Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2020, RV/5100803/2020

Aufwendungen eines Behinderten für Kieser Training und Alternativmedizin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache [...], [...], über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***WR*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, 2017 und 2018 zu Steuernummer xy ***BfStNr*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am brachte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) mit FinanzOnline Erklärungen betreffend die Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2016, 2017 und 2018 elektronisch ein, in denen Bf seine Behinderung von 100% angab und die dafür zustehenden Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 von 726,00 € und für das Behindertenfahrzeug nach der Verordnung von 2.280,00 € (190,00 € monatlich) sowie unregelmäßig anfallende Ausgaben der Heilbehandlung in Höhe von 3.266,02 € (2016), 2.852,73 € (2017) und 3.358,63 € (2018) als außergewöhnliche Belastung bei Behinderung geltend machte.

Mit Vorhalt vom forderte das Bf über FinanzOnline zur Vorlage des letzten Sachverständigengutachtens des Sozialministeriumservice , aus dem die Zusammensetzung des Gesamtgrades der Behinderung aufgeteilt auf eventuell verschiedene Leiden ersichtlich ist, weiters der Belege und Kostenaufstellung der Krankheits- und Kurkosten sowie diesbezüglicher Kostenersätze auf und wies darauf hin, dass bei einem Krankenhaus- oder Kuraufenthalt 5,23 € pro Tag als Haushaltsersparnis abzuziehen sind.

Am legte Bf hierauf dem Finanzamt Belege, jedoch kein Sachverständigengutachten vor.

Am ergingen über FinanzOnline elektronisch zugestellte Einkommensteuerbescheide für diese drei Jahre, in denen das Finanzamt außer dem Freibetrag von 726,00 € und dem Pauschbetrag von 2.280,00 € als nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen entgegen den Erklärungen unter Hinweis auf eine gesonderte Begründung 2016 nur 949,69 €, 2017 nur 2.199,16 € und 2018 nur 1.118,70 € berücksichtigte.

In der gesonderten Bescheidbegründung vom listete das Finanzamt die durch die vorgelegten Belege anerkannten und nicht anerkannten Kosten zusammengefasst sinngemäß mit nachstehender Begründung wie folgt auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
2017
2018
Summe der Beträge der anerkannten Belege
949,69
2.199,16
1.118,70
Summe Kieser Training
1.540,00
890,00
Summe Fahrtkosten zum Kieser Training
378,00
447,30
371,70
Medizinische Trainingsberatung
60,00
Collhyaleen Pulver
115,98
Summe Naturversand Robert Franz
758,40
Dr. Böhm Teufelskralle, Brusttee, Zink Kapseln
59,75
Summe CBD Hanf-Öl
1.110,60
Summe der Beträge der nicht anerkannten Belege
2.093,98.
1.205.70
2.372,30

Als Kosten der Heilbehandlung ( §4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen) gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kosten für ÄRZTLICH VERORDNETE Kuren und THERAPIEN, Kosten für ÄRZTLICH VERORDNETE MEDIKAMENTE (einschließlich medizinisch verordnete homöopathische Präparate), Rezeptgebühren und Behandlungsbeiträge. Eine teilweise Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse ist ebenfalls ein Indiz für eine Heilbehandlung.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG liegt eine außergewöhnliche Belastung dann vor, wenn folgende kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: Sie muss außergewöhnlich sein, muss zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 EStG). Lehre und Rechtsprechung fordern als Nachweis für die Anerkennung von entsprechenden Aufwendungen jedenfalls eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit - im Weiteren die Zwangsläufigkeit - der betreffenden Maßnahme klar ergibt, welche noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat (BFG , RV/1100561/2012). Dies gilt auch im Zusammenhang mit alternativmedízinischen Behandlungen und Präparaten ( RV/0028-W/13). Eine bloße ärztliche Empfehlung oder Selbstbehandlung ist hierfür nicht ausreichend.

Bezüglich der beantragten Kosten für das Kiesertrainig (Jahresbeitrag für das Fitnessstudio und dazugehörige Fahrtkosten) wird auf die Entscheidung BFG 11.7.2017, RV/7100594/2017, hingewiesen.

Die in der Auflistung kursiv angeführten Beträge (Kiesertraining Fitnessstudio, Collhyaleen Pulver, Naturversand Robert Franz - OPC 133 by Robert Franz, Vita Bio 1 It, MSM Kapseln by Robert Franz, Nattokinase by Robert Franz, Vitamin B 50 Kapseln, Vitamin B12 Kapseln, Selen 150 Kapseln, Volks Vitamin D 3 Tropfen, Dr. Böhm Teufelskralle FTBL, Diclovit, Brusttee, Stebsils LTBL, Nicapur KPS Zink, CBD-Öi - erfüllen diese Voraussetzungen mangels ärztlicher Verordnung nicht.

Mit am selben Tag überreichten Schriftsatz vom erhob Bf Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2016 bis 2018 vom und kündigte die Nachreichung der Begründung an.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt Bf auf, folgende Mängel - Fehlen der Inhaltserfordernisse gemäß § 250 Abs. 1 BAO - bis zu beheben, widrigenfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte:
b) die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden
d) eine Begründung

Mit am beim Finanzamt eingebrachten Schriftsatz vom bezeichnete Bf als Anfechtungspunkte die "Nichtanerkennung von Krankheitskosten" und beantragte unter Anschluss von Unterlagen sinngemäß im Wesentlichen mit folgender Begründung die Anerkennung der beantragten Krankheitskosten.

Das Finanzamt habe mit Bescheídbegründung vom folgende

Krankheitskosten nach Meinung des Bf rechtswidrig in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften (u.a. Parteiengehör) versagt

Kalenderjahr 2016
Kiesertraining 525,00 € und 1.015,00 € sowie Fahrten dazu 378,00 €,
medizinische Untersuchung und Erstellung eines medizinischen Trainingsplans durch einen Facharzt vor Trainingsbeginn 60,00 € und Collhyaleen Pulver.

Das Kiesertraining sei auf Grund der Vorerkrankungen des Bf mit entsprechender prozentueller Invalidität ärztlich verordnet worden. Eine ärztliche Bestätigung dazu liege bei.
Die Finanzbehörde stütze die Ablehnung der Kosten als a. g. Belastung auf die Notwendigkeit einer ärztliche Bestätigung, lehne eigenartigerweise aber das Honorar des Facharztes für die Untersuchung vor Beginn des Trainings (Studium der vorliegenden Befunde, eingehende fachärztliche Untersuchung, Erstellung des genau auf das Krankheitsbild abgestimmten Trainingsplans mit den jeweiligen Trainingsgeräten), ob das Training auf Grund des Krankheitsbildes überhaupt möglich und zielführend ist, ab.
Die Finanzbehörde sollte sich zuerst einmal mit dem Kiesertraining auseinandersetzen.
Dabei handle es sich um kein "Fitness Studio" im herkömmlichen Sinn, sondern um ein speziell für Menschen mit Beeinträchtigungen mit entsprechenden Maschinen ausgestattetes. Es gebe keine Laufbänder, Crosstrainer, Fahrradergometer, Hantelstationen, Aerobicangebote und Spiegel für Posing usw. wie in herkömmlichen Studios. Genauso wenig gebe es Bars mit Energydrinks (nur einen Wasserspender), Sauna usw., sondern nur speziell entwickelte Maschinen zum zielgenauen Training einzelner Bereiche des Körpers mit entsprechenden Defiziten. Dort seien keine ııAnabolikakübel" oder anderweitig aufgeblasene Muskelberge, sondern eben Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Das Durchschnittsalter sei 50+. Beschreibung siehe unter www.kieser-training.at.
Collhyaleen Pulver sei eines von mehreren Präparaten zum Aufbau bzw. zur Erhaltung des linken Kniegelenks des Bf, das eigentlich schon seit Jahren durch ein künstliches Gelenk ersetzt werden sollte, und sei medizinisch notwendig.
Durch die Gabe von Collhyaleen könne eine Op
eration und der Austausch gegen ein künstliches Kniegelenk zumindest erfolgreich verzögert werden.
Auch hier sei eine dem Steuerrecht entsprechende prozentuelle Invalidität gegeben.
Zum medizinischen Zustand des Kniegelenks sei ein Befund beigelegt.

Kalenderjahr 2017
Naturversand Robert Franz: 4 Rechnungen über insgesamt 758,40,00 €
Fahrten zum Kiesertrainíng 447,30 €

Zu den Präparaten Robert Franz: Bf leide schon länger an einer Primären Myelofibrose (PMF), landläufig als Knochenmarkskrebs bezeichnet (Hinweis auf www.onkopedia.com). Dies sei eine unheilbare Erkrankung des Knochenmarks mit einer Lebenserwartung von fünf bis zehn Jahren nach der Diagnose. Einzige Behandlung neben der Alternativmedizin sei Interferon (Pegasys 135 Mikrogramm, Wirkstoff Peginterferon alfa-2a). Ein Beipacktext liege ebenfalls bei.
Einzige begleitende vom Arzt empfohlene Therapie sei eine entsprechende Stärkung des Immunsystems mit OPC und Selen, um die Ausbreitung des Krebses zu vermeiden.
Nattokinese sei ein Mittel zur Blutverdünnung, die notwendig sei, weil die Thrombozyten im Blut des Bf den dreifachen des maximal erlaubten Wertes haben und sich sonst Thrombosen mit gravierenden Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Lungenembolie usw bilden.
Mittlerweile habe sich als sekundäre Krebserkrankung ein Brustkrebs entwickelt, wodurch eine Mastektomie der rechten Brust erforderlich wurde.
Weiters gegen die Nebenwirkungen (siehe Beipacktext) der lnterferonspritze MSM, Teufelskralle und Diclovit. Diese sollen die Grippe ähnlichen Symptome erträglicher machen, die durch das Interferon hervorgerufen werden.
Bf habe die beantragten Präparate also nicht aus Jux und Tollerei, sondern ausschließlich aus medizinischen Gründen gekauft und eingenommen.
Naturgemäß leiste der Sozialversicherungsträger hier keine Zuschüsse.

Angeschlossen sei noch ein Beleg des Masseurs und Physiotherapeuten, den Bf in Akutstadien aufgesucht habe. Dabei handle es sich um ein SMS mit der Rechnungsnummer 5112017 vom des namentlich genannten, in der Wirtschaftskammer erfassten Heilmasseurs und Therapeuten. Bf habe die Rechnung in Höhe von 310,00 € (für sechs Einheiten a' 50 Minuten) umgehend bezahlt. Ersätze durch die BVA seien nicht möglich, weil er keinen Vertrag habe.
Der Betrag in Höhe von 310,00 € sowie Fahrtkosten in Höhe von 13,86 € (5,5 km Hin und Rückfahrt X amtliches Kilometergeld) werde im Zuge der Beschwerde geltend gemacht.

Für die Fahrtkosten zum Kiesertraining werde auf die Begründung für 2016 verwiesen.

Kalenderjahr 2018
Kiesertrainíng 890,00 €, Fahrtkosten Kiesertraining 371,00 €
Apotheke 59,75 €, CBD Hanf Öl acht Rechnungen gesamt 1.110,60 €

Zu den Kosten Kiesertraining und Fahrtkosten dazu werde auf 2016 und zu den Kosten Apotheke werde auf 2017 verwiesen.
Das CBD Hanf Öl sei - wie aus beiliegender ärztlicher Bestätigung ersichtlich - medizinisch indiziert, stelle eine begleitende Maßnahme zur laufenden medikamentösen Therapie dar und sei vom Arzt verordnet.

Im Zuge der Beschwerde werden noch die Kosten für den Masseur und Therapeuten im Jahr 2018 von 120,00 € und 60,00 € samt Fahrtkosten von 6,93 € (drei Fahrten) geltend gemacht und werde auf 2017 verwiesen.

Aufgrund der ausführlichen Begründung zur Beschwerde und der ärztlichen Bestätigung werde beantragt die Krankheitskosten (bis auf Brusttee und Zinkkapseln) zur Gänze wie beantragt anzuerkennen, sowie die Kosten für den Masseur Therapeuten zu berücksichtigen.

Weiters werde erneut die pauschale Abgeltung der Krankendiätverpflegung wegen Leberdiät im Beschwerdezeitraum sowie die Wiederaufnahme der Vorjahre mit folgender Begründung beantragt:
Wie bereits in den Vorjahren ersichtlich bestehe aufgrund der primären Myelofibrose (MPF) seit Jahren eine entsprechende Leberdiät mit folgender Diagnose:
Stark vergrößerte Milz infolge der MPF, sowie stark vergrößerte Leber infolge MPF und Fettleber. Es sei daher die strenge Einhaltung der ärztlich und krankenhäuslich verordneten Leberdiät erforderlich. Dass sich aus den Befunden zu Milz und Leber zwangsläufig eine entsprechende prozentuelle Erwerbsminderung ergibt, sei klar ersichtlich.
Bf beendete seine Ausführungen mit folgendem herabwürdigenden Satz:
"Ich brauche mit Sicherheit keinen ärztlichen Kasperl des Bundessozialamtes der nach gutdünkten seinen Sanktus dazu gibt, da selbst heutzutage die meisten Ärzte mit der Erkrankung MPF selbst schwer überfordert sind."

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 bis 2018 ab und führte dazu in einer gesonderten Begründung, auf die verwiesen wurde, sinngemäß im Wesentlichen Folgendes aus:
Der Bf mache die Kosten für das Kieser Training (Beitrag und Fahrtkosten), das Collhyaleen Pulver und die Hanfprodukte sowie die Kosten für eine Leberdiät als außergewöhnliche Belastung in Zusammenhang mit der Behinderung geltend und beantrage für 2017 und 2018 zusätzlich Aufwendungen für Massagen bzw. Physiotherapien.
Strittig sei in allen drei Jahren die Berücksichtigung dieser Kosten ohne Selbstbehalt im Zusammenhang mit der vom Bundessozialamt bescheinigten Behinderung in Höhe von 100% zusätzlich zu den Pauschbeträgen.

"Würdigung:
"Nach § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, sofern sie die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Zwangsläufig erwächst sie, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs 6 EStG 1988 einen Abzug auch ohne

Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Selbstbehalt). Dazu gehören auch Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen übersteigen. Nach einer Verordnungsermächtigung kann festgelegt werden, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf den Freibetrag nach § 35 Abs 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind. Nach § 4 der diesbezüglich erlassenen Verordnung (BGBl. II 1996/303) sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen, wobei nach § 1 Abs. 3 der VO keine Kürzung um eine pflegebedingte Geldleistung zu erfolgen hat.

Nach Lehre und Rechtsprechung sind Kosten der Heilbehandlung Aufwendungen für den Arzt, das Spital, für ärztlich verordnete Kuren, Therapien, Kosten für Medikamente (sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen), dabei allenfalls anfallende Fahrt- und Transportkosten im tatsächlichen Ausmaß (JAKOM, EStG, 8. Auflg., § 35, Rz 27).

Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung der Krankheit nachweislich notwendig ist. Aus diesem Grund fordern Lehre und Rechtsprechung für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen als Nachweis jedenfalls eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat( 2012/15/0136; UFS RV/0973-L/07; UFS RV/2462-W/07; BFG RV/7104255/2014).

Krankendiätverpflegung wegen Leberdiät 2016, 2017 und 2018
Die Voraussetzungen hinsichtlich der Berücksichtigung der Leberdiät haben sich gegenüber 2014 nicht geändert. Bezüglich der Nichtanerkennung des in der Beschwerde wiederum beantragten Pauschbetrages ohne Selbstbehalt hat das Bundesfinanzgericht unter RV/5100818/2016 am bereits entschieden.

KIESER Training samt Fahrtkosten 2016, 2017 und 2018
Zum Thema Fitnessstudio führt Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. 2020, § 34, II. ABC der außergewöhnlichen Belastungen [Rz 90] aus: Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung bedarf es der Einbettung des Studiobesuchs und der absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung ( 2012/15/0136; RV/2100315/2018; , RV/5101185/2015; , RV/5100841/2013), ansonsten keine außergewöhnliche Belastung ( RV/2101415/2014; , RV/7104255/2014; , RV/7102606/2013; , RV/2100576/2012). In einem weiteren Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100605/2014 wird ausgeführt, dass nur eine nachweislich ärztlich überwachte Behandlung, unter Angabe von Art, Zeitpunkt und Dauer der Behandlung zu einer außergewöhnlichen Belastung führen.

Mit der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages wurde eine Bestätigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. ***VN1******Hausarzt*** über die medizinische Notwendigkeit betreffend

  • KIESER Training welches aufgrund des Krankheitsbildes ein zielgerichtetes Aufbau- und Funktionstraining unter ärztlicher Aufsicht und Begleitung, wie bei Kieser gegeben, medizinisch erforderlich und notwendig sind

  • das CBD Hanf Öl medizinisch indiziert und ist, und eine begleitende Maßnahme zur laufenden medikamentösen Therapie dar, und verordnet ist

ausgestellt. Diese Bestätigung des Arztes ist undatiert und wurde mit weiteren Unterlagen im Februar 2020 vorgelegt.

Die Recherche im Internet unter https://www.kieser-training.at/training/konzept/ zeigt, dass auch KIESER Training ein Fitnessstudio ist, das für jeden, der an der Erhaltung oder Verbesserung seiner Gesundheit interessiert ist, zugänglich ist. Mit einem speziellen Konzept erfolgt unter persönlicher Begleitung von eigens ausgebildeten Fitnesstrainern die Abstimmung auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele der Trainierenden: "Daher werden Sie in den ersten 3 sowie in der 10. Trainingseinheit von unseren speziell ausgebildeten Instruktoren begleitet. In der medizinischen Trainingsberatung besprechen Sie eventuelle gesundheitliche Einschränkungen mit der medizinischen Fachperson in unseren Studies. Liegen Beschwerden vor, werden sie in Ihrem individuellen Trainingsplan berücksichtigt So trainieren Sie sicher und genau an Ihre Bedürfnisse angepasst. "

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass die Aufwendungen für das KIESER Training keine steuerlich zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastung darstellen.

Collhyaleen Pulver 2016
Naturversand Robert Franz 2017
Apotheke
***Ort*** 2017 und 2018
Alternativmedizinische Produkte können eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn sie im Rahmen eines Behandlungsplanes ärztlich verschrieben werden. Mangels Nachweis einer ärztlichen Verordnung können diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

***FN******VN2*** Masseur und Physiotherapeut310 Euro und Fahrtkosten 13,86 Euro für 2017 sowie 180 Euro und 6,93 Euro Fahrtkosten für 2018
Aufwendungen für Behandiungsleistungen durch nichtärztliches medizinisches Personal sind abzugsfähig, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. Diese in der Beschwerde zusätzlich beantragten Kosten

können nicht berücksichtigt werden, da keine ärztliche Verschreibung bzw. Ersatzleistungen der Sozialversicherung vorliegen.

CBD-Hanföl 2018
Alternativrnedizinische Produkte können eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn sie im Rahmen eines Behandlungsplanes ärztlich verschrieben werden. Im Februar 2020 wurde eine undatierte Arztbestätigung vorgelegt, wonach das CBD Hanf Öl medizinisch indiziert und verordnet sei. Welches konkrete Produkt verordnet wurde geht daraus nicht hervor. Eine Recherche im Internet unter www.cbd-vital.at, wo Sie das Hanf Öl bezogen haben, bietet acht verschiedene Hanf-Öle zwischen 23 und 160 Euro im freien Verkauf an. Mangels konkreter Verordnung liegt keine Zwangsläufigkeit für die erworbenen Hanföle (CBD Naturextrakt Premium Öl 10 % je Flasche 115 Euro) vor.

Aus den ausgeführten Gründen waren die Beschwerden abzuweisen."

Mit eingebrachtem Schriftsatz vom stellte Bf einen Vorlageantrag betreffend die Jahre 2016, 2017und 2018 ohne Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidungen und kündigte die Nachreichung weiterer Unterlagen an.
In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung setze sich der Bearbeiter über die Verordnung von Medikamenten, Therapien usw. durch einen approbierten, zugelassenen Mediziner hinweg und betätige sich als medizinischer Sachverständiger, Facharzt oder Oberbegutachter. Da im Bescheid und den Titeln des Sachbearbeiters nichts auf eine medizinische Ausbildung (ausgenommen vielleicht Dr. Google) oder Berufung als Sachverständiger im medizinischen Bereich hinweise, werde der Behörde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von vierzehn Tagen entsprechende Unterlagen über die medizinische Ausbildung, Berufung zum gerichtlich beeideten Sachverständigen oder dergleichen vorzulegen.
Sollten innerhalb der gesetzten Frist keine entsprechenden Nachweise über die medizinische Befähigung des Bediensteten seitens der Behörde vorgelegt werden können, werde eine Sachverhaltsdarstellung (Anzeige) an die Ärztekammer, WKStA Außenstelle Linz sowie die öst. DSB (missbräuchliche Verwendung von hochsensiblen Krankendaten zum Schaden des Betroffenen) ergehen.

Im Vorlagebericht beantragte das Finanzamt ein Mängelbehebungsverfahren betreffend den Vorlageantrag und bei rechtzeitiger Behebung des Mangels die Abweisung der Beschwerde.

Mit Beschluss vom gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO forderte das erkennende Gericht Bf zur Behebung des Mangels des Vorlageantrages wegen Fehlens der Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidungen, gegen die er sich richtet, auf.

Über Amtshilfeersuchen des erkennenden Gerichts vom gem. § 158 BAO übermittelte das Sozialministeriumservice am für den Beschwerdezeitraum maßgebliche Sachverständigengutachten.

Mit am in den Postkasten des erkennenden Gerichts eingeworfenen Schriftsatz vom entsprach Bf durch Nennung der Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2016 bis 2018 vom fristgerecht dem ihm am zugestellten Mängelbehebungsauftrag vom und führte ergänzend sinngemäß im Wesentlichen Folgendes aus:

Das Finanzamt habe zunächst die Pflicht zur Entscheidung innerhalb von sechs Monaten einer Erledigung zuzuführen verletzt. Erst nachdem sich Bf an den Vorstand wandte, sei auf seine Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung 2016 bis 2018 mit einem Vorhalt reagiert worden, u.a. ein Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice über die Behinderung des Bf vorzulegen. Eigenartigerweise veranlage das Finanzamt Bf jedoch bereits seit 2008 mit immer dem gleichen Freibetrag zur Erwerbsminderung von 100 % (vorher 60) folgenden Zusatzeintragungen:
a) Der Inhaber ist gehbehindert
b) Der Inhaber gehört dem begünstigten Personenkreis an
c) Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung (seit )
d) der Inhaber besitzt einen Ausweis nach § 29 b der Straßenverkehrsordnung.
Die entsprechenden Bescheide des Bundessozialamtes und auch der Behindertenpass seien dem Finanzamt zum entsprechenden Zeitpunkt vorgelegt und eine Kopie sei angefertigt worden.

Es sei daher befremdlich, dass das Finanzamt nach rund 12 Jahren nun den Bescheid des Bundessozialamtes einsehen wolle, wo doch entsprechende Kopien angefertigt worden seien und nach Dienstanweisung im Dauerakt zur Einsicht aufliegen müssten.

Dem weiteren Ersuchen, Originalbelege sowie Ersätze durch den Sozialversicherungsträger vorzulegen, sei Bf fristgerecht nachgekommen.

Nach der Bescheidbegründung vom der Einkommensteuerbescheide 2016-2018 wurden - Kosten für Heilbehandlungen, Kiesertraining, Medikamente usw. abgewiesen, weil es an der "ärztlichen Verordnung" fehle.
Es seien nicht nur das Parteiengehör, sondern auch die Verpflichtung der Behörde zur objektiven Sachverhaltsermittlung und -würdigung verletzt worden.
Außerdem werde in der Begründung auf eine BFG Entscheidung vom betreffend Fitnessstudio hingewiesen, das für die beantragten Kosten des Kiesertrainings im Jahr 2016 völlig irrelevant sei.

Erst im Zuge der Beschwerde gegen die Bescheide sei es nun möglich, eine ärztliche Bestätigung über die Verordnung beizubringen. Aus dieser ärztlichen Bestätigung des Haus- und Vertrauensarztes des Bf seit 2001, den Bf wegen seiner Erkrankungen regelmäßig aufsuche, seien sowohl die medizinische Notwendigkeit des Kiesertrainings als auch die Verordnung ersichtlich. Auch das CBD Hanf Öl sei medizinisch notwendig und verordnet.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen werde u.a. ausgeführt, die ärztliche Bestätigung weise kein Datum auf und könne daher nicht vor Beginn des Kiesertrainings sein, und daher werde abgewiesen.
Anmerkung: Die Bestätigung hätte leicht vordatiert werden können, was aber den Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllen würde.

Da Bf schon seit 2001 bei diesem Hausarzt in Behandlung sei, sei auf Grund des Gesundheitszustandes des Bf ein Krafttraining mit entsprechender medizinischer Betreuung, wie es bei Kieser angeboten wird, schon seit Jahren ein Thema, das der Hausarzt Bf bei den Besuchen regelmäßig, aus medizinischen Gründen nahegelegt habe.
Auch in diesem Punkt habe das Finanzamt kein Parteiengehör gewährt und keine objektive Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts vollzogen, sondern offenbar vorsätzlich einseitig ermittelt, was den Verdacht des Missbrauches der Amtsgewalt nahelege.
Das Finanzamt habe weder die medizinische Untersuchung und Erstellung des Trainingsplanes durch einen Facharzt (eine Honorarnote liege dem Finanzamt vor, sei aber nicht anerkannt worden) vor Beginn des Trainings und die laufende Betreuung gewürdigt, noch irgendwelche Erhebungen getätigt, wie bzw. mit welchen Maschinen Muskelaufbau und -erhaltung vollzogen wird.

Angemerkt werde, dass Bf laufend verordnete Kuren absolviere, bei denen wegen der Erkrankungen des Bf der Schwerpunkt Krafttraining zur Stärkung der Rücken- und Rumpfmuskulatur sei. Entsprechend diesen Therapien mit Geräten wie in einem Fitnessstudio werde Bf immer nach Kurende nahegelegt, dieses Training auch weiterzuführen.

Auch derzeit sei Bf in einer REHA, zwar einer onkologischen, aber auf Grund der Rückenschädigungen des Bf werde auch hier der Schwerpunkt auf Krafttraining gelegt (Hinweis auf beiliegenden entsprechenden Therapieplan).

Als Beilage werde eine ärztliche Bestätigung des Hausarztes, der sich über die Vorgangsweise der Finanz sehr wundere, datiert mit zum Kiesertraining, CBD Öl und Masseur vorgelegt.
Die Kosten für das CBD Öl sei seitens des Finanzamtes mit der Begründung nicht anerkannt worden, es gebe verschiedene CBD Öle mit 5 %, 10 % usw. mit Kosten von 23 € bis 160 €.

Auch hier ziele das Finanzamt nicht auf den Inhalt und die Menge ab, sondern versage einfach pauschal die Anerkennung.
Aus den vorgelegten Rechnungen sei ersichtlich, dass es sich immer um ein 10 %ges CBD Öl in einem größeren Gebinde handelt. Mit ein bisschen Hausverstand könne man das ganz einfach nachvollziehen, weil alles auf der Rechnung stehe.
Auch in diesem Punkt seien Parteiengehör und objektive Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts verletzt worden.
Dies gelte auch im Punkt Heilmasseur und Physiotherapeut.

Bf habe im Vorlageantrag eine weitere Begründung bzw. Stellungnahme angekündigt.
Auch dazu sei Bf keine Möglichkeit gegeben worden.

Wenn Sachbearbeiter ohne entsprechenden Kenntnisse - hier medizinische Ausbildung - über Sachen entscheiden sollen, wo ihnen eindeutig der Kontext fehle, helfe auch der vielgepriesene "Dr. Google" nichts, wie man hier ganz deutlich sehe. Die Behörde habe sich bei der medizinischen Beurteilung eines komplexen Sachverhaltes eines Sachverständigen zu bedienen und keine willkürlichen Entscheidungen zu treffen.

Zum Schluss werde auf das Beamtendienstrechtsgesetz verwiesen, wonach ein Beamter alles zu unterlassen hat, was seiner Genesung entgegensteht bzw. diese verzögert, andererseits alles dafür zu tun hat, seine Arbeitsleistung dem Dienstgeber in vollem Umfang zur Verfügung stellen zu können.

Als bestes Beispiel für die Notwendigkeit (neben ärztlicher Verordnung und Feststellung einer prozentuellen Erwerbminderung durch das Bundessozialamt in Bezug auf die Wirbelsäule) des Kiesertrainings werde der Krankenstand des Bf vom 23. März bis angeführt. In diesem Zeitraum war Kieser durch die Corona-Verordnungen zwangsgeschlossen, wodurch Bf kein Training absolvieren und die dadurch auftretenden massiven Wirbelsäulebeschwerden nur durch starke Schmerzmittel, u.a. ein Morphium-Präparat behandeln habe können.

Er beantrage daher die bekämpften Bescheide wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom reichte Bf zum Nachweis der Notwendigkeit des Kieser Trainings noch Unterlagen mit folgenden Erläuterungen nach:

  • Aus dem Abschlussbericht des Vinzenz Ambulatoriums vom (S 2 zur Prävention 2-3x/Woche Krafttraining) sei die medizinische Notwendigkeit des Kiesertrainings eindeutig ersichtlich. Da Bf schon seit 2001 an der Erkrankung der Wirbelsäule leide, könne nicht behauptet werden, dies sei erst 2020 relevant.
    Dieses Krafttraining sei sowohl bei bzw. nach jeder durchgeführten Kur als auch durch den behandelnden Hausarzt verordnet und die medizinische Notwendigkeit bestätigt worden.

  • Eine Bewertung des Kieser Studios durch den Bf auf Google mit der Anmerkung über die dortige ärztliche Betreuung. Es sei ein Lokalaugenschein notwendig, um zu sehen, dass sich in den Räumlichkeiten von Kieser eine Arztpraxis befindet bzw. immer befunden habe. Der dort ordinierende Arzt sei für die Betreuung, Erstellung des Trainingsplanes auf Grund der Untersuchung und des Krankheitsbildes sowie Probleme während des Trainings zuständig.

  • Trainingsblatt mit den einzelnen Maschinen des Kiesertrainings, die auf Grund der ärztlichen Untersuchung und des Krankheitsbildes der Wirbelsäule verwendet werden. "Um hier endlich das Glaskugellesen der Finanzbehörde zu beenden" sei es nach Meinung des Bf notwendig, sich vor Ort ein Bild zu machen.

Das Finanzamt teilte zu den von Bf nachgereichten Ergänzungen und Unterlagen am elektronisch mit, dass diese an der in der Beschwerdevorentscheidung dargelegten Rechtsansicht nichts ändern.

Strittig sind im gegenständlichen Verfahren die Kosten für Kieser Training samt Fahrten, für Produkte der Alternativmedizin (Collhyaleen Pulver und Hanfprodukte), Massagen bzw. Physiotherapie sowie für eine Leberdiät als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt wegen des behaupteten Zusammenhanges mit der dem Bf bescheinigten Behinderung von 100% zusätzlich zum Freibetrag gem. § 35 Abs. 3 EStG und dem Pauschbetrag nach der Verordnung für das Behinderten-KFZ.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten hat Bf ab 2008 auf Grund folgender Gesundheitsbeeinträchtigungen einen Grad der Behinderung von 100% bescheinigt:

[...]

Im Behindertenpass sind außer dem Grad der Behinderung eine Gehbehinderung, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Personen - jedoch keine Diätverpflegung - eingetragen.

Bf macht für den Beschwerdezeitraum außer pauschalen ihm nicht erwachsenen Kosten für eine Leberdiät folgende medizinisch nicht notwendigen und auch nicht durch die festgestellte Behinderung verursachte Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
2017
2018
1. a) Kieser Training
1.540,00
890,00
b) Fahrtkosten zum Kieser Training
378,00
447,30
371,70
c) Medizinische Trainingsberatung
60,00
  • Produkte der Alternativmedizin
  • Collhyaleen Pulver
115,98
  • Naturversand Robert Franz
758,40
  • Dr. Böhm Teufelskralle, Brusttee, Zink Kapseln
59,75
  • CBD Hanf-Öl
1.110,60
  • a) Masseur
310,00
180,00
b) Fahrtkosten zum Masseur
13,86
6,93

Die zumutbare Mehrbelastung (Selbstbehalt)iSd § 34 Abs. 4 EStG 1988 beträgt:


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2016
2017
2018
Gesamtbetrag der Einkünfte
39.456,24
40.832,10
41.790,60
Zurechnung sonstige Bezüge gem. § 34 Abs. 5 EStG 1988
7.008,96
7.249,80
7.418,72
Sonderausgabenpauschbetrag
-60,00
-60,00
-60,00
Bemessungsgrundlage
46.405,20
48.021,90
49.149,32
davon 12% (über 36.400,00) zumutbare Mehrbelastung
5.568,62
5.762,62
5.897,91

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO hat im Beschwerdeverfahren das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die Möglichkeit des Parteiengehörs wurde Bf vom Finanzamt nicht nur im Abgabenverfahren (Vorhalt vom , gesonderte Begründung vom der bekämpften Bescheide) sondern auch im Beschwerdeverfahren (gesonderte Begründung der Beschwerdevorentscheidungen vom ) geboten und von Bf auch wahrgenommen.
Der Sachverhaltsermittlung haben nicht nur der erwähnte Vorhalt, sondern auch die Beschwerdevorentscheidungen, denen Vorhaltcharakter zukommt, gedient.
Die diesbezüglichen Rügen des Bf sind deshalb nicht berechtigt.

Der unbestrittene Grad der Behinderung und dessen Feststellung ohne Lebererkrankung sind durch den Bescheid der Bundesberufungskommission vom belegt.
Eine Kopie seines Behindertenpasses mit den genannten Eintragungen hat Bf am als Antwort auf den Vorhalt des Finanzamtes vom für das Jahr 2016 vorgelegt.

Die tatsächliche Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten, die nicht von der Sozialversicherung getragen werden, erfordert triftige medizinische Gründe ( 85/14/0149).

Bf hat für diese auch in den Beschwerdevorentscheidungen nicht anerkannten Kosten unbestritten keinerlei Ersatz von der Sozialversicherung (BVA) erhalten.

Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist ( 2012/15/0136; unter Hinweis auf 2001/15/0116).

Aufwendungen für eine ärztlich betreute medizinische Trainingstherapie in einem Sportstudio werden nicht nur von Kranken, sondern auch von Gesunden getätigt, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.
Der Bundesfinanzhof hat deshalb zur insofern vergleichbaren deutschen Rechtslage bereits im Urteil vom , III R67/96, für die steuerliche Anerkennung derartiger Aufwendungen die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens betont.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis , unter Hinweis auf das eben genannte Urteil des BFH und seine eigene Rechtsprechung zu Kuraufenthalten ( 2001/15/0116), für die er ebenfalls ein bereits vor Antritt der Kur ausgestelltes ärztliches Zeugnis oder Gutachten verlangt, bestätigt, dass die Anerkennung von Aufwendungen für den Besuch eines Fitnessstudios als zwangsläufig den Nachweis durch ein vor Beginn des Besuches ausgestelltes ärztliches Zeugnis verlangt.
Das nach dieser Rechtsprechung für die Annahme einer Zwangsläufigkeit erforderliche vorfeldweise ärztliche Gutachten wird nach den weiteren Ausführungen des VwGH in diesem Erkenntnis vom auch nicht im Fall einer ärztlichen Überweisung an einen Physiotherapeuten für eine bestimmte Therapie entbehrlich, wenn dieser im Rahmen der Therapie seinerseits als weitere Maßnahme ein "Weiterüben" in einem Fitnessstudio empfiehlt, selbst wenn er dies im Rahmen seiner zusätzlichen Tätigkeit dort fallweise überwachen sollte.
Der Verwaltungsgerichtshof führt im genannten Erkenntnis vom weiter aus:

"Die Bedeutung einer zu Grunde liegenden ärztlichen Anordnung ergibt sich im Übrigen auch aus den gesetzlichen Bestimmungen betreffend den physiotherapeutischen Dienst selbst. Eine Berechtigung von Physiotherapeuten zu weiterführenden Verordnungen ist daraus nicht ableitbar. Vielmehr stellt § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinischtechnischen Dienste (MTD-Gesetz), der das Berufsbild des physiotherapeutische Dienstes festlegt, ausdrücklich auf das notwendige Vorliegen ärztlicher Anordnung ab. Demnach umfasst der physiotherapeutische Dienst "die eigenverantwortliche Anwendung aller physiotherapeutischen Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung im intra- und extramuralen Bereich, unter besonderer Berücksichtigung funktioneller Zusammenhänge auf den Gebieten der Gesundheitserziehung, Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation. Hiezu gehören insbesondere mechanotherapeutische Maßnahmen, wie alle Arten von Bewegungstherapie, Perzeption, manuelle Therapie der Gelenke, Atemtherapie, alle Arten von Heilmassagen, Reflexzonentherapien, Lymphdrainagen, Ultraschalltherapie, weiters alle elektro-, thermo-, photo-, hydro- und balneotherapeutischen Maßnahmen sowie berufsspezifische Befundungsverfahren und die Mitwirkung bei elektrodiagnostischen Untersuchungen" (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof). Demgegenüber zählt § 2 Abs. 1 letzter Satz MTD-Gesetz ohne ärztliche Anordnung lediglich die Beratung und Erziehung Gesunder in den genannten Gebieten zum Berufsbild des physiotherapeutische Dienstes. Jede eigenmächtige Heilbehandlung ist gemäß § 11 Abs. 3 MTD-G zu unterlassen.

Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung bestimmter Übungen würde freilich nicht jeder Besuch eines Fitnessstudios zu einer außergewöhnlichen Belastung führen. Wesentlich wäre die Einbettung des Fitnessstudiobesuchs und der dabei absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung. So könnte sich ein physiotherapeutisch begleiteter Besuch eines Fitnessstudios beispielsweise dann und insoweit als zwangsläufig erweisen, wenn im Rahmen einer ärztlich verordneten physikalischen Therapie nach einem festen Trainingsplan laufend auch konkrete selbstständige Trainingseinheiten in einem Fitnessstudio zu absolvieren sind und eine regelmäßige Überwachung dieser Selbstübungseinheiten im Rahmen der physikalischen Therapie gewährleistet ist."

Ein vorfeldweises Gutachten bzw. eine ärztliche Verordnung betreffend das Kieser Training liegt für den Beschwerdezeitraum 2016 bis 2018 nicht vor.
Die undatierte "Bestätigung über die medizinische Notwendigkeit" des Hausarztes
"KIESER Training: aufgrund des Krankheitsbildes ist ein zielgerichtete Aufbau- bzw. Funktionstraining unter ärztlicher Aufsicht und Begleitung wie bei Kieser gegeben medizinisch erforderlich und notwendig."
hat Bf erst am 19. Feber 2020 vorgelegt. Im Schriftsatz vom bestreitet Bf nicht, dass diese Bestätigung erst 2020 - jedenfalls erst nach dem Beschwerdezeitraum ausgestellt worden ist. Gleiches gilt entgegen der Ansicht des Bf auch für den als Beilage I dem Schriftsatz des Bf vom angeschlossenen (teilweise durch Schwärzen unleserlich gemachten) Abschlussbericht des Vinzenz Ambulatoriums vom .

Der Hausarzt nennt in dieser offensichtlich auf Drängen des Bf ausgestellten Bestätigung keine konkrete Gesundheitsbeeinträchtigung des Bf. Eine Zuordnung zu einer von der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Gesundheitsbeeinträchtigung liegt daher auch nicht vor.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann die Durchführung des Kieser-Trainings samt Hin- und Rückfahrten im Beschwerdezeitraum schon deshalb nicht als medizinisch notwendig qualifiziert werden. Gleiches gilt für die angeblich damit verbundene "med. Trainingsberatung", deren vom Bf am für das Jahr 2016 vorgelegte Bestätigung außerdem weder den Namen eines Ausstellers noch eine Unterschrift trägt.

Dazu kommt noch das Fehlen des zusätzlich erforderlichen Trainingsplanes.

Das vom Bf mit Schriftsatz vom als Beilage III vorgelegte Trainingsblatt kann einen Trainingsplan ebenso wenig ersetzen wie die vom Bf in Beilage II vorgenommene pauschale Bewertung des Kieser Trainings im von ihm besuchten Fitnessstudio ("Perfekt individuell auf jede Person abgestimmtes Training nach ärztlicher Untersuchung").

Der Umstand, dass sich in den Räumlichkeiten von Kieser eine Arztpraxis befindet, kann weder das Erfordernis des vorfeldweisen Gutachtens bzw. der ärztlichen Verordnung noch das Erfordernis eines ärztlichen Trainingsplanes und der Überwachung dessen Durchführung ersetzen. Die Durchführung des nach Ansicht des Bf notwendigen Lokalaugenscheines (Pkt. 2 und Pkt. 3 des Schriftsatzes vom ist deshalb entbehrlich.

Nach der Rechtsprechung des , können nur Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht, die durch speziell geschultes Personal erbracht werden, den therapeutischen Zweck gewährleisten bzw. medizinisch unerwünschte Nebenwirkungen hintanhalten und somit die Qualifikation als "Heilmittel" oder Heilbehandlung" für sich in Anspruch nehmen.

Aufwendungen für den Besuch eines Fitnessstudios ohne vorherige ärztliche Verordnung und Trainingsplan samt ärztlicher Überwachung sind nicht nur nach der zitierten Rechtsprechungdes Verwaltungsgerichtshofes ( 2012/15/0136) sondern schon des Unabhängigen Finanzsenates ( RV/2462-W/07; , RV/0973-L/07) und dann des Bundesfinanzgerichts ( RV/1100561/2012; , RV/2100576/2012; , RV/7102606/2013; , 7104255/2014; , RV/2101415/2014; , RV/5101185/2015; , RV/2100315/2018) auch in der Form des Kieser Trainings () medizinisch nicht notwendig.

Zur medizinische Notwendigkeit der Produkte der Alternativmedizin und Massagen

Folgende Ausführungen sind weitgehend der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates RV/0028-W/13, entnommen, auf die bereits in der Begründung der bekämpften Bescheide hingewiesen wurde:

Nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, sind einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können ( 2001/15/0109).

Kosten einer alternativmedizinischen Behandlung sind grundsätzlich dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn die Zwangsläufigkeit mittels ärztlicher Verordnung nachgewiesen wird ( RV/0440-L/11, zu Kinesiologiebehandlungen). Selbstbehandlung oder bloße ärztliche Empfehlung ist nicht ausreichend (vgl. Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 90 "Alternativmedizinische Behandlung").

Nicht abzugsfähig sind nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"). Zu derartigen allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählen Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert, was der Steuerpflichtige nachzuweisen hat. Eine ärztliche Verschreibung ist auch für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches medizinisches Personal erforderlich (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL, § 34 Anm. 78).

Es muss eine Maßnahme im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans gegeben sein, dies insbesondere bei von der allgemeinen Lebensführung schwer abgrenzbaren Kosten (vgl. RV/0440-L/11, RV/0548-W/12). Im Allgemeinen ist eine im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes (und damit vor der Anwendung) erstellte ärztliche Verordnung ein geeigneter Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme. Auch wenn die Kosten teilweise von der Sozialversicherung gedeckt werden, wird von medizinischer Notwendigkeit auszugehen sein.

Im gegenständlichen Fall hat Bf für die strittigen Aufwendungen aus dem Bereich der Alternativ- und Naturmedizin (Collhyaleen Pulver; Naturversand Robert Franz: OPC 133, Vita Bio 1 lt, MSM Kapseln, Nattokinase , Vitamin Kaapseln B 50 und B12, Selen150 Kapseln, Volks Vitamin D 3 Tropfen; Dr. Böhm Teufelskralle, Brusttee, Zink Kapseln und CBD Hanf-Öl) keinerlei Ersatz von der Sozialversicherung (BVA) erhalten.

Schon dies spricht gegen die medizinische Notwendigkeit der strittigen Aufwendungen.

Das Finanzamt hat schon in der Begründung der bekämpften Bescheide auf die Notwendigkeit einer ärztlichen Verschreibung im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes hingewiesen.

Bf hat keine ärztliche Verschreibung der strittigen Produkte der Alternativmedizin vorgelegt.

Die undatierte "Bestätigung über die medizinische Notwendigkeit" des Hausarztes
"Das CBD Hanf Öl ist medizinisch indiziert und stellt eine begleitende Maßnahme zur laufenden medikamentösen Therapie dar, und ist verordnet."
hat Bf erst am 19. Feber 2020 vorgelegt. Im Schriftsatz vom bestreitet Bf nicht, dass diese Bestätigung erst 2020 - jedenfalls erst nach dem Beschwerdezeitraum ausgestellt worden ist.

Der Hausarzt nennt in dieser offensichtlich auf Drängen des Bf ausgestellten Bestätigung keine konkrete Gesundheitsbeeinträchtigung des Bf. Eine Zuordnung zu einer von der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Gesundheitsbeeinträchtigung liegt daher auch bezüglich des CBD Hanf Öles nicht vor.

Die anderen Präparate der Alternativmedizin werden in der am vorgelegten Bestätigung des Hausarztes nicht einmal erwähnt

Der vom Bf zur Untermauerung der Notwendigkeit des Kaufes des Collhyaleen Pulvers im Jahr 2016 vorgelegte Befund betreffend den Zustand des Kniegelenkes stammt erst vom . Die medizinische Notwendigkeit zur Einnahme dieses Präparates kann nach Ansicht des erkennenden Gerichts aus den vorgelegten Unterlagen nicht abgeleitet werden.

Präparate Robert Franz:
OPC und Selen sollen nach den Ausführungen des Bf zur Stärkung seines Immunsystems wegen Knochenmarkkrebses und in diesem Zusammenhang Nattokinese zur Blutverdünnung dienen.
Aus dem von Bf vorgelegten Beipacktext ergibt sich auch für diese Präparate. keine medizinische Notwendigkeit. Der vom Bf ins Treffen geführte Knochenmarkkrebs war auch keine bei der Feststellung des Grades der Behinderung von der Berufungskommission berücksichtigte Gesundheitsbeeinträchtigung.

Wie bereits oben ausgeführt sind Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit steuerlich nicht abzugsfähig. Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel oder Körperpflegeprodukte stellen jedoch derartige Maßnahmen zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge dar.
Auch die vom Bf bemühte Verpflichtung eines Beamten, alles zu unterlassen, was seiner Genesung entgegensteht bzw. diese verzögert, andererseits alles dafür zu tun, seine Arbeitsleistung in vollem Umfang zur Verfügung stellen zu können, führt zu keiner steuerlichen Absetzbarkeit medizinisch nicht notwendiger Aufwendungen.

Für die vom Bf erst in der Beschwerde für die Jahre 2017 und 2018 geltend gemachten Kosten für Massagen und Fahrtkosten liegen ebenfalls weder eine ärztliche Verordnung noch ein teilweiser Ersatz durch die Sozialversicherung vor. Bf hat dazu lediglich eine SMS jedoch weder eine Rechnung, aus der die Leistung ersichtlich ist, noch einen Zahlungsnachweis vorgelegt.
Ein diesbezüglicher Nachweis von Kosten für Heilbehandlung sowie deren medizinische Notwendigkeit fehlt daher.

Bf hat weder die ärztliche Verordnung einer Leberdiät und deren Durchführung noch deren Kosten nachgewiesen. Im Behindertenausweis des Bf scheint auch keine Zusatzeintragung einer Diätverpflegung auf. Eine Lebererkrankung wurde von der Berufungskommission bei der Feststellung des Grades der Behinderung auch gar berücksichtigt, was Bf auch gar nicht bestreitet.

Zusammenfassend ist festzustellen:
Bf hat für die gegenständlichen, ärztlich nicht vor deren Beginn verordneten Behandlungsmaßnahmen, für deren Kosten die Sozialversicherung keinerlei Ersatz geleistet hat, auch keinen anderen Nachweis für deren medizinische Notwendigkeit erbracht.
Die strittigen Behandlungsmaßnahmen werden deshalb in freier Beweiswürdigung als medizinisch nicht notwendig qualifiziert.

Für die Ermittlung der zumutbaren Mehrbelastung gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wurde jeweils der Gesamtbetrag der Einkünfte vermindert um die Sonderausgaben der bekämpften Bescheide um die sonstigen Bezüge der Lohnzettel erhöht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage (Fettdruck durch das erkennende Gericht)

Die hier maßgeblichen Absätze 1 bis 6 des mit der Überschrift Außergewöhnliche Belastungen versehenen § 34 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988, idF BGBl. I Nr. 62/2018 (EStG 1988) lauten:

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

mehr als 36 400 Euro …………………………………………………………………………………….12%.

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

  • Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.

  • Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.

  • Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

  • Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

  • Mehhraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Der mit der Überschrift "Behinderte" versehene § 35 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 62/2018 lautet auszugsweise:

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1.in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

  • Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

  • Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

  • In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(3) Es wird jährlich gewährt

bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von ein Freibetrag von Euro
….

ab 95% .......................................................................................................726.

….

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

….

Auf Grund der Ermächtigungen der §§ 34 Abs. 6 und 35 Abs. 7 EStG 1988 wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 erlassen, wobei für den Beschwerdezeitraum die Änderungen durch BGBl. II Nr. 91/1998, BGBl. II Nr. 416/2001 und BGBl. II Nr. 430/2010 zu berücksichtigen sind:

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

  • durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2. (1)Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei

  • Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro

  • Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit. 51 Euro

  • Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro

pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.

(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Erwägungen des erkennenden Gerichts

Aufwendungen können nur dann als außergewöhnliche Belastung nach §§ 34 und 35 EStG 1988 berücksichtigt werden, wenn sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig iSd oben zitierten § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwachsen, er sich ihnen aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Bei den Steuerpflichtigen selbst betreffenden Krankheitskosten kommen der Natur der Sache nach dafür nur tatsächliche Gründe in Frage.

Die von Bf ins Treffen geführte Pflicht des Beamtendienstrechtes kann jedenfalls nicht dazu führen, dass bei Beamten - im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung - Krankheitskosten anzuerkennen wären. Eine derartige Auslegung des Einkommensteuerrechts wäre zweifellos mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar und deshalb verfassungswidrig.

Wie bereits oben ausgeführt, erfordert die tatsächliche Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten, die nicht von der Sozialversicherung getragen werden, triftige medizinische Gründe (), insbesondere wenn es sich um ärztlich nicht verordnete Maßnahmen der Alternativmedizin handelt.

Nach obigen Feststellungen sind die streitgegenständlichen - Bf teilweise gar nicht erwachsenen - Krankheitskosten des Beschwerdezeitraumes medizinisch nicht notwendig.
Auf obige Sachverhaltsfeststellung und die Ausführungen zur Beweiswürdigung wird verwiesen.

Mangels Erfüllung des Tatbestandselements der Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 hat das Finanzamt den streitgegenständlichen Aufwendungen in den bekämpften Bescheiden daher zu Recht die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung versagt.

Kosten für die von Bf erst in der Beschwerde beantragte Leberdiät sind Bf nach obigen Feststellungen im Beschwerdezeitraum nicht erwachsen. Das Finanzamt hat dazu außerdem zutreffend in der Beschwerdevorentscheidung auf das dazu für das Jahr 2014 ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ( RV/5100818/2016) und darauf hingewiesen, dass diesbezüglich keine zwischenzeitigen Änderungen eingetreten sind.
Die Berufungskommission hat Bf zwar einen Grad der Behinderung von 100% bescheinigt, dem jedoch gar keine Lebererkrankung zu Grunde gelegt, was Bf gar nicht bestreitet.
Es mag dahin gestellt bleiben, aus welchen Gründen Bf keine Eintragung einer Leberdiät in seinen Behindertenpass beantragt hat. Das Bundesfinanzgericht hat schon im genannten Erkenntnis darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde ihrer Entscheidung die jeweils zuletzt ausgestellte amtliche Bescheinigung des Bundessozialamtes zugrunde zu legen hat.

Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind nur dann ohne Abzug des Selbstbehaltes iSd § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen, wenn der Grad der Behinderung wegen des eine Diät erfordernden Leidens mit mindestens 25% in die Gesamteinschätzung des Grades der Behinderung einfließt. Da für die behauptete Leberkrankheit des Bf nach wie vor überhaupt keine prozentuelle Behinderung festgestellt worden ist, wäre auch wenn das Erfordernis einer Diätverpflegung bestünde, der Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen ( RV/2100269/2010).
Die Berücksichtigung von Krankheitskosten von Behinderten gemäß § 4 der oben zitierten Verordnung ohne Abzug des Selbstbehaltes bedarf eines unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt, andernfalls ist der vom Steuerpflichtigen zu tragende Selbstbehalt abzuziehen ( 93/15/0079; , 99/13/0169).

Der oben festgestellte Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG 1988 von über 5.500,00 € in allen Beschwerdejahren stünde der tatsächlich steuermindernden Berücksichtigung der weit darunter liegenden von Bf geltend gemachten Kosten - selbst wenn man sie als medizinisch notwendig ansähe - entgegen.

Aus den genannten Gründen kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine derartige Rechtsfrage vor, weil die Entscheidung im Wesentlichen in der Beweiswürdigung und auf Grund der zitierten eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu fällen war.

Linz, am

[...]

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