Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2020, RV/4100729/2019

Kosten einer Umschulung (BFI Kurs) zur Seniorenanimateurin als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde der Bf, Adr1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach, dieses vertreten durch HR Mag. S, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) machte in ihrer Arbeitnehmerveranlagungserklärung 2014 u.a. Aufwendungen für einen BFI-Kurs iHv € 1.861,00 sowie mit dem Aufsuchen des Kursortes zusammenhängende Reisekosten iHv € 1.868,16 als Werbungskosten geltend.

Mit Vorhalt vom forderte die Abgabenbehörde die Bf auf, die geltend gemachten Werbungskosten durch geeignete Belege ("Zahlungsbelege, Teilnehmerbestätigungen, Stundentafeln, Fahrtenbuch, etc.") nachzuweisen sowie darzulegen, ob ein Zusammenhang zwischen den anerlaufenen Aufwendungen mit dem ausgeübten Beruf bestehe.

In Beantwortung des Vorhaltes teilte die Bf dem Finanzamt mit, dass der Grund für die Teilnahme am Kurs, welcher die Ausbildung zur Seniorenanimateurin zum Inhalt hatte, "das Bedürfnis nach beruflicher Veränderung" gewesen sei. Weiters übermittelte die Bf eine Aufstellung der Kurskosten samt Einzahlungsbestätigungen sowie der damit zusammenhängenden Fahrtkosten.

Im nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 (ANV) blieb den angeführten Aufwendungen der Werbungskostenabzug zur Gänze versagt.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde führte die Bf aus, dass es sich bei den strittigen Aufwendungen um Kosten im Zusammenhang mit einer am BFI in Ort1 absolvierten Ausbildung zur Seniorenanimateurin handle. Den Nachweis über die ihr erwachsenen Kosten habe sie bereits per Datum erbracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegenständliche Berufung als unbegründet ab. In der Bescheidbegründung führte die Behörde aus, dass die beantragten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilnahme am BFI-Kurs Kosten einer Umschulung darstellen würden. Der Zweck einer Umschulung bestehe darin, eine andere Berufstätigkeit wie bisher auszuüben bzw. eine solche ausüben zu wollen. Es sei daher erforderlich, dass der/die Steuerpflichtige einen konkreten Berufswechsel - nämlich die Ausübung einer anderen Haupttätigkeit - anstrebe. Für den angestrebten Berufswechsel hätten allerdings Gründe vorzuliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (bspw. Arbeitslosigkeit, Gefährdung der weiteren Einkünfteerzielung im bisherigen Beruf, Verbesserung der Berufschancen oder Verdienstmöglichkeiten durch die Umschulung). Derartige Gründe seien für das Finanzamt im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Darüber hinaus sei es in Ansehung der mit Datum erfolgten Pensionierung der Bf ungewiss, ob es je zu einem tatsächlichen Berufswechsel kommen würde.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Begründend führte diese aus, dass die von der Behörde angenommene "Hypothese", wonach aufgrund ihrer Pensionierung per ein Berufswechsel als ungewiss zu betrachten sei, nicht zutreffe. Gerade die bevorstehende Pensionierung bzw. die damit verbundenen Einkommenseinbußen - als Mutter von zwei Kindern sei es ihr nicht möglich gewesen vierzig volle Beitragsjahre anzusammeln - seien der Grund für die Absolvierung des Kurses gewesen. Der Umstand, dass eine Dienstnehmerin auf ihre Kosten und neben der beruflichen Tätigkeit eine Ausbildung auf sich nehme, welche über ein halbes Jahr andauere und sämtliche Wochenenden belege, stelle wohl mehr als eine bloße Absichtserklärung dar. Die Notwendigkeit, die im Kurs erworbenen Kenntnisse beruflich zur Verbesserung der Einkommenssituation einzusetzen, sei nach wie vor gegeben.

Das Finanzamt legte die gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht dazu wörtlich aus.

"Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs 1 Z 10 EStG zählen dazu auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen sind dann abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglichen, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Das Wesen einer Umschulung besteht in einem Berufswechsel unter Beendigung der bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit mit dem Ziel der Erlangung einer neuen wirtschaftlichen Existenzgrundlage (vgl. GZ. RV/0011-G/08). Aufwendungen für einzelne Kurse oder Kursmodule für eine nicht verwandte berufliche Tätigkeit sind nicht abzugsfähig (zB Aufwendungen für den Besuch eines einzelnen Krankenpflegekurses, der für sich allein keinen Berufsumstieg sicherstellt). Derartige Aufwendungen sind nur abzugsfähig, wenn sie Aus- oder Fortbildungskosten darstellen.

"Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs 1 Z 10 EStG zählen dazu auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen sind dann abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglichen, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Das Wesen einer Umschulung besteht in einem Berufswechsel unter Beendigung der bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit mit dem Ziel der Erlangung einer neuen wirtschaftlichen Existenzgrundlage (vgl. GZ. RV/0011-G/08). Aufwendungen für einzelne Kurse oder Kursmodule für eine nicht verwandte berufliche Tätigkeit sind nicht abzugsfähig (zB Aufwendungen für den Besuch eines einzelnen Krankenpflegekurses, der für sich allein keinen Berufsumstieg sicherstellt). Derartige Aufwendungen sind nur abzugsfähig, wenn sie Aus- oder Fortbildungskosten darstellen.

Der Homepage des BFI Kärnten betreffend der Ausbildung zur SeniorenanimateurIn ist folgendes zu entnehmen:

"Die Diplomausbildung zum/zur SeniorenanimateurIn stellt eine fundierte theoretische und praxisorientierte Zusatzqualifikation für MitarbeiterInnen von Pflege- und Altenheimen, von sozialen Einrichtungen und Seniorenvereinen sowie für alle interessierten Personen dar, die die Wertigkeit einer aktiven Freizeitgestaltung von älteren Menschen erkannt haben und in der Animation von SeniorInnen tätig sind oder auch tätig werden wollen."

Die Ausbildung richtet sich an "diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, PflegeassistentInnen, HeimhelferInnen, MitarbeiterInnen von Seniorenvereinen und andere interessierte Personen" (https://www.bfistmk.at/daten/konzept-dokumente/Flyer_SeniorenanimateurIn.pdf).

Da Umschulungskosten auf eine künftige, noch nicht ausgeübte Tätigkeit abzielen, stellen vorweggenommene Werbungskosten dar (). Die Anerkennung vorweggenommener Werbungskosten setzt voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen und über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. , , , und Rz 230). Es reicht somit nicht aus, dass die Umschulung eine Tätigkeit in einem neuen Beruf ermöglicht. Die angestrebte Tätigkeit muss zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes dienen oder zumindest zu einem wesentlichen Teil beitragen. Der Steuerpflichtige hat nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs abzielt.

Die Bf. stand 2014 in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis als Buchhalterin und absolvierte nebenbei die vom BFI Kärnten angebotene Ausbildung zur SeniorenanimateuerIn. Bei der Ausbildung zur SeniorenanimateurIn handelt es sich um eine Zusatzqualifikation für MitarbeiterInnen von Pflege- und Altenheimen, von sozialen Einrichtungen und Seniorenvereinen, die für sich allein keinen Berufsumstieg darstellt.

Seit bezieht die Bf. eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung. Andere Einkünfte bezieht sie seither nicht.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - vor allem der Pensionierung seit September 2016 - ist daher die Absicht der Bf., eine andere Berufstätigkeit, nämlich jene als Seniorenanimateurin, tatsächlich und hauptberuflich in absehbarer Zeit ausüben zu wollen, nicht erkennbar. Die von der Bf. gesetzten Handlungen gehen nicht über die Absichtserklärung zur Erzielung von künftigen Einnahmen hinaus.

Die gegenständlichen Ausgaben stellen daher keine berücksichtigungswürdigen Ausgaben im Sinne des § 16 Z 10 EStG dar."

Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde der Bf mit Vorhalt vom aufgetragen, bekanntzugeben, ob sie nach Absolvierung des BFI-Kurses jemals als Seniorenanimateurin tätig gewesen sei und daraus Einkünfte erzielt habe. Falls diese bislang keine Tätigkeit solcherart ausgeübt haben sollte, so wäre ihr Bemühen um die Erlangung einer derartigen beruflichen Stellung durch geeignete Nachweise (Bewerbungsschreiben, Korrespondenzen, etc.) zu belegen.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Über die gegenständliche Beschwerde hat das Gericht erwogen:

Das Gericht geht bei seiner Entscheidungsfindung von nachstehendem Sachverhalt aus:

Die Bf vollendete im Beschwerdejahr ihr 58. Lebensjahr. Im Streitjahr sowie im nachfolgenden Zeitraum bis zum bezog die Bf als angestellte Buchhalterin der Firma M Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Seit dem bezieht die Bf Einkünfte aus der gesetzlichen Pensionsversicherung.

In den Monaten Jänner bis Juli 2014 absolvierte die Bf am BFI in Ort1 den Kurs "SeniorInnenanimation". Dieser Kurs bestand aus vier Modulen (Bewegungsspiele, emotionale Aufmunterung, Kreativität, Gedächtnis- und Sinnestraining) und schloss mit einer Prüfung ab. Die hierfür anerlaufenen Kurskosten zuzüglich Fahrtkosten und Taggeld beliefen sich auf insgesamt € 3.763,30. Die BF begründete die Kursteilnahme mit dem Wunsch nach einer beruflichen Veränderung.

Dem Auftrag des Gerichts um Bekanntgabe, ob in der Folge eine berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der absolvierten Umschulung ausgeübt worden sei bzw. versucht worden sei, eine solche auszuüben, kam die Bf nicht nach.

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten:

Gemäß § 16 Abs. 1 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen (§ 16 Abs. 1 Z. 10 EStG 1988).

Als Umschulungsmaßnahme begünstigt sind nur umfassende Bildungsmaßnahmen, die den Einstieg in einen anderen Beruf auch tatsächlich ermöglichen; das Gesetz verlangt, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes "abzielt". Daraus ist abzuleiten, dass ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit (geplanten) nachfolgenden (Betriebs-) Einnahmen erforderlich ist. Es müssen somit konkrete Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (s. Hofstätter/Reichel, EStG 1988 Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 10 Tz 2 und § 4 Abs. 4 Z 7 Tz 2 und die dort zit Judikatur).

Der Begriff der "Umschulung" setzt voraus, dass die Steuerpflichtige bereits eine Tätigkeit ausübt oder in der Vergangenheit ausgeübt hat und durch die Absolvierung der Umschulungsmaßnahme ein neues Berufsbild für sie eröffnet wird.

Die Bf war bis zur ihrer Pensionierung () - somit auch im Streitjahr - als Buchhalterin tätig. Das Berufsfeld einer Seniorenanimateurin unterscheidet sich grundlegend von dem einer Buchhalterin. Diese Erkenntnis erschließt sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung; sie ist notorisch und bedarf keiner berufskundlichen Kenntnisse. Aus diesem Grunde lässt sich der verfahrensgegenständliche BFI-Kurs nicht als Aus- oder Fortbildungsmaßnahme qualifizieren, sondern als Maßnahme der Umschulung. Durch diese Umschulung sollte der Bf ein anders geartetes Berufsbild eröffnet werden.

Nun steht aber fest, dass die Bf die Tätigkeit als Seniorenanimateurin nach Absolvierung des BFI- Kurses niemals ausgeübt und daraus Einkünfte bzw. Einnahmen erzielt hatte, und zwar weder vor ihrer Pensionierung noch danach. So weisen weder Steuererklärungen der Bf derartige Einkünfte aus, noch erfolgte eine Arbeitgebermeldung über das Bestehen eines Dienstverhältnisses, welches eine Tätigkeit iZm der absolvierten Umschulung vermuten ließe. Die Bf gab dem erkennenden Gericht auch nicht bekannt, ob (zumindest) Bewerbungsgespräche in Bezug auf eine derartige berufliche Positionierung geführt bzw. - vorgelagert - Bewerbungsschreiben an potentielle Dienstgeber verfasst bzw. versendet worden seien.

Da die Bf keinerlei Nachweise über das Vorhandensein eines Zusammenhanges zwischen der Umschulung und des Umstandes, dass diese eine (gegen Entgelt erfolgte) Tätigkeit als Seniorenanimateuerin tatsächlich ausgeübt bzw. sich um deren Ausübung ernsthaft bemüht hatte, beibringen konnte, war dem Begehren auf die steuerliche Berücksichtigung dieser Ausgaben aufgrund der ergangenen eindeutigen höchstgerichtlichen Judikatur die Anerkennung zu versagen.

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Gründe liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Umschulung zur Seniorenanimateurin
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100729.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at