Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.10.2020, RV/7400105/2020

Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen mit dem Verweis auf eine offene Beschwerde in einer bezughabenden Abgabensache und auf ein offenes Finanzstrafverfahren bestritten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend Haftung § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBl. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung und gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 6/***1***, vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt)

I.) Gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBl. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebengebühren der X-GmbH in Liquidation in Höhe von € 2.074,99 für den Zeitraum Jänner 2010 bis November 2013 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.

II.) Gemäß § 6a des Wiener Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebengebühren der X-GmbH in Liquidation i.H.v. € 92,88 für den Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2012 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.

Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 6a KommStG hafteten die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen und sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach § 6a Abs. 1 des Wiener Dienstgeberabgabegesetzes hafteten die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen und sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen vertretenen obliegen und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom zur Zl. ***2*** sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischen Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführer und nunmehrigen Liquidator der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer und nunmehrigem Liquidator der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar. Dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftente Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Der Rückstand setze sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:


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Rückstand
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
01-11/2013
0,20
Kommunalsteuer
01-12/2012
209,75
Kommunalsteuer
01-12/2011
1.595,53
Säumniszuschlag
01-12/2011
31,91
Kommunalsteuer
01-12/2010
237,60
Dienstgeberabgabe
01-12/2012
6,48
Dienstgeberabgabe
01-12/2011
74,88
Dienstgeberabgabe
01-12/2010
11,52
Summe:
2.167,87

Hinsichtlich der Stellungnahme des Bf. vom werde festgehalten, dass das gleiche Beschwerdeverfahren mit Beschwerdevorentscheidung vom zur Abgabenkontonummer ***4*** entschieden worden sei. Das anlässlich der Betriebsprüfung für die Jahre 2007-2012 ermittelte Prüfungsergebnis und die somit nachträglich vorgeschriebenen Lohnabgaben seien als rechtmäßig erachtet worden. Die Beschwerde vom sei von der Finanz als unbegründet abgewiesen worden.

Die seitens der Finanz im Zuge der "Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" ermittelten Bemessungsgrundlagen, lägen auch im gegenständlichen Haftungsverfahren der Abgabenberechnung zugrunde.

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Gegen diesen Haftungsbescheid richtet sich die vorliegende frist-und formgerechte Beschwerde des Bf. vom , mit welcher beantragt wird, den angefochtenen Haftungsbescheid vom ersatzlos aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, der bekämpfte Bescheid stütze sich auf eine Prüfung der X-GmbH. Das Finanzamt halte in der Begründung des bekämpften Bescheides fest, dass gegen die zur Prüfung der X-GmbH ergangenen Bescheide Beschwerde erhoben worden sei und dass somit gleichgelagerte Beschwerdeverfahren mit Beschwerdevorentscheidung entschieden worden sei. Die MA 6 übersehe jedoch, dass zur ergangenen Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes am ein Vorlageantrag durch den namentlich genannten steuerlichen Vertreter des Bf. erstattet worden sei. Dieser Vorlageantrag seine bisher noch nicht erledigt, weshalb das gleich gelagerte Beschwerdeverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Es müsse jedenfalls noch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes abgewartet werden, damit der tatsächliche Abgabenrückstand, sofern solche bestehe, ermittelt und ein rechtsgültiger Bescheid durch die MA 6 erlassen werden könne. Die in den bekämpften Abgabenbescheid angeführten Rückstände entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen.

Weiters sei beim Finanzamt Wien 9/18/19 ein Finanzstrafverfahren anhängig, welches auch die Rechtmäßigkeit der oben erwähnten, mittels Rechtsmittel bekämpften Haftungsbescheide des Finanzamtes und somit auch den bekämpften Haftungsbescheid der MA 6 betreffe. Solange das anhängige Finanzstrafverfahren nicht abgeschlossen sei, könne jedenfalls nicht die Richtigkeit der Prüfungsergebnisse der Finanzbehörden verifiziert werden.

Der Bf. habe in den Jahren seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der X-GmbH stets immer alle Abgaben und Steuern ordnungsgemäß abgeführt. Die ihm nunmehr angelasteten Rückstände bestünden daher jedenfalls nicht. Wie bereits erörtert, würden sich diese nur aus den fehlerhaften unterjährigen Rechtsmittel bekämpften Prüfungsergebnissen des Finanzamtes ergeben.

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Mit Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien vom , MA 6/***3***, vom wurde die Beschwerde des Bf. als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wurde nach zitieren der bezughabenden Gesetzesbestimmungen ausgeführt, Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Das Bestehen einer Abgabenforderung stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, da die Primärschuldnerin laut Firmenbuch bereits gelöscht worden sei.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflichten nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Der Bf. habe in den Jahren seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der X-GmbH stets immer alle Abgaben und Steuern ordnungsgemäß abgeführt. Der bekämpfte Bescheid sei aufgrund einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben erlassen worden. Entgegen der Meinung der Behörde sei das gleichgelagerte Verfahren des Finanzamtes nicht mittels Beschwerdevorentscheidung entschieden worden, sondern von steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers am ein Vorlageantrag erstattet worden. Dieser Vorlageantrag sei noch nicht erledigt, weshalb das gleichgelagerte Beschwerdeverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Die im bekämpften Abgabenbescheid angeführten Rückstände entsprächen ebenfalls nicht den Tatsachen und würden sich nur aus fehlerhaften und daher mit Rechtsmittel bekämpften Prüfungsergebnissen des Finanzamtes ergeben. Weiters sei beim Finanzamt Wien 9/18/19 ein Finanzstrafverfahren anhängig, das die erwähnten bekämpften Haftungsbescheide des Finanzamtes und damit den bekämpften Haftungsbescheid der MA 6 betreffe, solange dieses nicht abgeschlossen sei, könne die Richtigkeit der Prüfungsergebnisse der Finanzbehörden nicht verifiziert werden.

Dazu werde Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 14 Abs. 1 Kommunalsteuergesetz 1993 - KommStG in der geltenden Fassung sei die Primärschuldnerin im Rahmen der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durch das zuständige Finanzamt eine Kommunalsteuerprüfung unterzogen worden.

Dabei sei mit Hinweis auf den Bericht der Betriebsprüfung für die Jahre 2007-2012 festgestellt worden, dass durch die im Prüfungszeitraum für die Primärschuldnerin tätigen Subunternehmer aufgrund des Gesamtbildes der während der Prüfung hervorgekommenen Tatsachen keine Leistungserbringung erfolgen habe können. Es seien durch den Bf. als Geschäftsführer der Primärschuldnerin keinerlei Nachweise über eine Leistungserbringung durch Subunternehmer erbracht worden. Es seien weder Arbeitsprotokolle, detaillierte Stundenaufzeichnungen, Bautagebücher noch EU-Entsendungsbestätigungen vorgelegt worden.

Das österreichische Verfahren sei durch ein Zusammenspiel amtswegiger Ermittlung und Mitwirkung der Partei charakterisiert, wobei sich beide Teile in dem Bemühen zur Erforschung der materiellen Wahrheit zu ergänzen und gegenseitig zu unterstützen hätten. Wo für beide Seiten die Grenze für dieses Bemühen liege, lasse sich allerdings nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter sorgfältiger Beachtung aller konkreten Umstände entscheiden. Allerdings findet die amtswegige Ermittlungspflicht dort ihre Grenzen, wo der Abgabenbehörde weiteren Nachforschungen nicht mehr zugemutet werden könnten, die Partei aber zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht bereit sei bzw. eine solche unterlasse (; 90, 89/16/0225).

Angemerkt werde, dass auch im gegenständlichen Verfahren betreffend Kommunalsteuer keinerlei Nachweise erbracht worden seien. Auch der Hinweis auf ein offenes Finanzstrafverfahren in der Beschwerde sei nicht zielführend, da weder ein völliges unterbleiben eines Strafverfahrens noch die Einstellung von Vorerhebungen oder einer Voruntersuchung noch ein freisprechendes Urteil des Strafgerichtes eine Bindung der Abgabenbehörde bei der Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen bewirken könne. Während der Tatbestand der Abgabenhinterziehung ein vorsätzliches Handeln erfordere, setze die Haftung des Geschäftsführers eine bestimmte Schuldform nicht voraus (). Ein derartiges Urteil wäre außerdem für die Entscheidung der Abgabenbehörde nicht bindend.

Laut Auskunft des Finanzamtes sei es überdies auch nicht richtig, dass im gleichgelagerten Verfahren des Finanzamtes Wien 4/5/10 zur Abgaben Kto.-Nr. ***4*** die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend u.a. Festsetzung Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2010-2012 - im gegenständlichen ha. Haftungsbescheid vom seien wohl diese Beschwerdeverfahren gemeint - ein Vorlageantrag gestellt worden sei.

Wie bereits im Haftungsbescheid betreffend Kommunalsteuer hingewiesen worden sei, sei dieses Beschwerdeverfahren laut Auskunft des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom rechtskräftig enderledigt worden. Mit der Beschwerdevorentscheidung sei die Beschwerde vom somit als unbegründet abgewiesen worden. Der vorgelegte Vorlageantrag betreffe laut Auskunft des Finanzamtes die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer für die Jahre 2007-2012. Im ha. Haftungsbescheid betreffend Kommunalsteuer sei deshalb von einem gleich gelagerten Verfahren gesprochen worden, weil die gesetzliche Grundlage zur Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages (DB) § 41 Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) sei und dieses Gesetz in Abs. 3 die Beitragsgrundlage ähnlich definiere, wie das Kommunalsteuergesetz die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer. Der Unterschied der Bemessungsgrundlage betreffend Kommunalsteuer im Vergleich zu den Bemessungsgrundlagen betreffend Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Umsatzsteuer sei jedoch ungleich größer als jener Unterschied zwischen den Bemessungsgrundlagen betreffend DB bzw. DZ und der Kommunalsteuer.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung sei daher im Zuge der GPLA im Wege der Schätzung der Lohnanteil ermittelt und als Bemessungsgrundlage für die Lohnabgaben angesetzt und der Lohnsteuer, dem DB, DZ und der Kommunalsteuer unterzogen worden. Diesbezüglich seien der Bemessungsgrundlage folgende Beträge hinzugerechnet worden: 2010: € 7.920, 2011: € 51.518,78, 2012: € 4.137,10.

Dem Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Prüfungszeitraum ein Firmen-Pkw auch für Privatfahrten zur Verfügung gestanden. Dafür sei ein Sachbezug in Höhe von € 213,00 berechnet worden. Im Mai 2011 sei auf dem Lohnkonto ein Sachbezug von € 1.189,52 für Jänner bis Mai 2011 nachverrechnet worden. Es sei daher für den Zeitraum bis die Erhöhung des monatlichen Sachbezuges von € 213,00 auf € 450,00, somit eine monatliche Nachverrechnung von € 237,90 erfolgt. Diesbezüglich seien der Bemessungsgrundlage folgende Beträge hinzugerechnet worden: 2011: € 1.665,30, 2012: € 2.854,80.

Die Bemessungsgrundlage für das Jahr 2013 sei aufgrund der vorgelegten Lohnkonten ermittelt worden.

Der Beschwerdeführer präzisiere in seiner Beschwerde nicht, gegen welche Feststellungen der GPLA sich seine Beschwerde richte.

Die höchstgerichtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Vertreter, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen habe, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkomme, einer besonderen Darlegungspflicht unterliege. Es treffe ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, er werde seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. ; ).

Auch losgelöst von den Grundsätzen des § 1298 ABGB - demnach habe derjenige, der vorgebe, gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden nicht erfüllt zu haben, den Beweis zu erbringen - werde diesem die Beweislast auferlegt und dies damit begründet, dass der Vertreter in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gestion des Vertretenen habe, der ihm entsprechende Nachweise und Behauptungen ermögliche (vgl. ).

Der Beschwerdeführer habe in seiner Beschwerde jedoch nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Aufgrund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

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Mit Schreiben vom beantragte der Bf. rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde und die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, ohne sein bisheriges Vorbringen zu ergänzen und auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung einzugehen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG 1993 haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

Gemäß § 6a Abs. 1 Wiener Dienstgeberabgabegesetz (LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung) haften die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Fa.X-GmbH mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. ***2***, deren alleinvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer. Er zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, welche gemäß den zitierten Bestimmungen des § 6a Abs. 1 KommStG 1993 und § 6a Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz für Wien zur Haftung herangezogen werden können.

Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten steht aufgrund der Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der Primärschuldnerin mangels Kostendeckung mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom fest. Am erfolgte die amtswegige Löschung der Primärschuldnerin Fa. X-GmbH infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch.

Die Pflichtverletzung des Bf. besteht nach den Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung darin, dass er es unterlassen hat, die haftungsgegenständlichen lohnabhängigen Abgaben zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Behörde zu melden und zu entrichten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. ). Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom ). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. ).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wendet sich der Bf. zunächst gegen die Richtigkeit der zugrundeliegenden Abgabenfestsetzungen und verweist auf eine bislang vom Bundesfinanzgericht nicht entschiedene Beschwerde in der zugrundeliegenden gleichgelagerten Abgabensache. Es müsse die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes abgewartet werden, damit der tatsächliche Abgabenrückstand, sofern solcher bestehe, ermittelt und ein rechtsgültiger Bescheid durch die MA 6 erlassen werden könne.

Dazu ist zunächst auszuführen, dass - wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - das Beschwerdeverfahren betreffend Kommunalsteuer mit Beschwerdevorentscheidung vom rechtskräftig erledigt wurde. Mit dieser Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde vom somit als unbegründet abgewiesen.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. , mwN; ). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ; ). Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt.

Nach der Aktenlage geht die belangte Behörde mit dem Hinweis auf die Feststellungen im Rahmen einer Außenprüfung der Fa. X-GmbH für die Jahre 2007-2012 (Bericht der Betriebsprüfung vom ) und den darauf beruhenden Abgabenfestsetzungen davon aus, dass durch im Prüfungszeitraum für die Primärschuldnerin tätige Subunternehmer - aufgrund des Gesamtbildes der während der Prüfung hervorgekommenen Tatsachen - keine Leistungserbringung erfolgen habe können. Es seien durch den Bf. als Geschäftsführer der Primärschuldnerin keinerlei Nachweise über eine Leistungserbringung durch Subunternehmer erbracht worden. So seien weder Arbeitsprotokolle, detaillierte Stundenaufzeichnungen, Bautagebücher noch EU-Entsendungsbestätigungen vorgelegt worden. Die erbrachten Leistungen an die Primärschuldnerin hätten daher nur durch anderes Personal bzw. Schwarzarbeitskräfte erbracht werden können. Es wurden daher im Schätzungswege 50% die an die Subunternehmer behaupteter Weise bezahlten Beträge als Lohnaufwand anerkannt und einer Besteuerung unterzogen.

Zudem wurde im zugrundeliegenden abgabenbehördlichen Prüfungsverfahren festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Prüfungszeitraum einen Firmen-Pkw auch für Privatfahrten genutzt hat, weswegen ein Sachbezug für die Berechnung der lohnabhängigen Abgaben - wie in der Beschwerdevorentscheidung dargestellt - den Bemessungsgrundlagen hinzugerechnet wurde.

Wie zutreffend der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt wird, hat der Bf. im gegenständlichen Haftungsverfahren keinerlei Nachweise in Bezug auf die tatsächliche Leistungserbringung durch die im Prüfungsbericht genannten Subunternehmer erbracht, weswegen im gegenständlichen Haftungsverfahren von der Richtigkeit der im Abgabenverfahren festgestellten Schwarzlohnzahlungen, wie diese im Abgabenverfahren festgestellt wurden, auszugehen ist. Auch hat der Bf. nicht bestritten, Privatfahrten mit dem Firmen Pkw durchgeführt zu haben.

Da bei der Verschuldensprüfung von der objektiven Richtigkeit der zugrundeliegenden Abgabenfestsetzungen auszugehen ist und der Bf. keinerlei Nachweise bzw. Gründe für das Nichtvorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung vorgebracht, sondern lediglich auf offene Parallelverfahren hingewiesen hat, konnte die Behörde im Hinblick auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgeben.

Der Verweis des Bf. auf ein anhängiges Finanzstrafverfahren erweist sich im gegenständlichen Beschwerdeverfahren deswegen als nicht zielführend, weil es keine Bindungswirkung zwischen dem gegenständlichen Haftungs- und einem gegen den Bf. geführten Finanzstrafverfahren gibt. Selbst die Einstellung des Strafverfahrens kann dem Bf. im Haftungsverfahren nicht zum Erfolg verhelfen, weil für die Inanspruchnahme zur Haftung leichte Fahrlässigkeit genügt, für ein Finanzstrafverfahren jedoch der Nachweis des Vorsatzes erforderlich gewesen wäre. Auch liegt eine geänderte Beweislast im gegenständlichen Haftungsverfahren vor. Während im Finanzstrafverfahren die Behörde das zweifelsfreie Vorliegen von Vorsatz nachzuweisen gehabt hätte, wäre im gegenständlichen Verfahren dem Bf. der Nachweis bzw. Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung oblegen.

Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Abgabenausfall. Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern - was sich aus dem Wort "insoweit" in § 9 BAO ergibt - nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht (vgl ).

Kein Vorbringen hat der Bf. im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde zur Ermessensübung durch die Behörde im Zusammenhang mit der Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides erstattet.

Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ().

Im gegenständlichen Fall stellt die Haftungsinanspruchnahme des Bf. die einzige Möglichkeit der Einbringlichmachung der gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten dar. Billigkeitsargumente zugunsten des Bf. wurden mit der gegenständlichen Beschwerde nicht vorgebracht und auch sind solche aus der Aktenlage nicht ableitbar. Die Ermessensübung der belangten Behörde bei Erlassung des Haftungsbescheides erweist sich daher als nachvollziehbar und mängelfrei.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis beruht auf der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Überprüfung des Vorliegens der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400105.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at