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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.11.2020, RV/7105161/2015

Fortsetzung der AfA des Rechtsvorgängers bei unentgeltlichem Erwerb

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Dr. Elfriede Murtinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Kandlhofer, Wirtschaftskammer für Niederösterreich, Günter Unger, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Woditschka & Picher Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H., Bahnstraße 26, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer 2011 und Einkommensteuer 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Mag. Katharina Moravec zu Recht erkannt:

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen die im Spruch angeführten Bescheide betreffend die Jahre 2010 bis 2012 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, von welcher Bemessungsgrundlage und mit welcher Nutzungsdauer die Absetzung für Abnutzung nach dem unentgeltlichen Erwerb zu berechnen ist.

Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:

Der Bf führt die ***1-GmbH***. Diese ist aus dem Einzelunternehmen ***1*** hervorgegangen. Die im Betrieb befindlichen Gebäude wurden im Zuge des Überganges des Unternehmens vom Einzelunternehmer ***1*** ins Privatvermögen übernommen und ab diesem Zeitpunkt an die ***1-GmbH*** vermietet. Nach Ablauf von fünf Monaten schenkte ***1*** die Gebäude seinem Sohn, dem Bf. Ab diesem Zeitpunkt vermietete der Bf die Gebäude an die ***1-GmbH***.

Im Zuge der Vermietung wurde von ***1*** und in der Folge vom Bf Absetzung für Abnutzung für die Gebäude geltend gemacht. Die AfA wurde mit einem Betrag von 2.498,64 Euro in Abzug gebracht.

Mit einem Ergänzungsersuchen forderte das Finanzamt den Bf auf, eine Aufstellung vorzulegen, wie die AfA-Basis ermittelt worden sei. Weiters wurde die Vorlage eines Gutachtens erbeten, falls ein erhöhter AfA-Satz beantragt werde.

Der Bf teilte mit, dass das Gebäude vom Rechtsvorgänger aus dem Betrieb entnommen worden sei und es werde eine Kopie des Anlagenverzeichnisses übermittelt. Die Buchwerte seien unverändert weitergeführt worden und dementsprechend 3/12 der Jahresabschreibung beim Einzelunternehmen, 5/12 bei ***1*** und 4/12 beim Bf zum Ansatz gebracht worden. Entsprechend der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 sei die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers fortzusetzen, wenn das Gebäude unentgeltlich erworben worden sei.

Das Finanzamt errechnete aus dem Anlagenverzeichnis Anschaffungskosten für das Gebäude in der Höhe von 182.468,52 Euro, daraus ergab sich eine JahresAfA von 2.737,03 Euro. 4/12 dieses Betrages wurden als Absetzung für Abnutzung zum Ansatz gebracht und dem Bescheid für das Jahr 2011 zugrunde gelegt. Im Jahr 2012 wurde dieser Betrag als GanzjahresAfa in Abzug gebracht.

Gegen diese Bescheide wurde Beschwerde erhoben. Die Beschwerde richtete sich gegen die Festsetzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der in den Bescheiden angeführten Höhe. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung resultierten aus einer Liegenschaft, die im Schenkungswege erworben worden sei. In diesem Fall sei die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers fortzusetzen. Dieser gesetzlichen Bestimmung sei dergestalt entsprochen worden, dass die im Anlagenverzeichnis des Einzelunternehmens gegebenen Anschaffungskosten, Nutzungsdauer und AfA-Sätze fortgeführt und aliquot für vier Monate zum Ansatz gebracht worden seien. Es werde daher beantragt, die Absetzung für Abnutzung entsprechend der eingereichten Erklärung anzusetzen und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 301,36 Euro zu berichtigen.

Das Finanzamt entschied mit Beschwerdevorentscheidung. Der Bescheid wurde abgeändert und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erhöht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Vermietungseinkünfte die Vermietung des Gebäudes (Werkstätte und Bürogebäude) beträfen. Da der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer nicht erbracht worden sei, sei ein AfA-Satz von 1,5 Prozent anzuwenden. Im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung beim Einzelunternehmen ***1*** sei der Entnahmewert für das entnommene Gebäude von 100.000 Euro festgestellt worden. Dieser Entnahmewert trete für die AfA-Bemessung an Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Das im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegte Schätzgutachten beträfe die Gebäude, das eine Baubeschreibung der Gebäude, eine Bewertung der Gebäude und Angaben über die Nutzungsdauer der Gebäude enthalte. Laut Gutachten sei die Liegenschaft am besichtigt worden. Das Gutachten enthielte jedoch keine Aussagen über den Bauzustand der Gebäude zum maßgeblichen Stichtag , weshalb es nicht als tauglich erachtet werden könne, um eine kürzere Nutzungsdauer der Gebäude zu rechtfertigen. Es gehe bloß schematisch von einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer aus, von der die bisherige Nutzungsdauer abgezogen worden sei. Auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaft sei nicht eingegangen worden. Das Gutachten sei daher für den Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer ungeeignet. Sollte von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, sei ein genaues Eingehen des Gutachtens auf den Gesamtzustand des jeweiligen Gebäudes, insbesondere dessen tragender Teile unumgänglich. Das vorliegende Gutachten enthalte keine Aussagen zum technischen Bauzustand der Gebäude.

Die AfA betrage daher 1.500 Euro, im Jahr 2011 könne sie nur zu 4/12 abgesetzt werden, das seien 500 Euro.

Der Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Gleichzeitig wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt.

In der mündlichen Verhandlung wurde ausgeführt:

Der steuerliche Vertreter brachte ergänzend vor, man müsse zwischen der technischen und der wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterscheiden. Der Gutachter könne aber keine Aussagen über die wirtschaftliche Nutzungsdauer machen, weil ihm dazu die notwendigen Informationen fehlen würden, inwieweit das Gebäude in der Zukunft sinnvoll nutzbar sein werde. Es sei aber zweifelsfrei, dass im gegenständlichen Fall die wirtschaftliche Nutzungsdauer wesentlich kürzer als die technische sei. Im Übrigen werde das Gebäude weiterhin in derselben Art genutzt wie vorher durch das Einzelunternehmen und ergebe sich eine Änderung der Nutzungsdauer nur aufgrund der Änderung der Einkunftsart. Es sei aber auszuschließen, dass das gegenständliche Werkstättengebäude tatsächlich noch 66 Jahre den Anforderungen gewachsen sein werde. Aus diesem Grund sei der wahre wirtschaftliche Gehalt der Bemessung der Nutzungsdauer zugrunde zu legen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass bereits 2015 ein neuer Schauraum errichtet habe werden müssen, da mit der 1989 fertiggestellten Werkstatt nicht mehr das Auslangen hätte gefunden werden können.

Über Befragen wird festgehalten, dass im gegenständlichen Fall lediglich die Nutzungsdauer, nicht aber die Höhe der Anschaffungskosten strittig sind.

Die Finanzamtsvertreterin verwies auf die Bestimmungen des § 16 EStG, aufgrund derer eine Unterscheidung zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen vorzunehmen sei. Laut den Aussagen der Erkenntnisse des VwGH (2001/13/0277 vom ; 2004/13/0052, 2002/15/0192, 2004/15/0139 vom ) sei für ein im Privatvermögen befindliches Gebäude lediglich ein Abschreibungssatz von 1,5 % vorgesehen. Dabei sei unerheblich, welchem Zweck der Mieter dieses Gebäude zuführe, auch sei es unwesentlich, welches Alter das Gebäude bereits habe, es komme ausschließlich auf den Zustand des Gebäudes an. Nur aufgrund eines Gutachtens, aus dem sich ein Gebäudezustand ergebe, der eine kürzere Nutzungsdauer zulasse, könne ein höherer AfA-Satz gewährt werden. Das vorgelegte Gutachten stelle aber lediglich auf das Alter und nicht auf den Bauzustand des vermieteten Gebäudes ab.

Der steuerlicher Vertreter wies noch darauf hin, dass der AfA-Satz von 1,5 % wohl auch darin seine Begründung gefunden habe, dass ursprünglich Gebäudeveräußerungen aus dem Privatvermögen nach einer gewissen Zeit steuerfrei geblieben seien. Dies habe sich aber durch die Einführung der ImmoESt erheblich verändert, weshalb sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung ergebe.

Die Finanzamtsvertreterin verwies darauf, dass im Jahr 2011 eine Halbjahres-AfA und nicht nur vier Zwölftel zustehe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht ist in seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Der Bf hat die gegenständliche Liegenschaft von seinem Vater im Schenkungswege im September 2011 erworben. Nach dem Erwerb ab September 2011 vermietete er die Liegenschaft an die ***1-GmbH***.

Vor der Schenkung befand sich die Liegenschaft im Privatvermögen des Vaters ***1***, der die Liegenschaft ebenfalls seit der Entnahme aus dem Betriebsvermögen im April 2011 an die ***1-GmbH*** vermietete.

Der Geschenkgeber und Rechtsvorgänger hatte die Liegenschaft mit Betriebsaufgabe seines Einzelunternehmens aus dem Betriebsvermögen mit einem Entnahmewert von 100.000 Euro entnommen. Im Zuge der Vermietung wurde eine AfA in der Höhe von 1,5 Prozent von Entnahmewert von 100.000 Euro berücksichtigt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die Liegenschaft mit den Gebäuden war im Zeitpunkt der Entnahme und der Schenkung noch nicht auf Null abgeschrieben.

Das vorliegende Gutachten trifft keine Aussagen zum technischen Bauzustand der Gebäude und eine daraus resultierende Restnutzungsdauer der Gebäude.

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und den Feststellungen der Betriebsprüfung zur Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens des Vaters und Rechtsvorgängers und ist insoweit nicht strittig.

Hinsichtlich der Eignung des Gutachtens, eine kürzere als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer der Gebäude nachzuweisen, teilt das Bundesfinanzgericht die Beurteilung des Gutachtens durch das Finanzamt. Es ist somit nicht geeignet, die gesetzlich vermutete Restnutzungsdauer zu widerlegen bzw eine kürzere Restnutzungsdauer nachzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht durfte diesen Sachverhalt daher seiner Entscheidung zugrunde legen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 ist für Gebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, bei einem unentgeltlichen Erwerb die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers fortzusetzen.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 kann ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Die AfA kann grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme eines Wirtschaftsgutes vorgenommen werden, dh ab dem Zeitpunkt, in dem es zur Erzielung von Einkünften verwendet wird. Fällt die Inbetriebnahme in das erste Halbjahr des Wirtschaftsjahres, ist nach § 7 Abs 2 EStG 1988 der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte des Betrages.

Nach der Bestimmung des lit b setzt der Rechtsnachfolger im Falle des unentgeltlichen Erwerbes immer die AfA des Rechtsvorgängers nach Art einer Buchwertfortführung wie im betrieblichen Bereich fort. Dies gilt hinsichtlich Bemessungsgrundlage, Nutzungsdauer und AfA-Betrag. Hat der Rechtsvorgänger das Wirtschaftsgut bereits auf Null abgeschrieben, dann steht dem Rechtsnachfolger keine weitere Abschreibung zu.

Diese Bestimmung ist nur anzuwenden, wenn auch der Rechtsvorgänger das Gebäude bereits zur Einkunftserzielung verwendet hat, also bereits vermietet hat.

Unentgeltlicher Erwerb ist der Erwerb durch Schenkung oder durch Erbschaft.

Der Bf hat die Liegenschaft durch eine Schenkung erhalten, somit unentgeltlich erworben. Die Liegenschaft wurde bereits davor ohne Unterbrechung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung verwendet und eine AfA geltend gemacht. Das Gebäude war noch nicht auf Null abgeschrieben. Die Abschreibung des Vorgängers wurde mit 1,5 Prozent des Entnahmewertes berücksichtigt. Die AfA ist daher beim Bf nach dem Wortlaut des Gesetzes mit diesem Betrag fortzusetzen.

Da der Bf die Liegenschaft im September 2011 erhalten und ab diesem Zeitpunkt, also ab dem zweiten Halbjahr, die Liegenschaft zur Erzielung von Einkünften verwendet hat, steht ihm für das Jahr 2011 die Hälfte der AfA zu, das sind 750 Euro. Im Jahr 2012 hat der Bf Anspruch auf die Jahres-AfA.

Das Bundesfinanzgericht hegt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988, da es dem Abgabepflichtigen ja frei steht, das Gebäude im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen zu halten.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Es ergab sich die Beantwortung der anstehenden Rechtsfragen bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Aus diesem Grund wurde die Revision für unzulässig erklärt.

Beilagen: Berechnungsblätter Einkommensteuer 2011 und 2012

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105161.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at