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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2020, RV/7100151/2020

Abweisung eines Antrages auf Entlassung der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO (Beschwerdeführer hat dieselben Unbilligkeitsgründe geltend gemacht wie bei seinem zuvor abgewiesenen Nachsichtsantrag)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Gerhard Groschedl, die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. (FH) Oliver Bruckner und Mag. Ulrike Richter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH, Parkring 2, 1010 Wien, über die Beschwerde des Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO, Steuernummer 004 399/6271, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit des Beschwerdeführers und seines Vertreters, jedoch in Anwesenheit der Vertreterin der belangten Behörde ***7*** und der Schriftführerin ***8*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom stellte ***Bf1*** als Beschwerdeführer einen Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO betreffend Abgaben laut Haftungsbescheid vom , der gegen ihn am erlassen worden sei. Den Antrag begründete er wie folgt:

Unbilligkeit der Einhebung setze voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für die Abgabenpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben. Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach der Lage des Falles könne eine persönliche oder sachliche sein. Eine persönliche Unbilligkeit liege insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtsbewerbers oder seiner Familie gefährdeten. Allerdings bedürfe es zur Bewilligung einer Nachsicht (aus persönlichen Gründen) nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genüge, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich seien, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme. Angaben zu seiner "tristen" wirtschaftlichen Situation habe er bereits in seinem Schreiben vom vorgebracht. Er sei seit dem Anschlusskonkurs nicht zuletzt durch die Zahlung der Quote an das Finanzamt vermögenslos, und könne bei Bedarf jederzeit ein Vermögensverzeichnis nachreichen.

Die persönliche Unbilligkeit begründe sich weiters damit, dass er mit Herrn ***6*** im Jahre 2008 Vereinbarungen getroffen habe, wonach mit der Bezahlung des noch offenen Betrages alle Verbindlichkeiten getilgt seien, und er für die Löschung eine Abgabenzusage gehabt hätte. Nunmehr seien fast zehn Jahre vergangen und das Finanzamt habe eine Haftung geltend gemacht, was gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Wenn daher nach Meinung des Finanzamtes die Abgabenschulden mangels Erfüllung der Bedingungen des außergerichtlichen Ausgleiches wieder auflebten, rechtfertige dies dennoch nicht, den Beschwerdeführer als Gesamtschuldner heranzuziehen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag mit der Begründung abgewiesen, im Falle des Beschwerdeführers könne in der Entrichtung des von € 314.986,59 auf € 151.451,72 reduzierten Betrages des Haftungsbescheides vom keine erhebliche Härte erblickt werden, zumal auch der Rückstand in Teilbeträgen zurückbezahlt werden könne. Auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom werde verwiesen.

In der nach Fristverlängerung rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerde wird zunächst zum Sachverhalt Folgendes ergänzend vorgebracht:

Am sei über das Vermögen der ***4*** GmbH ein Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss des Handelsgerichtes vom sei dieses Konkursverfahren nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden. Durch den Abschluss des Konkursverfahrens sei der Abgabenrückstand der ***4*** GmbH uneinbringlich. Am sei die ***4*** GmbH gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden. Am sei zwischen der belangten Behörde und der ***4*** GmbH (Primärschuldnerin) ein außergerichtlicher Ausgleich abgeschlossen worden. Als Bemessungsgrundlage sei der Betrag i.H.v. € 305.807,52 (Rückstand am Abgabenkonto per in Höhe von € 382.259,65 abzüglich einer 20-prozentigen Quote des gerichtlichen Zwangsausgleiches) festgelegt worden. Es sei vereinbart worden, dass nach Zahlung eines Betrages i.H.v. insgesamt € 61.161,54 (entsprechend 20 % von € 305.807,52) bis in Raten ein Restbetrag von € 244.646,17 durch Löschung abgeschrieben werde. Im außergerichtlichen Vergleich seien Termine für sechs Raten in bestimmter Höhe (in Summe € 61.161,54) festgelegt worden:

Diese Vereinbarung sei laut Aktenlage unter folgenden Bedingungen erfolgt, bei deren Nichteinhaltung der Vergleich als widerrufen gelte (Zitat im Original ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen):

"- Meldung und termingerechte Bezahlung der künftigen Abgaben;

- etwaige künftige Nachforderungen sind zu 100% zu bezahlen;

- etwaige künftige Gutschriften aus der 'Quote' bleiben außer Ansatz und verringern lediglich den Löschungsbetrag."

Der Beschwerdeführer habe zunächst fünf Raten (€ 11.000,00 + € 3.000,00 + € 3.000,00 + € 6.000,00 + € 11.000,00), das seien in Summe € 34.000,00 zu den im außergerichtlichen Vergleich festgelegten Terminen bezahlt.

Am sei die letzte Rate, der Betrag i.H.v. € 27.161,54 (für die Steuernummer ***2***, ***4*** GmbH) offen gewesen. Der Beschwerdeführer habe am mit Herrn ***5***, den zuständigen Mitarbeiter der belangten Behörde, ein persönliches Gespräch gehabt und ihm einen Antrag auf Zahlungserleichterung übergeben. Diese Übergabe habe der Beschwerdeführer in einem Schreiben festgehalten und an die belangte Behörde am per Fax (einschließlich Sendebericht) übermittelt. Hinsichtlich des am verbliebenen Restbetrages i.H.v. € 27.161,54 habe er die mündliche Vereinbarung festgehalten, diesen Betrag in drei Raten zu bezahlen: € 6000 am , € 6 1000 am , € 15 1161,54 am . Diesem Antrag sei nach Ansicht des Beschwerdeführers mündlich stattgegeben worden. Er habe in weiterer Folge die beiden Raten in Höhe von je € 6000 entrichtet. Am sei für die Steuernummer ***2*** (***4*** GmbH) der Betrag i.H.v. 15.161,54 Euro offen gewesen. Der Beschwerdeführer sei daraufhin am bei Herrn ***5*** vorstellig geworden und habe ihm einen weiteren Antrag auf Zahlungserleichterung persönlich übergeben sowie einen Aktenvermerk darüber verfasst und ihn an die belangte Behörde per Fax (einschließlich Sendebericht) übermittelt. Herr ***5*** habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass in diesem Fall die Angelegenheit gemeinsam mit dem Teamleiter, Herrn ***6***, besprochen werden müsse. Da der Teamleiter abwesend gewesen sei, habe man auf seine Zustimmung gewartet und die am beantragten Raten erst nach seiner Zusage entrichten können.

Am habe Herr ***6*** telefonisch dem Antrag auf Zahlungserleichterung stattgegeben. Der offene Restbetrag i.H.v. € 15.161,54 habe bis zum bezahlt werden müssen. Auch darüber habe der Beschwerdeführer am einen Aktenvermerk verfasst und an die belangte Behörde per Fax inklusive Sendebericht übermittelt. Am sei der Betrag i.H.v. € 15.161,54 Euro für die Primärschuldnerin noch offen gewesen. Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am einen weiteren Antrag auf Zahlungserleichterung und beantragte, den verbleibenden Restbetrag in drei Raten zu bezahlen: € 7580,77 Euro am ; € 3790,38 am ; € 3790,38 am . Nach erfolgter persönlicher Absprache mit Herrn ***6*** am sei diesem Antrag stattgegeben worden, eine Kopie dieses Antrages habe der Beschwerdeführer an die belangte Behörde auch per Fax übermittelt. Der am offene Restbetrag sei vom Beschwerdeführer rechtzeitig und vollständig beglichen worden somit seien bis in Summe 61.161,54 Euro bezahlt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte dazu wörtlich wie folgt aus:

"Die sachliche Unbilligkeit konnte nicht erkannt werden, da mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom der Abgabenrückstand in Höhe von € 151.451,72 bestätigt wurde. Aus den Angaben in Ihrer Beschwerde geht hervor, dass außer den Abgabenschulden beim Finanzamt Wien 4/5/10 auch noch weitere Verbindlichkeiten bestehen, jedoch wurden keine Angaben zur genauen Höhe, sowie zu anderen Vermögenswerten getätigt. Den Begünstigungswerber trifft in diesem Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Die amtswegige Wahrheitsermittlungspflicht gemäß § 114 BAO tritt insoweit in den Hintergrund (). Im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht sind nur die vom Begünstigungswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (, 97/14/0013; ). Legt der Abgabepflichtige jene Umstände nicht dar, aus denen sich die Unbilligkeit der Einhebung ergibt, so ist es allein schon aus diesem Grund ausgeschlossen, eine Entlassung aus der Gesamtschuld zu gewähren (VwGH 30.9,1992, 91/13/0225). In Anbetracht der Interessenlage trifft den Abgabepflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht; er hat somit das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast zu tragen (, 97/14/0091; VwGH).

Es liegt an der Partei, das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die eine Entlassung aus der Gesamtschuld gestützt werden könnte (VwGH 02.07,2002, 99/14/0284, 99/14/0284; ). Der Antragsteller hat, wenn er sich beispielsweise auf eine Überschuldung beruft, darzulegen, aus welchen Gründen trotz einer Überschuldung, die zusätzlich zu den im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten besteht, eine von ihm behauptete Existenzgefährdung durch Entlassung aus der Gesamtschuld abzuwenden wäre ().

Ein Begünstigungsbescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 würde daher eine Gläubigerbevorzugung darstellen und somit war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Desweiteren bleibt die Rechtsmeinung des Finanzamtes Wien 4/5/10 aufrecht, dass der Rückstand in Teilzahlungen zurückbezahlt werden kann."

Mit Schriftsatz vom wiederholte der Beschwerdeführer nahezu wortgleich sein gesamtes Beschwerdevorbringen, die Beschwerdevorentscheidung und stellte einen Vorlageantrag, wobei darin zur Begründung nochmals nahezu wortgleich dasselbe Vorbringen wie in der Beschwerde erstattet wurde. Ergänzend wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe in der Beschwerdevorentscheidung ins Treffen geführt, dass der Beschwerdeführer keine Angaben zur genauen Höhe weiterer Verbindlichkeiten getätigt habe, die außer den Abgabenschulden bei der belangten Behörde bestünden. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde eine genaue Angabe zum Rückstand bei der Sozialversicherungsanstalt getätigt habe (Hinweis auf Seite 8 und Beilage fünf der Bescheidbeschwerde). Weiters enthält der Vorlageantrag eine Darstellung der VwGH-Judikatur und wendet diese auf den verfahrensgegenständlichen Fall an. Abschließend wird im Vorlageantrag ein Verstoß gegen das Willkürverbot geltend gemacht und Verfahrensfehler der belangten Behörde behauptet, da sich diese nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe.

Im Vorlageantrag wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung über die Beschwerde im Senat beantragt. Der Beschwerde möge Folge gegeben werden, in eventu der Beschwerde teilweise Folge gegeben werden und dem Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld hinsichtlich eines Teilbetrages stattgegeben werden.

Zu der am durchgeführten mündlichen Verhandlung ist der Beschwerdeführer nicht erschienen. Sein Rechtsanwalt teilte am per E-Mail mit, dass der Beschwerdeführer ihm mitgeteilt habe, er sei erkrankt und ihm auch keinen Auftrag erteilt habe, ihn bei der Verhandlung zu vertreten, sodass von Seiten des Beschwerdeführers niemand an der Verhandlung teilnehmen würde, wenn diese stattfände, und kündigte an, dass der Beschwerdeführer persönlich eine Krankmeldung und Vertagungsbitte einbringen werde.

Am um 8:56 Uhr langte beim BFG-Präsidium ein Fax des Beschwerdeführers, das am , 6: 53 Uhr an den Vorsitzenden weitergeleitet wurde, mit folgendem Inhalt ein: "Der für morgen Freitag 9.00h angesetzte Termin kann aufgrund von Erkrankung nicht stattfinden. Ich ersuche um Mitteilung des neuen Termins am Postweg."

Aufgrund der Vorab-Information durch den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass dieser seinen Mandanten auf die üblichen Erfordernisse einer Krankmeldung (zB ärztliche Bestätigung) samt Vertagungsbitte hingewiesen hat. Da eine ärztliche Bestätigung für diese Krankmeldung nicht vorgelegt wurde, fand die mündliche Verhandlung, da eine ordnungsgemäß untermauerte gerechtfertigte Abwesenheit nicht nachgewiesen wurde, dennoch statt. Die Vertreterin der belangten Behörde teilte mit, dass angesichts der damaligen außergerichtlichen Einigung, die seinerzeit vom Teamleiter als nicht erfüllt gewertet wurde, jedoch der Großteil der vereinbarten Summen bezahlt wurde, über eine neuerliche Löschung nachgedacht werde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9, 80 BAO für uneinbringlich aushaftende Abgabenschuldigkeiten der am gelöschten ***4*** GmbH (vgl. Firmenbuch zu FN ***1***) im Ausmaß von EUR 314.986,59 in Anspruch genommen. Er wurde als Haftungspflichtiger angesehen, weil er seit alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer und seit alleiniger Abwickler und Liquidator der ***4*** GmbH war.

Mit der gegen den Haftungsbescheid erhobenen Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung des streitigen Betrages gemäß § 212a BAO sowie die vereinbarte Löschung der Abgabenschuld wegen Vollzahlung der Steuern der ***4*** GmbH (Steuernummer ***2***) und der Steuern des Beschwerdeführers persönlich (Steuernummer ***3***), sohin seiner eigenen Steuerschulden, aufgrund eines außergerichtlichen Ausgleichs. Dieser hatte nach der Aktenlage und nach den Ausführungen des Beschwerdeführers folgenden Inhalt (vgl. den im Verfahren zu RV/7105424/2017 enthaltenen außergerichtlichen Ausgleich vom ):

Ausgehend von einer Vergleichsbasis von € 305.807,12 (Rückstand am Abgabenkonto per iHv € 382.259,65 abzüglich einer 20%igen Quote des gerichtlichen Zwangsausgleiches) ergab dies einen Bemessungsgrundlage für den außergerichtlichen Ausgleich von € 305.807,52. Vereinbart wurde, dass nach Zahlung eines Betrages von € 61.161,54 bis und Zahlung der Quote bis in Raten ein Restbetrag von € 244.646,17 durch Löschung abgeschrieben wird. Folgende Raten wurden festgelegt:

am in Höhe von € 11.000,00
am in Höhe von € 3.000,00
am in Höhe von € 3.000,00
am in Höhe von € 6.000,00
am in Höhe von € 11.000,00
am in Höhe von € 27.161,54.

Diese Vereinbarung erfolgte unter den nachfolgenden Bedingungen, bei deren Nichteinhaltung der Vergleich als widerrufen galt:

  • Meldung und termingerechte Bezahlung der künftigen laufenden Abgaben.

  • Etwaige künftige Nachforderungen sind zu 100% zu bezahlen.

  • Etwaige künftige Gutschriften bleiben der Quote außer Ansatz und verringern lediglich den Löschungsbetrag.

Nach der Aktenlage wurde die letzte Rate von € 27.161,54 verspätet und in Teilbeträgen bezahlt. Insgesamt hat der Beschwerdeführer aber den vereinbarten Betrag von € 61.161,54 entrichtet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und stellte unter einem einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO wegen sachlicher und persönlicher Unbilligkeit. Dieser Antrag auf Nachsicht wurde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis vom , RV/7105424/2017, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen den eingangs erwähnten Haftungsbescheid teilweise Folge und schränkte die Haftung auf einen Betrag von 151.415,72 Euro ein. Begründend führte es aus, dass der Beschwerdeführer fast zehn Jahre später nachdem der Ausfall eingetreten war, zur Haftung herangezogen wurde, und dies eine Herabsetzung des Haftungsbetrages um 50% rechtfertige.

Noch während des beim Bundesfinanzgericht anhängigen Haftungsverfahrens stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO mit der Begründung, die Einhebung der Abgabenschuld sei unbillig. Der Abgabenanspruch gegen die ***4*** GmbH werde dadurch nicht berührt. Es liege eine persönliche Unbilligkeit vor, wobei zur "tristen wirtschaftlichen Situation" auf das Schreiben vom , sohin auf den Nachsichtsantrag verwiesen wurde.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld als unbegründet ab, weil in der Entrichtung des mittlerweile von 314.986,59 Euro auf 151.451,72 Euro reduzierten Betrages (des Haftungsbescheides vom ) keine erhebliche Härte erblickt werden könne. Zudem könne der Rückstand nach Ansicht der Abgabenbehörde in Teilbeträgen zurückbezahlt werden.

Neben dem Beschwerdeführer existiert kein weiterer Gesamtschuldner. Der Beschwerdeführer hat ein monatliches Einkommen von 1.700 Euro netto und verfügt über kein Vermögen, er ist zu monatlichen Unterhaltsleistungen iHv 510 Euro an seine beiden minderjährigen Kinder verpflichtet (vgl. Angaben des Bf. im Vorlageantrag).

Der Beschwerdeführer hatte zum bei der SVA einen Rückstand von 18.341,76 Euro; zum wa rein weiterer Betrag iHv 2.363,37 bei der SVA fällig. Per hatte der Beschwerdeführer einen Rückstand von 12.566,04 Euro bei der SVA. Per hatte der Beschwerdeführer ein offenes Exekutionsverfahren über den Gesamtbetrag von 988,48 Euro.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenstücken sowie aus den Eingaben des Beschwerdeführers in diesem Verfahren und - soweit von Relevanz - im Verfahren zZ RV/7105424/2017 und dem dazu ergangenem und unbekämpft gebliebenem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Allgemeines zu § 237 BAO

Auf Antrag eines Gesamtschuldners kann dieser gemäß § 237 Abs. 1 BAO aus der Gesamtschuld ganz oder zum Teil entlassen werden, wenn die Einhebung der Abgabenschuld bei diesem nach Lage des Falles unbillig wäre. Durch diese Verfügung wird der Abgabenanspruch gegen die übrigen Gesamtschuldner nicht berührt. Gemäß Abs. 2 leg.cit. lebt der Abgabenanspruch gegen den bisher aus der Gesamtschuldentlassenen Schuldner wieder auf, wenn die Entlassung aus der Gesamtschuld widerrufen (§ 294) wird. Für die Zahlung, die auf Grund des Widerrufes zu leisten ist, ist eine Frist voneinem Monat zu setzen (Abs. 2 leg.cit.).

Voraussetzungen für die Erlassung auf § 237 BAO gestützter Bescheide sind ein Antrag des Gesamtschuldners und eine Unbilligkeit der Einhebung. Weiters darf die Abgabe noch nicht entrichtet sein ().

Antragsbefugt ist jeder Gesamtschuldner, auch wenn er noch nicht in Anspruch genommen wurde (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 237 Anm 5; Fischerlehner, Abgabenverfahren2, § 237 Anm 1). Noch nicht in Anspruch genommene Haftungspflichtige (die erst durch ihre Heranziehung zu Gesamtschuldnern werden) sind erst nach Geltendmachung der Haftung antragsbefugt (Stoll, BAO, 2451; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 237 Anm 5).

Gesamtschuldner iSd § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, sind ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist (§ 6 Abs. 2 BAO). Wesen der Gesamtschuld ist somit, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Dem Gläubiger steht insgesamt jedoch nur einmal die Befriedigung seiner Ansprüche zu (Ritz, BAO6, § 6, Rz 1 - 2).

Persönlich Haftungspflichtige werden durch Geltendmachung der Haftung mit Haftungsbescheid zu Gesamtschuldnern (§ 7 und § 224 BAO); insoweit wirkt der Haftungsbescheid konstitutiv (zB ).

Der Begriff der Unbilligkeit in § 237 BAO entspricht dem des § 236 BAO zur Nachsicht (; , 2006/13/0139; Ritz, BAO6, § 237 Rz 4). Zu einer Unbilligkeit iSd § 237 BAO kommen weiters Gründe in Frage, die in den Besonderheiten liegen, die zu der die Gesamtschuldbegründenden Gemeinschaft führten (vgl. Stoll, BAO, 2451; ). Eine solche Unbilligkeit kann sich auch aus der Mitschuld der Abgabenbehörde an der späteren Uneinbringlichkeit der Abgabe beim Erstschuldner ergeben (, 0222). Die Entlassung aus der Gesamtschuld liegt im Ermessen (zB ; , 92/14/0174; , 2004/16/0077) und führt nur gegenüber dem Bescheidadressaten zum Erlöschen des Abgabenanspruches (zB Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 237, 696). Die Entlassung aus der Gesamtschuld kann - ebenso wie die Löschung oder Nachsicht - auch nur für einen Teil des Abgabenanspruches erfolgen (vgl. ).

Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach Lage des Falles kann eine persönliche oder sachliche sein (; , 2007/13/0135). Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (; , 2003/14/0098). Persönliche Unbilligkeit liegt daher dann vor, wenn die Einhebung der betreffenden Abgabe den Abgabepflichtigen oder dessen Familie in eine finanzielle Notlage bringen würde. Es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind. Solche außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen würden dann vorliegen, wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (; , 2003/13/0156; , 2005/17/0245; , 2006/17/0289). Für die Entscheidung über den Antrag sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag maßgebend (; , 2008/15/0221).

Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (; 25,1.2001, 98/15/0176; , 98/13/0091), sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und - verglichen mit ähnlichen Fällen - zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt (Ritz, BAO6, § 236 Rz 11). Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist sohin grundsätzlich in jenen Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und - verglichen mit ähnlichen Fällen im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben. Dieser Geschehensablauf muss der Grund für die Auslösung einer vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartenden Abgabenschuld sein. Die auf solche Weise aufgelöste Abgabenschuld muss ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt sein ().

3.1.2. Zum Beschwerdefall

Der Antragsteller hat - genauso wie bei der Nachsicht nach § 236 BAO - das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Entlassung aus der Gesamtschuld gestützt werden könnte (vgl. schon ; , 99/14/0284;, 99/15/0023). Das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt sohin beim Antragsteller, dem es obliegt, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Billigkeitsmaßnahme gestützt werden kann und der insoweit auch am Verfahren mitzuwirken hat.

Auch im Abgabenverfahren sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig (sogenanntes Wiederholungsverbot; Hinweis Stoll, BAO-Kommentar 944). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Abgesehen von der Identität des Begehrens und der Partei (Parteien) muss Identität des anspruchserzeugenden Sachverhaltes gegeben sein, damit das Verfahrenshindernis der res iudicata vorliegt (Hinweis Stoll aaO; Fasching, Zivilprozessrecht, Lehrbuch und Handbuch/2, Rz 1514 und 1515). - GRS wie VwSlg 7194 F/1997).

Ebenso ist auch im Abgabenverfahren davon auszugehen, dass in derselben Sache nur einmal abzusprechen ist (vgl. zum Grundsatz "ne bis in idem" Zl. 1818/73, VwSlg 4739 F/1974, Zl. 90/15/0174, und Zl. 99/16/0395, mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar I, 960; GRS wie ).

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld im Hinblick auf seine "triste wirtschaftliche Lage" und die Unbilligkeitsgründe auf seinen Antrag auf Nachsicht vom verwiesen. Dieser Antrag wurde schon mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft. Die behauptete Unbilligkeit ist bei identer Begründung der Anträge zu § 236 BAO und nunmehr unveränderter Sachlage zu § 237 BAO schon rechtskräftig abgewiesen, dem Senat ist daher wegen res iudicata der Weg für eine neuerliche Entscheidung über die behauptete Unbilligkeit verwehrt (ne bis in idem).

Dass aus Sicht des Senates der außergerichtliche Ausgleich erfüllt wurde (Hinwies auf Treu und Glauben), spielt hier keine Rolle. Wenn auf Grund der Sachlage angenommen werden kann, dass Einbringungsmaßnahmen auch zu einem späteren Zeitpunkt zu keinem Erfolg führen werden, so besteht die Möglichkeit, mit Löschung (§ 235 BAO) vorzugehen, wie dies auch von der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung angedacht wurde.

Da somit schon eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, in der - bei unveränderter Sachlage - keine Unbilligkeit zuerkannt wurde, war die Beschwerde sohin abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wien, am

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