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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.11.2020, RV/1200024/2020

Aussetzung der Vollziehung nach Art. 45 UZK

Entscheidungstext

Im Namen der republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ***1***/2016, betreffend Aussetzung der Vollziehung, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Sammelbescheid vom setzte das Zollamt Verzugszinsen gemäß § 114 Abs. 1 UZK in Höhe von insgesamt € 402,79 für näher bezeichnete Abgabenschuldigkeiten fest.

Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin dagegen Beschwerde und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Einhebung ohne Anforderung einer Sicherheitsleistung.

Mit Bescheid vom , Zahl ***1***/2016, wies das Zollamt den Antrag zurück, weil mit Bescheid vom gleichen Tag ausgesprochen worden sei, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung von Verzugszinsen gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gelte und daher keine Beschwerde mehr bestehe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom Beschwerde und verwies begründend auf den Schriftsatz vom sowie bezüglich des Aussetzungsantrages auf die Schriftsätze vom , vom und vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ***2***/2016, wies das Zollamt ua. auch diese Beschwerde zurück, weil die Beschwerde keine Erklärungen über den Umfang der Anfechtung und keine Beschwerdeanträge enthalte.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom (irrtümlich mit datiert) den Vorlageantrag ein. Entgegen der Ansicht des Zollamtes gehe aus dem Schriftsatz vom klar und verständlich hervor, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde die Aufhebung des rechtswidrigen Bescheides über die Verzugszinsen vom begehre. Eine Beschwerde sei eine Willenserklärung, die auslegungsfähig sei. Was sonst wolle man mit einer Beschwerde gegen einen Abgabenbescheid erreichen. Der Bescheid vom , Zahl ***3***/2016, sei daher ohne Rechtsgrundlage und deshalb aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom zog die Beschwerdeführerin den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Mit Erkenntnis vom , GZ. RV/1200023/2020, hob das Bundesfinanzgericht den Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde nach § 85 Abs. 2 BAO betreffend die Festsetzung von Verzugszinsen auf.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Män-gel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Inhaltliche Män-gel liegen nur dann vor, wenn einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprüng-lich richtig eingebracht.

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Beschwerde
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet,
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und
d) eine Begründung zu enthalten.

Die Angabe der Beschwerdepunkte grenzt den Bereich ab, über den in der meritorischen Erle-digung der Beschwerde jedenfalls abzusprechen ist. Dem Inhaltserfordernis des § 250 Abs. 1 lit. b BAO wird zB ausreichend entsprochen, wenn der Bescheid "in seinem gesamten Umfang" angefochten wird (vgl. Ritz, BAO6, § 250 Tz 8, 10).

Dem Schriftsatz der Beschwerde vom ist zu entnehmen, dass der angefochtene Bescheid über die Zurückweisung des Aussetzungsantrages insgesamt als rechtswidrig angesehen wird. Die Anfechtung kann demnach nur auf die Aufhebung des Bescheides gerichtet sein. Der Beschwerdepunkt ist somit erkennbar.

Damit ist der Beschwerde aber auch hinreichend zu entnehmen, welche Änderungen beantragt werden. Die Beschwerde zielt auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheides in seinem gesamten Umfang ab.

Die Zurückweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ***2***/2016, weil in der Beschwerde keine Erklärung enthalten sei, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden, erweist sich somit als rechtswidrig.

Damit hat das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zahl ***1***/2016, betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung abzusprechen.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom , (Zollkodex der Union - UZK) hat die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung keine aufschiebende Wirkung.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. setzen die Zollbehörden jedoch die Vollziehung einer Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.

Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) gelten ua das in § 1 genannte Zollrecht sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften, soweit sie sich auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren beziehen, weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstigen Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Das Bundesfinanzgericht hat grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (vgl. Ritz, BAO6 § 279 Tz 31 ff, mwH). Daher sind Veränderungen des Sachverhaltes idR zu berücksichtigen ().

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis vom , GZ RV/1200023/2020, die die Zurücknahme der Beschwerde betreffend die Festsetzung von Verzugszinsen aufgehoben. Die Beschwerde ist dadurch wiederum unerledigt. Da das Bundesfinanzgericht die Aufhebung des Bescheides über die Zurücknahme zu berücksichtigen hat, erweist sich der hier angefochtene Bescheid über die Zurückweisung des Aussetzungsantrages wegen Nichtvorliegens einer Beschwerde als rechtswidrig (vgl. auch ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Ein Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 45 Abs. 2 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200024.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at