Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.05.2020, RV/7400001/2020

Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO: Keine mittelbare Abhängigkeit von der Erledigung einer Beschwerde bei beantragter (und zurückgewiesener) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***, ***, vertreten durch RA Mag. Franz Kellner, Kärntner Ring 14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Rechnungswesen-Buchhaltungsabteilung 34 vom , betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Aus dem übermittelten Akteninhalt ergibt sich für das Bundesfinanzgericht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt, der gemäß § 167 Abs. BAO als erwiesen angenommen werden konnte:

Der Beschwerdeführer wurde mit Haftungsbescheid vom gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz und § 6a Dienstgeberabgabegesetz von der belangten Behörde für den Rückstand an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der *** GmbH iHv 3.488,46 Euro zur Haftung herangezogen. Dieser Haftungsbescheid ist dem Beschwerdeführer am zugegangen. Die dagegen am eingebrachte Beschwerde wurde nach einem Vorhalteverfahren rechtskräftig als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen (vgl. ).

Am brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist des Haftungsbescheides ein, der mit Bescheid vom zurückgewiesen wurde. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dagegen brachte der Beschwerdeführer per E-Mail am einen Vorlageantrag ein und beantragte gleichzeitig die gegenständliche Aussetzung der Einhebung. Zum Aussetzungsantrag wurde darin ausgeführt, die Einhebung "der im angefochtenen Haftungsbescheid, zu welchem die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist beantragt wird, vorgeschriebenen Abgaben ist unmittelbar von der Erledigung der vorliegenden Beschwerde abhängig". Werde dem Wiedereinsetzungsantrag Folge gegeben, entfalle auch die Rechtskraft des Haftungsbescheides bis zur Erledigung der gegen diesen erhobenen Beschwerde; von einer Aussichtslosigkeit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages sei keinesfalls auszugehen.

Mit Bescheid vom wurde der Aussetzungsantrag zurückgewiesen bzw. am mittels Beschwerdevorentscheidung die dagegen am eingebrachte Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens sei das Ansuchen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welches an der Höhe der Abgabenschuld nichts ändere.

Der Vorlageantrag betreffend die Zurückweisung der Aussetzung wurde dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt. Laut Vorlagebericht betrifft die Beschwerdevorlage ausschließlich den Bescheid betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung.

Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung wurde dem Bundesfinanzgericht erst am vorgelegt und ist zZ RV/7400070/2020 anhängig.

2. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§ 212a BAO lautet auszugsweise:

"(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(2a) Ungeachtet einer nicht erfolgten oder nicht zu bewilligenden Aussetzung der Einhebung gemäß Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ist auf Antrag des Abgabepflichtigen die Einhebung der Abgabe in der sich aus dem Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 ergebenden Höhe auszusetzen. Dem Antrag ist der Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 beizulegen.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

(6) - (9) […]"


3. Vorauszuschicken ist, dass - nach dem Akteninhalt - nur die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist.

Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgaben, für die er mit dem Haftungsbescheid vom in Anspruch genommen wurde, im Zuge seines Vorlageantrages gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den zurückgewiesenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Beschwerdefrist (des Haftungsbescheides) gestellt.

Die Aussetzung der Einhebung dient dem Ziel der faktischen Effizienz von Bescheidbeschwerden (vgl. zB VwGH 6.7.2006, 2003/15/0126). Dieses Ziel ist bei der Auslegung der die Aussetzung regelnden Bestimmungen (zB § 212a, § 214 Abs 3 zweiter Unterabsatz, § 215 Abs 1 und 2) zu beachten (zB Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 212a, 614).

Im vorliegenden Fall ist nach den Sachverhaltsfeststellungen und nach dem Beschwerdevorbringen auszuschließen, dass die beantragte Aussetzung der Höhe nach unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt:

Nach dem klaren Wortlaut des § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehöre insoweit herabzusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist. Nach Abs. 3 leg.cit. können Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die in Abs. 1 genannte Bescheidbeschwerde gestellt werden.

Abgaben, deren Höhe mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängen, sind alle diejenigen, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen sind oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben ist (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 212a Anm 2).

Insbesondere mit Blick auf § 212a Abs. 1 und 3 BAO besteht mangels mittelbarer Abhängigkeit kein Grund, einen aus Anlass eines Vorlageantrages gegen einen zurückgewiesenen Wiedereinsetzungsantrag eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung zu bewilligen:

Die Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt lediglich den Beginn eines eigenen Verfahrens zur Prüfung der Frage dar, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass der Antragsteller in den Verfahrensstand, in welchem er sich vor Fristversäumung befunden hat, zurückversetzt wird. Erst die Bewilligung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewirkt, dass dem Antragsteller eine Rechtsstellung zuerkannt wird, wie er sie vor Versäumung der Frist hatte. Bis dahin bleibt aber die Rechtswirkung eines im Hinblick auf die Fristversäumung ergangenen Zurückweisungsbescheides, mit welchem die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid jedenfalls erledigt wurde, bestehen (vgl. dazu -G/11 mit Hinweis auf ). Würde der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages Folge gegeben werden, müsste die belangte Behörde erstmals in der Sache über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheiden. Eine allfällige Stattgabe der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung würde somit nichts an der Höhe der (aus dem Haftungsbescheid stammenden) Abgabenschuld ändern.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnissesauszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Rechtsfrage, ob der Antrag auf Aussetzung der Einhebung zu Recht zurückgewiesen wurde, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung; die Rechtsfolge ergibt sich zum einen aus dem Gesetz, zum anderen weicht das Erkenntnis auch nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at