Vorliegen von verjährungsverlängernden Handlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***18***, vertreten durch ***19*** ***20***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für die Zeiträume 12/2013 und 11/2014 zu Recht erkannt:
I.) Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.) Der Beschwerdeführer (***1***) hat in ***2*** bis zum Jahr 2013 eine ***24*** in der Rechtsform eines Einzelunternehmens betrieben. Seit dem Jahr 2013 betreibt er die ***3*** mit ***4*** (***5***) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
2.) ***1*** ist mit ***6*** verheiratet und wohnt einerseits in ***7*** andererseits in ***8***. ***1*** ist sowohl in ***9*** als auch in ***10*** mit Hauptwohnsitz gemeldet.
3.) ***6*** wohnt in Deutschland (***11***) und ist bei ***12*** beschäftigt. Sie hat die Möglichkeit über die ***13*** für sich und nahe Angehörige bis zu drei Neufahrzeuge zu Mitarbeiterkonditionen zu mieten. ***6*** machte von diesem Recht in den Jahren 2010-2017 insofern Gebrauch als sie jährlich zwei Fahrzeuge gemietet hat, wovon sie in eines ***1*** zur Nutzung überlassen hat. Es wurde keine Verwendungsbeschränkung (Zwecke, Kilometerleistung) mit ***1*** vereinbart und es bestand auch keine Verpflichtung zur Fahrtenbuchführung. Nach Ablauf der zum Teil verlängerten Mietverträge wurden die Kraftfahrzeuge (wieder) ins Ausland verbracht.
4.) Die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für die Zeiträume 12/2010, 9/2011 und 10/2012 erfolgte gegenüber ***1***. Die gegen die genannten Bescheide fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3101134/2016, als unbegründet abgewiesen.
4.1.) Die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 12/2013 erfolgte am . Der Bescheid erging an ***14***, z Hd. ***1***. Letztgenannter Bescheid wurde mit Erkenntnis des aufgehoben, weil nur ***1*** als Halter und Verwender und damit als Steuerschuldner der NoVA anzusehen war.
4.2.) Die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für die Zeiträume 11/2015, 10/2015 und 09/2016 erfolgte zunächst ebenfalls gegenüber ***14***, z Hd. ***1*** (vgl. Bescheide vom ). Die angeführten Bescheide wurden über Antrag der Partei nach § 299 BAO aufgehoben (vgl. Aufhebungsbescheid vom , BFG-Akt, S. 76a)
Mit Ausfertigungsdatum ergingen die (nunmehr) an ***1*** gerichteten Bescheide betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für die Zeiträume 12/2013, 11/2014, 11/2015, 09/2016 und 10/2017.
4.3.) Gegen die genannten Bescheide wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben. Bezüglich der Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für die Zeiträume 12/2013 und 11/2014 wurde Verjährung eingewendet. Bezüglich der übrigen Bescheide wurde unter Verweis auf das , Kommission/Irland, eine anteilige NoVA Festsetzung beantragt. Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde verzichtet (§ 262 Abs. 2 BAO).
II.) Rechtslage und Erwägungen:
1.) Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO). Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist (§ 209 Abs. 1 BAO).
2.) Damit Amtshandlungen verjährungsverlängernde Wirkung zukommt, müssen sie nach außen wirksam und einwandfrei erkennbar sein. Die Verjährungsfrist wird beispielsweise verlängert durch Bescheide jeglicher Art (zB erstinstanzliche Bescheide, Beschwerdevorentscheidung, Wiederaufnahmebescheide, vorläufige Bescheide), abgabenbehördliche Prüfungen, Anfragen (Vorhalte an den Abgabepflichtigen, aber auch durch Anfragen an von Abgabepflichtigen verschiedene Personen und Amtshilfeersuchen; vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. § 209 Rz. 10 ff).
2.1.) Im gegenständlichen Fall sind die Abgabenansprüche betreffend die Normverbrauchsabgabe für die Kraftfahrzeuge der Marke ***12*** mit den Fahrgestellnummern ***21*** und ***22*** im Jahr 2013 bzw. 2014 entstanden. Die Verjährungsfrist begann daher mit Ende des Jahres 2013 bzw. 2014 zu laufen. Die strittigen Abgabenfestsetzungen wären daher mit Ende 2018 bzw. 2019 verjährt. Zu prüfen bleibt, ob im genannten Zeitraum verjährungsrelevante Amtshandlungen gesetzt worden sind.
2.2.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterbricht eine zur Durchsetzung eines Abgabenanspruches an die zuständige Behörde gerichtete Meldeanfrage der Finanzbehörde, der der Aufenthalt des Steuerpflichtigen unbekannt ist, die Verjährung nach § 238 Abs. 2 BAO ( und , 96/16/0217).
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Der Abgabenbehörde war sowohl der Aufenthaltsort von ***1*** als auch jener von ***5*** bekannt. Zudem wurde immer wieder vorgebracht, dass ***6*** ihrem Gatten jeweils ein Fahrzeug zur überwiegenden betrieblichen Nutzung in Österreich zur Verfügung gestellt hat. Es kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass die ZMR-Abfrage vom der Ermittlung des Abgabenschuldners gedient hat. Hinzu kommt noch, dass das Finanzamt nicht einmal dargelegt hat, aus welchen Gründen und zu welchen konkreten Zwecken die Datenbankabfrage vom (überhaupt) erfolgt ist. Allfällige prophylaktische ZMR-Abfragen, die weder der Feststellung des Abgabenschuldners noch der Ermittlung seines Aufenthaltsorts dienen, stellen aber keine relevanten Verlängerungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO dar.
2.3.) Zutreffend ist, dass das Bundesfinanzgericht anlässlich der Bearbeitung der Beschwerden des ***1*** (Festsetzung der NoVA für die Zeiträume 12/2010, 09/2010 und 10/2012 sowie Vergütungsanträge betreffend NoVA) und von ***14*** (Festsetzung der NoVA 12/2013 sowie Vergütungsanträge betreffend NoVA) ua Buchungsmitteilungen angefordert hat. Dies deshalb, weil aufgrund der rudimentären Aktenvorlage für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar war, welche Abgabenbescheide überhaupt ergangen sind bzw. welche Vergütungsanträge über welche Abgabenbeträge gestellt worden sind (vgl. BFG-Akt, S. 52-56). Die Übermittlung der Buchungsmitteilung am , die der Vervollständigung der Akten des Bundesfinanzgerichtes gedient hat, stellt keine Verlängerungshandlung dar, sie lässt nämlich nicht erkennen, dass sie auf die Geltendmachung des Anspruches auf Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 12/2013 und 11/2014 gegenüber ***1*** gerichtet war.
2.4.) Anders verhält es sich mit der durchgeführten Außenprüfung betreffend Normverbrauchsabgabe für das Jahr 2013 und Kraftfahrzeugsteuer 2013. Diese Außenprüfung, die der Feststellung einer NoVA - Pflicht für den genannten Zeitraum gedient hat, ist eine nach außen erkennbare Amtshandlungen, die der Geltendmachung des Abgabenanspruches sowohl gegenüber von ***1*** als auch gegenüber von ***5*** gedient hat (vgl. Außenprüfungsbericht vom , ***14***, zHd.***1***). Gleiches gilt für den an ***14*** gerichteten Bescheid betreffend Festsetzung der Normverbrauchabgabe für den Zeitraum 12/2013 vom . Dies bedeutet, dass bezüglich der Normverbrauchsabgabe 12/2013 die Bemessungs- (Festsetzungs-) Verjährung erst mit eingetreten ist. Die gegenständliche Abgabenfestsetzung (Normverbrauchsabgabe 12/2013) erfolgte am , sohin außerhalb der Verjährungsfrist.
2.5.) Auch die an ***14***, zHd. ***1*** gerichteten Abgabenbescheide (NoVA 10/15, 09/16 und 11/15 vom ) stellen aus den genannten Gründen taugliche Verlängerungshandlungen dar. Was die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 11/2014 anbelangt, musste das Finanzamt allerdings einräumen, dass diesbezüglich "bei ***14*** nie eine Abgabe festgesetzt wurde". Dies bedeutet, dass bezüglich der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 11/2014 Bemessungsverjährung mit eingetreten ist. Dass die ZMR- Abfrage () und die Übermittlung der Buchungsdaten () keine verjährungsverlängernden Maßnahmen sind, wurde bereits dargelegt. Auf die Punkte 2.2. und 2.3. dieses Erkenntnisses wird verwiesen.
Der Beschwerde war daher Folge zu geben. Die angefochtenen Bescheide waren aufzuheben.
2.6.) Abschließend ist anzumerken, dass der Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 11/2014 ein Kraftfahrzeug der Marke ***12*** ***16*** mit der Fahrgestellnummer ***23*** betrifft. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum bis zwar Fahrzeuge der Marke ***12*** ***17*** verwendet, nicht jedoch ein Fahrzeug mit der angeführten Fahrgestellnummer. Die genaue Bezeichnung des Fahrzeuges, das der Besteuerung zugrunde gelegt wird, ist aber unabdingbarer Spruchbestandteil eines Bescheides betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe. Der Normverbrauchsabgabebescheid für den Zeitraum 11/2014 erweist sich daher auch aus diesem Grund als rechtswidrig.
II) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen Meldeanfragen verjährungsunterbrechende Amtshandlungen darstellen, durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt wurde. Im Übrigen handelt es sich um die Beantwortung von Tatfragen für deren weitere Klärung eine Revision iSd Art. 133 Abs. 4B-VG nicht mehr vorgesehen ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 209 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100293.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at