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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.05.2020, RV/7500217/2020

Parkometerabgabe; der Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 war nicht sichtbar im Fahrzeug hinterlegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde der Bf., Dorf, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/0000/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben als die von der belangten Behörde mit € 60,00 verhängte Geldstrafe auf € 48,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 10 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis bestätigt.

Der Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde bleibt mit € 10,00 (§ 64 Abs. 2 VStG) unverändert.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des
Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die Geldstrafe (€ 48,00) ist gemeinsam mit dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (€ 10,00), insgesamt somit € 58,00, an den Magistrat der Stadt Wien binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Straferkenntnisses zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde
bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach
Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine ordentliche Revision
durch die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war zur Beanstandungszeit () Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna.

Der Magistrat der Stadt Wien lastete der Bf. unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans XY der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, sie habe das näher bezeichnete Fahrzeug am um 13:56 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Am Hauptbahnhof 2, ohne einem zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung
iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe
iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von der Bf. Einspruch erhoben (E-Mail vom ) und vorgebracht, dass sie bewegungseingeschränkt sei und den Parkausweis für Behinderte mit der Ausweis-Nr. 123 besitze. Dieser sei selbstverständlich im vorderen Teil des Fahrzeuges sichtbar angebracht gewesen. Der Ausweis sei im Fahrzeug so fix montiert, dass er immer sichtbar sei.

Über Ersuchen der Magistratsabteilung 67 wurde vom Sozialministeriumservice mit E-Mail vom bestätigt, dass die Bf. im Besitz des näher bezeichneten Parkausweises mit einem Gültigkeitsdatum ab ist.

Mit Schreiben vom ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde der Bf. das vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung zur Beanstandungszeit aufgenommene Foto übermittelt und festgehalten, dass sich den Anzeigefotos zufolge zum Tatzeitpunkt kein § 29b StVO Ausweis sichtbar im Fahrzeug befunden habe.

Der Bf. wurde für eine mündliche oder schriftliche Stellungnahme eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt. Für den Fall einer schriftlichen Stellungnahme wurde die Bf. um Bekanntgabe der ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel sowie um Bekanntgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälliger Sorgepflichten ersucht (§ 19 Abs. 2 VStG 1991), da die Behörde verpflichtet sei, diese bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Andernfalls werde bei der Strafbemessung von durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen.

Die Bf. teilte der Behörde in ihrer Stellungnahme (E-Mail vom ) mit, dass auf den übermittelten Fotos der Ausweis gemäß § 29b StVO sehr wohl zu erkennen sei.

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung
iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 VStG 1991 ein Betrag von € 10,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens zunächst festgehalten, dass die Abstellung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit durch die Bf. unbestritten geblieben sei.

Die Parkometerabgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO abgestellt oder in denen solche Personen befördert würden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet seien.

In der Straßenverkehrsordnung sei unter § 29b Abs. 4 Folgendes geregelt:

"Beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a hat der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen."

Es bestehe für die erkennende Behörde keine Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers in der Organstrafverfügung in Zweifel zu ziehen, zumal einem zur Parkraumüberwachung bestellten und hierfür besonders geschulten Organ die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werden könne. Dazu komme, dass sich die Wahrnehmungen des Meldungslegers auf den ruhenden Verkehr bezögen und er daher Zeit genug gehabt habe, richtig zu erkennen, ob sich zum Beanstandungszeitpunkt ein gültiger entwerteter Parkschein im Fahrzeug befunden habe oder nicht. Wäre der Ausweis gut sichtbar im Fahrzeug hinterlegt gewesen, hätte ihn der Meldungsleger wahrgenommen.

Die bloße Erklärung der Bf., der Vorhalt der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei nicht richtig, sei nicht ausreichend, diesen zu widerlegen, zumal die anlässlich der Beanstandung angefertigten Fotos das Gegenteil annehmen lassen.

Die Bf. habe nicht einmal dargetan, wo genau "im vorderen Teil des Fahrzeuges" der Ausweis hinterlegt gewesen wäre.

Taugliche Beweismittel, welche den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen im Stande gewesen wären, seien von der Bf. im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens weder angeboten noch vorgelegt worden.

Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus der Organstrafverfügung des Meldungslegers sowie aus der Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses ersichtlich sei. Die angelastete Übertretung sei daher als erwiesen anzusehen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten
ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im
gegenständlichen Fall daher nicht vor.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone
abstelle, müsse gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des
Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.

Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sei die Bf. nicht nachgekommen.

Die Verschuldensfrage sei zu bejahen.

Die Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die
Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2
Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (keine einschlägige rechtskräftige Vormerkungen nach dem Parkometergesetz, Ausgehen von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen).

Gegen das Straferkenntnis wurde von der Bf. binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) erhoben und, wie schon in ihrer Stellungnahme vom , vorgebracht, dass der Ausweis gemäß § 29b StVO auf dem Foto sehr wohl zu erkennen sei. Dieser befinde sich hinter der Windschutzscheibe auf der fahrerseitigen Sonnenblende. Die Sonnenblende sei so ausgerichtet, dass die Kamera den Ausweis zeige. Die Umrisse des Ausweises seien selbst auf dem Foto mit sehr schlechter Auflösung erkennbar, ebenso das Rollstuhllogo und die Befestigung. Der Ausweis sei somit gut erkennbar angebracht. Obwohl sie der Behörde angeboten habe, für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung zu stehen, habe die Behörde wiederum nicht nachgefragt, wo auf dem Foto der Ausweis zu sehen sei. Sie gehe davon aus, dass der Beamte den Ausweis nicht wahrgenommen habe, weil es sonnig gewesen sei.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem
Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna war am um 13:56 Uhr in der zur Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Am Hauptbahnhof 2, abgestellt.

Die Abstellung des Fahrzeuges durch die Bf. zur Tatzeit am Tatort blieb unbestritten.

Die Bf. ist im Besitz des Parkausweises für Behinderte mit der Ausweis-Nr. 123, ausgestellt vom Sozialministeriumservice und gültig ab .

Zur Beanstandungszeit war der Parkausweis nicht sichtbar hinter der rechten Seite der Windschutzscheibe angebracht. Das Fahrzeug war weder mit einem gültigen Papierparkschein gekennzeichnet noch war zum Beanstandungszeitpunkt ein gültiger elektronischer Parkschein aktiviert.

Das Fahrzeug war somit in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen abgestellt.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt, insbesondere aus den eigenen
Wahrnehmungen und den Anzeigedaten des Parkraumüberwachungsorgans.

Die Bf. bestreitet, dass zur Beanstandungszeit der Parkausweis für Behinderte nicht sichtbar hinter der Windschutzscheibe hinterlegt war und bringt vor, dass dieser hinter der Windschutzscheibe auf der fahrerseitigen Sonnenblende angebracht und so ausgerichtet sei, dass die Kamera den Ausweis zeige. Umrisse des Ausweises seien selbst auf dem Foto mit sehr schlechter Auflösung erkennbar, ebenso das Rollstuhlloge und die Befestigung.

Nach den Feststellungen des Kontrollorgans war zur Beanstandungszeit kein Parkausweis gemäß § 29b StVO sichtbar im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug angebracht. Auch war weder ein gültiger Papierparkschein hinterlegt noch ein gültiger elektronischer Parkschein aktiviert.

Nach dem vom Kontrollorgan zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Foto befand sich zur Beanstandungszeit kein sichtbar hinterlegter Parkausweis in dem in Rede stehenden Fahrzeug.

Hätte sich, wie von der Bf. vorgebracht, der Parkausweis sichtbar hinter der Windschutzscheibe angebracht im Fahrzeug befunden, wäre der Parkausweis auf dem trotz der zugegebenermaßen von relativ schlechter Bildqualität angefertigten Foto zu erkennen.

Aus dem im § 39 Abs. 2 AVG normierten Grundsatz der Amtswegigkeit ergibt sich im Zusammenhalt mit § 37 AVG der Grundsatz der materiellen Wahrheit des festzustellenden Sachverhaltes. Dies bedeutet, dass grundsätzlich die Behörde von sich aus für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen hat (vgl. ).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache der Behörde, die einzelnen Beweismittel nach ihrer Zweckdienlichkeit für die Erfüllung der Pflicht der Behörde zur Ermittlung der materiellen Wahrheit unter Berücksichtigung der nach Lage des Falles gebotenen Zweckmäßigkeit und Verfahrensökonomie auszuwählen. Dabei ist die Behörde in der Auswahl der Beweismittel nicht beschränkt, da grundsätzlich von der Gleichwertigkeit aller Beweismittel auszugehen ist (vgl. ).

Zufolge § 46 AVG dient die Anzeige dem Beweis der Rechtsrichtigkeit und stellt ein taugliches Beweismittel dar (vgl. zur Unbeschränktheit der Beweismittel die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes , , , vgl. auch die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 730, E 1 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die Anfertigung von Fotos im Zuge der Beanstandung ist weder erforderlich noch verpflichtend. Es bleibt den Kontrollorganen der Parkraumüberwachung (Meldungsleger) überlassen, ob bzw. wie viele Fotos sie im Zuge der Beanstandung eines Fahrzeuges und der daraufhin ergehenden Organstrafverfügung anfertigen.

Die Behörden sind bei der ihnen zustehenden freien Beweiswürdigung berechtigt und verpflichtet zu berücksichtigen, dass der Anzeiger einen Diensteid abgelegt hat, durch eine vorsätzliche falsche Anzeige die Amtspflicht verletzen würde und dass schließlich die Organe der Parkraumüberwachung eine besondere Schulung über richtige Wahrnehmungen von Vorgängen im ruhenden Verkehr genossen haben, während der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren dadurch, dass er sich bei seiner Anhörung oder förmlichen Vernehmung nicht an die Wahrheit hält, keinerlei Rechtsnachteile zu befürchten hat (vgl. , , ).

Wenn die Behörde den Angaben des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Beschuldigten schenkt, ist dies nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. , , ) durchaus schlüssig.

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur war es daher nicht rechtswidrig, dass sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall nur auf die Anzeige des Meldungslegers stützte und die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die oben zitierten Feststellungen traf.

Das Bundesfinanzgericht sieht keine Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Parkraumüberwachungsorgans und dessen Objektivität in Frage zu stellen und geht in freier Beweiswürdigung von der Richtigkeit der Anzeigedaten aus.

Das Vorbringen der Bf., wonach auf dem Foto trotz schlechter Auflösung das Rollstuhlfoto und die Befestigung zu erkennen seien, wird vom Bundesfinanzgericht als Zweckbehauptung und als nicht geeignet erachtet, den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen.

Die Bf. hat die ihr von der belangten Behörde angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 begangen.

Gesetzesgrundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das
eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des
Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung
der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für
das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem
Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe für Fahrzeuge nicht zu entrichten, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.

§ 29b StVO 1960 normiert:

(1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

(1a) (Verfassungsbestimmung) Die Ausfolgung und Einziehung eines Ausweises gemäß Abs. 1 kann unmittelbar durch Bundesbehörden besorgt werden.

(2) Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 dürfen

a) auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Halten und Parken verboten" oder eine nicht unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 1 lit. p) ein Halte- und Parkverbot kundgemacht ist,

b) entgegen der Vorschrift des § 23 Abs. 2 über das Abstellen eines Fahrzeuges am Rand der Fahrbahn mit dem von ihnen selbst gelenkten Fahrzeug oder mit einem Fahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten.

(3) Ferner dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern,

a) auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Parken verboten" oder eine unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 3 lit. a) ein Parkverbot kundgemacht ist,

b) in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung,

c) auf Straßen, für die ein Parkverbot, das gemäß § 44 Abs. 4 kundzumachen ist, erlassen worden ist, und

d) in einer Fußgängerzone während der Zeit, in der eine Ladetätigkeit vorgenommen oder die Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a befahren werden darf,

parken.

(4) Beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a hat der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

(5) ...

(6) …


Rechtliche Beurteilung:

Den Bestimmungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist.

Dieser Hinweis ist auch auf dem Behindertenpass enthalten ("Der Ausweis ist im Fall seiner Benutzung im vorderen Teil des Fahrzeugs so anzubringen, daß die Vorderseite des Ausweises zu Kontrollzwecken gut sichtbar ist.")

Die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren und damit die Vermeidung eines Verkürzungsdeliktes ist somit unabdingbar an das sichtbare Einlegen des Parkausweises für Behinderte im Original geknüpft.

Andernfalls könnten die Kontrollorgane der Parkraumüberwachung nicht überprüfen, ob das Kraftfahrzeug nach § 6 lit. g der Wiener Parkometerabgabeverordnung tatsächlich vom Inhaber eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt bzw. das Abstellen eines Fahrzeuges iZm der Beförderung einer Person mit einem Behindertenausweis erfolgt ist.

Wurde somit der Parkausweis für Behinderte nicht sichtbar angebracht und befindet sich im Fahrzeug kein gültiger Papierparkschein oder wurde für das Fahrzeug kein gültiger elektronischer Parkschein aktiviert, muss das Kontrollorgan davon ausgehen, dass das beanstandete Fahrzeug nicht ordnungsgemäß in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt ist.

Eine Person, die im Besitz eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO ist und den Bestimmungen der Verordnung nicht entspricht, hat die Möglichkeit vertan, das Fahrzeug ohne gültigen (gebührenpflichtigen) Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abzustellen.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Der Begriff der Fahrlässigkeit weist drei Komponenten auf, und zwar die objektive Sorgfaltspflicht, die subjektive Befähigung des Täters zur Einhaltung dieser Sorgfaltspflicht und schließlich die Zumutbarkeit der Sorgfaltsanwendung (, , ).

Die Bf. hat jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, zu der sie nach dem Parkometergesetz und den darauf beruhenden Verordnungsbestimmungen verpflichtet war, indem sie es unterlassen hat, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug bei der Abstellung in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone sichtbar mit dem Parkausweis gemäß § 29b StVO zu kennzeichnen.

Der Akteninhalt und das Vorbringen der Bf. bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihr ein rechtskonformes Verhalten nicht möglich war. Es war daher von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestandes der dem Bf. zur Last gelegten Tat ist daher als erwiesen anzusehen.

Strafbemessung

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Behörde hat innerhalb des durch § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 gesetzten Strafrahmens von bis zu 365 Euro und der durch § 19 VStG determinierten Strafbemessungskriterien Ermessen, die Strafe festzulegen (vgl. , , , vgl. auch Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 19 (Stand , rdb.at) und setzte die Geldstrafe bei einem bis zu € 365,-- reichenden Strafrahmen mit € 60,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe mit 14 Stunden fest.

Das Bundesfinanzgericht erachtet angesichts des Umstandes, dass die Bf. in verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Wiener Parkometergesetz 2006 unbescholten ist, eine Geldstrafe von € 48,00 als schuld- und tatangemessen, um die Bf. vor einer weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretung abzuhalten.


Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Bestrafte keinen Beitrag zu den Kosten des
Strafverfahrens zu leisten, wenn der Beschwerde auch nur teilweise stattgegeben wird.


Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Feststellung, ob der Parkausweis gemäß § 29b StVO zum Beanstandungszeitpunkt entsprechend den Bestimmungen hinterlegt war, eine Sachverhaltsfrage darstellt und die sich daraus ergebende Rechtsfolge sich unmittelbar aus dem Gesetz ableitet.

Die Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 BVG) ausgeschlossen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 37 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 39 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 46 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985

§ 39 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 37 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991


§ 46 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991









§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991



§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991


§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500217.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at