geeigneter Weise zu verschaffen ( 1335, 1459 - 1462/78, ÖStZB 270).
Mit der Bestellung einer Person zum Geschäftsführer wird dieser Person auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übertragen. Der Geschäftsführer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden; nimmt der Geschäftsführer die steuerlichen Agenden nicht selbst wahr, sondern überträgt sie an Dritte, wird er dadurch nicht vom Haftungsrisiko befreit. Insbesondere müssen Kontrollen so oft vorgenommen werden, dass dem Verantwortlichen Steuerrückstände nicht verborgen bleiben ().
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen (z.B. Hausbank) behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden ( ZI. 89/13/0143 oder ZI. 89/13/0142).
Ein Sachvorbringen, dass die Haftungspflichtige alles ihr Zumutbare getan habe, um die Behinderung in der Ausübung ihrer Funktion abzustellen, hat die Haftungspflichtige nicht erstattet."
Mit Beschwerde vom führte die Bf aus, dass es sich nur um eine Fehler handeln könne, sie sei nie Geschäftsführerin bei der Firma ***6*** gewesen.
Die Bf verweise auf (siehe Anlage) die anliegende Beschuldigteneinvernahme vom und das Verwaltungsprotokoll von .
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:
"Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBI. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Gemäß § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBI. Nr. 58/1906, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten haben.
Voraussetzungen für die Haftung sind also:
Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.
Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, steht nach der Aktenlage fest.
Weiters steht unbestritten fest, dass die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehört.
Ferner wird nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich sind.
Es ist ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden kann, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist.
In der Beschwerde wird angeführt, dass es sich nur um einen Fehler handeln könne, da die Beschwerdeführerin nie Geschäftsführerin der Firma ***6*** gewesen sei. Sie verweise auf eine Beschuldigteneinvernahme und ein Verwaltungsprotokoll.
Die vorgelegten Unterlagen beziehen sich auf ein Strafverfahren, in welchem die Beschwerdeführerin freigesprochen wurde. Bei den Einvernahmen gibt die Beschwerdeführerin an, dass sie bei der Firma ***7*** als Leiharbeiterin der Firma ***6*** gearbeitet hätte und nicht gewusst hätte, dass sie als Geschäftsführerin eingetragen worden wäre. Aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse hätte sie einige Unterlagen unterschrieben, sie hätte gedacht um legal arbeiten zu können. Die Beschwerdeführerin, Herr ***8*** und ein Dolmetscherin wären einmal bei einem Notar gewesen. Die Dolmetscherin hätte nur Teile übersetzt und angegeben, dass es für die legale Beschäftigung diene und die Beschwerdeführerin hätte die Unterlagen unterschrieben. Sie hätte nicht gewusst, dass sie als Geschäftsführerin bestellt werden solle. Sie hätte erstmals etwas davon erfahren, als sie Anfang 2012 zur Polizei vorgeladen worden wäre.
Dazu muss folgendes festgehalten werden:
Die Beschwerdeführerin war von bis als alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der ***2*** eingetragen. Sie war ebenso ab als Director der ***9***, die Gesellschafterin der ***2*** in Liquidation war, eingetragen. Nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin der ***2*** in Liquidation mit wurde sie am als Gesellschafterin der Primärschuldnerin eingetragen.
Ein für die Abgabenhaftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere auch dem Abgabengläubiger gegenüber, unmöglich macht ( ZI. 2010/16/0028).
Übernimmt er die Funktion eines Geschäftsführers als "pro forma Geschäftsführer'' ohne Dispositionsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen zu haben, ist er zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten tatsächlich nicht in der Lage. Ihn trifft deshalb ein haftungsbegründendes Verschulden für die Nichtentrichtung jener Abgaben, die während der Zeit anfallen, in der er als Geschäftsführer bestellt ist ( ZI. 96/14/0076).
Für das Verschulden ist es überdies nicht maßgebend, ob der Beschwerdeführer seine Funktion als Vertreter tatsächlich ausgeübt hat, sondern es kommt vielmehr darauf an, ob er als Geschäftsführer zum Vertreter der Primärschuldnerin bestellt war und ihm daher diese Funktion auszufüllen oblegen hätte (vgl. ZI. 89/17/0173).
Dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an ( ZI. 2013/16/0166).
Der Umstand, dass eine zum Geschäftsführer bestellte Person rechtsunkundig bzw. der deutschen Sprache nur mangelhaft mächtig ist, enthebt sie nicht dieser Obliegenheit, weil der Geschäftsführer einer GmbH nach der Rechtsprechung dafür einzustehen hat, dass er über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt.
Weder ein völliges Unterbleiben eines Strafverfahrens noch die Einstellung von Vorerhebungen oder einer Voruntersuchung noch ein freisprechendes Urteil des Strafgerichtes kann eine Bindung der Abgabenbehörde bei der Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen bewirken. Während der Tatbestand der Abgabenhinterziehung ein vorsätzliches Handeln erfordert, setzt die Haftung des Geschäftsführers eine bestimmte Schuldform nicht voraus ( ZI. 96/14/0076).
Dass die Beschwerdeführerin, die seit dem Jahr 2003 in Österreich aufrecht gemeldet ist, der deutschen Sprache gar nicht mächtig ist, kann nur als Schutzbehauptung gewertet werden, da laut Gesellschafterbeschluss weder Aktzeugen noch ein Dolmetscher bei der Unterfertigung des Gesellschaftsbeschlusses beim Notar anwesend waren.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihr die Erfüllung ihrer Pflichten unmöglich war.
Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Die Beschwerdeführerin hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird.
Auf Grund dieser Tatsachen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Mit Vorlageantrag vom brachte die Bf Folgendes vor:
"Wie ich bereits gegenüber dem Unabhängigen Verwaltungssenat der Stadt Wien angegeben habe und mit dem beigelegten Berufungsbescheid von , GZ: ***11*** 2-4, die freundlicherweise an Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, 1020 Wien, Karmelitergasse 9, Veranlassung und Zustellung der Bescheid Ausfertigung an mich; ***10***), Finanzamt Gänserndorf (Team Finanzpolizei), Bundesministerium für Arbeit, Bundesministerium für Finanzen und ***6*** ***13*** übermittelt worden ist.
Ich habe hinsichtlich auf meine Beschäftigungszeiten bei der Firma ***6*** ***13*** folgendes anzugeben:
Ich wurde zu keiner Zeit darüber Informiert, dass ich als Geschäftsführerin bestellt worden bin für diese Firma. Sehen Sie bitte meine Beschäftigungszeiten als Hilfskraft.
Diensteintritt ist laut Eintritts-Bestätigung der . Also kann ich in Jahr 2008 nicht als Geschäftsführerin fungiert haben.
Laut beigelegter Lohn-Gehaltabrechnung wurde ich als Hilfskraft angemeldet, was in Widerspruch zu Ihren Angaben steht, mal abgesehen davon sehe die Entlohnung für meine erbrachte Arbeit.
Ich ersuche recht freundlich, nach den tatsächlichen Schuldigen zu suchen, da ich persönlich aus dieser ganzen Angelegenheit nicht außer Stress und schwer bedingte Erkrankung und Operationen über mich ergehen lassen musste."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993), BGBl. Nr. 819/1993 idgF, haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.
Gemäß § 11 Abs. 2 erster Satz Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993), BGBl. Nr. 819/1993 idgF, ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.
Gemäß § 6 Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. für Wien Nr. 17/1970 idgF, hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.
Gemäß § 6a Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. für Wien Nr. 17/1970 idgF, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Laut Eintragung im Firmenbuch ist Bf von bis als selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Abgabepflichtigen eingetragen.
In der Beschwerde vom führte die Bf aus, dass es sich nur um einen Fehler handeln könne, sie sei nie Geschäftsführerin bei der Firma ***6*** gewesen.
Laut Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , ***12***, ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens davon auszugehen, dass die Bf vom wahren Machthaber der Firma ***6*** in Täuschungsabsicht dazu verleiten bzw. gedrängt wurde, eine Vollmacht und eine Bestellung zur Geschäftsführerin zu unterfertigen bzw. dieser zuzustimmen, ohne dass von der Bf - die nur rumänisch spricht und als Kartoffelarbeiterin eingesetzt und beschäftigt wurde - deren Inhalt verstanden wurde oder ihr bewusst geworden wäre, dass sie als Geschäftsführerin bestellt werden soll.
Da somit keine rechtswirksame Bestellung der Bf und auch kein Einlassungsverschulden, welches zumindest die grundsätzliche Kenntnis des Bestellten voraussetzt, dass er zum Geschäftsführer bestellt wird und dieser Bestellung mit seiner Unterschrift zustimmt, der Bf festgestellt werden konnte, wurde der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die ordnungsgemäße Bestellung der Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. von der Eintragung im Handelsregister unabhängig. Einer Person kann daher trotz anderslautendem Registerstand die Geschäftsführereigenschaft fehlen (; , 84/04/0037, 0043).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesen Erkenntnissen weiters ausgesprochen, dass sich die damals belangte Behörde nicht mit dem bloßen Hinweis darauf begnügen durfte, der damalige Beschwerdeführer sei deshalb als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der betreffenden Ges.m.b.H. zur jeweiligen Tatzeit anzusehen, weil er zu diesen Zeitpunkten im Handelsregister als Geschäftsführer derselben eingetragen war.
Da die belangte Behörde keine den Ergebnissen des Beweisverfahrens im Berufungsverfahren des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien entgegenstehenden Feststellungen über die Beschwerdebehauptung der Bf, sie sei nie Geschäftsführerin bei der Firma ***6*** gewesen, hat sie ihren Bescheid nach dem zuvor zitierten Erkenntnis des VwGH schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Mangels ordnungsgemäßer Bestellung als Geschäftsführerin erfolgte die Inanspruchnahme der Bf für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in der Höhe von € 27.322,55 und Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in der Höhe von € 1.240,13 der ***2*** mit Haftungsbescheid vom zu Unrecht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400068.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at