Parkometer: Einspruch gegen Strafverfügung nach dem objektiven Erklärungswert nicht vom Beschuldigten - Zurückweisung mangels Parteistellung durch den Magistrat erfolgte zu Recht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde der R**** S****, [Adresse], gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 (Parkraumüberwachung), betreffend die Zurückweisung eines Einspruches vom mangels Parteistellung gegen die an T**** S**** gerichtete Strafverfügung vom , MA67/1967********/2019, zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Magistrat der Stadt Wien erließ gegenüber T**** S**** mit Datum vom zu der im Spruch genannten Geschäftszahl eine Strafverfügung wegen einer Übertretung des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 2 Parkometergesetz 2006, wobei eine Geldstrafe von € 60 (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diese Strafverfügungen erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom Einspruch. Dabei führte sie zusammengefasst aus, sie habe im Auftrag ihrer Tochter das in der Strafverfügung genannte Kfz verwendet, jedoch beim Handyparken ein falsches Kennzeichen ausgewählt.
Der Magistrat der Stadt Wien forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom (Verbesserungsauftrag) auf, innerhalb von zwei Wochen die Unterschrift des Beschuldigten oder eine Vollmacht beizubringen, aus welcher zu erkennen sei, dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt der Einspruchseinbringung bevollmächtigt gewesen sei.
Dieses Schreiben (Verbesserungsauftrag) wurde an die Beschwerdeführerin per Adresse T**** S**** adressiert (dem Magistrat der Stadt Wien war keine Adresse und kein Geburtsdatum der Beschwerdeführerin bekannt, im ZMR sind mehrere Personen dieses Namens verzeichnet) und mit RSb zugestellt.
Dieses Schreiben (Verbesserungsauftrag) wurde am Postamt hinterlegt und dem Überbringer der Hinterlegungsanzeige ausgefolgt. Ob dies die Beschwerdeführerin war, ist nicht feststellbar.
Es erfolgte keine Reaktion auf den Verbesserungsauftrag.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Magistrat der Stadt Wien den Einspruch der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung zurück. In der Begründung führte der Magistrat der Stadt Wien zusammengefasst aus, nur der Beschuldigte (T**** S****) habe Parteistellung und sei daher zur Einspruchserhebung berechtigt. Die Beschwerdeführerin habe trotz Verbesserungsauftrag keine Vollmacht vorgelegt. Da ihr in diesem Verfahren keine Parteistellung zukomme, sei der Einspruch als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bringt darin zusammengefasst vor, der Verbesserungsauftrag sei weder ihr noch ihrem Sohn (T**** S****) zugegangen. Darüber hinaus erstattete die Beschwerdeführerin lediglich ein das Strafverfahren betreffendes Vorbringen (geringes Verschulden etc). Das Bestehen einer Bevollmächtigung durch den Sohn (T**** S****) oder ein Handeln für den Sohn wurde nicht behauptet, auch wurde mit der Beschwerde keine Vollmacht vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Magistrat der Stadt Wien erließ an T**** S**** (Sohn der Beschwerdeführerin) mit Datum vom zu der im Spruch genannten Geschäftszahl eine Strafverfügung wegen einer Übertretung des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm§ 4 Abs 2 Parkometergesetz 2006, wobei eine Geldstrafe von € 60 (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin mit E-Mail folgenden Einspruch ein:
"Betreff: Einspruch gegen die GZ MA67/1967********/2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
binnen offener Frist erhebe ich Einspruch gegen die oa Strafverfügung.
Begründung:
Im Auftrag meiner Tochter habe ich am 07.06. d. J. deren FZ mit dem Kennzeichen W-*****X benutzt. Ich habe in der Spengergasse auch ordnungsgemäß einen Parkschein via Handyparken gelöst, jedoch in der Eile jedoch das Kennzeichen des FZ W-*****Y, mit dem ich zuvor gefahren war, erwischt.
Dieses FZ stand zu diesem Zeitpunkt nachweislich am Wohnort des Zulassungsbesitzers, Herrn K****B****, [… (Adresse)]. Als Zeugen kann ich diesbezüglich daher Herrn B**** sowie meine Tochter V****S**** [… (Adresse)], namhaft machen.
Hier der gegenständliche Auszug aus meinem Parkaccount mit der entsprechenden Transaktionsnummer:
HANDY Parken
[…]
Angesichts der Tatsache, dass die Kurzparkzonengebühr tatsächlich entrichtet wurde und ich lediglich übersehen habe, dass Kennzeichen umzustellen, ist mir nur ein geringes Verschulden vorzuwerfen. Ich stelle daher den Antrag, die Behörde möge
- die angefochtene Strafverfügung vom ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen,
- in eventu gem. § 45 VStG , allenfalls unter Erteilung einer Ermahnung, von der Verhängung einer Strafe absehen,
- in eventu die verhängte Strafe senken.
Mit der Bitte um positive Erledigung verbleibe ich
mit vorzüglicher Hochachtung
R****S**** (Beschwerdeführerin)"
Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:
Die Feststellungen sind unstrittig.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zurechnung einer Verfahrenshandlung im AVG nicht geregelt. Die Prüfung, wem eine Eingabe - im Beschwerdefall: der Einspruch - zuzurechnen ist, hat sich am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde für sich in Anspruch nimmt. Besteht danach kein Anlass zu Zweifeln, wem die Eingabe zuzurechnen ist, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen iSd § 37 AVG noch eines Verbesserungsauftrages iSd § 13 Abs 3 AVG.
Kann diese Frage aber nicht zweifelsfrei beurteilt werden, ist die Behörde verpflichtet, sich über die Zurechnung der Prozesshandlung Klarheit zu verschaffen; bestehende Zweifel sind gemäß § 37 AVG aufzuklären, wobei die Beseitigung der Zweifel auch im Rahmen des § 13 Abs 3 AVG erfolgen kann. Hierbei handelt es sich nicht um die Nachholung einer befristeten Prozesshandlung, sondern um die Klärung des Inhaltes einer zwar rechtzeitigen, aber undeutlichen Prozesshandlung. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu beachten, dass durch Formvorschriften die Durchsetzung materieller Rechte nicht in größerem Ausmaß als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden soll (zB mit zahlreichen Nachweisen).
Die Ausführungen im Einspruch der Beschwerdeführerin lassen zweifelsfrei erkennen, dass sie in eigenem Namen gegen die Strafverfügung Einspruch erheben wollte. Ein Handeln im fremden Namen ist (auch nicht andeutungsweise) erkennbar. Das Vorbringen betreffend das geringe Verschulden der Beschwerdeführerin spricht vielmehr deutlich für ein Handeln der Beschwerdeführerin in eigenem Namen. Denn welche Rolle sollte der Grad des Verschuldens der Beschwerdeführerin im Strafverfahren gegen T**** S**** spielen. T**** S**** scheint in diesem Einspruch überhaupt nicht auf; weder wird er genannt, noch wird auf ihn verwiesen oder auch nur in irgendeiner Weise auf ihn Bezug genommen.
Der Einspruch ist damit nach seinem objektiven Erklärungswert ohne Zweifel der Beschwerdeführerin zuzurechnen.
Damit bedurfte es jedoch des vom Magistrat der Stadt Wien durchgeführten Verbesserungsverfahrens nicht. Ob die Beschwerdeführerin den Verbesserungsauftrag erhalten hat bzw ob dieser wirksam zugestellt wurde, ist daher ohne Relevanz.
Berechtigt, einen Einspruch zu erheben, ist gemäß § 49 Abs 1 VStG der Beschuldigte (vgl Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 49 Rz 2). Dieser ist Partei des Verfahrens.
Hat die Behörde auf Grund des objektiven Erklärungswertes der Eingabe keinen Zweifel daran, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen ist, darf sie nach ständiger Rechtsprechung mit einer sofortigen Zurückweisung dieser Eingabe vorgehen (zB ).
Der Magistrat der Stadt Wien hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung zurückgewiesen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich nach dem Gesagten im Ergebnis als zutreffend.
Die gegen diesen Zurückweisungsbescheid gerichtete Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die ordentliche Revision für die belangte Behörde ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise | § 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500368.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at