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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2020, RV/7400038/2020

Geschäftsführerhaftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, Säumniszuschläge erstmals im Haftungsbescheid geltend gemacht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert Igali-Igalffy, Landstraßer Hauptstraße 34, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom , N-1, betreffend Haftung gemäß §§ 6a Kommunalsteuergesetz und Dienstgeberabgabegesetz zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 7.743,71 eingeschränkt wird:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
05/2017
66,26
Kommunalsteuer
06/2017
268,59
Kommunalsteuer
07/2017
689,88
Kommunalsteuer
08/2017
1.258,47
Kommunalsteuer
09/2017
1.016,56
Kommunalsteuer
10/2017
1.075,30
Kommunalsteuer
11/2017
1.279,15
Kommunalsteuer
12/2017
577,59
Kommunalsteuer
01/2018
174,92
Kommunalsteuer
02/2018
363,97
Kommunalsteuer
03/2018
167,02
Dienstgeberabgabe
03/2017
24,00
Dienstgeberabgabe
04/2017
30,00
Dienstgeberabgabe
05/2017
10,00
Dienstgeberabgabe
06/2017
22,00
Dienstgeberabgabe
07/2017
80,00
Dienstgeberabgabe
08/2017
144,00
Dienstgeberabgabe
09/2017
134,00
Dienstgeberabgabe
10/2017
86,00
Dienstgeberabgabe
11/2017
92,00
Dienstgeberabgabe
12/2017
80,00
Dienstgeberabgabe
01/2018
40,00
Dienstgeberabgabe
02/2018
32,00
Dienstgeberabgabe
03/2018
32,00


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 7.896,51 (im Spruch irrtümlich mit € 8.045,20 beziffert) zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
2017
6.231,80
Säumniszuschlag
2017
124,64
Kommunalsteuer
01-03/2018
705,91
Säumniszuschlag
01-03/2018
14,12
Dienstgeberabgabe
2017
702,00
Säumniszuschlag
2017
14,04
Dienstgeberabgabe
01-03/2018
104,00

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 6a Abs. 1 DGAG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei seit D-2 im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Zur Stellungnahme vom werde mitgeteilt, dass strafrechtliche Ermittlungen für das abgabenrechtliche Verfahren nicht relevant seien. Ob im Zuge der Abwicklung des Konkurses schuldhaftes oder fahrlässiges Handeln gesetzt worden sei, sei im gegenständlichen Haftungsverfahren nicht von Belang.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde beantragte der Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und wandte ein, dass der Haftungsbescheid unzutreffend davon ausgehe, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer für die Nichtentrichtung von Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen und für die Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der Gesellschaft haften solle. Die Gesetzeslage verlange eine schuldhafte Pflichtverletzung der den handelsrechtlichen Geschäftsführer treffenden Verpflichtungen. Von einer schuldhaften Verletzung dieser Pflichten könne gegenständlich nicht gesprochen werden.

Die Gesellschaft sei unter der Geschäftsführung des Bf. lange Zeit erfolgreich geführt worden.

Der Hauptauftraggeber der GmbH, welcher für 90% der Aufträge verantwortlich gewesen sei, habe trotz mehrfacher Zahlungszusagen Zahlungen nicht getätigt und die Gesellschaft offensichtlich bewusst in die Insolvenz getrieben.

Die GmbH habe aufgrund des unerwarteten Zahlungsausfalls ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, weshalb die BUAK einen Konkurseröffnungsantrag gestellt habe. In weiterer Folge sei das Konkursverfahren am D-5 eröffnet worden.

Den Bf. treffe kein Verschulden an der Nichtentrichtung von Abgaben und Beiträgen. Der bekämpfte Haftungsbescheid gehe nicht darauf ein, warum die Abgabenbehörde von einem schuldhaften Handeln des Geschäftsführers ausgehe. Die Begründung sei eine reine Scheinbegründung, da sie auf den konkreten Einzelfall nicht näher eingehe. Die Begründungspflicht sei damit jedenfalls verletzt worden.

---//---

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Fehlberechnung richtiggestellt. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO wurde ausgeführt:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Dem Beschwerdevorbringen werde Folgendes entgegengehalten:

Voraussetzung für die Abgabenhaftung nach § 6a Abs. 1 KommStG sei nicht die Uneinbringlichkeit, sondern der Umstand, dass die Abgaben beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnten. Die Einbringlichkeit beim Abgabenschuldner müsse lediglich mit Schwierigkeiten verbunden, die Einbringung beim Abgabenschuldner also im Vergleich zu einer durchschnittlichen Einbringung bloß erschwert sein, wie insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. Ob der Konkurs selbst vom Vertreter schuldhaft herbeigeführt worden sei, sei nicht von Belang ().

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe (vgl. ).

Eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten sei anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen könne, aufgrund derer ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Den Vertreter treffe dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht (; ).

In den Erkenntnissen vom , 2008/15/0220 und 2008/15/0263, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Vertreter für die nötigen Beweise Vorsorge zu treffen habe. Schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger sei es ihm zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushafteten - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht ermögliche (vgl. ).

Umso mehr hätte der Bf. als Geschäftsführer der Primärschuldnerin bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenz Vorsorge treffen müssen, um für ein nachfolgendes Haftungsverfahren, mit dessen Einleitung er rechnen habe müssen, geeignete Beweismittel vorlegen zu können.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Seine Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet würden.

Aufgrund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Festgehalten werde, dass ein Betrag in Höhe von € 1.224,63 im Rahmen einer Ratenvereinbarung bereits beglichen worden sei.

---//---

Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, wiederholte das bisherige Vorbringen und beantragte erneut die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

---//---

Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien MA6 um monatsweise Aufgliederung der haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben sowie um Bekanntgabe der Fälligkeitstage der Säumniszuschläge.

Außerdem möge bekanntgegeben werden, ob und gegebenenfalls wann die haftungsgegenständlichen Abgaben bescheidmäßig festgesetzt worden seien oder ob die erstmalige Geltendmachung im Haftungsbescheid erfolgt sei.

---//---

In Beantwortung des Vorhaltes gab die Behörde am die geforderte Aufgliederung bekannt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
05/2017
66,26
06/2017
268,59
07/2017
689,88
08/2017
1.258,47
09/2017
1.016,56
10/2017
1.075,30
11/2017
1.279,15
12/2017
577,59
01/2018
174,92
02/2018
363,97
03/2018
167,02
Dienstgeberabgabe
03/2017
24,00
04/2017
30,00
05/2017
10,00
06/2017
22,00
07/2017
80,00
08/2017
144,00
09/2017
134,00
10/2017
86,00
11/2017
92,00
12/2017
80,00
01/2018
40,00
02/2018
32,00
03/2018
32,00


Betreffend die Säumniszuschläge werde mitgeteilt, dass diese nicht mittels Bescheides festgesetzt worden seien.

Für die Abgaben für das Jahr 2017 seien am Jahreserklärungen eingebracht worden, die Abgabenbeträge für das Jahr 2018 seien im Rahmen der GPLA ermittelt worden, deren Ergebnisse der Masseverwalter anerkannt habe, weshalb die Behörde von der Erlassung eines Bescheides Abstand genommen habe.

---//---

Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. den Schriftverkehr mit dem Magistrat der Stadt Wien zur Kenntnis und ersuchte um Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises für die unter Anführung der jeweiligen Fälligkeit nunmehr aufgegliederten haftungsgegenständlichen Abgaben.

---//---

In Beantwortung des Vorhaltes teilte der Bf. am mit, dass es ihm mangels Möglichkeit, an die Buchhaltungsunterlagen der Gesellschaft zu gelangen, unmöglich sei, die vom Gericht abverlangten Unterlagen vorzulegen und die nötigen Berechnungen anzustellen.

Nachdem er beabsichtige, sich über ein Schuldenregulierungsverfahren zu entschulden, könne die Prüfung des Haftungsbetrages auch dem Insolvenzgericht übertragen werden.

---//---

Zu der am anberaumten mündlichen Verhandlung erschien weder der Bf. (unentschuldigt) noch sein rechtlicher Vertreter (entschuldigt). Da die Ladung ordnungsgemäß ausgewiesen wurde, erging der Beschluss auf Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Bf.

Seitens der belangten Behörde wurde vorgebracht, dass das Vorbringen des Bf., dass es aufgrund des Wegfallens des Hauptauftraggebers zur Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben gekommen sei, sein Verschulden nicht beseitigen könne.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Dienstgeberabgabe

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (DGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass seitens des Finanzamtes Wien 8/16/17 eine GPLA zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für alle lohnabhängigen Abgaben, somit auch für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben, stattgefunden hat. Gemäß Bericht vom wurden für 2017 Abfuhrdifferenzen festgestellt und erfolgte für 2018 mangels Führung einer Lohnverrechnung eine Schätzung anhand der gemeldeten Sozialversicherungsbeträge. Aufgrund dieser Feststellungen und der Gegenüberstellung der gemeldeten Abgaben mit den Lohnkonten sowie den am eingebrachten Jahreserklärungen 2017 konnten die haftungsgegenständlichen Nachforderungen vom Magistrat der Stadt Wien ermittelt werden.

Diese Nachforderungen wurden nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern als zusammengefasste Abgaben 2017 und 01-03/2018 gemäß § 224 Abs. 1 und 3 BAO im Haftungsbescheid erstmals geltend gemacht.

Allerdings war nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer) für die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben von der Abgabenbehörde aufzugliedern waren (siehe Vorhaltsbeantwortung vom ).

Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 der über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-4 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Vertreterstellung

Unbestritten ist, dass der Bf. im Zeitraum vom D-2 bis D-1 (Konkurseröffnung) Geschäftsführer der genannten Gesellschaft war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern gemäß § 11 Abs. 2 KommStG und die haftungsgegenständlichen Dienstgeberabgaben gemäß § 6 Abs. 1 DGAG im Zeitraum vom bis fällig waren, weshalb der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Hingegen war bei den Säumniszuschlägen festzustellen, dass diese gemäß § 217a Z 2 BAO im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides, diesfalls der Haftungsbescheid vom , und daher erst nach Konkurseröffnung fällig waren, weshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. nicht vorliegen kann.

Aus dem Vorbringen, dass die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft durch nicht eingehaltene Zahlungszusagen ihres Hauptauftraggebers eingetreten sei, lässt sich nichts gewinnen, da es für die Haftungsinanspruchnahme ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft (vgl. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet bzw. nachgewiesen, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären oder dass er alle Gläubiger gleichbehandelt habe.

Auch nach der Aktenlage ergeben sich keine Anhaltspunkte für das gänzliche Fehlen liquider Mittel, zumal noch Löhne ausbezahlt wurden und die am für den Zeitraum 01/2017-04/2018 durchgeführte GPLA (gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) Abfuhrdifferenzen feststellte.

Der Hinweis, dass er keinen Zugriff mehr auf die geschäftlichen Unterlagen hätte, vermag den Bf. nicht zu exkulpieren, weil es dem Vertreter obliegt, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom , 2008/15/0220 und 2008/15/0263, ausgeführt hat, ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind ().

Im gegenständlichen Fall hafteten die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (D-1) zwar noch nicht auf dem Abgabenkonto aus, da die GPLA erst am abgeschlossen wurde, dennoch mussten dem Bf. aufgrund der Feststellungen der GPLA die Abfuhrdifferenzen bewusst sein.

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Soweit der Bf. einwandte, dass er eine gerichtliche Entschuldung anstrebe, weshalb offensichtlich die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass es gerade aus dem Umstand, dass in einem Schuldenregulierungsverfahren versucht werden wird, seine finanzielle Situation zu bereinigen, zweckmäßig erscheint, an der Geltendmachung der Haftung festzuhalten. Dies dürfte die einzige Möglichkeit sein, die Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin einzubringen. Im Übrigen ist es nicht zweckmäßig, wenn durch den vorzeitigen Verzicht des Abgabengläubigers andere Gläubiger eine höhere Quote im Schuldenregulierungsverfahren erhalten ().

Da das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Bf. noch nicht eröffnet und somit noch nicht beendet ist, haben die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohnehin in diesem Verfahren ihre Berücksichtigung zu finden. Eine im Rahmen der Ermessensübung im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigende Billigkeit liegt daher nicht vor (vgl. ; ).

Im Übrigen geht die Anregung des Bf., dass die Prüfung des Haftungsbetrages dem Insolvenzgericht übertragen werden könne, mangels dessen Zuständigkeit zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde ins Leere.

Vom Bf. wurden somit keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 7.743,71 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400038.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at