Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2020, RV/7103044/2008

Lizenzzahlungen - keine verdeckte Ausschüttung - als Betriebsausgabe anerkannt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seine Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde der X*** GmbH, [Adresse], vertreten durch Hason & Partner Steuerberatung KG, 1020 Wien, Praterstraße 33, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 betreffend Körperschaftsteuer 1999 bis 2002 und Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1999 bis 2002 zu Recht:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1999 bis 2002 werden abgeändert.

Der Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1999 bis 2002 wird aufgehoben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschaftergeschäftsführer S*** A*** war. Im Zuge einer die Jahre 1999 bis 2002 umfassenden Betriebsprüfung wurden zusammengefasst nachstehende steuerliche Feststellungen getroffen:
Die Beschwerdeführerin habe im Prüfungszeitraum Lizenzzahlungen an die Zypern1*** Services Limited (in weiterer Folge abgekürzt mit "Zypern1***"), eine Gesellschaft mit Sitz in Zypern geleistet, deren Direktor V*** A***, der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gewesen sei. Die Zypern1*** habe in Zypern keine Tätigkeit ausgeübt; es habe sich laut Auskunft des Internationalen Wirtschaftsdienstes um eine sogenannte Internationale GesmbH ("offshore-company") gehandelt; die Gesellschafter der Zypern1*** seien Anwälte gewesen, welche die Anteile treuhänderisch gehalten haben. Diese Anwälte hätten erklärt, dass sie der Direktor, der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin am telefonisch mit der Auflösung dieser offshore-company beauftragt habe; allerdings seien die für eine Auflösung erforderlichen Geldmittel nicht übermittelt worden. Die Zypern1*** habe Rechnungen über diese Lizenzen in deutscher Sprache ausgestellt. Ein Teil dieser Beträge sei in bar bezahlt worden. Die Lizenzrechte würden bei der Y***, Denver, USA (in weiterer Folge abgekürzt mit "Y***") liegen.

Die Zypern1*** habe ihrerseits Lizenzzahlungen an die Y*** geleistet. Weiters seien von der Zypern1*** Zahlungen für Honorare an den Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin und Zahlungen an die Zypern2*** Limited (in weiterer Folge abgekürzt mit "Zypern2***") für anteilige Büromiete, Büroservice etc erfolgt. Die Zypern2*** habe dieselbe Firmenanschrift in Zypern wie die Zypern1***. Bei der Zypern2*** habe es sich laut Auskunft des Internationalen Wirtschaftsdienstes ebenfalls um eine sogenannte Internationale GesmbH ("offshore-company") gehandelt. Direktor auch dieser Firma sei der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gewesen. Die Zypern2*** habe in Zypern keine Tätigkeit ausgeübt; Gesellschafter seien zu je einem Drittel der Geschäftsführer, dessen Vater und eine Verwandte der beiden gewesen.

Von der Betriebsprüfung wurden die Lizenzzahlungen der Beschwerdeführerin an die Zypern1***, nach Abzug der von der Zypern1*** an die Y*** gezahlten Lizenzgebühren als verdeckte Ausschüttung gewertet. Begründet wurde das damit, dass einerseits ein naher Angehöriger des Geschäftsführers eine führende Rolle in der offshore-company (Zypern1***), welche die Lizenzzahlungen der Beschwerdeführerin erhalten habe, gespielt habe, und andererseits Zahlungen an die Lizenzgeberin in den USA von dieser Oasenfirma (Zypern1***) getätigt worden seien.

Gegen die auf Grund dieser Prüfungsfeststellungen ergangenen Bescheide (Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer) richtet sich die gegenständliche Berufung (nunmehr Beschwerde). Diese wurde zusammengefasst wie folgt begründet:
Die Beschwerdeführerin habe seit mehr als 15 Jahren eine amerikanische Methode zur Reparatur von Badewannen verwendet. Das amerikanische Unternehmen (Y***), das die Patentrechte innegehabt habe, habe bis 1999 eine Niederlassung in Form eine Europavertretung in der Schweiz unterhalten. Bis dahin habe die Beschwerdeführerin die Lizenzgebühren an diese Europavertretung in der Schweiz gezahlt. Im Jahr 1999 sei die "Europazentrale" von den amerikanischen Eigentümern nach Luxemburg (gemeint wohl Zypern) verlegt worden (Zypern1***). Die Zypern1*** sei somit ab 1999 die Lizenzgeberin an die Beschwerdeführerin gewesen.

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei an einer Ausweitung des Geschäftsbetriebs interessiert gewesen und habe sich um einen Masterfranchisevertrag von der Y*** bemüht. Bob Gray, der Inhaber der Patentrechte und der Y*** habe jedoch auf einen ihm unterstehenden persönlichen Vertreter in Europa bestanden. Diese Funktion habe der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin übernommen. Dieser habe dafür seinen Wohnsitz nach Zypern verlegt. Der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sei mit der Ausarbeitung eines Konzepts zur Ausdehnung des Tätigkeitsbereiches in Europa und in weiterer Folge mit der Erstellung eines "Masterfranchise-Vertrages" beauftragt worden.
Dementsprechend habe er mit der Suche nach Franchisepartnern in Deutschland, Italien, der Slowakei und Tschechien begonnen. Durch diese Tätigkeiten seien eine Tochterfirma der Beschwerdeführerin in Deutschland und eine weitere Tochterfirma in Südtirol gegründet worden. Die entstandenen Kosten seien von der Beschwerdeführerin über die Lizenzzahlungen finanziert worden.

In weiterer Folge sei Y*** verkauft worden. Der neue Eigentümer sei nicht mehr am europäischen Markt interessiert gewesen. Die Beschwerdeführerin habe sich vom US-Patentinhaber getrennt, was wie aus dem vorgelegten Schriftverkehr hervorgehen würde, nicht ganz friktionsfrei abgelaufen sei.

Im Zuge der Betriebsprüfung seien Teile der (Linzenz)Zahlungen nach Zypern als verdeckte Ausschüttung behandelt worden, obwohl sich weder an der Höhe noch am Zahlungsgrund gegenüber den früheren langjährigen Zahlungen in die Schweiz etwas geändert habe. Es werde daher der Antrag gestellt, die Zahlungen nach Zypern zur Gänze als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt mit nachstehender Begründung abgewiesen: "Im Namen der GmbH wurde der Einladung nicht nachgekommen, den Nachweis zu erbringen, dass von als Lizenzgebühren deklarierte Zahlungen in den Jahren 1999 bis 2000 an eine Fa. Zypern1*** Services Ltd in Zypern in Höhe von 1 987 137.- S, das entspricht 144 410.- € nicht 1 617 627,59, das entspricht 117 557,58 €, über die Zypern2*** Ltd in den Verfügungsbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers der Bw, V*** (!?) A*** , zurückgeflossen sind.
Da somit die Feststellungen des Betriebsprüfers anlässlich einer Überprüfung der Geschäfts- und Abgabengebarung der Bw für 1999 bis 2002 nicht entkräftet werden können, war die Berufung als unbegründet abzuweisen."

Der Abgabenbehörde war es nicht möglich, den Arbeitsbogen der Betriebsprüfung vorzulegen. Dieser ist nach den Angaben der Abgabenbehörde in Verstoß geraten (E-Mail vom ; BFG-Akt Seite 30). Der Betriebsprüfer, der die gegenständliche Prüfung durchgeführt hat, konnte dem Bundesfinanzgericht keine über die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht hinausgehende Auskünfte erteilen (Telefonate vom und ; Aktenvermerk BFG-Akt Seite 31).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist ob die von der Betriebsprüfung (für die Jahre 1999 bis 2002) festgestellten Lizenzzahlungen an eine zypriotische Gesellschaft (Zypern1***) als verdeckte Ausschüttung der Beschwerdeführerin zu beurteilen sind.

Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Patentinhaberin eines Verfahrens für die Renovierung keramischer Oberflächen war ein US-amerikanisches Unternehmen (Y***), welches bis 1999 eine Europaniederlassung in der Schweiz unterhielt. Im Jahr 1999 wurde die Europaniederlassung von der Schweiz nach Zypern verlegt und der zypriotischen Limited Zypern1*** übertragen (Entwurf "Master Franchise Agreement" vom ; "BP-Akt" Seiten 58ff). Anteilsinhaber der Zypern1*** waren Anwälte, Direktor war der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin war im Besitz der Österreich Lizenzen für dieses Patent (Masterfranchisevertrag für Österreich vom ; "BP-Akt" Seiten 31ff). Die Europaniederlassungen waren jeweils die Lizenzgeberinnen der Beschwerdeführerin. Bis 1999 wurden die Lizenzzahlungen (iHv ca 40 % des anteilig auf die Lizenzverwertung entfallenden Umsatzes der Beschwerdeführerin) an die Schweizer Europaniederlassung, ab 1999 dann an die zypriotische Europaniederlassung, die Zypern1*** (ebenfalls iHv etwa 40 % des anteiligen Umsatzes der Beschwerdeführerin) überwiesen.

Die Lizenzgebühren betrugen:


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1999
2000
2001
2002
602.722,80 ATS
666.143,00 ATS
691.959,00 ATS
26.312,21 EUR

Die Beschwerdeführerin war an einer Ausweitung des Geschäftsbetriebs in Europa interessiert und bemühte sich um einen Masterfranchisevertrag für Schweiz, Italien, Deutschland, Österreich sowie östlich anhängige Nachbarländer (Entwurf eines Masterfranchisevertrages vom (Datum eines FAX), "BP-Akt" Seiten 58ff) und nahm entsprechende Vertragsverhandlungen mit der Patentinhaberin auf. Diese bestand auf einen ihr unterstehenden persönlichen Vertreter in Europa und eine Abwicklung über ihre Europaniederlassung. Diese Aufgabe übernahm der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin als Direktor der zypriotischen Europaniederlassung Zypern1***. Er verlegte dafür seinen Wohnsitz nach Zypern (Aufenthaltstitel 12/1998 bis 6/2005; und vorübergehende Aufgabe des inländischen Wohnsitzes, Zentralmelderegisterabfrage) und begann von Zypern mit der Anwerbung weiterer Franchisepartner in Europa. Aufgrund seiner Initiativen wurden in der Folge in Südtirol und Süddeutschland Tochterfirmen der Beschwerdeführerin gegründet. Für diese Tätigkeiten für die Zypern1*** wurden dem Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin von der Zypern1*** Honorare bezahlt. Neben den Honoraren leistete die Zypern1*** Zahlungen für anteilige Büromieten und sonstige Kosten an eine weitere zypriotische Limited, die Zypern2***. Die Zypern2*** und die Zypern1*** teilten sich Firmenadresse und Büro in Zypern. Die Höhe der Honorare kann ebenso wenig festgestellt werden wie die Höhe der anteiligen Büromieten und der sonstigen Kosten. In Summe betrugen die Zahlungen (Honorare, anteilige Büromiete, Büroservice, sonstige Kosten):


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1999
2000
2001
2002
414.615,02 ATS
603.020,67 ATS
593.325,49 ATS
6.657,42 EUR

Das US-amerikanische Unternehmen (die Patentinhaberin Y***) wurde 2002 verkauft. Der neue Eigentümer war am europäischen Markt nicht mehr interessiert und die Beschwerdeführerin trennte sich von der US-Patentinhaberin (zB Schriftverkehr vom , ; "BP-Akt" Seiten 54ff; vom , und ; "BP-Akt" Seiten 22ff).

Die Beschwerdeführerin war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Streitzeitraum 1999 bis 2002 war S*** A*** bis Alleingesellschafter, ab wurde dessen Vater V*** A*** Mitgesellschafter. Geschäftsführer war während des gesamten Zeitraums S*** A*** allein.

Gesellschafter der Zypern1*** waren Anwälte, die die Anteile treuhänderisch hielten; Direktor der Zypern1*** war V*** A***, der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin. Ein maßgebender Einfluss des Vaters des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin bzw eine Machthaberstellung dessen in der Zypern1*** kann nicht festgestellt werden.

Gesellschafter der Zypern2*** waren zu je einem Drittel S*** A***, dessen Vater V*** A*** sowie T*** A***; Direktor auch dieser Firma war V*** A***, der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Patentinhaberin, deren Europaniederlassungen, die Verlegung dieser von der Schweiz nach Zypern und die Zahlung von Lizenzgebühren sind unstrittig, entsprechen den Ausführungen von Beschwerdeführerin und Betriebsprüfung und finden Deckung im in den Akten dokumentierten und eingesehenen Schriftverkehr, den vorliegenden Rechnungen und (Vertrags)Unterlagen (Abrechnung und monatliche Rechnungen "BP-Akt" Seiten 74 bis 120; die oben angeführten Masterfranchiseverträge).

Ebenfalls unstrittig und den angeführten Schriftstücken zu entnehmen ist die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die Österreich-Lizenzen innehatte und dafür Lizenzgebühren (iHv jeweils etwa 40 % des Umsatzes) erst in die Schweiz und ab 1999 nach Zypern schuldete und überwiesen bzw teilweise bar bezahlt hat (zB BP-Bericht Seite 6 letzter Absatz, wonach auf einem eingesehenen Bankkonto der Zypern1*** der Eingang von Lizenzzahlungen, der Abfluss von Lizenzzahlungen an das US-amerikanische Unternehmen, die Zahlung von Büromieten, Büroservice etc an die Zypern2*** ersichtlich sind; Abrechnung und Rechnungen, "BP-Akt" Seiten 74 bis 120). Es gibt keinen Anhaltspunkt für Zweifel an deren Richtigkeit.

Die Feststellungen betreffend die Tätigkeiten des Vaters des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gründen sich in erster Linie auf die nicht widerlegbaren Angaben der Beschwerdeführerin und die vorgelegten Unterlagen und Beweismittel. So liegen der Entwurf eines Masterfranchisevertrages für Europa (vom , "BP-Akt" Seite 58ff) und umfangreicher Schriftverkehr der Beschwerdeführerin mit den Eigentümern der US-amerikanischen Patentinhaberin vor. Die beiden Tochterfirmen in Südtirol und Süddeutschland wurden im Streitzeitraum gegründet, was von der Betriebsprüfung nicht in Zweifel gezogen wurde. Es liegt kein Hinweis darauf vor, dass diese Firmengründungen nicht auf die Initiative des Vaters des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zurück zu führen sind. Die diesbezüglichen nachvollziehbaren Ausführungen der Beschwerdeführerin können nicht widerlegt werden und wurden auch im Ergebnis von der Betriebsprüfung nicht bestritten.

Der unstrittige Umstand, dass der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin für den Streitzeitraum unbestritten einen Aufenthaltstitel für Zypern erworben hat (bei gleichzeitiger vorübergehender Aufgabe des inländischen Wohnsitzes), wird als weiteres Indiz für eine operative Tätigkeit in Zypern angesehen.

Von der Betriebsprüfung wurde die Machthaberstellung des Vaters der Beschwerdeführerin über die Zypern1*** auf Grundlage einer IWD Auskunft festgestellt. Diese Auskunft beinhaltet ua die Aussage, die Zypern1*** würde keine Tätigkeit in Zypern ausüben, es handle sich um eine offshore-company. Dazu im Widerspruch stehen ua die getroffenen Feststellungen, dass der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin seinen Wohnsitz in Zypern hatte und dort für die Zypern1*** operativ tätig war. Insgesamt kann daher auch nicht festgestellt werden, dass der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin eine Machthaberstellung ausgeübt hat.

Die Feststellung, dass die Höhe der Honorare, die Büromieten, Büroservice etc im Einzelnen nicht festgestellt werden konnten, gründet sich auf den Umstand, dass der der Betriebsprüfung vorgelegte Auszug des Bankkontos (Bericht der Betriebsprüfung, Seite 6 unten) in den Akten nicht auffindbar ist. Dieser ist offensichtlich mit dem Arbeitsbogen der Betriebsprüfung in Verstoß geraten.

Die Feststellungen über die Gesellschafter und Organe der Beschwerdeführerin gründen sich auf das Firmenbuch (Auszug aus dem Firmenbuch; Firmenbuchnummer 123***a***).

Die Eigentumsverhältnisse an den beiden zypriotischen Firmen und die Feststellung, dass der Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin deren Direktor war sind dem Bericht der Betriebsprüfung (Seiten 6 und 7 jeweils oben) entnommen. Diese Feststellungen der Betriebsprüfung blieben unwidersprochen, es gibt auch keinen Anhaltspunkt diese in Zweifel zu ziehen. Sie werden daher der Entscheidung als unstrittig zugrunde gelegt.

Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig und gründet sich auf die im Einzelnen angeführten unbedenklichen Beweismittel.

Rechtlich folgt daraus:

Erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten

Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (§ 115 Abs 1 BAO).
Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen (§ 119 Abs 1 BAO). Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes befreit die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (vgl ua).
In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen zurück (vgl ).
Nach der Rechtsprechung liegt eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei unter anderem dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben; die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maß höher als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind (vgl ua). Diesfalls besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (vgl. Loukota, Internationale Steuerfälle, Tz 429ff; Kotschnigg, ÖStZ 1992, 84; ).
Eine erhöhte Mitwirkungspflicht besteht weiters, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder wenn die Behauptungen des Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (vgl ua).
Bei Auslandssachverhalten (ohne Ermittlungsmöglichkeit der Behörde) wird die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen als äußerst weit reichend angesehen und besteht neben einer erhöhten Offenlegungspflicht noch eine Beweismittelbeschaffungs- und sogar eine Beweisvorsorgepflicht (Ritz, BAO-Kommentar, Tz. 10 zu § 115 und Tz. 3 zu § 166; Kotschnigg, Amtswegigkeit, erhöhte Mitwirkungspflicht und Beweislast bei Auslandssachverhalten, ÖStZ 1992, 84; Loukota, Internationale Steuerfälle, Tz. 429ff).
Diese Beweislastumkehr zu Lasten des Abgabepflichtigen relativiert sich im vorliegenden Fall, wenn die Abgabenbehörde Aktenteile nicht mehr vorlegen kann, in denen die Ergebnisse der Mitwirkung ersichtlich sein können. Der Umstand, dass die Abgabenbehörde die Unterlagen nicht mehr vorlegen kann, kann nicht ausschließlich der Beschwerdeführerin zur Last fallen. Ob und inwieweit die Beschwerdeführerin ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht im Verfahren tatsächlich ausreichend nachgekommen ist, muss daher dahingestellt bleiben.

Verdeckte Ausschüttung

Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Eine verdeckte Ausschüttung setzt dabei definitionsgemäß die Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung oder gesellschafterähnlicher Stellung (Anteilsinhaber) voraus, wobei die Zuwendung eines Vorteils an den Anteilsinhaber auch darin gelegen sein kann, dass eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person begünstigt ist.

Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen die ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache ist an Hand eines Fremdvergleiches zu ermitteln (vgl ). Dieser Fremdvergleich beinhaltet eine formale und eine materielle Komponente.

Die formale Komponente orientiert sich an der Judikatur zur Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen. Derartige Vereinbarungen müssen daher nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen und einen eindeutigen und klaren Inhalt haben. Umgelegt auf den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass die (als verdeckte Ausschüttung qualifizierten) Lizenzzahlungen auf Grundlage eines Vertragsverhältnisses (Masterfranchisevertrag für Österreich) erfolgten. Dieser Vertrag hat einen eindeutigen und klaren Inhalt (zB Höhe der Lizenzen, Zahlungsmodalitäten und -zeitpunkte) und kommt nach außen zum Ausdruck. Die dem Vertrag entsprechenden Abrechnungen liegen vor, Rechnungen wurden gelegt, die Zahlungen sind erfolgt. Unbestritten erfolgten die Lizenzzahlungen auch vertragsgemäß für eine Patentnutzung. Die formale Komponente kann sohin als fremdüblich qualifiziert werden.

Die materielle Komponente ist Maßstab für Vorliegen und Ausmaß einer verdeckten Ausschüttung. Bezüglich der Zahlungsmodalitäten und der Höhe der Lizenzzahlungen hat sich mit der Verlegung der Europaniederlassung von der Schweiz nach Zypern nichts geändert, was gleichfalls für eine fremdübliche Ausgestaltung spricht.

Im Beschwerdefall kann daher schon nicht von einer Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihre Ursache in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben ausgegangen werden. Die Ursache liegt im gegebenen fremdüblichen Vertragsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Zypern1***.

Die Feststellung der Betriebsprüfung, die Lizenzzahlungen stellten eine verdeckte Ausschüttung dar, da einerseits ein naher Angehöriger der Beschwerdeführerin eine führende Rolle in einer offshore-company spiele, welche die Lizenzzahlungen erhalten habe und andererseits Lizenzzahlungen an die Lizenzgeberin in den USA über diese Oasenfirma (Zypern1***) getätigt worden seien, weist darauf hin, dass die Betriebsprüfung eine verdeckte Ausschüttung (des Differenzbetrages) dem Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin als Machthaber der Zypern1*** zurechnen wollte. Die Annahme einer verdeckten Ausschüttung an den Vater des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin würde eine subjektive Vorteilszuwendungsabsicht der Beschwerdeführerin voraussetzen. Für eine derartige Feststellung gibt es jedoch keine ausreichenden Belege.

Die Begründung in der BVE, wonach die Beschwerdeführerin der Einladung nicht nachgekommen sei, dass, als Lizenzgebühren deklarierte Zahlungen nicht über die Zypern2*** in den Verfügungsbereich des Gesellschaftergeschäftsführers zurückgeflossen seien, deutet auf eine von der Abgabenbehörde gewollte Zurechnung einer verdeckten Ausschüttung an den Gesellschaftergeschäftsführer hin. Auch für diese Feststellung gibt es keine ausreichenden Belege.

Der Abgabenbehörde ist zuzugestehen, dass beide Varianten theoretisch möglich sind. Die Feststellungen bleiben allerdings auf Vermutungsebene. Weder eine Vorteilszuwendung noch eine subjektive Vorteilsgewährungsabsicht sind feststellbar. Vielmehr lässt die Aktenlage eine betriebliche Veranlassung erkennen, die eine steuerliche Anerkennung der - auch von der Abgabenbehörde als solche qualifizierten - Lizenzzahlungen zu rechtfertigen vermag.

Auf Grund des sich bietenden Gesamtbildes, nämlich des Vorliegens eines nach außen zum Ausdruck kommenden Vertrages mit eindeutigem, klarem Inhalt, der tatsächlich vertragskonform erfolgten Zahlungen und des Fehlens einer Vorteilsgewährungsabsicht ist daher davon auszugehen, dass eine verdeckte Ausschüttung nicht vorliegt. Die Lizenzzahlungen sind betrieblich veranlasst und mindern als Betriebsausgaben die steuerlichen Bemessungsgrundlagen.

Der Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 2 EStG für den Zeitraum 1999 bis 2002 ist mangels Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung aufzuheben.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision.

Die Beschwerde erweist sich damit als berechtigt. Es ist ihr daher gemäß § 279 BAO Folge zu geben.

Beilagen: 4 Berechnungsblätter (K 1999 bis 2002)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103044.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at