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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2020, RV/7103255/2019

Haftungsbescheid - Abweisung wegen Nichterfüllens der sog. qualifizierten Behauptungs- und Konkretisierungslast

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 9 iVm 80ff Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mir Haftungsvorhalt vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin (in der Folge Bf) mit, dass beabsichtigt sei, sie für diverse Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag sowie Nebenansprüche) betreffend den Zeitraum 2012 bis 2013 der X-GmbH (in der Folge Gesellschaft), deren Geschäftsführerin die Bf gewesen sei, im Gesamtausmaß von 37.817,42 Euro als Haftungsverpflichtete in Anspruch zu nehmen. Der Betrag entspreche 96,56% der offenen Abgaben mit vor Konkurseröffnung liegenden Fälligkeiten, die Quote von 3,44% sei somit bereits in Abzug gebracht worden.

Weiters wurde die Bf aufgefordert, zu beweisen, dass sie ohne ihr Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen. In diesem Zusammenhang wurde die Bf ersucht, die erforderlichen Unterlagen (zB Bankkontoauszug oder Kassabuch) vorzulegen und anzugeben, was sie daran gehindert habe, für die Entrichtung der Abgaben der Gesellschaft aus deren Vermögen und laufenden Einnahmen zu sorgen bzw welche Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung standen und wie diese Mittel verwendet worden seien. Die Bf wurde auch gebeten, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom teilte die Bf dem Finanzamt diesbezüglich mit, dass sie kein Verschulden daran treffe, dass die Abgaben nicht entrichtet worden seien. Neben einer guten Auftragslage sei zu den damaligen Zeitpunkten auch eine erhebliche Anzahl von offenen (Ausgangs-)Rechnungen vorhanden gewesen. Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass die entsprechenden Auftraggeber ungerechtfertigte Mängelrügen erheben würden, ihrerseits mit den Zahlungen in Verzug geraten und letztlich keinerlei Zahlungen mehr leisten würden. Dies sei auch ausschlaggebend dafür gewesen, dass die Gesellschaft in Konkurs verfallen sei. Als Beweismittel beantragte die Bf die Beschaffung des Konkursaktes sowie ihre Einvernahme.

Zur den wirtschaftlichen Verhältnissen wurde angegeben, dass die Bf in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, ihr monatliches Einkommen aber nicht ausreiche, um die Lebenserhaltungskosten zu bestreiten; sie sei auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen. Die Bf sei Miteigentümerin einer mit Pfandrechten massiv belasteten Liegenschaft, auch sei ihre Lebensversicherung vinkuliert. Ansonsten verfüge sie über keine Vermögenswerte oder Barmittel.

In einem weiteren Vorhaltsschreiben vom ersuchte die Behörde die Bf zum Zweck des Nachweises der Gläubigergleichbehandlung, für den Zeitraum, in dem die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten entstanden waren, eine Aufstellung vorzulegen, aus der ersichtlich ist, wie hoch die an den jeweiligen Fälligkeitstagen vorhanden gewesenen Mittel, die jeweiligen Verbindlichkeiten und die jeweiligen Zahlungen waren. Zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben bat das Finanzamt erneut um Vorlage der entsprechenden Bankkontoauszüge bzw Kassabücher. Dieses Ergänzungsersuchen blieb - nach einem Ersuchen um Fristerstreckung bis Ende Jänner 2016 - inhaltlich unbeantwortet.

In weiterer Folge nahm die belangte Behörde mit dem verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid vom die Bf als Haftungspflichtige gemäß §§ 9 iVm 80ff Bundesabgabenordnung (BAO) für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Gesamtausmaß von 34.225,31 Euro in Anspruch. Bei den betroffenen Rückständen handelte es sich um Beträge betreffend die Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen sowie diverse Nebenansprüche aus dem Zeitraum 2012 bis 2013.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die genannten Abgabenschuldigkeiten seien bei der Gesellschaft als uneinbringlich anzusehen. Dies ergebe sich daraus, dass der über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs mit Beschluss des Landesgerichtes Ort vom tt. Juli 2014 nach der Schlussverteilung gemäß § 139 Insolvenzordnung (IO) aufgehoben worden sei.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers nachzuweisen, weshalb er nicht Sorge getragen habe, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen dürfe.

Reichten die Mittel zur Befriedigung aller Gläubiger nicht aus, habe der Geschäftsführer dafür zu sorgen, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller fälligen Verbindlichkeiten verwendet werden. Die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger beziehe sich auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits. Der Vertreter dürfe hiebei Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden. Dem Vertreter obliege der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Gelinge der Nachweis der Gleichbehandlung nicht, so könne die Haftung für den gesamten uneinbringlichen Abgabenbetrag geltend gemacht werden. Den Vertreter treffe im Haftungsverfahren eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast. Pauschale Behauptungen, dass die Abgabenbehörde bei der Mittelverteilung nicht benachteiligt worden sei, seien mangels jeder zahlenmäßiger Festlegung zu unkonkret, um der qualifizierten Mitwirkungspflicht des Vertreters an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes Rechnung zu tragen. Der bloße Hinweis, dass der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung aus dem Konkursakt ersichtlich wäre, gehe ins Leere, da aus dem Konkursakt nur der Status quo zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung hervorgehe, nicht aber die in den Zeiträumen zuvor vorhandenen liquiden Mittel und aushaftenden Verbindlichkeiten. Die Bemerkung, die Abgabenbehörde könne die Geschäftsführerin einvernehmen, könne nicht als Beweisangebot gesehen werden, zumal der Ergänzungsvorhalt vom unbeantwortet geblieben sei.

Deutliche Anhaltspunkte für eine gänzliche Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zu den Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Abgaben ergäben sich keine, zumal laut Aktenlage bis zur Konkurseröffnung laufend Umsätze erzielt worden seien, woraus geschlossen werden könne, dass Mittel zur zumindest anteiligen Abgabenentrichtung vorhanden gewesen seien.

Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz bestehe für die Lohnsteuer. Betreffend die

Lohnsteuer sei die abgabenrechtlich relevante Pflichtverletzung schon gemäß § 78 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 gegeben. Reichten die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so habe er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. In solchen Fällen dürften Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und seien anteilig zu kürzen. Die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer sei zur Gänze zu entrichten.

Im Rahmen des durchgeführten Vorverfahrens seien die Gründe, die letztendlich zur Insolvenzeröffnung geführt hätten (Erhebung ungerechtfertigter Mangelrügen von Auftraggebern, Ausfälle von erwarteten Zahlungseingängen), geschildert worden. Diesen Ausführungen sei entgegenzuhalten, dass haftungsrelevant nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten sei. Ein Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sei für das Haftungsverfahren ebensowenig von Bedeutung wie ein möglicher Verstoß gegen handels- und strafrechtliche Pflichten oder die Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Konkursantrages, da die abgabenrechtliche Geschäftsführerhaftung nicht an dieselben Voraussetzungen knüpfe wie die zivilrechtliche.

Da der Nachweis, dass die Bf ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen, nicht erbracht wurde, müsse angenommen werden, dass der Abgabenrückstand durch offenbar schuldhaftes Verhalten nicht entrichtet worden sei. Aus diesem Grund sei die Haftung gegenüber der Bf geltend gemacht worden.

Gegen den Haftungsbescheid vom erhob die Bf mit Eingabe vom fristgerecht das verfahrensgegenständliche Rechtsmittel der Beschwerde und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass in den Jahren 2012 und 2013 hohe Verluste entstanden seien. Die Zahlungseingänge seien vor allem dafür aufgewendet worden, Zug um Zug Geschäfte abzuwickeln, insbesondere für Materialeinkäufe, um die vorhandenen Aufträge erfüllen zu können. Hinsichtlich der Liquiditätssituation zu den einzelnen Fälligkeitstagen wurde angekündigt, entsprechende konkrete Zahlen nachzureichen.

In ihrer Beschwerdeergänzung vom brachte die Bf zusätzlich vor, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Abgaben keine ausreichenden liquiden Mittel vorhanden gewesen wären. In den Jahren 2012 bis 2014 hätten sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft wie folgt entwickelt:

Verbindlichkeiten per Erh. in %

Aus dieser Aufstellung sei ersichtlich, dass sich die Verbindlichkeiten laufend erhöht hätten und dass das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern nicht schlechter gestellt worden sei; im Gegenteil: die Bank- und Lieferverbindlichkeiten sowie die Verbindlichkeiten gegenüber den Dienstnehmern seien viel stärker gestiegen als jene gegenüber den Finanzbehörden. Eine Haftung der Bf komme somit nicht in Frage.

Im Haftungsbetrag seien Lohnsteuerbeträge in Höhe von 7.340,96 Euro enthalten. Der Lohnsteuerabzug sei im Zeitpunkt des Zuflusses von Arbeitslohn vorzunehmen. Betreffend die Haftung für Lohnsteuerbeträge sei anzumerken, dass ein großer Teil der Nettolöhne und -gehälter aufgrund der angespannten Liquiditätslage nicht bezahlt worden sei und daher auch die Lohnsteuer für diese nicht bezahlten Bezüge nicht fällig gewesen sei. Dies sei aus der obigen Tabelle ersichtlich (Erhöhung der Verbindlichkeiten gegenüber den Dienstnehmern auf knapp 58.000 Euro).

Eine schuldhafte Pflichtverletzung liege insbesondere dann vor, wenn der Geschäftsführer bewusst Abgaben nicht entrichtet, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten verletzt oder Zahlungserleichterungen durch falsche Angaben erschleicht und in weiterer Folge die Abgabenschuld uneinbringlich wird. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die Bf die Steuern und Abgaben nach bestem Wissen berechnet und gemeldet habe.

Aus diesem Grund werde beantragt, den angefochtenen Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und über die Finanzsache nach Verfahrensergänzung neu zu entscheiden.

Im Beschwerdeverfahren vor der belangten Behörde wurde der Bf mit Schreiben vom aufgetragen, ergänzend eine Aufstellung für den Zeitraum, in dem die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten entstanden waren, vorzulegen, aus der ersichtlich ist, wie hoch die an den jeweiligen Fälligkeitstagen vorhanden gewesenen Mittel, die jeweiligen Verbindlichkeiten und die jeweiligen Zahlungen waren. Weiters wurde um ergänzende Angaben gebeten, welche Lohn- bzw Gehaltsauszahlungen für die Monate November 2012 bis März 2013 tatsächlich noch vorgenommen wurden und zum Nachweis um Vorlage entsprechender Unterlagen (zB Lohnkonten) ersucht.

Die Bf übermittelte dem Finanzamt daraufhin am eine (weitere) ergänzende Eingabe zur Beschwerde und verwies darin auf die Tatsache, dass im Konkursverfahren der Gesellschaft vom Masseverwalter keine Anfechtungen vorgenommen worden seien. Das liege daran, dass innerhalb des Zeitraumes von 6 Monaten vor der Konkurseröffnung per tt. Juni 2013 keine Zahlungen vorgenommen worden seien, die einen Hinweis auf eine Ungleichbehandlung von Gläubigern ergeben hätten. Auch im Rahmen der Berichts- und Prüfungstagsatzung vor dem zuständigen Landesgericht sei dieses Thema erörtert worden und von den Gläubigerschutzverbänden zur Kenntnis genommen worden, dass keine Anfechtungen bestünden. Die Prüfung des Masseverwalters habe somit ergeben hat, dass im betreffenden, hier (auch) relevanten Zeitraum seitens der Bf keine Zahlungen vorgenommen worden seien, die als Gläubigerungleichbehandlung zu bewerten gewesen wären.

Im Übrigen wurde auf das Schreiben der Bf vom und die darin enthaltene Aufstellung verwiesen. Hinsichtlich des von der belangten Behörde abverlangten Liquiditätsstatus wurde um Fristerstreckung bis Ende September 2018 ersucht.

Nachdem die Bf einen Liquiditätsstatus der Gesellschaft nicht nachgereicht hatte, erledigte das Finanzamt die Beschwerde mit abweisender Beschwerdevorentscheidung vom . In der Bescheidbegründung hielt die belangte Behörde ua erneut fest, dass den Vertreter im Haftungsverfahren eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast treffe. Die vorgelegte Aufstellung betreffend die Entwicklung der Verbindlichkeiten von bis reiche für sich alleine nicht aus, um den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen, da daraus nicht ersichtlich sei, wie hoch die an den jeweiligen Fälligkeitstagen vorhanden gewesenen Mittel, die jeweiligen Verbindlichkeiten und die jeweiligen Zahlungen gewesen seien. Nähere Präzisierungen seien nicht erfolgt, insbesondere sei der mit Ergänzungsvorhalt vom abverlangte Liquiditätsstatus zu den Fälligkeitstagen der haftungsrelevanten Abgaben nicht erbracht worden.

Dem Vorbringen der Bf, dass eine Überprüfung des Masseverwalters ergeben hätte, dass keine Zahlungen vorgenommen worden seien, welche als Gläubigerungleichbehandlung zu werten gewesen wären, also keine Anfechtungstatbestände festgestellt worden seien, sei zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Geschäftsführer die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen auch verletzt, wenn er das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet, als er keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung leistet. Da in einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine im "status kridae" unzulässige Gläubigerbevorzugung gesehen werden kann, erweise sich auch der Hinweis auf eine allfällige Anfechtung als nicht zielführend. Aus dem Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der Insolvenzordnung ergebe sich keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt bevorzugt befriedigt hätte. Weiters sei festzuhalten, dass die Frage, ob bzw inwieweit Zahlungen nach der Bestimmung der Insolvenzordnung unwirksam oder anfechtbar gewesen wären oder nicht, ausschließlich im Konkursverfahren zu prüfen sei. Die im Abgabenverfahren zu prüfende Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibe davon unberührt.

Deutliche Anhaltspunkte für eine gänzliche Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zu den Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Abgaben hätten sich laut Aktenlage nicht ergeben, zumal im haftungsgegenständlichen Zeitraum laufend Umsätze erzielt worden seien, woraus geschlossen werden könne, dass Mittel zur zumindest anteiligen Abgabenentrichtung vorhanden gewesen seien.

Zum Vorbringen der Bf, dass aufgrund der angespannten Liquiditätslage ein Großteil der Löhne und Gehälter nicht mehr ausbezahlt worden seien, hielt das Finanzamt fest, dass diesbezüglich keine ergänzenden Ausführungen gemacht worden seien. Insbesondere habe die Bf trotz ausdrücklichen Ersuchens nicht bekanntgegeben, bis wann die Löhne bzw Gehälter ausbezahlt worden seien.

Mit fristgerechter Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Der Vorlageantrag enthielt ansonsten kein weiteres Vorbringen. In inhaltlicher Hinsicht wurde iZm einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung lediglich ausgeführt, dass die Bf derzeit über keine Arbeit und daher über kein regelmäßiges Einkommen verfüge und auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sei.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine abweisende Erledigung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die X-GmbH wurde mit Errichtungserklärung vom gegründet und am unter der Firmenbuchnummer xxxxxxy im Firmenbuch eingetragen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Ort vom tt. Juni 2013 wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet und am die Schließung des Unternehmens angeordnet. Mit Beschluss des Gerichtes vom tt. Juli 2014 wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung mit einer Quote von ca 3,4 % aufgehoben. Am tt. Mai 2015 wurde die Gesellschaft gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.

Die Bf war seit Gründung der X-GmbH Alleingesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin der Gesellschaft.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bestanden gegenüber der Gesellschaft offene Abgabenansprüche iHv insgesamt 71.182,72 Euro

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom wurde die Bf für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 34.255,31 Euro in Anspruch genommen. Betroffen waren Abgabenansprüche hinsichtlich der Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge, Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag, Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Pfändungsgebühren und Barauslagenersätze aus dem Zeitraum 2012 bis 2013. Die Fälligkeitstage der betroffenen Abgaben lagen zwischen dem und dem .

Dem streitgegenständlichen Bescheid liegen folgende Abgabenschuldigkeiten zugrunde:

Abgabenart Zeitraum Betrag

Umsatzsteuer 10/2012 3.651,92

Umsatzsteuer 11/2012 3.425,03

Umsatzsteuer 12/2012 3.938,46

Umsatzsteuer 01/2013 1.250,24

Umsatzsteuer 02/2013 547,88

Umsatzsteuer 04/2013 9.334,46

Lohnsteuer 11/2012 1.461,75

Lohnsteuer 12/2012 1.667,61

Lohnsteuer 01/2013 795,61

Lohnsteuer 02/2013 708,53

Lohnsteuer 03/2013 703,18

Lohnsteuer 04/2013 884,55

Lohnsteuer 05/2013 1.119,73

Körperschaftsteuer 10-12/2012 412,19

Körperschaftsteuer 01-03/2013 240,43

Dienstgeberbeitrag 11/2012 586,40

Dienstgeberbeitrag 12/2012 818,72

Dienstgeberbeitrag 01/2013 266,22

Dienstgeberbeitrag 02/2013 290,56

Dienstgeberbeitrag 03/2013 385,42

Dienstgeberbeitrag 04/2013 371,91

Dienstgeberbeitrag 05/2013 405,36

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2012 52,12

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2012 72,77

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2013 23,67

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2013 25,83

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2013 34,26

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2013 33,06

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2013 36,04

Verspätungszuschlag 11/2012 171,25

Verspätungszuschlag 12/2012 196,92

Pfändungsgebühr 2013 122,33

Barauslagenersatz 2013 0,60

Säumniszuschlag 1 2012 73,04

Säumniszuschlag 1 2013 147,27

Summe 34.255,31

Die im Konkursverfahren der Gesellschaft erzielte Quote von 3,44 % wurde bei den aufgelisteten Abgaben bereits berücksichtigt.

Mit Bescheid vom über die Löschung von Abgabenschuldigkeiten wurden die restlichen, nicht von der Vertreterhaftung umfassten Abgaben iHv insgesamt 36.927,40 Euro vom Finanzamt infolge Uneinbringlichkeit gemäß § 235 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) gelöscht.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die vorgelegten Akten, den elektronischen Steuerakt sowie die Urkundensammlung des Firmenbuchs und die Ediktsdatei des Justizministeriums.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall kommen folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Gemäß § 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haften die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche, wie beispielsweise Stundungszinsen, Aussetzungszinsen, Säumniszuschläge und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.

Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO sind die Stellung als Vertreter der Gesellschaft, eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an dieser Pflichtverletzung sowie die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Unbestritten ist, dass der Bf als vertretungsbefugter Geschäftsführerin der Abgabepflichtigen ab Gründung der Gesellschaft bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am tt. Juni 2013 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Mit Erlassung des Haftungsbescheides am bestanden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 71.182,72 Euro.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Ort vom tt. Juli 2014 wurde der am tt. Juni 2013 über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben. In weiterer Folge wurde die Gesellschaft am tt. Mai 2015 im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Damit steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin fest.

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (zB , 91/13/0038; , 96/14/0076). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (zB ; , 99/15/0249).

Dazu ist festzuhalten, dass dem Steuerkonto der Gesellschaft im haftungsrelevanten Zeitraum keine (Teil-)Zahlungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten entnommen werden konnten. Die Bf hat auch nicht vorgebracht, dass die Gesellschaft zu den Fälligkeitszeitpunkten der jeweiligen Abgaben zahlungsunfähig war, sondern angegeben, dass die Primärschuldnerin über nicht ausreichende Mittel verfügte. Diese Mittel wurden va für Materialeinkäufe im Rahmen von Zug um Zug Geschäften verwendet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Reichen die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt somit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, sofern dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat (vgl ). Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl ).

Betreffend die Verschuldensfrage obliegt dem Vertreter kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (sogenannte qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast laut ; , 97/13/0236; , 99/14/0120).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Bf sowohl in dem der Erlassung des Haftungsbescheides vorangegangenen Vorhalteverfahren als auch im eigentlichen Beschwerdeverfahren mehrfach aufgefordert, die notwendigen Beweismittel und Präzisierungen der vorgebrachten Entlastungsbehauptungen vorzulegen. Die Bf ist der ihr obliegenden qualifizierten Mitwirkungspflicht aber nur unzureichend bzw teilweise gar nicht nachgekommen.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom ist die belangte Behörde inhaltlich vollständig auf das Vorbringen in der Beschwerde eingegangen. Diese Ausführungen haben nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für das verwaltungsgerichtliche Verfahren Vorhaltscharakter. Es ist Sache des Abgabepflichtigen, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis von in der Beschwerdevorentscheidung inhaltlich mitgeteilten Ermittlungen auseinander zu setzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen. Im Vorlageantrag vom wurde aber auf die Ausführungen des Finanzamtes insofern nicht reagiert, als keine Gegenargumente oder -behauptungen mit allfälligen Nachweisen oder zumindest Glaubhaftmachung vorgebracht wurden.

So wurde die Bf im Zuge des Haftungs- bzw Beschwerdeverfahrens mehrmals aufgefordert, einen Liquiditätsstatus der Gesellschaft zu den Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Abgaben vorzulegen (insbesondere mit Vorhalt vom und in der Beschwerdevorentscheidung vom ). Berechnungen, dass der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern bei der Entrichtung von Verbindlichkeiten nicht benachteiligt worden ist, hat die Bf aber bis dato nicht vorgelegt. Die Bf hat lediglich in ihrer Eingabe vom eine Aufstellung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den diversen Kreditoren(-gruppen), wie Lieferanten, Finanzamt, Dienstnehmer, Bank etc, zu den Stichtagen , und vorgelegt. Diese Aufstellung enthält jedoch keine Angaben über die vorhandenen liquiden Mittel zu diesen Zeitpunkten sowie den Empfängern bzw der Höhe der erfolgten Zahlungen in den Zeiträumen dazwischen. Somit handelt es sich dabei nicht um die erforderliche Gegenüberstellung der fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu den vorhandenen liquiden Mitteln an den jeweiligen Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Abgaben.

Im Übrigen stellt die bloße Behauptung, es habe keine Gläubigerbevorzugung gegeben, keine ausreichend konkrete, sachbezogene Behauptung dar, die der der Bf obliegenden besonderen Behauptungs- und Beweislast genügt (vgl ).

Da die Bf somit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbracht hat, hat die belangte Behörde zu Recht den gesamten aushaftenden Betrag (abzüglich der Konkursquote) in die Haftung einbezogen.

Weiters hat die Bf vorgebracht, dass der Masseverwalter im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Gesellschaft keine Anfechtungsansprüche wegen möglicher Gläubigerbegünstigung geltend gemacht hat. Aus dem Nichtvorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der Insolvenzordnung (IO) ergibt sich aber keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt gleichbehandelt hat, da sich die Anfechtungsbestimmungen der IO vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung (vgl die Frist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 IO) vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger richten.

Ob bzw inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw anfechtbar gewesen wären, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Haftungsverfahren nicht zu prüfen. Die im Haftungsverfahren zu beantwortende Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibt davon unberührt ().

Mangels Behauptung und Nachweis des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der zu den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel, kommt eine Beschränkung der Haftung auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Zur Haftung für die Lohnsteuer der Zeiträume 11/2012 bis 05/2013 wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer eine Ausnahme vom Gleichheitsgrundsatz gilt und grundsätzlich die gesamten Beträge herangezogen werden können (). Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Es fällt einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet (, 0038; , 2002/13/0218; , 2004/13/0146).

Die Lohnsteuer für die betroffenen Monate 11/2012 bis 05/2013 wurde am Abgabenkonto der Gesellschaft gemeldet aber nicht entrichtet. Gegen die Höhe der gemeldeten Beträge wurde im Beschwerdeverfahren lediglich vorgebracht, dass ein großer Teil der Nettolöhne und Nettogehälter aufgrund der angespannten Liquiditätslage nicht ausbezahlt worden sei und daher auch keine Lohnsteuer angefallen sei. Diesbezüglich wurde auf die Erhöhung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber ihren Dienstnehmern laut obiger Aufstellung verwiesen.

Zu diesem Vorbringen ist - wie zum Liquiditätsstatus - auf die Tatsache hinzuweisen, dass die Bf im Beschwerdeverfahren von der belangten Behörde aufgefordert worden ist, darzulegen, ab wann keine Löhne bzw Gehälter mehr ausbezahlt wurden (vgl wiederum Vorhalt vom bzw Beschwerdevorentscheidung vom , der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorhaltscharakter zukommt).

Die Bf hat dazu keine näheren Angaben gemacht oder allfällige Beweismittel vorgelegt. Aus der vorgelegten Aufstellung der Verbindlichkeiten gegenüber Dienstnehmern (9.059,75 Euro per ; 12.785,28 Euro per ; 57.798,86 Euro per ) lassen sich keine Schlussfolgerungen ableiten, welche Löhne und Gehälter in welcher Höhe und in welchem Zeitraum nicht oder nur zum Teil ausbezahlt worden sind. Es liegt daher kein Anlass für eine Reduzierung der gemeldeten Lohnabgaben vor.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung der nicht den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung der Abgaben der Primärschuldnerin durch die Bf konnte das Finanzamt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass diese Pflichtverletzungen Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme der Bf als Haftungspflichtige für die Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von 34.255,31 Euro grundsätzlich zu Recht.

Die Geltendmachung einer Haftung ist aber in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Die belangte Behörde hat diesbezüglich im Haftungsbescheid festgehalten: "Da der Nachweis, dass Sie ohne Ihr Verschulden gehindert waren, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen, nicht erbracht werden konnte, muss angenommen werden, dass der Abgabenrückstand durch Ihr offenbar schuldhaftes Verhalten nicht entrichtet worden ist. Aus diesem Grunde wurde die Haftung gegen Sie geltend gemacht." Damit hat das Finanzamt sowohl das Verschulden als auch das Ermessen zum Ausdruck gebracht.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO wurde von der belangten Behörde innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Umstände getroffen.

Wesentliches Ermessenskriterium ist im gegenständlichen Fall die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind ().

Zu der angegebenen schlechten wirtschaftlichen Lage der Bf ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Vermögenslage in Zukunft verbessert (vgl ). Im Übrigen stehen die wirtschaftliche Situation sowie das fehlende Einkommen der Bf in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (vgl ).

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Erkenntnis der angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103255.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at