AfA-Satz von 2,5% für Ordinationsgebäude in Holzriegelbauweise mit Betondachziegeln
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ECOVIS Scholler & Partner Wirtschaftstreuhand GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, Schmalzhofgasse 4 Tür 12, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom , St.Nr. 18-***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2017 sowie Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2015
sowie Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 wird gemäß § 279 BAO
als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 wird
gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe sowie den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) erzielt als praktischer Arzt für die Jahre 2015 bis 2017 Einkünfte aus selbständiger Arbeit und betreibt im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit als praktischer Arzt zwei Ordinationen, in PLZ-Ort, Adresse, und PLZ-Ort2, Adresse2, tätig.
Im Zuge der Errichtung neuer Ordinationsräumlichkeiten für die Ordinationsstätte in PLZ-Ort2, Adresse2, wurde im Jahre 2013 ein "***3***" als Fertigteilhaus in Holzriegelbauweise mit einem Dach aus Betondachziegeln errichtet, das ausschließlich betrieblich als Ordinationsgebäude verwendet wird.
Bei der Einreichung der Abgabenerklärungen der Jahre 2015 bis 2017 wurde diesem Ordinationsgebäude eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zu Grunde gelegt und die Absetzung für Abnutzung (AfA) mit 4% ermittelt.
abgabenbehördliche Prüfung 2015 bis 2017:
Im Zuge einer Außenprüfung für die Jahre 2015 bis 2017 wurde in Tz 1 des BP-Berichtes sowie im Zuge eines Augenscheines festgestellt, dass es sich bei dem im Jahre 2013 errichteten ***3*** in Holzriegelbauweise mit Errichtungskosten iHv EUR 367.283,75 zuzüglich Herstellung der Fundamentplatte iHv EUR 152.059,77 um ein Gebäude in Massivbauweise handle. Dieses Gebäude werde ausschließlich betrieblich als Ordinationsräumlichkeiten genutzt.
Da es sich bei diesem Fertigteilhaus in Holzriegelbauweise um eine Massivbauweise handle, sei gemäß § 8 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 die Nutzungsdauer mit 2,5% anzusetzen, da die Ordination ausschließlich der unmittelbaren betrieblichen Nutzung diene.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung: | Betrag: | Bezeichnung: | Betrag: |
Herstellungskosten 2013: | 367.283,75 | Buchwert : | 356.265,24 |
2% AfA 2013 halbjährlich: | - 3.672,84 | 2% AfA 2015: | - 7.345,68 |
Buchwert : | 363.610,91 | Buchwert : | 348.919,55 |
2% AfA 2014: | - 7.345,68 | 2,5% AfA 2016: | - 8.722,99 |
Buchwert : | 356.265,24 | Buchwert : | 340.196,56 |
2,5% AfA 2017: | - 8.722,99 | ||
BW : | 331.473,57 |
Nach den Feststellungen der BP würden sich demnach für die Jahre 2015 bis 2017 die nachstehenden Gewinnänderungen ergeben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung: | 2015 | 2016 | 2017 |
AfA bisher lt. BP: | 14.691,35 | 14.691,35 | 14.691,35 |
AfA lt. BP: | 7.345,68 | 8.722,99 | 8.722,99 |
Gewinnerhöhung lt. BP: | 7.345,67 | 5.968,36 | 5.968,36 |
Für die Fundamentplatte des Ordinationsgebäudes werde ab 2016 ebenfalls die gesetzliche Nutzungsdauer mit 2,5% bzw. 40 Jahren wie folgt angewendet:
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Jahre 2015 bis 2017 seien daher wie folgt ermittelt worden:
Das Finanzamt folgte den Feststellungen der BP, dabei wurde hinsichtlich der Bescheide betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 das Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen und der Einkommensteuerbescheid 2017 vom gemäß § 299 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Mit dem in diesem Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2015 bis 2017 wurde die Einkommensteuer wie folgt festgesetzt:
Mit Bescheiden über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 wurden diese wie folgt ermittelt:
Beschwerde vom :
Gegen die im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erlassenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 sowie den im Zuge der Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO erlassenen Einkommensteuerbescheid 2017 und der davon abgeleiteten Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 erhob der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte eine Bescheidaufhebung sowie den Erlass von Bescheiden im Sinne der nachstehenden Ausführungen.
Diese Beschwerde richtet sich gegen die Qualifikation des vom Bf. in Holzriegelbauweise mit massivem Dach errichteten Ordinationsgebäudes in ***4*** als Gebäude in Massivbauweise, dem im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung eine Nutzungsdauer von 40 Jahren bzw. eine Absetzung für Abnutzung von 2,5% (anstatt von 25 Jahren bzw. 4% AfA) zu Grunde gelegt worden sei.
Begründend wurde ausgeführt, bisher sei in den Steuererklärungen für die Absetzung der Abnutzung (AfA) eine Nutzungsdauer von 4% angesetzt worden, da es sich bei dem ***3***, das ausschließlich betrieblich als Ordinationsräumlichkeiten genutzt werde, um ein Haus in Leichtbauweise handle. Hier sei der Rz 3139a der ESt-Richtlinien idF 2. ESt-RL-Wartungserlass 2006 gefolgt worden, die besage, dass Gebäude, die nach dem Jahr 2007 fertiggestellt worden seien, auch ohne Vorlage eines Gutachtens auf 25 Jahre bzw. mit 4% abgeschrieben werden können, wenn es sich nicht um Massivbauweise handle.
Gemäß den Richtlinien liege Massivbauweise bei Bauten aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, aus Stahlbeton, aus Stahl (…) oder Bauten aus massiven Holzkonstruktionen (wie zB Nagel- oder Leimbindern, Massivholzplatten) vor. Die Ausfachung der Wände könne aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Gasbeton, Betonfertigteilen, Sandwichpaneelen aus Metall, Kunststoff, Glasbausteinen, massivem Glas, Massivholz oder Massivholzplatten bestehen.
Die Ordination des Bf. sei eine Holzriegelkonstruktion mit 8/16 Staffel mit Dämmwolle errichtet. Hierbei handle es sich weder um Massivholz noch um Massivholzplatten.
Die vorstehende Abbildung stelle den Mauerschnitt des Hauses des Bf. dar. Anhand dieser werde ersichtlich, dass der Wandaufbau bei einer Holzriegelkonstruktion in Leichtbauweise dermaßen aufgebaut sei, dass zwischen den 160mm Holzriegeln Dämmplatten eingefügt werden und es keine durchgehende massive Wand gebe. Es gebe hier weder Nagel- noch Leimbindekonstruktionen, noch werden Massivholzplatten verwendet, sondern es werden Gipskarton/-faserplatten verwendet, welche im Trockenbau in vielen Häusern eingesetzt werden, wobei man hier nicht von massiv sprechen könne. Ein weiteres Bild solle den Unterschied zu Massivholzplatten verdeutlichen:
Auf dieser zweiten Platte sehe man eine durchgehende massive Holzplatte (hier gebe es keine Dämmung zwischen den einzelnen Platten, es handle sich um einen Außenwandaufbau, die Dämmung erfolge hier durch Holzweichfaser und somit auch durch Holz und nicht wie im Fall des Bf. durch Dämmwolle.
Aufgrund der oben angeführten Punkte werde beantragt, die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 neu zu erlassen und die Ordinationsräumlichkeiten des Bf. weiterhin als Leichtbauweise zu behandeln und somit eine Nutzungsdauer von 4% anzusetzen.
Beschwerdevorentscheidungen vom :
Die Beschwerde vom gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2017 sowie Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 wurde mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen.
3.1 Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2017:
Begründend wurde ausgeführt, anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung sei im Zuge eines Augenscheins festgestellt worden, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude nicht um ein Haus in Leichtbauweise handelt, sondern um ein Haus, das den Anforderungen einer Massivbauweise entspreche. Daher komme nicht die 4% Absetzung für Abnutzung (AfA) zur Anwendung, sondern - da ausschließlich betrieblich verwendet - die gesetzliche Afa von 2,5%.
Es seien daher Wiederaufnahmen der Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 durchgeführt worden, in denen begründend ausgeführt worden sei, dass es sich bei dem beschwerdegegenständlichen Ordinationsgebäude - entgegen den bisherigen Angaben - um keineLeichtbauweise eines Gebäudes im Sinne des Bewertungsgesetzes handle, womit eine 4% Afa zur Anwendung gelange. Da die Bauweise im Wesentlichen einer Massivbauweise entspreche, werde eine Nutzungsdauer mit 40 Jahren (2,5% Afa) angenommen.
Obwohl im Jahr 2015 noch eine kürzere Nutzungsdauer von 2% gesetzlich verankert gewesen sei, sei im Schätzungswege die Nutzungsdauer mit 2,5% bzw. einheitlich mit 40 Jahren bestimmt worden.
Zu den weiteren Beschwerdeausführungen werde seitens des Finanzamtes festgehalten:
Der Bf. erziele in den Jahren 2015 bis 2017 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Arzt gemäß § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 und damit betriebliche Einkünfte, die nach §§ 4 bis 14 EStG zu ermitteln seien.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG seien bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstrecke (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung, "Afa"). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemesse sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Für Herstellungskosten betreffend Räumlichkeiten einer Arztordination bestimme § 8 Abs. 1 EStG in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung ohne Nachweis der Nutzungsdauer eine Absetzung von bis zu 2,5% jährlich.
Diese gesetzliche Afa in Höhe von 2,5% entspreche einer Nutzungsdauer von 40 Jahren. Anders als bei den Überschusseinkünften der Vermietung und Verpachtung bei der man von einer Nutzungsdauer von 67 Jahren ausgehe (Afa in Höhe von 1,5%) sei deshalb geringer anzusetzen, da man davon ausgehe, dass betrieblich genutzte Gebäude üblicherweise einer stärkeren Beanspruchung unterliegen.
Strittig sei im gegenständlichen Fall die Nutzungsdauer eines ***3***, das in Holzriegelbauweise mit massivem Dach errichtet und als Ordinationsgebäude genutzt werde. Während der Bf. von einer Nutzungsdauer von 25 Jahren (4%) ausgehe, sei die Abgabenbehörde der Ansicht, dass die im § 8 Abs. 1 EStG 1988 normierte Nutzungsdauer von 40 Jahren (2,5%) zur Anwendung gelangen müsse. Diesbezüglich werde auf diverse Meinungen in der Fachliteratur verwiesen:
Unter der wirtschaftlichen Nutzungsdauer verstehe man die Zeitspanne, in der ein Gebäude zu den jeweils herrschenden Bedingungen entsprechend seiner Zweckbestimmung allgemein wirtschaftlich nutzbar sei. Gründe für eine Verkürzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer seien vor allem - modernen Bedürfnissen nicht entsprechender, unwirtschaftlicher Aufbau (zB Grundriss, Geschosshöhe, Raumtiefe, Konstruktion etc.). Zeitbedingte oder persönliche Baugestaltung, die modernen Anforderungen nicht entspreche, Zurückbleiben hinter den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie technische und wirtschaftliche Entwicklung von Branchen (zB Tankstellen, Kinos etc.). Die wirtschaftliche Nutzungsdauer sei in der Regel kürzer als die technische Nutzungsdauer. Demnach gebe es folgende Nutzungsdauer (vgl. Heimo Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 4. Auflage):
40-80 Jahre: Büro und Verwaltungsgebäude je nach Ausführung und Standort
40-60 Jahre: Geschäftshäuser, Kaufhäuser je nach Standort
30-50 Jahre: Werks- und Lagerhallen, Fabriksgebäude je nach Ausführung und Brancheneignung
10-30 Jahre: Betriebsgebäude für besondere Industriezweige
Aus dem Fachbuch "Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken" von Ross/Brachmann/Holzner, 28. Auflage, würden sich jeweils folgende technische Lebensdauer verschiedener Gebäudetypen ergeben:
30-40 Jahre: SB-Märkte (Stahl), Holzhallen, Lagerschuppen, Garagen;
40-60 Jahre: Einkaufszentren (Stahlbeton), Betriebsgebäude für Brauereien, Brennereien, landwirtschaftliche Lagerhäuser, Feldscheunen, Fertigteilhäuser (Holzkonstruktionen);
60-70 Jahre: Siedlungshäuser (Massiv), Steinfachwerkhäuser, Werkstätten, Kaufhäuser (grundlegende Um- und Ausbauten alle 12-15 Jahre);
60-80 Jahre: Büro- und Geschäftshäuser, Einfamilienhäuser (normal);
80-100 Jahre: städtische Mietwohnhäuser, Stahlbetonbauten, Bürogebäude (modern), Einfamilienhäuser (gute Bauweise), Industrie- und Fabrikbauten;
sowie:
30-40 Jahre: Lagerschuppen und Hallen in Holzkonstruktion, Stahlfachwerkhallen mit leichter Außenhaut, Trapez- und Wellblech, Wellasbestzement oder Lichtplatten;
40-50 Jahre: Stahlfachwerkgebäude und Hallen massiv ausgefacht, Fabrikschornsteine;
50-60 Jahre: Stahlskelettgebäude (mehrgeschossig) mit Leichtausfachung, Stahldecken, Stahlskelettgebäude (mehrgeschossig) mit massiver Ausfachung, Massivdecken;
60-80 Jahre: Massiv-, Stahlbeton- und Stahlbetonskelettgebäude - durchschnittliche wirtschaftliche Nutzungsdauer;
30-40 Jahre Industriebauten, Fabrikshallen (modern) - weitere 20-30 Jahre nach Modernisierung bzw. grundlegender Renovierung, Instandhaltungsarbeiten, selbst größeren Umfanges, verlängern die Nutzungsdauer nicht.
60 Jahre: Geschäftshäuser, Bürogebäude;
Aus der Verschiedenartigkeit der Lebensdauerzeiten der einzelnen Bauteile ergebe sich, dass von vornherein klar sei, dass die Ausbauteile während der Lebensdauer der Gebäude ein- und mehrmals erneuert werden müssen (Erneuerungsinvestitionen). Das bedeute, dass diese Erneuerungsinvestitionen keine Verlängerung der Gesamtlebensdauer bewirken. Sie seien notwendige, turnusmäßig erfolgende Leistungen, die die Gesamtlebensdauer sicherstellen.
Aus dem Fachbuch "Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten" von Simon/Kleiber, 7. Auflage, würden sich folgende übliche Gesamtnutzungsdauer ergeben:
40-50 Jahre: Massivschuppen, Stahlfach Werksgebäude mit Plattenverkleidung, Gebäude in leichter Bauart (ausgenommen Skelettbauten und Rahmenbauten),
50-60 Jahre: Gebäude aus Holzfertigteilen, Holzgebäude und Holzfachwerkgebäude mit Lehmausfachung oder mit Verschalung, Massivgebäude aus großformatigen Betonplatten in leichter Bauart (zB Porenbetonplatten),
60-80 Jahre: Massivgebäude und Gebäude in Stahl- und Stahlbetonskelettkonstruktion (auch Gebäude aus Mauerwerk-, Stahl- und Stahlbeton- oder Betonfertigteilen. …
Es sei nach Ansicht des Finanzamtes nicht der Fall, dass es sich bei dem in Rede stehenden Haus um eine Leichtbauweise handle. Die Begriffe "Leichtbauweise" und "massiv" würden in der Literatur wie folgt definiert und würde auch in Rz 3139a der ESt-Richtlinien seinen Niederschlag finden:
Leichtbauweise: Bauausführung im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden zB aus Holz, Blech, Faserzement o.ä., Dächer nicht massiv (Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung).
massiv: Gemauerte Wände aus Ziegelwerk oder Beton, massive Betonfertigteile, Skelettbau, Dächer aus Zementdielen oder Betonfertigteilen, Ziegeldächer.
Wenn nun in der Beschwerde Rz 3139a ESt-Richtlinien als Begründung zitiert werde, dass es sich bei dem gegenständlichen Haus um eine Leichtbauweise handle, so werde übersehen, dass bei dieser Art das Dach nicht massiv sein dürfe. Da das Dach für die Festigkeit und Stabilität einen immens wichtigen Bestandteil des Hauses darstelle und essentiell für den Schutz der restlichen Teile sei, sei die diesbezügliche Ausführung auch für die Lebensdauer relevant. Im gegenständlichen Fall entspreche das Dach dem eines Massivhauses.
Des Weiteren werde ausgeführt, dass es sich auch nicht um einen "Rahmenbau mit einfachen Wänden" handle, sondern durch die Riegelbauweise werden verschiedene Materialien zu einer Einheit verbunden, wodurch eine bedeutend höhere Stabilität, Festigkeit und Langlebigkeit erreicht werden könne. Es seien daher alle Komponenten einer Massivbauweise vorliegend.
Eine diesbezügliche Anfrage mit Darstellung zum konkreten Wandaufbau beim Hersteller ***1***" habe hinsichtlich der Nutzungsdauer folgende Antwort ergeben:
Zur technischen Nutzungsdauer stehe in der ÖNORM B 2320:2017:
"4 Nutzungsdauer
Die Wohnhäuser seien entsprechend den nachstehenden Bestimmungen auszuführen, sodass bei ordnungsgemäßer Instandhaltung (gemäß Abschnitt 10) und widmungsgemäßer Nutzung eine Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren erreicht werden könne."
Die praktische Nutzungsdauer sei in der Regel von anderen Parametern bestimmt (Stand der Technik, gewünschte Um- und Neubauten).
Aus technischer Sicht könne daher von der gleichen Nutzungsdauer wie bei der Massivbauweise ausgegangen werden.
gezeichnet: "***3***"
Auch wenn hinsichtlich Mindestnutzungsdauer zwischen Fertigteilhaus in Riegelbauweise und Massivhaus manchmal eine Differenz angegeben werde (Ziegel: 80-100 Jahre, Holzriegel: 40-60 Jahre), so sei in Fachkreisen diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt. So werde in einem Fachartikel auf der Internetseite https://www.wohnet.at/bauen/bauvorbereitung/fertighaus-wiederverkaufswert-25526 dazu ausgeführt:
"In den Köpfen vieler Bauherren sei noch immer das (Vor)Urteil verankert, dass die Lebensdauer eines Fertighauses im Vergleich zum Massivbauhaus doch deutlich beschränkt sei. So geben Gutachten die absolute Mindestnutzungsdauer von Ziegelmassivbauten mit 80 bis 100 Jahren an, jene von in Holzriegelbauweise errichteten Häusern mit 40 bis 60 Jahren.
Viele Hersteller weisen jedoch darauf hin, dass die von ihnen angewandten Bauweisen den Standards des Massivbauhauses entsprechen und der Hersteller ***3*** etwa werbe in diesem Zusammenhang mit dem ersten, 1910 errichteten Fertighaus, das seinerzeit von Kaiser Franz Joseph besichtigt worden sei und noch heute bewohnt werde."
Auch wenn nun in Bezug auf das in Rede stehende Haus die für den Bf. günstige Variante annehme, sei eine Nutzungsdauer (=Lebensdauer) des Hauses von mindestens 40 Jahren gegeben. Das Haus sei im Jahr 2013 neu erbaut worden, technische Mängel seien nicht aktenkundig und würden, da der Hersteller eine längere Garantiezeit gebe als üblich, reklamiert worden sein.
3.2 Beschwerdevorentscheidung betr. Festsetzung der Anspruchszinsen 2015-2017:
Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 205 Abs. 1 BAO seien Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Demnach werde die Differenz von Einkommensteuer die sich aus dem rechtswirksam erlassenen Jahresbescheid ergebe und den entrichteten Vorauszahlungen (einschließlich Anzahlungen) bzw. bisher rechtswirksam festgesetzten Abgabenbeträgen festgesetzt.
Anspruchszinsenbescheide seien an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden (Ritz, SWK 2001, S. 27ff). Zinsenbescheide seien daher nicht mit der Begründung anfechtbar, der zu Grunde liegende Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig (vgl. Zl. 2005/13/0039; , Zl. 2008/13/0036; , Zl. 2006/15/0150; , Zl. 2008/15/0107). Es handle sich daher um einen sogenannten abgeleiteten Bescheid für den im Beschwerdefall die Bestimmung des § 252 BAO anzuwenden sei.
Liegen demnach nach § 252 Abs. 2 BAO einem Bescheid Entscheidungen zu Grunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden seien, so könne der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Abgabenbescheid getroffenen Feststellungen unzutreffend seien.
§ 252 Abs. 2 BAO erfasse Fälle, in denen ein Abgabenbescheid die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Grundlage für einen davon abzuleitenden anderen Abgabenbescheid abgebe. Dazu gehören auch die Anspruchszinsen (vgl. Zl. 2006/15/0150). Anspruchszinsen seien zur festgesetzten Abgabe (hier: Einkommensteuer) formell akzessorisch. Sie seien insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhänge.
Im Hinblick auf diese Bindungswirkung könne gemäß § 252 Abs. 2 BAO eine Anfechtung des Anspruchszinsenbescheides mit der Begründung, dass der maßgebende Einkommensteuerbescheid inhaltlich rechtswidrig sei, von vornherein nicht zum Erfolg führen.
Im Zuge der verfügten Wiederaufnahmen betreffend die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 sei es zu Nachforderungen an Einkommensteuer gekommen. Somit seien die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruchszinsenbescheid erfüllt gewesen.
Der Anspruchszinsenbescheid sei (offenbar) mit dem alleinigen Argument bekämpft worden, wonach der maßgebende Einkommensteuerbescheid hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Einkünfte inhaltlich rechtswidrig sei, weshalb die in diesem Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheide zu korrigieren und die Anspruchszinsen den geänderten Vorschreibungen "anzupassen" seien.
Diese Begründung vermöge jedoch - entsprechend der obigen Ausführungen - aufgrund der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 252 Abs. 2 BAO keine Rechtswidrigkeit der bekämpften Anspruchszinsenbescheide aufzuzeigen.
Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen 2% über dem Basissatz. Anspruchszinsen seien mit den jeweiligen Abgabenbescheid festzusetzen, wobei Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift sei. Anspruchszinsen seien an die Höhe der im Bescheidspruch der entsprechenden Einkommensteuerbescheide gebunden (§ 295 Abs 3 BAO).
Die Festsetzung der Anspruchszinsen sei völlig verschuldensunabhängig und allein von der zeitlichen Komponente und der Höhe des Nachforderungsbetrages abhängig. Dies gehe auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des § 205 BAO - RV 311 BlgNR 21.GP, 210ff hervor, wonach entstehende Ansprüche aus Anspruchszinsen unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde entstehen (vgl. UFS RV/2323-W/05).
Vorlageantrag vom :
Mit Eingabe vom beantragte der Bf. hinsichtlich der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2015 sowie Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 die Vorlage zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Hinsichtlich der Begründung des Begehrens und der beantragten Änderungen werde auf die Beschwerde vom verwiesen. Darüber hinaus wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt und ergänzend ausgeführt:
So der Baumeister ***6***, technische Leitung der "***2***", im letzten Satz seiner Stellungnahme festhalte "aus technischer Sicht könne daher von der gleichen Nutzungsdauer wie bei einer Massivbauweise ausgegangen werden", bestätige dieser indirekt, dass es sich bei dem vorliegenden Haus um eine Leichtbauweise handle und daher die Richtlinienmeinung anzuwenden sei.
Alleine dadurch, dass verschiedene Materialien bei den Wänden verbunden worden seien (Holz und Dämmwolle), könne noch nicht von einer massiven Riegelbauweise gesprochen werden.
Des Weiteren werde seitens des Finanzamtes ausgeführt, dass es bei einer Leichtbauweise kein massives Dach geben dürfe. Das Dach sei wie aber das gesamte Ordinationsgebäude in Leichtbauweise errichtet worden, sodass nicht von einem massiven Dach ausgegangen werden könne.
Betreffend der Stellungnahme von "***1***" sei festzuhalten, dass es sich normalerweise bei den von "***1***" gefertigten Häusern um reine Wohnhäuser handle. Durch die betriebliche Nutzung als Ordination müsse von einer höheren bzw. schnelleren Abnutzung als bei einem reinen Wohngebäude ausgegangen werden.
Die Erwähnung von Baumeister ***6***, technische Leitung der "***2***", dass eine Nutzungsdauer von 100 Jahren erwartet werden könne, müsse aus dem Blickwinkel der Eigenwerbung von "***2***" gesehen werden.
Es werde daher beantragt, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 aufzuheben und neuerliche Bescheide zu erlassen.
Vorlagebericht des Finanzamtes vom :
Im Vorlagebericht des Finanzamtes verweist dieses auf den Umstand, Erhebungen der Abgabenbehörde beim Hersteller haben ergeben, dass der Hersteller selbst von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren ausgehe (diesbezüglich werde auf die ÖNORM verwiesen) und daher die Nutzungsdauer vergleichbar mit jener eines Massivhauses angebe.
Die allgemeine Definition in den Einkommensteuerrichtlinien (RZ 3139a) zu Leichtbauweise laute: Leichtbauweise liege etwa bei Bauausführung im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden z.B. aus Holz, Blech, Faserzement oder ähnlichem und nicht massiven Dächern vor (z.B. Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung).
Im gegenständlichen Fall sei jedoch auf alle Fälle ein massives Dach vorliegend (da weder Papp- noch Blech noch Wellblechdach gegeben sei) und daher schon deshalb die Voraussetzungen für eine Leichtbauweise auch nach den EStR nicht erfüllt seien.
So nach den Ausführungen im Vorlageantrag der Hersteller lediglich aus Werbezwecken von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren ausgehe, sei dem entgegen zu halten, dass der Hersteller hinsichtlich der Nutzungsdauer auf eine jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen könne.
Hinsichtlich der allgemeinen Lebenserfahrung mit der Nutzungsdauer derartiger Häuser werde ausgeführt, dass üblicherweise im Lebenszyklus einmal ein Fertigteilhaus angeschafft werde; würde man der Argumentation des Bf. folgen, wäre eine zweimalige Anschaffung erforderlich. Es sei daher die Nutzungsdauer mit 40 Jahren für ein betrieblich genutztes Gebäude richtig bemessen.
Es werde daher seitens des Finanzamtes eine Abweisung der Beschwerde beantragt.
nachträgliche Erhebungen durch das Finanzamt:
Mit E-Mail vom verweist die Vertreterin des Finanzamtes auf den Umstand, dass die Firma "***3***" in ihrem Verkaufsprogramm keine Häuser mit derart "einfachen Dächern" habe, wie dies in Rz 3139a der ESt-Richtlinien dargelegt werde. Das Finanzamt mache aber gerne einen Augenschein, um die Beschaffenheit des Daches zu dokumentieren.
Mit Eingabe vom wurde der Antrag des Bf. auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
weitere Eingabe vom :
Mit Telefonat vom hält der steuerliche Vertreter den Ausführungen des Finanzamtes betreffend die Bauausführung des Daches auf dem Ordinationsgebäude entgegen, dass es sich im vorliegenden Fall um ein sog. "Holzdach" handle, das ebenso als Dach in Leichtbauweise anzusehen sei.
Mit weiterer Eingabe vom werde darauf verwiesen, dass es sich bei dem in Rede stehenden "***3***" des Bf. um ein Haus in Leichtbauweise handle. Eine Unterscheidung in Leichtbauweise und Massivbauweise wird grundsätzlich nicht anhand der Dachkonstruktion vorgenommen; allerdings könne man anhand folgendem Link https://www.baustoffwissen.de/baustoffe/baustoffknowhow/dach/was-sind-massivdaecher/ sehr gut sehen, welche Materialien und Konstruktionen als Massivdach zu werten seien.
Das Dach des Ordinationsgebäudes des Bf. sei dagegen aus kerngetrenntem Kantholz und die Pfette in verwindungsfreier Leimholzanführung gefertigt, wie auch alle Kopf- und Fußschwellen der Wände aus verwindungsfreiem Leimholz eingebaut werden (siehe - bitte runterscrollen *HP*).
Möchte man ein Massivdach für sein Gebäude (siehe z.B. Dächer von Ytong https://www.ytong.at/dach-und-decken.php?gclid=EAIaIQobChMIst30k73y6QIVx6gYCh1pqwiAEAAYASAAEgI-V_D_BwE), müsste eine entsprechend massiv ausgeführte Wandkonstruktion gewählt werden, da ein Haus in Leichtbauweise so ein Dach gar nicht tragen würde.
In den Richtlinien werde zwar bis Ende 2006 auf die Dachkonstruktionen Bezug genommen; allerdings zeigen die aktuellen Ausführungen und auch die Richtlinien ab 2007, dass eine Unterscheidung zwischen Leichtbau und Massivdach nicht anhand des Daches sondern nur anhand der Wandkonstruktionen erfolgen könne. Es sei auch noch erwähnt, dass das Gebäude des Bf. theoretisch sogar transportierbar und an anderer Stelle wieder aufbaubar wäre.
8. Auskunftsersuchen an Fa. ***3*** samt Eingabe vom :
Mit Auskunftsersuchen gemäß § 143 Abs. 1 BAO vom an die Fa. ***2*** wurde diese um Bekanntgabe ersucht, ob es sich bei dem in Rede stehenden Dach des mit Dezember 2013 errichteten Ordinationsgebäudes in PLZ-Ort2, Adresse2, um eine Dachausführung in Leicht- oder Massivbauweise handle.
Mit Mail-Antwort vom wird seitens der Fa. ***2*** festgehalten, die Begriffe "Massivbauweise" und "Leichtbauweise" seien baurechtlich nicht normativ geregelt.
Im allgemeinen Sprachgebrauch könne beim gegenständlichen Bauvorhaben bei der Dachkonstruktion von einer Leichtbauweise gesprochen werden. Das Tragwerk bestehe aus einer Holzkonstruktion. Darüber hinaus werde seitens der Fa. ***2*** folgende Berichtigung angemerkt: Beim Begriff "Holzspanndach" handle es sich vermutlich um ein "Holzsparrendach", anstatt "Sperren" sei daher der Begriff "Sparren" zu verwenden.
9. Stellungnahme des Bundesweiten Fachbereiches vom :
§ 8 Abs. 1 EStG 1988 sehe für Gebäude ohne Nachweis der Nutzungsdauer einen einheitlichen AfA-Satz von 2,5% vor. Sollen höhere AfA-Sätze angewendet werden, so sei die Nutzungsdauer nachzuweisen.
Abweichend konnte nach EStR 2000 Rz 3139a bei Gebäuden in Leichtbauweise, die bis 2006 angeschafft oder fertiggestellt wurden, vom Nachweis einer geringeren Nutzungsdauer durch ein Gutachten abgesehen werden. Die Art der Gebäudekonstruktion genügte als Nachweis einer geringeren Nutzungsdauer. Leichtbauweise sei demnach bei einer Bauausführung im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden z.B. aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und nicht massiven Dächern (z.B. Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung) vorgelegen.
Bei Gebäuden, die ab 2007 angeschafft oder fertiggestellt und nicht in Massivbauweise errichtet wurden, könne ohne Nachweis durch ein Gutachten eine Nutzungsdauer von mindestens 25 Jahren anerkannt werden. Massivbauweise liege beispielsweise vor bei Bauten aus Ziegel- oder Steinmauerwerk oder bei Bauten aus massiven Holzkonstruktionen (wie z.B. Nagel- oder Leimbindern, Massivholzplatten). Die Ausfachung der Wände könne aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Betonfertigteilen, Massivholz oder Massivholzplatten bestehen.
Diese Ausführungen in den EStR 2000 sollen bezwecken, die sich allein aus der einfachen Bauweise ergebende wesentlich geringere Nutzungsdauer pauschal zu berücksichtigen. Aus Vereinfachungsgründen solle in diesen Fällen auf die Vorlage von Gutachten verzichtet werden.
Bei dem beschwerdegegenständlichen Gebäude handle es sich um ein Fertigteilhaus der Fa. ***3***. Die Fertighäuser der Fa. ***3*** werden in Holzriegelbauweise errichtet. Laut Website der Fa. ***1*** entsprechen die Wände der Häuser den strengsten Qualitätsmaßstäben, wobei die Kunden aus vier Wandkonstruktionen auswählen können. Standard sei die *-PLUS-WAND, die laut Website durch besten Wärmeschutz bei geringer Wandstärke und somit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis besteche. Innerhalb der Konstruktion kommen formstabile, gepresste Steinwollplatten zum Einsatz. Der Holzriegel aus heimischem, unbehandeltem Fichtenholz sei beidseitig mit stabilen Gipsfaserplatten beplankt. Die Wandstärke betrage 31,5 cm und weise einen U-Wert von 0,13 W/m²K auf.
Der Dachstuhl werde laut Website der Fa. ***3*** aus kerngetrenntem Kantholz und die Pfette in verwindungsfreier Leimholzanführung millimetergenau auf computergesteuerten Abbundanlagen gefertigt. Für die Dacheindeckung werden wie beim gegenständlichen Gebäude Betondachsteine verwendet. Die gesetzlichen Normen zB die Sturmsicherung und Statik lt. Schneelast-Berechnung werden geprüft und eingehalten.
Aus den vorstehenden Ausführungen auf der Website der Fa. ***3*** zu Material und Konstruktion der Gebäude könne eindeutig abgeleitet werden, dass es sich bei den Fertighäusern der Fa. ***3*** um keine Gebäude in Leichtbauweise iSd Rz 3139a handle. Bei den Wänden handle es sich keinesfalls um einfache Wände aus Holz sondern um hochqualitative, technisch hochwertige Wände die den heutigen Anforderungen an die Wärmedämmung entsprechen.
Auch die Beschreibung der Dachkonstruktion lasse auf ein massives Dach schließen. Bei einem Dachstuhl aus kerngetrennten Kantholz und Betondachsteinen handle es sich um kein einfaches Dach in Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung.
In einem Schreiben an das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom verweise die Fa. ***3*** bezüglich der Nutzungsdauer auf die ÖNORM B 2320-2017. Diese ÖNORM enthalte technische Anforderungen an die Herstellung und Errichtung von Wohnhäusern aus Holz, deren Wand-, Decken- und Dachkonstruktionen im Wesentlichen aus Holz und/oder Holzwerkstoffen bestehen. Die vorliegende ÖNORM gelte für Wohnhäuser, die in Holzrahmenbauweise (zB Riegel-, Ständer- und Tafelbauweise), Holzskelettbauweise und/oder Holzmassivbauweise (zB Brettsperrholz-, Brettstapel- und Blockbauweise) hergestellt werden. Zur Nutzungsdauer ist der ÖNÖRM zu entnehmen, dass die Wohnhäuser entsprechend auszuführen sind, sodass bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und widmungsgemäßer Nutzung eine Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren erwartet werden könne.
Die Literatur zur Liegenschaftsbewertung weise für Fertigteilhäuser in Holzbauweise eine wirtschaftlich Gesamtnutzungsdauer von 40 bis 80 Jahren aus.
Nach modernen Bauweisen errichtete Fertighäuser, die vielleicht dem äußeren Anschein nach früheren Leichtbauweisen gleichen, seien keinesfalls durch eine wesentlich geringere Nutzungsdauer gekennzeichnet. Es bestehe daher keinerlei sachliche Rechtfertigung in solchen Fällen ohne Nachweis von einer gegenüber der gesetzlichen Nutzungsdauer abweichenden wesentlich kürzeren Nutzungsdauer auszugehen.
10. Gegenäußerung zum bundesweiten Fachbereich vom :
Mit Gegenäußerung vom wird seitens des steuerlichen Vertreters darauf hingewiesen, dass in der vorstehenden Stellungnahme des Bundesweiten Fachbereiches überhaupt nicht auf die letzte Stellungnahme der Fa. ***3*** eingegangen worden sei. Es werde daher hinterfragt, ob der Bundesweite Fachbereich überhaupt Kenntnis von der Stellungnahme der Fa. ***3*** hatte.
In diesem Zusammenhang wird seitens des Bundesweiten Fachbereiches festgehalten, dass dieser sehr wohl von der Stellungnahme der Fa. ***3*** als auch von den Bildern Kenntnis hatte.
Die Ausführungen in EStR 2000 Rz 3139a sollen bezwecken, die sich allein aus der einfachen Bauweise ergebende gegenüber der gesetzlichen Nutzungsdauer abweichende wesentlich kürzere Nutzungsdauer pauschal zu berücksichtigen. Aus Vereinfachungsgründen soll in diesen Fällen auf die Vorlage von Gutachten verzichtet werden.
Die Beurteilung der einfachen Bauweise, aus der allein sich die wesentlich kürzere Nutzungsdauer ergeben muss, könne nur unter Einbeziehung der Konstruktion des gesamten Gebäudes, also Wände und Dach, erfolgen. Wie in der Stellungnahme ausgeführt, lassen weder die Beschreibung der Konstruktion der Wände noch jener des Daches auf der Website der Fa. ***3*** eine derart einfache Ausführung erkennen, wie sie in Rz 3139a dargestellt werde.
Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der Bundesweite Fachbereich ESt/KSt für die Würdigung konkreten Sachverhalte nicht zuständig sei und im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Parteienstellung habe. Zuständigkeit und Parteienstellung liegen beim Finanzamt Gänserndorf Mistelbach. Der Bundesweite Fachbereich habe daher lediglich seine Rechtsansicht zur Anwendung der Rz 3139a auf Fertigteilhäuser dargelegt.
11. Nachreichung von Fotos durch das Finanzamt mit :
Mit weiterer Eingabe vom schloss sich das Finanzamt den bisherigen Ausführungen des Bundesweiten Fachbereiches vom an und übermittelte dem Bundesfinanzgericht die nachstehend bezeichneten Fotos, um die konkrete Bauausführung des in Rede stehenden Ordinationsgebäudes wie folgt zu dokumentieren:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nach Auffassung der Vertreterin des Finanzamtes komme mit diesen Fotos sehr gut zum Ausdruck, dass es sich nach der Verkehrsauffassung um ein "übliches" Haus handle. In diesem Zusammenhang werde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung und auf die dem BFG übermittelten Schriftstücke verwiesen, vor allem auf die Aussage der Fa. ***3***, in der die Nutzungsdauer dieses Gebäudes mit 100 Jahren angegeben werde.
12. bundesweiter Fachbereich vom :
Mit weiterer Eingabe vom wird seitens des bundesweiten Fachbereiches festgehalten, die Ausführungen in Rz 3139a ESt-Richtlinien sollen bezwecken, die sich allein aus der einfachen Bauweise ergebende gegenüber der gesetzlichen Nutzungsdauer abweichende wesentlich kürzere Nutzungsdauer pauschal zu berücksichtigen. Aus Vereinfachungsgründen solle dabei auf die Vorlage von Gutachten verzichtet werden.
Die Beurteilung der einfachen Bauweise, aus der sich allein die wesentlich kürzere Nutzungsdauer ergeben müsse, könne nur unter Einbeziehung der Konstruktion des gesamten Gebäudes, also Wände und Dach, erfolgen. Im vorliegenden Fall würden weder die Beschreibung der Konstruktion der Wände noch jener des Daches auf der Website der Fa. ***3*** eine derart einfache Bauausführung erkennen lassen, wie sie in Rz 3139a dargestellt werde.
Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der Bundesweite Fachbereich ESt/KSt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Parteistellung habe. Zuständigkeit und Parteienstellung würden beim Finanzamt Gänserndorf-Mistelbach liegen.
13. Gegenäußerung vom :
In den Mails des bundesweiten Fachbereiches vom und werde eigentlich erklärt, dass das Ordinationsgebäude des Bf. nicht unter die "einfachen Ausführungen" iSd Rz 3139a ESt-RL falle. Allerdings werde auch hier vom Fachsenat auf die Gesetzeslage vor 2006 eingegangen, in der Leichtbauweise definiert werde, und nicht auf die umgekehrte Definition der Randziffer zur Rechtslage nach 2007, in der Massivbauweise definiert werde.
Laut Fa. ***3*** falle das Ordinationsgebäude des Bf. nicht unter Massivbau. Das damals noch angehängte Schreiben erkläre, dass das Dach in Leichtbauweise sei. Erst habe der Vertreter der Bf. erklärt, dass die Wände in Leichtbauweise errichtet worden seien und wir haben uns die ganze Zeit über das Dach unterhalten.
Dann sei die Bestätigung einer bekannten Baufirma gekommen, dass das Dach in der Baubranche als Leichtbau definiert werde. Jetzt solle das ganze Haus doch wieder ein Massivbau sein?
Nach Auffassung des steuerlichen Vertreters müsste die Rz 3193a der ESt-Richtlinien neu überdacht werden.
Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017:
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob dem vom Bf. errichteten Ordinationsgebäude als Fertigteilhaus in Holzriegelbauweise mit einem Dachstuhl aus kerngetrenntem Kantholz und Betondachsteinen ohne einen entsprechenden Nachweis durch Gutachten entsprechend Rz 3139a ESt-Richtlinien eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zu Grunde zu legen ist.
Nach Auffassung des Bf. handelt es sich bei diesem Ordinationsgebäude um ein Gebäude in Leichtbauweise, das den baulichen Kriterien nach Rz 3139a ESt-Richtlinien entspreche, sodass auch ohne Vorlage von Gutachten der Absetzung für Abnutzung eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zu Grunde gelegt werden könne. Dem wird seitens des Finanzamtes entgegengehalten, dass selbst der Hersteller ***3*** unter Verweis auf die ÖNORM B 2320-2017 von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren ausgeht und auch das Dach dieses Ordinationsgebäudes nicht in Leichtbauweise ausgeführt sei.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 in der bis geltenden Fassung, BGBl I Nr. 22/2015, beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer
bis zu 3%, soweit diese unmittelbar der Betriebsausübung eines Land- und Forstwirtes oder Gewerbetreibenden dienen und bis zu 2,5% oder 2%, soweit diese den in der Folge genannten Zwecken dienen; dient ein Gebäude zu mindestens 80% unmittelbar der Betriebsausübung, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
bis zu 2,5%, soweit diese unmittelbar dem Betrieb des Bank- und Versicherungswesens sowie unmittelbar dem Betrieb ähnlicher Dienstleistungen (zB der Kreditvermittlung) dienen; dient ein solches Gebäude zu mindestens 80% dem Kundenverkehr, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
bis zu 2%, soweit diese anderen betrieblichen Zwecken dienen.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 in der für die Jahre 2016 und 2017 anzuwendenden Fassung, BGBl I Nr. 118/2015, beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 2,5% von den Anschaffungs- oder Herstellkosten der Gebäude. Davon abweichend beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 1,5%.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs-
oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) bemisst sich gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsgutes. Unter betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer ist die Dauer seiner technischen und wirtschaftlichen Nutzbarkeit zu verstehen. Die technische Abnutzung ist der materielle Verschleiß des Wirtschaftsgutes, sein Substanzverzehr. Als wirtschaftliche Abnutzung bezeichnet man die Verminderung oder das Aufhören der Verwendungsmöglichkeit des Wirtschaftsgutes für den Steuerpflichtigen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer richtet sich nach der objektiven Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung des Wirtschaftsgutes. Zukünftige Verhältnisse sind bei der Frage der Abnutzbarkeit im Wege der AfA nur insoweit zu berücksichtigen, als sich diese in der Gegenwart bereits verlässlich voraussehen lassen (vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, Tz 10 zu § 7 EStG 1988).
Voraussetzung für einen höheren AfA-Betrag als die in § 8 Abs. 1 EStG vorgesehenen 2,5% ist, dass ein Nachweis über eine abweichend vom Gesetzgeber angenommene Nutzungsdauer von 40 Jahren erbracht wird. Dieser Bestimmung ist eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; die Beweislast trifft den, der eine kürzere Nutzungsdauer behauptet. Eine Aufforderung durch die Abgabenbehörde zur Erbringung eines solchen Nachweises bedarf es hierbei nicht (vgl. Zl. 92/15/0127; , Zl. 92/14/0052; , Zl. 97/13/0098; , Zl. 2002/15/0192; Doralt, EStG 1988, Tz. 159 zu § 16). Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer kann grundsätzlich nur mit einem Gutachten über den Bauzustand erbracht werden. Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich jeweils aus § 8 Abs. 1 EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt zu ermitteln.
Die Nutzungsdauer ist nach der Rechtsprechung des VwGH keine errechenbare, sondern nur eine im Schätzungswege feststellbare Größe (vgl. Zl. 2004/15/0006 mwN).
Nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 kann die Absetzung für Abnutzung (AfA) bis zu …% betragen, jedoch weist die Einfügung des Ausdrucks "ohne Nachweis der Nutzungsdauer" darauf hin, dass bei Nachweis der Nutzungsdauer die AfA nach den Grundsätzen des § 7 EStG 1988 zu ermitteln ist.
Bei Gebäuden in Leichtbauweise gelten gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 ebenfalls die gesetzlichen AfA-Sätze. Sollen höhere AfA-Sätze angewendet werden, ist die kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei Gebäuden eine Leichtbauweise bei Bauausführungen im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden zB aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und mit nicht massiven Dächern (zB Papp-, Blech oder Wellfaserzementausführung) vorliegt (vgl. Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 8, Rz. 4).
Ist demnach ein Gebäude in Leichtbauweise gegeben, bestehen nach der in den ESt-Richtlinien festgehaltenen Verwaltungspraxis keine Bedenken, eine Nutzungsdauer von mindestens 25 Jahren auch ohne Vorlage eines Gutachtens anzuerkennen (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-RL 2000).
Vorab ist aber festzuhalten, dass die ESt-Richtlinien einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 darstellen und eine Bindung des Bundesfinanzgerichts an Erlässe und Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen nicht besteht. Darüber hinaus räumen Erlässe und Richtlinien des BMF dem Steuerpflichtigen keine Rechte ein, auf die sich der Steuerpflichtige berufen könnte (vgl. Zl. 2002/14/0139).
Mit der Absetzung für Abnutzung (AfA) sollen die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die Dauer der Nutzung des Wirtschaftsgutes verteilt werden; die AfA dient der Amortisation des eingesetzten Kapitals und der Berücksichtigung des gegenwärtigen Wertverzehrs (vgl. Zl. 91/13/0074).
Für Betriebsgebäude enthält § 8 EStG pauschale Abschreibungssätze, die ohne Nachweis der tatsächlichen Nutzungsdauer zwischen 2% und 3% angewendet werden können, die im Ergebnis zu einer beschleunigten Abschreibung und insoweit zu einem Steuerspareffekt führen, als die technische Nutzungsdauer von Gebäuden grundsätzlich höher anzusetzen wäre (vgl. Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 8, Rz. 3, S. 8).
Ist die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als den pauschalen Abschreibungssätzen entspricht, kann auch die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden. Die Beweislast für die Behauptung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen (vgl. Zl. 2004/13/0052).
Die kürzere Nutzungsdauer muss idR durch ein Gutachten über den (technischen) Bauzustand nachgewiesen werden (vgl. Zl. 2002/15/0192; , Zl. 2000/15/0074, s. sinngemäß Rz 3139 EStR 2000).
Bei Gebäuden in Leichtbauweise gelten ebenfalls die gesetzlichen AfA-Sätze. Sollen höhere AfA-Sätze angewendet werden, ist die kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen.
Als Auslegungsbehelf wurde in Rz 3139a der ESt-Richtlinien für bis 2006 errichtete Gebäude in Leichtbauweise bei Ausführungen im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und mit nicht massiven Dächern (zB Papp-, Blech-
oder Wellfaserzementausführung) eine Nutzungsdauer von 25 Jahren auch ohne Vorlage eines Gutachtens anerkannt (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-Richtlinien 2000).
Als Auslegungsbehelf wurde in Rz 3139a ESt-Richtlinien die Massivbauweise für Bauten aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Stahlbeton, Stahl (zB in Form von Skelett-, Rahmenbau oder Fachwerkbau) oder Bauten aus massiven Holzkonstruktionen (wie zB Nagel- oder Leimbindern, Massivholzplatten) definiert.
In einem Schreiben an das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom verweist die Fa. ***3*** bezüglich der Nutzungsdauer auf die ÖNORM B 2320-2017. Diese ÖNORM enthält technische Anforderungen an die Herstellung und Errichtung von Wohnhäusern aus Holz, deren Wand-, Decken- und Dachkonstruktionen im Wesentlichen aus Holz und/oder Holzwerkstoffen bestehen. Die vorliegende ÖNORM gilt für Wohnhäuser, die in Holzrahmenbauweise (zB Riegel-, Ständer- und Tafelbauweise), Holzskelettbauweise und/oder Holzmassivbauweise (zB Brettsperrholz-, Brettstapel- und Blockbauweise) hergestellt werden. Zur Nutzungsdauer ist der ÖNÖRM zu entnehmen, dass die Wohnhäuser entsprechend auszuführen sind, sodass bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und widmungsgemäßer Nutzung eine Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren erwartet werden kann.
Die Literatur zur Liegenschaftsbewertung weist für Fertigteilhäuser in Holzbauweise eine wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von 40 bis 80 Jahren aus.
Nach modernen Bauweisen errichtete Fertighäuser, die vielleicht dem äußeren Anschein nach früheren Leichtbauweisen gleichen, sind keinesfalls durch eine wesentlich geringere Nutzungsdauer gekennzeichnet. Es besteht daher keinerlei sachliche Rechtfertigung in solchen Fällen ohne Nachweis von einer gegenüber der gesetzlichen Nutzungsdauer abweichenden wesentlich kürzeren Nutzungsdauer auszugehen.
Der Dachstuhl wird laut Website der Fa. ***3*** aus kerngetrenntem Kantholz und die Pfette in verwindungsfreier Leimholzanführung millimetergenau auf computergesteuerten Abbundanlagen gefertigt. Für die Dacheindeckung werden wie beim gegenständlichen Gebäude Betondachsteine verwendet. Die gesetzlichen Normen z. B. die Sturmsicherung und Statik lt. Schneelast-Berechnung werden geprüft und eingehalten.
Aus den vorstehenden Ausführungen auf der Website der Fa. ***3*** zu Material und Konstruktion der Gebäude kann eindeutig abgeleitet werden, dass es sich bei den Fertighäusern der Fa. ***3*** um kein Gebäude in Leichtbauweise iSd Rz 3139a handelt. Bei den Wänden handelt es sich keinesfalls um einfache Wände aus Holz sondern um hochqualitative, technisch hochwertige Wände die den heutigen Anforderungen an die Wärmedämmung entsprechen (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-Richtlinien 2000).
Auch die Beschreibung der Dachkonstruktion lässt auf ein massives Dach schließen. Bei einem Dachstuhl aus kerngetrennten Kantholz und Betondachsteinen handelt es sich um kein einfaches Dach in Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung.
Mit Rz 3139a ESt-Richtlinien sollte bezweckt werden, dass allein aus der einfachen Bauweise von Wandkonstruktion und Dach die wesentlich geringere Nutzungsdauer pauschal berücksichtigt werden konnte. Aus Vereinfachungsgründen sollte bei einer Leichtkonstruktion auf die Vorlage von Gutachten verzichtet werden.
Da jedoch im vorliegenden Fall kein Gebäude in Leichtbauweise vorliegt, hätte der Bf. eine kürzere Nutzungsdauer als die in § 8 Abs. 1 EStG 1988 vorgesehene Nutzungsdauer nachzuweisen gehabt. Im vorliegenden Fall gelangt wird daher für die Jahre 2015 bis 2017 nur eine Absetzung für Abnutzung (AfA) im Ausmaß von 2,5% zugelassen.
Eine Absetzung für Abnutzung im Ausmaß von 2,5% bzw. 40 Jahren wird insbesondere auch dem Umstand gerecht, dass in Gutachten die absolute Mindestnutzungsdauer von in Holzriegelbauweise errichteten Häusern mit 40 bis 60 Jahren angegeben wird. Dem halten jedoch die Hersteller von Fertigteilhäusern entgegen, dass eine Holzriegel- bzw. Holzrahmenbauweise den Standards des Massivbaues entspricht (vgl. https://www.wohnnet.at/bauen/bauvorbereitung/fertighaus-wiederverkaufswert-25526).
Demgemäß wird vom Hersteller, der Fa. ***3*** ein Fertigteilhaus in dieser Bauweise bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und widmungsgemäßer Nutzung mit Verweis auf die ÖNORM B 2320:2017 08 01 mit wesentlich längeren Nutzungsdauer bis zu 100 Jahren beworben. Aus technischer Sicht wird von einer gleichen Nutzungsdauer wie bei einer Massivbauweise ausgegangen. Es wird daher im vorliegenden Fall von einer Nutzungsdauer von mindestens 40 Jahren bzw. einem AfA-Satz von 2,5% ausgegangen.
Im vorliegenden Fall ist aber zu beachten, dass die Absetzungen für Abnutzung im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 2015 bis 2017 insoweit nicht korrekt ermittelt wurden, als die mit 2,5% geänderten AfA-Sätze (2016, 2017) teilweise auf Basis der bereits durch AfA der Vorjahre verminderten Anschaffungskosten bzw. auf Basis der Restbuchwerte ermittelt wurden. Die Absetzung für Abnutzung sowie die Restbuchwerte zu den Stichtagen , und werden daher wie folgt ermittelt:
Aufgrund geänderter AfA-Beträge sowie geänderter Buchwerte zu den Stichtagen und ergeben sich für die Jahre 2016 und 2017 folgende Gewinnänderungen:
2. Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017:
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.
Im vorliegenden Fall wurden die Bescheide betreffend die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 lediglich mit Argumenten bekämpft, die die diesen Bescheiden zu Grunde liegenden Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 betreffen.
Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (311 BlgNR 21. GP, 196; Zl. 2007/15/0175).
Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte (vgl Ritz, SWK 2001, S. 27; GZ. RV/0344-S/03).
Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen sind an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden. Zinsenbescheide sind daher nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der zu Grunde liegende Abgabenbescheid sei rechtswidrig (vgl. Ritz, SWK 2011, S. 27ff).
Bei der Verzinsung, die sich aus Abänderungen von Bescheiden ergibt, ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen kommt es nicht an (vgl. Zl. 2007/15/0175).
Erweist sich nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so egalisiert ein zu erlassender Gutschriftzinsenbescheid die (vorangegangene) Belastung mit Nachforderungszinsen (vgl. Erl zu Art 27 Z 8 der 311 BglNR 21. GP).
Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid; es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Zlen. 2006/15/0316, 2006/15/0332).
So im vorliegenden Fall die Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 lediglich mit dem Argument bekämpft werden, die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 seien unrichtig, sind die Anspruchszinsenbescheide 2015 bis 2017 sohin zu Recht ergangen, weshalb die Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 als unbegründet abzuweisen war.
3. Zu Spruchpunkt Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als sich bei der Frage, welche Nutzungsdauer einem Ordinationsgebäude in Holzriegelbauweise zu Grunde zu legen ist, um eine auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Frage handelt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Jahre 2016 und 2017 werden daher wie folgt ermittelt:
Beilage: 2 Berechnungsblätter
Wien, am
1. Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017:
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob dem vom Bf. errichteten Ordinationsgebäude als Fertigteilhaus in Holzriegelbauweise mit einem Dachstuhl aus kerngetrenntem Kantholz und Betondachsteinen ohne einen entsprechenden Nachweis durch Gutachten entsprechend Rz 3139a ESt-Richtlinien eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zu Grunde zu legen ist.
Nach Auffassung des Bf. handelt es sich bei diesem Ordinationsgebäude um ein Gebäude in Leichtbauweise, das den baulichen Kriterien nach Rz 3139a ESt-Richtlinien entspreche, sodass auch ohne Vorlage von Gutachten der Absetzung für Abnutzung eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zu Grunde gelegt werden könne. Dem wird seitens des Finanzamtes entgegengehalten, dass selbst der Hersteller ***3*** unter Verweis auf die ÖNORM B 2320-2017 von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren ausgeht und auch das Dach dieses Ordinationsgebäudes nicht in Leichtbauweise ausgeführt sei.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 in der bis geltenden Fassung, BGBl I Nr. 22/2015, beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer
bis zu 3%, soweit diese unmittelbar der Betriebsausübung eines Land- und Forstwirtes oder Gewerbetreibenden dienen und bis zu 2,5% oder 2%, soweit diese den in der Folge genannten Zwecken dienen; dient ein Gebäude zu mindestens 80% unmittelbar der Betriebsausübung, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
bis zu 2,5%, soweit diese unmittelbar dem Betrieb des Bank- und Versicherungswesens sowie unmittelbar dem Betrieb ähnlicher Dienstleistungen (zB der Kreditvermittlung) dienen; dient ein solches Gebäude zu mindestens 80% dem Kundenverkehr, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
bis zu 2%, soweit diese anderen betrieblichen Zwecken dienen.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 in der für die Jahre 2016 und 2017 anzuwendenden Fassung, BGBl I Nr. 118/2015, beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 2,5% von den Anschaffungs- oder Herstellkosten der Gebäude. Davon abweichend beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 1,5%.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs-
oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) bemisst sich gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsgutes. Unter betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer ist die Dauer seiner technischen und wirtschaftlichen Nutzbarkeit zu verstehen. Die technische Abnutzung ist der materielle Verschleiß des Wirtschaftsgutes, sein Substanzverzehr. Als wirtschaftliche Abnutzung bezeichnet man die Verminderung oder das Aufhören der Verwendungsmöglichkeit des Wirtschaftsgutes für den Steuerpflichtigen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer richtet sich nach der objektiven Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung des Wirtschaftsgutes. Zukünftige Verhältnisse sind bei der Frage der Abnutzbarkeit im Wege der AfA nur insoweit zu berücksichtigen, als sich diese in der Gegenwart bereits verlässlich voraussehen lassen (vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, Tz 10 zu § 7 EStG 1988).
Voraussetzung für einen höheren AfA-Betrag als die in § 8 Abs. 1 EStG vorgesehenen 2,5% ist, dass ein Nachweis über eine abweichend vom Gesetzgeber angenommene Nutzungsdauer von 40 Jahren erbracht wird. Dieser Bestimmung ist eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; die Beweislast trifft den, der eine kürzere Nutzungsdauer behauptet. Eine Aufforderung durch die Abgabenbehörde zur Erbringung eines solchen Nachweises bedarf es hierbei nicht (vgl. Zl. 92/15/0127; , Zl. 92/14/0052; , Zl. 97/13/0098; , Zl. 2002/15/0192; Doralt, EStG 1988, Tz. 159 zu § 16). Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer kann grundsätzlich nur mit einem Gutachten über den Bauzustand erbracht werden. Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich jeweils aus § 8 Abs. 1 EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt zu ermitteln.
Die Nutzungsdauer ist nach der Rechtsprechung des VwGH keine errechenbare, sondern nur eine im Schätzungswege feststellbare Größe (vgl. Zl. 2004/15/0006 mwN).
Nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 kann die Absetzung für Abnutzung (AfA) bis zu …% betragen, jedoch weist die Einfügung des Ausdrucks "ohne Nachweis der Nutzungsdauer" darauf hin, dass bei Nachweis der Nutzungsdauer die AfA nach den Grundsätzen des § 7 EStG 1988 zu ermitteln ist.
Bei Gebäuden in Leichtbauweise gelten gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 ebenfalls die gesetzlichen AfA-Sätze. Sollen höhere AfA-Sätze angewendet werden, ist die kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei Gebäuden eine Leichtbauweise bei Bauausführungen im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden zB aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und mit nicht massiven Dächern (zB Papp-, Blech oder Wellfaserzementausführung) vorliegt (vgl. Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 8, Rz. 4).
Ist demnach ein Gebäude in Leichtbauweise gegeben, bestehen nach der in den ESt-Richtlinien festgehaltenen Verwaltungspraxis keine Bedenken, eine Nutzungsdauer von mindestens 25 Jahren auch ohne Vorlage eines Gutachtens anzuerkennen (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-RL 2000).
Vorab ist aber festzuhalten, dass die ESt-Richtlinien einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 darstellen und eine Bindung des Bundesfinanzgerichts an Erlässe und Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen nicht besteht. Darüber hinaus räumen Erlässe und Richtlinien des BMF dem Steuerpflichtigen keine Rechte ein, auf die sich der Steuerpflichtige berufen könnte (vgl. Zl. 2002/14/0139).
Mit der Absetzung für Abnutzung (AfA) sollen die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die Dauer der Nutzung des Wirtschaftsgutes verteilt werden; die AfA dient der Amortisation des eingesetzten Kapitals und der Berücksichtigung des gegenwärtigen Wertverzehrs (vgl. Zl. 91/13/0074).
Für Betriebsgebäude enthält § 8 EStG pauschale Abschreibungssätze, die ohne Nachweis der tatsächlichen Nutzungsdauer zwischen 2% und 3% angewendet werden können, die im Ergebnis zu einer beschleunigten Abschreibung und insoweit zu einem Steuerspareffekt führen, als die technische Nutzungsdauer von Gebäuden grundsätzlich höher anzusetzen wäre (vgl. Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 8, Rz. 3, S. 8).
Ist die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als den pauschalen Abschreibungssätzen entspricht, kann auch die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden. Die Beweislast für die Behauptung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen (vgl. Zl. 2004/13/0052).
Die kürzere Nutzungsdauer muss idR durch ein Gutachten über den (technischen) Bauzustand nachgewiesen werden (vgl. Zl. 2002/15/0192; , Zl. 2000/15/0074, s. sinngemäß Rz 3139 EStR 2000).
Bei Gebäuden in Leichtbauweise gelten ebenfalls die gesetzlichen AfA-Sätze. Sollen höhere AfA-Sätze angewendet werden, ist die kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen.
Als Auslegungsbehelf wurde in Rz 3139a der ESt-Richtlinien für bis 2006 errichtete Gebäude in Leichtbauweise bei Ausführungen im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und mit nicht massiven Dächern (zB Papp-, Blech-
oder Wellfaserzementausführung) eine Nutzungsdauer von 25 Jahren auch ohne Vorlage eines Gutachtens anerkannt (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-Richtlinien 2000).
Als Auslegungsbehelf wurde in Rz 3139a ESt-Richtlinien die Massivbauweise für Bauten aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Stahlbeton, Stahl (zB in Form von Skelett-, Rahmenbau oder Fachwerkbau) oder Bauten aus massiven Holzkonstruktionen (wie zB Nagel- oder Leimbindern, Massivholzplatten) definiert.
In einem Schreiben an das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom verweist die Fa. ***3*** bezüglich der Nutzungsdauer auf die ÖNORM B 2320-2017. Diese ÖNORM enthält technische Anforderungen an die Herstellung und Errichtung von Wohnhäusern aus Holz, deren Wand-, Decken- und Dachkonstruktionen im Wesentlichen aus Holz und/oder Holzwerkstoffen bestehen. Die vorliegende ÖNORM gilt für Wohnhäuser, die in Holzrahmenbauweise (zB Riegel-, Ständer- und Tafelbauweise), Holzskelettbauweise und/oder Holzmassivbauweise (zB Brettsperrholz-, Brettstapel- und Blockbauweise) hergestellt werden. Zur Nutzungsdauer ist der ÖNÖRM zu entnehmen, dass die Wohnhäuser entsprechend auszuführen sind, sodass bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und widmungsgemäßer Nutzung eine Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren erwartet werden kann.
Die Literatur zur Liegenschaftsbewertung weist für Fertigteilhäuser in Holzbauweise eine wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von 40 bis 80 Jahren aus.
Nach modernen Bauweisen errichtete Fertighäuser, die vielleicht dem äußeren Anschein nach früheren Leichtbauweisen gleichen, sind keinesfalls durch eine wesentlich geringere Nutzungsdauer gekennzeichnet. Es besteht daher keinerlei sachliche Rechtfertigung in solchen Fällen ohne Nachweis von einer gegenüber der gesetzlichen Nutzungsdauer abweichenden wesentlich kürzeren Nutzungsdauer auszugehen.
Der Dachstuhl wird laut Website der Fa. ***3*** aus kerngetrenntem Kantholz und die Pfette in verwindungsfreier Leimholzanführung millimetergenau auf computergesteuerten Abbundanlagen gefertigt. Für die Dacheindeckung werden wie beim gegenständlichen Gebäude Betondachsteine verwendet. Die gesetzlichen Normen z. B. die Sturmsicherung und Statik lt. Schneelast-Berechnung werden geprüft und eingehalten.
Aus den vorstehenden Ausführungen auf der Website der Fa. ***3*** zu Material und Konstruktion der Gebäude kann eindeutig abgeleitet werden, dass es sich bei den Fertighäusern der Fa. ***3*** um kein Gebäude in Leichtbauweise iSd Rz 3139a handelt. Bei den Wänden handelt es sich keinesfalls um einfache Wände aus Holz sondern um hochqualitative, technisch hochwertige Wände die den heutigen Anforderungen an die Wärmedämmung entsprechen (s. sinngemäß Rz 3139a ESt-Richtlinien 2000).
Auch die Beschreibung der Dachkonstruktion lässt auf ein massives Dach schließen. Bei einem Dachstuhl aus kerngetrennten Kantholz und Betondachsteinen handelt es sich um kein einfaches Dach in Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung.
Mit Rz 3139a ESt-Richtlinien sollte bezweckt werden, dass allein aus der einfachen Bauweise von Wandkonstruktion und Dach die wesentlich geringere Nutzungsdauer pauschal berücksichtigt werden konnte. Aus Vereinfachungsgründen sollte bei einer Leichtkonstruktion auf die Vorlage von Gutachten verzichtet werden.
Da jedoch im vorliegenden Fall kein Gebäude in Leichtbauweise vorliegt, hätte der Bf. eine kürzere Nutzungsdauer als die in § 8 Abs. 1 EStG 1988 vorgesehene Nutzungsdauer nachzuweisen gehabt. Im vorliegenden Fall gelangt wird daher für die Jahre 2015 bis 2017 nur eine Absetzung für Abnutzung (AfA) im Ausmaß von 2,5% zugelassen.
Eine Absetzung für Abnutzung im Ausmaß von 2,5% bzw. 40 Jahren wird insbesondere auch dem Umstand gerecht, dass in Gutachten die absolute Mindestnutzungsdauer von in Holzriegelbauweise errichteten Häusern mit 40 bis 60 Jahren angegeben wird. Dem halten jedoch die Hersteller von Fertigteilhäusern entgegen, dass eine Holzriegel- bzw. Holzrahmenbauweise den Standards des Massivbaues entspricht (vgl. https://www.wohnnet.at/bauen/bauvorbereitung/fertighaus-wiederverkaufswert-25526).
Demgemäß wird vom Hersteller, der Fa. ***3*** ein Fertigteilhaus in dieser Bauweise bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und widmungsgemäßer Nutzung mit Verweis auf die ÖNORM B 2320:2017 08 01 mit wesentlich längeren Nutzungsdauer bis zu 100 Jahren beworben. Aus technischer Sicht wird von einer gleichen Nutzungsdauer wie bei einer Massivbauweise ausgegangen. Es wird daher im vorliegenden Fall von einer Nutzungsdauer von mindestens 40 Jahren bzw. einem AfA-Satz von 2,5% ausgegangen.
Im vorliegenden Fall ist aber zu beachten, dass die Absetzungen für Abnutzung im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 2015 bis 2017 insoweit nicht korrekt ermittelt wurden, als die mit 2,5% geänderten AfA-Sätze (2016, 2017) teilweise auf Basis der bereits durch AfA der Vorjahre verminderten Anschaffungskosten bzw. auf Basis der Restbuchwerte ermittelt wurden. Die Absetzung für Abnutzung sowie die Restbuchwerte zu den Stichtagen , und werden daher wie folgt ermittelt:
Aufgrund geänderter AfA-Beträge sowie geänderter Buchwerte zu den Stichtagen und ergeben sich für die Jahre 2016 und 2017 folgende Gewinnänderungen:
2. Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017:
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.
Im vorliegenden Fall wurden die Bescheide betreffend die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 lediglich mit Argumenten bekämpft, die die diesen Bescheiden zu Grunde liegenden Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 betreffen.
Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (311 BlgNR 21. GP, 196; Zl. 2007/15/0175).
Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte (vgl Ritz, SWK 2001, S. 27; GZ. RV/0344-S/03).
Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen sind an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden. Zinsenbescheide sind daher nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der zu Grunde liegende Abgabenbescheid sei rechtswidrig (vgl. Ritz, SWK 2011, S. 27ff).
Bei der Verzinsung, die sich aus Abänderungen von Bescheiden ergibt, ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen kommt es nicht an (vgl. Zl. 2007/15/0175).
Erweist sich nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so egalisiert ein zu erlassender Gutschriftzinsenbescheid die (vorangegangene) Belastung mit Nachforderungszinsen (vgl. Erl zu Art 27 Z 8 der 311 BglNR 21. GP).
Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid; es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Zlen. 2006/15/0316, 2006/15/0332).
So im vorliegenden Fall die Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 lediglich mit dem Argument bekämpft werden, die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 seien unrichtig, sind die Anspruchszinsenbescheide 2015 bis 2017 sohin zu Recht ergangen, weshalb die Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen 2015 bis 2017 als unbegründet abzuweisen war.
3. Zu Spruchpunkt Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als sich bei der Frage, welche Nutzungsdauer einem Ordinationsgebäude in Holzriegelbauweise zu Grunde zu legen ist, um eine auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Frage handelt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Jahre 2016 und 2017 werden daher wie folgt ermittelt:
Beilage: 2 Berechnungsblätter
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Abs. 1 bis 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 22 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101557.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at