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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.10.2020, RV/7400140/2018

Glücksspielautomatenabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend Glücksspielautomatenabgabe im Zeitraum Juni 2017 bis September 2017 für das Halten von fünf Spielapparaten an der Adresse ***1*** gemäß § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz zu Recht:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom reichte die ***2*** eine Sachverhaltsdarstellung (Akt Blätter 2 bis 9) betreffend das Halten von Spielapparaten im Sinne des § 1 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG am Standort ***3*** wegen fünf Glücksspielgeräten ein.

Am sei an besagter Adresse um ca. 18.00 Uhr die Veranstaltung verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1. und 4 GSpG festgestellt worden. Mit den im beigeschlossenen Besuchsprotokoll näher beschriebenen elektronischen Geräten seien Glücksspiele in Form virtueller Walzenspiel fortgesetzt angeboten bzw. zugänglich gemacht worden. Die Entscheidung über den Spielausgang sei stets ausschließlich oder zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig.

Nach dem angesprochenen Besuchsprotokoll haben sich in dem Lokal fünft Geräte befunden, mit denen entsprechende Ausspielungen (virtuelle Walzenspiele) vorgenommen werden können. Dabei handle es sich um zwei Geräte ACT/Memory Skill und drei Terminal-Geräte unbekannter Type. Durchgeführt worden sei das Testspiel "***4***".

Im Rahmen zweier Begehungen durch den Erhebungs- und Vollstreckungsdienst der belangten Behörde am wurde laut entsprechendem Schreiben dieses Dienstes vom (Akt Blatt 11) das Lokal verschlossen aufgefunden und den Amtsorganen trotz mehrmaligen Läutens nicht geöffnet.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 16) forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) zur Stellungnahme auf. Es seien an besagter Adresse fünf Spielapparate festgestellt worden, jedoch keine entsprechenden Abgaben entrichtet worden.

Am erfolgte die Zeugeneinvernahme der Person, die den Besuch des Lokals am und am durchgeführt hat (Akt Blatt 29). Der Zeuge gab, nachdem er auf seine Verpflichtung, die Wahrheit anzugeben hingewiesen worden ist, an, dass sich das Lokal an der Adresse ***1*** befinde. Dass in dem Bericht (Akt Blätter 2 bis 10) eine falsche Hausnummer angegeben sei, sei auf das Überschreiben eines älteren Berichts zurückzuführen. Das Gleiche gelte für das durchgeführte Probespiel.

Tatsächlich habe sich der Besuch folgendermaßen abgespielt: Durch einen zentral nach hinten versetzten Eingangsbereich komme man zur rechts gelegenen Eingangstüre, die elektronisch geöffnet worden sei. Links nach dem Eintritt habe sich ein Geldeingabeautomat für die Terminals befunden.

Die zwei Geräte der Type ACT/Memory Skill seien im hinteren Bereich des Lokals, die drei anderen Terminals unmittelbar nach dem Eintritt rechts gewesen.

An beiden Begehungstagen seinen zu seiner Ankunft die Terminals von Gästen bespielt worden.

Er habe am an einem der beiden Geräte der Type ACT/Memory Skill das Testspiel "***5***" und am an einem der beiden Geräte der Type ACT/Memory Skill das Testspiel "***4***" mit einem am Spielapparat eingezahlten Guthaben von 30 Euro und einem Einsatz von 30 Cent durchgeführt und dies mit Fotos dokumentiert. Es handle sich dabei um ein virtuelles Walzenspiel, dessen Ausgang mittels des Apparates nicht beeinflusst werden könne. An beiden Tagen seien ihm am Auszahlungsgerät (platziert zwischen den beiden Geräten) 10 Euro ausbezahlt worden.

Mit Bescheid vom (Akt Blätter 32 bis 33) wurde der Bf. gemäß § 1 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG für die Monate Juni bis September 2017 ein Abgabenbetrag von 28.000 Euro wegen des Haltens von fünf Spielapparaten an der Adresse ***1*** vorgeschrieben. Weiters wurde ein Säumniszuschlag von 560 Euro auferlegt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. mit Schriftsatz vom (Akt Blatt 35) das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde.

Beim Anzeigenleger handle es sich um ein Hetzportal, welches vor Verleumdungen und Denunzierungen nicht zurückschrecke. Die Aussagen des Zeugen seien widersprüchlich und unglaubwürdig. Die Behörde habe keine Ermittlungen angestellt und dem Anzeiger Glauben geschenkt.

Es werde bestritten, dass Geräte aufgestellt gewesen seien, welche glückspielabgabenpflichtig gewesen wären. Ebenso werde bestritten, dass das Lokal in den Monaten Juni bis September 2017 durchgehend geöffnet gewesen sei und dass Gewinne in Aussicht gestellt worden seien.

Des Weiteren stelle die Glücksspielautomatenabgabe eine unzulässige Einschränkung der europarechtlichen garantierten Dienstleistungsfreiheit dar, da sie nicht jedermann in der gleichen Weise betreffe, sondern nur Ausspielungen, die konzessionslos erfolgen würden.

Es werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Ihre abweisende Beschwerdevorentscheidung vom (Akt Blatt 37) begründete die belangte Behörde damit, dass kein Anlass bestehe, die vom Zeugen unter Wahrheitsverpflichtung getätigte Aussagen in Zweifel zu ziehen, zumal diese klar und nachvollziehbar seien. Die Bf. habe indes keine Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 39) begehrte die Bf. ohne weitere inhaltliche Ausführungen die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht.

Die Vorlage erfolgte mit Schreiben der belangten Behörde vom .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. betrieb im Zeitraum Juni, beginnend spätestens am 21. Juni, bis September 2017 in einem angemieteten Geschäftslokal an der Adresse ***1*** insgesamt fünf Glücksspielapparate (zwei Geräte ACT/Memory Skill und drei andere Terminal-Geräte). Sie bot Spielern eine Möglichkeit zur Ein- und Auszahlung von Geldbeträgen und zum Bespielen virtueller Walzenspiele an den genannten fünf Geräten.

Bei diesen Spielen ist das Spielergebnis vom Zufall abhängig und kann nicht seitens des Spielers beeinflusst werden.

Allfällige Gewinne können beim im Lokal befindlichen Auszahlungsgerät bezogen werden.

Die Bf. verfügt über keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahrensgang angeführten, im Akt befindlichen Dokumenten.

Die festgestellte Ausstattung des Lokals mit Spielapparaten und der Möglichkeit zur Ein- und Auszahlung von Geldbeträgen ergibt sich aus den glaubwürdigen Aussagen des Zeugen (Akt Blatt 29) und den vorliegenden Fotografien (Akt Blätter 2 und 3). Das gleiche gilt für die Art der angebotenen Spiele.

Dass die Bf. das streitgegenständliche Lokal im Streitzeitraum betrieben hat, wurde seitens des Bf. nicht bestritten. Dass die Bf. dieses Lokal einer anderen als der hier gegenständlich festgestellten Nutzung unterzogen hat, hat die Bf. weder vorgebracht noch nachgewiesen.

Die Verantwortung der Bf. es wäre tatsächlich ein Nachbarlokal aufgesucht worden, steht im Widerspruch zu den glaubwürdigen Aussagen des Zeugen (Akt Blatt 29). Schließlich lässt auch die örtliche Entfernung der beiden Adressen eine Verwechslung als unwahrscheinlich erscheinen.

Bei der Frage, wann ein Spielapparat für Dritte spiel- und betriebsbereit gehalten worden ist, handelt es sich um eine Tatfrage, die in einem Akt der Beweiswürdigung zu lösen ist (vgl. ). Da die Bf. diese Ausstattung den Spielern zur Verfügung gestellt hat, ist davon auszugehen, dass sie die Spielapparate auf eigene Rechnung gehalten hat. Da die Geräte sowohl bei der Begehung am als auch am geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Geräte auch im Zeitraum zwischen diesen Tagen bereitgestellt worden sind.

Dass die Bf. über keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG verfügt, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie eine solche nicht behauptet und im Bundesland Wien Landesausspielungen nach § 5 GSpG nicht zugelassen sind.

Seitens des Bf. wurden, abgesehen vom Parteienvorbringen, keine ihre Aussagen stützenden Beweise vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, erteilt wurde, ist nach § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz eine Steuer zu entrichten.

Die Steuer beträgt je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 Euro. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

Nach dem festgestellten Sachverhalt verfügt die Bf. über keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 GSpG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2004/15/0092, zu § 6 Abs 1 Wiener VGSG 1987 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes festgehalten, die beispielsweise Aufzählung der unter § 6 Abs. 1 VGSG 1987 fallenden Apparate lasse das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, in möglichst umfassender Weise die durch die technische Entwicklung gegebene Möglichkeit des Spiels mit Apparaten zu erfassen. Davon ausgehend ist dem Begriff "Apparat" im gegebenen Bedeutungszusammenhang ein dahingehender weiter Wortsinn zuzumessen. Unter einem Apparat ist ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetztes technisches Gerät zu verstehen, das bestimmte Funktionen erfüllt bzw. eine bestimmte Arbeit leistet. Auch ein mit einer Spieldiskette betriebener Computer ist dem Begriff des Spielapparates zu subsumieren. Aber auch jene Apparate sind nach der Rechtsprechung erfasst, bei denen der Benützer die Auswahl zwischen verschiedenen Spielmöglichkeiten hat und die zu wählenden Spiele unterschiedlichen Steuertatbeständen zu subsumieren sind. Auch nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 VGSG 2005 ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber versucht hat, einen weiten Begriff des Spielapparates zu Grunde zu legen und damit möglichen technischen Entwicklungen gerecht zu werden ().

Der hier anwendbare § 1 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG deckt sich mit dem § 6 Abs. 1 VGSG 2005. Vor diesem Hintergrund bestehen für das Verwaltungsgericht keine Zweifel, dass auch die von der Bf. bereitgestellten Geräte und Terminals samt Auszahlungsgeräten den weiten Wortsinn der angesprochenen Norm erfüllen und als Spielapparate anzusehen sind.

Das Gesetz fordert nicht, dass bei Apparat der Münzeinwurf durch den Spieler selbst vorgenommen wird oder die Gewinnauszahlung durch den Automaten erfolgt. Ein Spielapparat ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn das Bedienungspersonal das Entgelt kassiert, anschließend den Apparat in Betrieb setzt und den allfälligen Gewinn dem Kunden aushändigt (vgl. zu § 6 VGSG). Dies gilt auch für den inhaltsgleichen hier verfahrensgegenständlichen § 1 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG. Die Bereitstellung einer Geldein- und Auszahlungsmöglichkeit durch die Bf. genügt diesen Anforderungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind virtuelle Walzenspiele als Glücksspiele zu qualifizieren (; , 2011/17/0246).

Steuerpflichtig ist nach § 2 Abs. 1 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG die Unternehmerin. Unternehmerin ist jede, in deren Namen oder auf Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Bf. im Zeitraum Juni (jedenfalls ab ) bis einschließlich September 2017 fünf Spielapparate gehalten, auf denen Spiele betrieben wurden, deren Ausgang vom Zufall und nicht vom Einfluss des Spielers anhängig war.

Die Steuer ist nach § 3 Wiener GlücksspielautomatenabgabeG erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Sie war für Juni 2017 damit spätestens am , für Juli 2017 am , für August 2017 am und für September 2017 am fällig.

Letztlich kann das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die diesbezüglichen unionsrechtlichen Ausführungen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/17/0217, nicht erkennen, dass die Bf. mit Sitz in Ausland in ihren unionsrechtlichen Grundfreiheiten (Dienstleistungsfreiheit etc.) benachteiligt wäre, da die strittige Abgabe nach dem damaligen Vergnügungssteuergesetz [heute: Wiener GlücksspielautomatenabgabeG] unterschiedslos von inländischen und ausländischen (unionsangehörigen) Abgabepflichtigen erhoben wird.

Zudem wird festgehalten, dass die von der belangten Behörde angewendete Abgabenvorschrift keine Sanktionsvorschrift für die Nichteinhaltung glücksspielrechtlicher Bestimmungen ist, die von einem allenfalls eingreifenden Anwendungsvorrang des Unionsrechts betroffen sein könnte (vgl. ). Im Übrigen kann die Dienstleistungsfreiheit im Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Tätigkeit der Bf. durch die strittige Abgabe schon deshalb nicht eingeschränkt werden, weil im Bundesland Wien Landesausspielungen nach § 5 GSpG nicht zugelassen sind.

Insgesamt sind damit die Voraussetzungen einer Besteuerung nach dem Wiener GlücksspielautomatenabgabeG gegeben und war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor, weshalb eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400140.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at