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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.11.2020, RV/7101498/2017

Die einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, sind in der Regel als den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttungen zugeflossen anzusehen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PKF CENTURION Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, Hegelgasse 8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 26. Jänner 1017 betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid 2010, Haftungs- und Abgabenbescheid 2011 und Haftungs- und Abgabenbescheid 2012 für Kapitalertragsteuer, Steuernummer ***StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***S*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen die im Spruch angeführten Bescheide betreffend die Jahre 2010 bis 2012 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt und die Bf in der Folge zur Haftung für Kapitalertragsteuer heranzuziehen ist.

Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:

Bei der Bf fand eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung wurden die Abgabenbemessungsgrundlagen geschätzt und ein Sicherheitszuschlag festgesetzt. Die Gewinnerhöhungen auf Grund des Sicherheitszuschlages wurden als verdeckte Gewinnausschüttung der Besteuerung mit der Kapitalertragsteuer unterzogen. Die Bf wurde für diese Kapitalertragsteuer mit den bekämpften Bescheiden zur Haftung herangezogen. Begründend wurde ausgeführt, dass bei einer Kapitalgesellschaft die Mehrgewinne aus nicht erklärten Erlösen eine verdeckte Ausschüttung darstellen und als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten sind. Der Mehrgewinn ist dabei nach dem Beteiligungsverhältnis aufzuteilen. Die Kapitalertragsteuer ist von dem zum Abzug Verpflichteten einzubehalten. Da eine Abfuhr der Kapitalertragsteuer von der Bf nicht erfolgt ist, hatte die Inanspruchnahme mittels Haftungsbescheid zu erfolgen.

Gegen diese Haftungsbescheide wurde Beschwerde erhoben.

Die Bf brachte darin vor, dass bei richtiger rechtlicher Würdigung keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, demzufolge könne die Vorschreibung durch Haftungsbescheide unterbleiben. Es werde daher die ersatzlose Behebung der Haftungsbescheide beantragt.

Die belangte Behörde entschied über die Beschwerde mit abweisender Beschwerdevorentscheidung.

Begründend führte die Behörde aus, dass die Abgabenbescheide, die infolge der Betriebsprüfung ergangen waren, im Zuge der Beschwerdevorentscheidung betreffend diese Bescheide abgeändert worden seien. Der Sicherheitszuschlag sei verringert worden. Diese Änderung sei bei den Haftungsbescheiden bereits berücksichtigt worden.

Die Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht erfolgte kein gesondertes Vorbringen zur Kapitalertragsteuer.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf betreibt einen Textileinzelhandel und Weiterverkauf an Marktführer.

Die Tageslosungen im Textileinzelhandel wurden in der Buchhaltung erfasst. Wie die Tageslosungen ermittelt wurden und ob diese vollständig erfasst wurden, konnte von der Betriebsprüfung nicht überprüft werden, da die dazu nötigen Unterlagen, auf Grund derer die Bf die Tageslosungssummen ermittelt hatte, nicht mehr vorhanden waren. Sie waren von der Bf nicht aufbewahrt worden.

Es waren keine Aufzeichnungen darüber vorhanden, welche Produkte zu den ursprünglich vorgesehenen Preisen verkauft wurden, welche reduziert verkauft wurden und welche nicht mehr in den Einzelhandelsgeschäften verkauft wurden, sondern zum Einstandspreis an Marktführer abgegeben wurden. Eine Nachkalkulation nach Produktgruppen war dadurch nicht möglich.

Die durchschnittlichen Rohaufschläge unterlagen im Prüfungszeitraum starken Schwankungen.

Auf Grund der fehlenden Überprüfbarkeit der erklärten Erlöse schätze die Behörde die Besteuerungsgrundlagen durch Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages und erhöhte damit die Gewinne im Streitzeitraum im Jahr 2010 um 8.175,50 Euro, im Jahr 2011 um 11.069,40 Euro und im Jahr um 20.851,20 Euro (Nettobeträge im Sinne der Beschwerdevorentscheidung).

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Warum das Bundesfinanzgericht die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer 2010 bis 2012 und damit die verdeckten Gewinnausschüttungen im Ausmaß der dazu ergangenen Beschwerdevorentscheidungen bestätigt hat, kann der Beweiswürdigung zur Umsatz- und Körperschaftsteuer entnommen werden. Diese gilt hier uneingeschränkt auch für die Bemessungsgrundlagen zur Kapitalertragsteuer.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:

Gemäß § 93 Abs 1 EStG wird die Einkommensteuer bei inländischen Kapitalerträgen (Abs 2) durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

§ 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:

Inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen vor:

Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs 2 EStG 1988), wenn sich die auszahlende Stelle im Inland befindet.

Gemäß § 27 Abs 2 Z 1 lit a EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 leg cit gehören.

Zu den "sonstigen Bezügen" iSd § 27 Abs 2 Z 1 lit a EStG zählen insbesondere die verdeckten (Gewinn-)Ausschüttungen (vgl Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 11 zu § 27). Verdeckte Ausschüttungen zählen zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 (vgl ).

Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl das hg Erkenntnis vom , 99/13/0108). Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben (vgl ).

Eine der Voraussetzungen der verdeckten Ausschüttung ist eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft. Dabei sieht es der Verwaltungsgerichtshof als zulässig an, aus den Umständen des betreffenden Falles, zumeist aus der offenkundigen tatsächlichen Vorteilsgewährung, auf die Absicht der Vorteilsgewährung zu schließen ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, in der Regel als den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttungen zugeflossen anzusehen (siehe etwa , 0263, vom , 97/14/0026, vom , 97/13/0241 und 0242, vom , 97/13/0173, vom , 97/14/0118, vom , 95/13/0069, VwSlg 7247 F/1998, vom , 93/15/0060, und vom , 92/13/0011, 94/13/0094 sowie , mwA).

Die einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, sind in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttungen zugeflossen anzusehen. Wird behauptet, diese Regel gelte im konkreten Fall nicht, so ist es Sache der Gesellschafter nachzuweisen, ihnen seien keine bzw in einem ihren Beteiligungsverhältnissen nicht entsprechenden Ausmaß verdeckte Ausschüttungen zugeflossen ().

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die vollständige Erfassung der Erlöse nicht überprüfbar war und deswegen einen Sicherheitszuschlag den Erlösen hinzugerechnet. Diese Mehrgewinne in Form der Sicherheitszuschläge sind als den Gesellschaftern zugeflossen zu betrachten, da auf Grund der Vorteilsgewährung auf die Absicht der Vorteilsgewährung geschlossen werden kann.

In der Beschwerde wird lediglich in allgemeiner Form vorgebracht, es seien die Voraussetzungen einer verdeckten Ausschüttung nicht gegeben. Diesen Standpunkt hat das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung betreffend die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 nicht geteilt. Das Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Das Finanzamt kann eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Hinblick auf den Gesellschaftern aus dem Vermögen der Gesellschaft zugewendete Vorteile, die u.a. aus im Wege von Sicherheitszuschlägen festgestellten Mehrgewinnen resultierten, zur Haftung für Kapitalertragsteuer heranziehen ().

Vor diesem rechtlichen Hintergrund war es nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde im Zusammenhang mit den verdeckten Ausschüttungen die Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 1 EStG 1988 ausgesprochen hat.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Wo sich die rechtliche Beurteilung nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes ergab, folgte das Bundesfinanzgericht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ; mwA).

Aus diesem Grund war die Revision für unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101498.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at