Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2020, RV/7103488/2019

Geschäftsführerhaftung, keine schuldhafte Pflichtverletzung zur Abgabe von Steuererklärungen vor Fristablauf und nachfolgender Schätzung ohne konkrete Feststellungen, Einwand der faktischen Geschäftsführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 6.232,55 eingeschränkt wird:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Lohnsteuer
11/2014
622,61
Dienstgeberbeitrag
11/2014
335,81
Lohnsteuer
01/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
01/2015
373,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2015
33,17
Lohnsteuer
02/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
02/2015
352,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/2015
31,36
Lohnsteuer
03/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
03/2015
322,31
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2015
28,65


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 51.805,77 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2013
459,22
Lohnsteuer
11/2014
622,61
Dienstgeberbeitrag
11/2014
335,81
Dienstgeberbeitrag
2014
41,65
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2014
63,40
Umsatzsteuer
2014
45.008,95
Lohnsteuer
01/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
01/2015
373,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2015
33,17
Lohnsteuer
02/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
02/2015
352,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/2015
31,36
Lohnsteuer
03/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
03/2015
322,31
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2015
28,65


Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Die im Rückstand ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten seien nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt. Die Bescheide der im Rückstand angeführten festgesetzten Abgaben seien dem Bf. bereits im Haftungsvorverfahren (Schreiben vom ) zur Kenntnis gebracht worden. Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben.

Er sei vom D-1 bis D-2 zum Geschäftsführer und damit zum Vertreter der abgabenschuldnerischen GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 sei das am D-4 eröffnete Insolvenzverfahren nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden. Am D-2 sei gemäß § 40 FBG die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgt. Der Rückstand sei daher beim Primärschuldner uneinbringlich.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Daraus folge, dass die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Umsatzsteuer vom Abfuhrpflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten sei, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden dürfe.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Lohnabgaben sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag abzuführen. Gleiches gelte auch für den Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag.

Nach § 78 Abs. 3 EStG habe der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des voll vereinbarten Arbeitslohnes ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

Werde in einem solchen Fall die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. ).

Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Er sei dieser Aufforderung - sohin seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun - nicht ausreichend nachgekommen. Die höchstgerichtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Vertreter, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen habe, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkomme, einer besonderen Darlegungspflicht unterliege.

Es treffe ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung, darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, er wäre seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. ; ). Nachweise einer erfolgten Gläubigergleichbehandlung (für das Fehlen einer diesbezüglichen Pflichtverletzung) habe er somit im Zuge des Haftungsvorverfahrens nicht erbracht. Es stehe somit fest, dass er der Verpflichtung, als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, für die Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben zu sorgen, zumindest leicht fahrlässig und damit schuldhaft im Sinne des § 9 BAO nicht nachgekommen sei.

Zu seiner Stellungnahme vom werde dem Bf. Folgendes zur Kenntnis gebracht:

1.) Die Umsatzsteuer 2013 sei erklärungsgemäß veranlagt worden. Eine Bescheidbegründung sei bei einer erklärungsgemäß durchgeführten Veranlagung nicht erforderlich. Die Umsatzsteuer 2014 sei wegen Nichtabgabe der Erklärung gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden. Dies sei der im Bescheid enthaltenen Begründung zu entnehmen.

2.) Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, bestimme sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben sei der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit maßgebend, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt würden ().

3.) Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung seien im Haftungsverfahren nicht zu erörtern. Gegenstand des Haftungsverfahrens sei einzig und allein die Frage, ob der Geschäftsführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden sei oder nicht. Gemäß § 248 erster Satz BAO stehe es dem Haftungspflichtigen außerdem frei, innerhalb der Frist für die Einbringung der "Berufung" gegen den Haftungsbescheid auch gegen die an die Gesellschaft ergangenen und dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgabenbescheide zu "berufen" ().

4.) Die eigentlichen Geschäfte hätte Herr P-1 geführt, er hätte somit die volle Verfügungsmacht gehabt und auch die volle Geschäftsführung ausgeübt. Dies wäre auch in einem Finanzstrafverfahren bestätigt worden.

Die ständige Rechtsprechung des VwGH halte dem aber entgegen, dass, wer sich eine Hinderung an der Erfüllung seiner Obliegenheiten gefallen lasse, auch die Folgen seiner Willfährigkeit zu tragen habe. Der Geschäftsführer habe ohne familiäre Rücksichten seine abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen oder seine Funktion niederzulegen. Habe er dies nicht getan, dann müsse er die vollen Konsequenzen tragen ().

Ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder sonstige dritte Personen behindert sehe, habe entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder diese niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden. Gerade die Untätigkeit eines Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft trotz gegebener Geschäftsführerfunktion stelle das Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeit dar ().

Der Geschäftsführer sei von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben nicht deshalb befreit, weil die Geschäftsführung - sei es aufgrund eines eigenen Willensentschlusses des Geschäftsführers, sei es über Weisung von Gesellschaftern, sei es aufgrund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen - faktisch anderen Personen zustehe, wenn er sich gegen die Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsicht und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setze oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktrete ().

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könne. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. ). Letzteres stehe hier fest.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde bekämpfe der Bf. insbesondere auch die Bescheidgrundlagen, nämlich den Umsatzsteuerbescheid 2014, der im Schätzungsweg des Finanzamtes ergangen sei.

Die Schätzung des Finanzamtes habe nach den tatsächlich einzuschätzenden wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft zu erfolgen. Sie dürfe nicht willkürlich oder fiskalisch sein. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft für 2014 müssten aber zu einer Umsatzsteuerzahllast von EUR 0,00 führen. Damit sei aber der Schätzungsbescheid des Finanzamtes für Umsatzsteuer 2014 in der Höhe von EUR 45.008,95 unrechtmäßig ergangen. Es könne daher eine Haftung für ihn in dieser betraglichen Höhe nicht vorliegen.

Weiters mache der Bf. im Rahmen der Beschwerde geltend:

a) Es möge richtig sein, dass er formell eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer, für einen bestimmten Zeitraum, bei der erwähnten Gesellschaft gewesen sei. Die eigentlichen Geschäfte habe aber Herr P-1 geführt. Das habe dieser vor Gericht in diversen Verfahren auch bestätigt (Verfahren Landesgericht für Strafsachen Wien zu AZ N-2).

b) Herr P-1 habe über keine Firmenvollmacht verfügt, jedenfalls über keine Vollmacht zur Verschuldung der Gesellschaft, sodass dessen disponierten Geschäfte nicht für die Gesellschaft gelten würden. Er gebe hiermit die Erklärung ab, dessen Verschuldungsgeschäfte für die Gesellschaft nicht zu genehmigen. Das gereiche dazu, dass keine Steuerschulden für die Gesellschaft vorlägen.

c) Eine Anzeige gegen Frau P-2 wegen §§ 153c, 158, 159 StGB - weil diese ebenso als handelsrechtliche Geschäftsführerin für Firmengeschicke der erwähnten Gesellschaft verantwortlich gewesen sein solle - sei nach Prüfung und Erhebung des Sachverhaltes eingestellt worden. Siehe Einstellungserklärung der Staatsanwaltschaft Wien vom D-5, N-3, die Frau P-2 mit einer Stellungnahme des Finanzamtes bereits vorgelegt habe. Damit habe die Strafverfolgungsbehörde festgestellt, dass dem eingetragenen handelsrechtlichen Geschäftsführer kein Vorwurf über mögliche wirtschaftliche Schwierigkeiten der vorgenannten Gesellschaft gemacht werden könne, sodass damit auch keine persönliche Haftung und auch kein persönliches Verschulden vorliege. Anzeiger sei die WGKK wegen Vorenthaltung von Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung gewesen. Dieses formell abgeführte Verfahren präjudiziere auch die vorliegende strittige Haftungsfrage nach der BAO.

d) Der Bf. habe Gelder der Gesellschaft nicht verwaltet, sodass ihn ein Vorwurf einer Ungleichbehandlung von Gläubigern nicht treffen könne.

e) Der Masseverwalter der Gesellschaft habe im Übrigen Anfechtungstatbestände genau geprüft. Da solche nicht hervorgekommen seien, sei im Zuge des Konkursverfahrens gegen die Gesellschaft die Gläubigergleichbehandlung erwiesen und hervorgekommen. Das entlaste auch ihn zur strittigen Frage der Geschäftsführerhaftung.

f) Insofern minimale Steuerrückstände durch Bescheide hervorgekommen seien, könne dies eine Haftung des Geschäftsführers nicht begründen. Denn wenn nur minimale Steuernachforderungen hervorgekommen seien (was er aber ebenso bestreite), so sei damit aber erwiesen, dass die geführte Buchhaltung richtig gewesen sei. Aus minimalen Steuerrückständen könne kein Haftungstatbestand abgeleitet werden.

g) Der Bf. bekämpfe und bestreite auch die Grundlagenbescheide, die gegen die Gesellschaft ergangen seien. So Steuernachforderungen durch Bescheide gegen die Gesellschaft im Zuge des Konkursverfahrens entstanden seien, dann wohl unbegründet. Vielfach bekämpften Masseverwalter Steuerbescheide aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Das heiße aber noch lange nicht, dass die Bescheide damit dem Inhalt nach richtig seien. Das sei augenscheinlich auch hier der Fall, da die Masseverwalterin diesen (und auch andere Bescheide) zu Unrecht nicht bekämpft habe.

h) Der Bf. solle für rückständige Umsatzsteuer 2014 der Gesellschaft in der Höhe von EUR 45.008,95 haften. Das Finanzamt habe ihm eine Kopie des Umsatzsteuerbescheides 2014 vom übermittelt, aus dem hervorgehe, dass Umsatzsteuergutschriften in der Höhe von EUR 45.008,95 offenkundig gestrichen worden seien. Eine Begründung dazu fehle. Er mache aus Vorsichtsgründen geltend, dass die Streichung derartiger Umsatzsteuergutschriften vom Finanzamt zu Unrecht vorgenommen worden sei.

i) Der Bf. lade das Finanzamt hiermit ein, die Begründung zu den angeführten schriftlichen Bescheiden nachzureichen. Nach Erhalt der entsprechenden Schriftstücke behalte er sich eine weitere Stellungnahme im Rahmen der Beschwerdeergänzung vor.

j) Die Haftungsinanspruchnahme sei seitens des Finanzamtes aber auch bei Bejahung des Haftungsgrundes dann unzulässig und dürfe nicht veranlasst werden, wenn die wirtschaftliche Umsetzung der strittigen Forderung durch das Finanzamt nicht erwartet werden könne. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse ließen aber die Vorschreibung der Haftungsbeträge in angefochtener Höhe als gänzlich unbillig erscheinen. Damit sei der angefochtene Haftungsbescheid ebenso rechtswidrig.

k) Der Bf. sei vom D-1 bis zur Konkurseröffnung der Gesellschaft deren Geschäftsführer gewesen. Die Konkurseröffnung sei am D-4 erfolgt. Die Umsatzsteuern für das Jahr 2013 seien bis spätestens beim Finanzamt zu melden und zu entrichten gewesen. Da aber bereits am D-4 die Konkurseröffnung erfolgt sei, sei er für die Umsatzsteuer 2014 nicht verantwortlich gewesen. Die Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuer 2013 könne ihn nicht treffen. Die Umsatzsteuer 2014 sei zum zu melden und zu entrichten gewesen. Aus vorgenannten Gründen sei er daher für die Umsatzsteuer 2014 betreffend Meldung und Zahlung nicht verantwortlich gewesen, weshalb ihn Bezug habende Haftungen nicht treffen könnten. Für wirtschaftliche Vorgänge in der Gesellschaft vor seiner Geschäftsführerbestellung sei er nicht verantwortlich und auch nicht haftbar. Das betreffe die Umsätze 2013 und 01-10/2014, sodass ihn Schätzungsvorschreibungen des Finanzamtes für Umsatzsteuer 2013 und 2014 nicht treffen könnten. Ein Firmenbuchauszug werde hiermit vorgelegt.

Abschließend beantragte der Bf. die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und stellte folgende Beweisanträge:

- Aktenbeschaffung des Aktes Landesgericht für Strafsachen Wien zu AZ N-2 (Strafsache gegen P-1)

- Aktenbeischaffung bei der Staatsanwaltschaft Wien, eingestellter Strafakt gegen P-2, AZ N-3

- Konkursakt der G-1 des HG Wien, N-4

- Zeugeneinvernahme Masseverwalterin P-3

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ergänzend ausgeführt:

Die Haftung nach § 9 BAO erstrecke sich vor allem auf Abgaben, deren Fälligkeitstermin in die Zeit der Vertretungstätigkeit falle (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 26). Auch die Geltendmachung des nach der Fälligkeit bestellten Geschäftsführers sei möglich, da der Vertreter einer Kapitalgesellschaft auch für vor der Übernahme der Vertreterfunktion bereits fällig gewordene Abgabenschuldigkeiten hafte. Die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschulden ende nämlich erst mit deren Abstattung. Wer die Vertretung einer GmbH (neu) übernehme, habe sich darüber zu unterrichten, ob und in welchem Umfang die GmbH bisher ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen erfüllt habe (vgl. ). Seien Verbindlichkeiten aus einem Zeitraum vor Übernahme der Vertreterfunktion offen, habe der für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten nunmehr neu verantwortliche Vertreter dafür zu sorgen, dass auch diese "Altverbindlichkeiten" aus den vorhandenen Gesellschaftsmitteln entrichtet würden.

Dem Bf. sei daher als vertretungsberechtigtes Organ der GmbH im Zeitraum vom D-1 bis D-4 (Konkurseröffnung) die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblegen. Insbesondere habe er im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen gehabt.

Die Beschwerdevorbringen unter lit. b), f), g), h) und i) gingen ins Leere, zumal diese auf die Bestreitung der inhaltlichen Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gerichtet seien. Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben sei, sei als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgaben- oder Haftungsbescheid vorangegangen sei. Gehe einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so sei die Abgabenbehörde daran gebunden und habe sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (z.B. ; ).

Der Bf. habe neben der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist eine Beschwerde gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch eingebracht. Werde - wie hier - neben einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid eine Beschwerde gegen den Abgabenanspruch erhoben, so sei nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergebe, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt bestehe (vgl. ; ). Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Beschwerden zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 267 BAO) lägen in einem solchen Fall nicht vor.

Zu lit. a)

Das Vorbringen, die eigentlichen Geschäfte habe Herr P-1 geführt, der dies vor Gericht in diversen Verfahren auch bestätigt habe, ziele erkennbar darauf hin, dass den Bf. an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben kein Verschulden treffe. Wenn der Bf. zum Ausdruck bringe, dass er bloß als pro forma Geschäftsführ fungiert habe (arg. "formell eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer, für einen bestimmten Zeitraum"), ändere dies nichts an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung komme es nach der Rechtsprechung (vgl. , ÖStZB 2010/465, mwN) nicht an. Dies treffe auch zu, wenn ein handelsrechtlicher Geschäftsführer erst ab einem bestimmten Zeitpunkt "nur mehr am Papier" als Geschäftsführer aufscheine, hingegen ein anderer die faktische Geschäftsführung wahrnehme. Das Einverständnis, nur mehr formell oder nur auf dem Papier als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, befreie nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen. In einem solchen Einverständnis sei auch keine Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsverteilung zu sehen, welche Abgabenangelegenheiten vom Aufgabenbereich des Bf. ausgeschlossen hätte (vgl. ).

Der Bf. habe daher im Zeitraum vom D-1 bis D-4 als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer alle abgabenrechtlichen Pflichten (sohin auch die Abgabenzahlungspflichten) der GmbH zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen gehabt. Weder das eine noch das andere habe der Bf. getan.

Zu lit. c)

Aus dem Einwand, das gegen Frau P-2 formell abgeführte Strafverfahren sei nach Prüfung und Erhebung des Sachverhaltes eingestellt worden, lasse sich für das gegenständliche Haftungsverfahren nichts gewinnen, da es keine Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 BAO bilde, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgt sei oder nicht (vgl. dazu auch ; ). Überdies decke sich der Haftungstatbestand des § 9 Abs. 1 BAO nicht mit einem Straftatbestand des StGB ().

Zu lit. d)

Der pro forma Vertreter könne sich von seiner Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten nicht mit dem Einwand befreien, dass er auf die operative Tätigkeit der Gesellschaft keinen Einfluss gehabt habe. Für das haftungsbegründende Verschulden sei auch nicht maßgeblich, ob der Bf. seine Vertretungsfunktion tatsächlich ausgeübt habe, sondern dass er als gesetzlicher Vertreter der Primärschuldnerin bestellt gewesen sei und ihm daher die Ausübung dieser Funktion oblegen wäre. Das Vorbringen, der Bf. hätte die Gelder der Gesellschaft nicht verwaltet, sei daher nicht geeignet, den Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung zu entkräften.

Zu lit. e)

Selbst bei Zutreffen der Behauptungen, wonach der Masseverwalter der Gesellschaft die Anfechtungstatbestände genau geprüft hätte und solche nicht hervorgekommen wären, werde dadurch noch kein Nachweis über die tatsächliche Gleichbehandlung des Abgabengläubigers erbracht (vgl. dazu auch ). Weder die Frage, ob den Geschäftsführer ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH treffe, noch andere als abgabenrechtliche Pflichten, etwa die Pflicht, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, seien für die Haftung gemäß § 9 BAO von Bedeutung (vgl. , 0109; ; ).

Zu lit. j)

Eine vom potenziellen Haftenden vorgebrachte Vermögens- und Arbeitslosigkeit stehe nach der Rechtsprechung (vgl. ) in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden nicht ausschließe, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen könnten (siehe dazu auch ).

Zu lit. k)

Nach dem Vorbringen wären die Umsatzsteuern für das Jahr 2013 bis spätestens und die Umsatzsteuern 2014 bis zu melden und zu entrichten gewesen. Das treffe nicht zu. Bei Selbstbemessungsabgaben wie der Umsatzsteuer sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend sei daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (). Gemäß der im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 5 UStG werde durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeute, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant sei, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besage, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergebe (zur Vertreterhaftung für mit Jahresbescheid festgesetzte Umsatzsteuernachforderungen siehe auch ).

Zu den Beweisanträgen:

Die Frage, ob von der Staatsanwaltschaft ein gegen einen Geschäftsführer der Primärschuldnerin geführtes Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, sei aus haftungsrechtlicher Sicht unmaßgeblich, weil es - wie bereits oben zu lit. c) dargestellt worden sei - keine Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme bilde, ob ein Strafverfahren eingeleitet worden sei oder ob in einem solchen Verfahren ein Schuldspruch erfolgt sei oder nicht (vgl. dazu auch ).

Die beantragte Beschaffung des Strafaktes in der Strafsache gegen P-1 und die beantragte Zeugeneinvernahme der ehemaligen Masseverwalterin zielten im Ergebnis auf die Durchführung eines bloßen Erkundungsbeweises ab. Zur Aufnahme von Erkundungsbeweisen sei die Abgabenbehörde aber - wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der abgabenrechtlichen Haftung von Geschäftsführern bereits wiederholt ausgeführt habe - nicht verpflichtet (vgl. ; VwGH19.2.2002, 2001/14/0207). Nicht die Behörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel. Es seien dabei solche Unterlagen vorzulegen, aus denen sich die Höhe der Mittel des Primärschuldners zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten der haftungsrelevanten Abgaben ergebe.

Zu Letzterem sei Folgendes auszuführen:

Der Vertreter hafte nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern - was sich aus dem Wort "insoweit" in § 9 BAO ergebe - nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben bestehe. Der Haftungstatbestand des § 9 BAO sei nicht erfüllt, wenn der potenziell Haftungspflichtige die Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit den übrigen Gläubigern nachweise.

Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung (Zeitraumbetrachtung):

Nach der (älteren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Frage der Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes grundsätzlich auf den jeweiligen Fälligkeitstermin abzustellen (zB ; ). Der Unabhängige Finanzsenat habe dagegen bereits wiederholt eine Zeitraumbetrachtung zugelassen (zB ; ; ), da eine auf einzelne Fälligkeitstage abgestellte Betrachtung in der Praxis oft nur schwer möglich sei und auch zu Verzerrungen führen könnte (etwa bei Zahlungsverzügen). So würde bei einer isolierten Betrachtung der Zahlungen nur an einem bestimmten Tag eines Monats (Fälligkeitstag; bei Selbstbemessungsabgaben in der Regel der 15. eines Monats) eine massive Bevorzugung anderer Gläubiger im Zeitraum vor oder nach diesem Stichtag außer Betracht bleiben, sodass eine Zeitraumbetrachtung (die sich über den gesamten Zeitraum erstrecke, in dem die haftungsgegenständlichen Abgaben fällig geworden seien) nicht nur praktikabler sei, sondern auch zu sachgerechteren Ergebnissen führe (siehe dazu auch Ritz, BAO6, § 9 Tz 27).

Die jüngere Rechtsprechung des VwGH (vgl. , 2012/08/0227, zur Haftung des Geschäftsführers für Zuschläge nach dem BUAG und SV-Beiträge) deute nunmehr in dieselbe Richtung und halte ebenfalls die Zeitraumbetrachtung für maßgeblich. Demnach genüge für die Befreiung von der Haftung der Nachweis, dass innerhalb des Beurteilungszeitraums die Abgabenbehörde nicht schlechter behandelt worden sei als andere Gläubiger; auf die Verhältnisse an den jeweiligen Fälligkeitsstichtagen komme es nicht mehr an (zur Haftung nach § 9 BAO bei Gläubigerbevorzugung im Lichte der zitierten Rechtsprechung siehe auch Hirschler/Stückler in ÖStZ 2014/793). Der Nachweis gelte als erbracht, wenn in einem periodenübergreifenden Beurteilungszeitraum das Verhältnis aller Zahlungen auf die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten ("allgemeine Zahlungsquote") dem Verhältnis der Zahlungen auf die insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten des Finanzamtes ("Zahlungsquote Finanzamt") entsprochen habe.

Der im Hinblick auf die Gläubigergleichbehandlung zu beurteilende Zeitraum habe vorliegend mit Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Primärschuldnerin, sohin am D-4 geendet. Er habe mit Übernahme der Geschäftsführerfunktion am D-1 begonnen. Ob eine Gläubigergleichbehandlung vorliege, sei im Beschwerdefall daher danach zu beurteilen, ob im Zeitraum zwischen D-1 und D-4 das Verhältnis der Zahlungen auf die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten jenem der Zahlungen auf die insgesamt fälligen Finanzamtsverbindlichkeiten entsprochen habe.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung die Anfertigung einer Gegenüberstellung der Forderungen und Zahlungen zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten erforderlich gewesen wäre (Vorlage einer sogenannten Liquiditätsaufstellung). Der Bf. habe die ihn treffende qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht nicht erfüllt bzw. den Gleichbehandlungsnachweis nicht erbracht. Trotz der ausführlichen Anleitungen und der Zitierung einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur im Vorhalt vom habe er zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung kein konkretes Vorbringen erstattet. Nach der Rechtsprechung (vgl. ) gingen die Ermittlungspflichten der Behörde keinesfalls so weit, dass die Behörde die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes von Amts wegen prüfen müsste. Dem Bf. könnten daher die bei der Gesellschaft uneinbringlich gewordenen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass vorgelagerte Aktionen und Abwicklungen nicht ordentlich durchgeführt worden seien.

Der Hauptbestandteil der Forderung beruhe auf Machenschaften einer Vorgangsweise, die im Rahmen eines Strafverfahrens zu einer Verurteilung geführt habe. In diesem Verfahren sei kein schuldhaftes Verhalten von ihm festgestellt worden.

Das Finanzamt begründe seine Forderung mit einer behaupteten Benachteiligung in der Funktion als Gläubiger. Im Rahmen seiner Aktivitäten vor und nach der Insolvenzmeldung sei es jedoch zu keiner Bevorzugung oder Benachteiligung eines Gläubigers gekommen.

Die außerordentliche Prüfung, auf deren Grundlage die Behörde die Hauptbestandteile ihrer Forderung begründe, sei ohne eine Information an den Bf. durchgeführt und abgehandelt worden. Ob sich im Zuge dieser Vorgangsweise Schadenersatzansprüche ergeben oder sogar strafrechtliche Tatbestände verbergen würden, werde noch geprüft. Aus menschlichem Verständnis könne hier mit Sicherheit festgehalten werden, dass es sich um keine menschenwürdige, faire Abwicklung handle.

Das Finanzamt zitiere zahlreiche Entscheidungen des VwGH und andere Stellen, um von ihm angeführte Begründungsbestandteile zu entkräften, verweigere aber die Betrachtung der gesamten Situation. Das erinnere ihn stark an die gelebte Hörigkeit der Gesetze zur Zeit des Nationalsozialismus, welcher mittlerweile als Fehlentwicklung anerkannt worden sei. Tatsache sei jedoch, dass man sich in zahlreichen Fällen ohnmachtsvoll einer Entwicklung hingebe und Unrecht akzeptiere, weil es angeblich gesetzlich gedeckt sei oder vorübergehend so deklariert werde.

Diese angewandte Vorgangsweise entbehre jeder menschlichen Grundlage, solch eine Art der Abwicklung sei de facto der Vorgriff auf eine automatisierte Abwicklung im Rahmen IT-gestützter Systeme. Wolle man wirklich solch eine Entwicklung vorantreiben?

Von einer von der Behörde angeführten Erledigung könne hier als solches daher nicht ausgegangen werden. Es sei notwendig, die Sachlage in ihrer Komplexität zu betrachten, menschlich zu erfassen und einer Lösung zuzuführen.

Es sei dem Bf. bewusst, dass er sehr viel vom Finanzamt verlange, es gehe darum, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.

"Wir alle bilden die Gesellschaft, und im Rahmen unseres Handelns sind wir Gestalter unseres Lebens und unserer Lebensbedingungen. Wir haben schon viel zu lange den Kopf in den Sand gesteckt und unser Gesellschaftssystem an Gesetzen oder Spielregeln ausgerichtet, welche mit einem Rechtsstaat nichts mehr zu tun haben. Erkennen wir aber unsere Verantwortung dafür, dann finden wir auch Möglichkeiten, unsere Spielregeln menschenwürdig zu gestalten und den Menschenrechten, welche die Menschenwürde an die erste Stelle setzen, zu entsprechen."

Der Bf. verbleibe um eine vollumfänglich menschliche Lösung bemüht.

---//---

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:

"Bf.: Zunächst möchte ich an die vorsitzende Richterin die Frage stellen, wie lange sie in dieser Funktion am BFG bereits tätig war.

R: Dieser Umstand hat mit dem Beschwerdeverfahren nichts zu tun, weshalb die Frage nicht beantwortet wird.

Bf.: Diese Frage hat sehr wohl Auswirkung auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren, weil ich für Abgaben, die nicht in der Zeit meiner Geschäftsführung fällig wurden, verantwortlich sein kann.

R: Welche Abgaben meinen Sie? Um die Umsatzsteuer 2013 kann es sich hierbei nicht handeln, weil der Umsatzsteuerbescheid 2013 bereits am erlassen wurde und Sie bis zur Konkurseröffnung am D-4 Geschäftsführer der Gesellschaft waren.

Bf.: Den Umsatzsteuerbescheid 2013 muss ich wohl übersehen haben. Ich ersuche um Bekanntgabe, um welchen Betrag es sich dabei gehandelt hat.

R: Der Bescheid weist eine Nachforderung von € 1.633,33 auf.

Bf.: Betreffend Umsatzsteuerbescheid 2014 stelle ich fest, dass dieser erst im Zuge des Insolvenzverfahrens erlassen wurde und ich keine Möglichkeit hatte, am Veranlagungsverfahren teilzunehmen und den Bescheid anzufechten. Sollte eine Haftung dennoch bestehen, so weise ich darauf hin, dass die Rechtslage nicht mit geltenden Rechtsgrundsätzen übereinstimmen kann.

Wie es zu diesen Umsatzsteuernachforderungen gekommen ist, wäre noch einer Überprüfung zu unterziehen, mir erscheint es jedoch nicht rechtens zu sein.

AB: Ich verweise auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Bf.: Es gab auch ein Strafverfahren, in dem Herr P-1 verurteilt wurde, mutmaßlich wegen Betruges. Ob es auch ein Finanzstrafverfahren gegen ihn gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Es wäre allerdings zu klären, ob die Nachforderungen mit Handlungen des Herrn Mag. T zu tun haben.

R: Aus den erlassenen Umsatzsteuerbescheiden 2013 und 2014 geht hervor, dass diese aufgrund von nicht abgegebenen Steuererklärungen ergangen sind, ohne dass diesen Malversationen des faktischen Geschäftsführers zugrunde gelegen wären.

Bf.: Die Umsatzsteuererklärungen für die einzelnen Voranmeldungszeiträume wurden nicht von mir abgegeben, weshalb ich nicht dafür verantwortlich sein kann, dass in den nachfolgenden Jahresbescheiden die bekanntgegebenen Vorsteuergutschriften nicht anerkannt wurden.

Ich habe die Firma damals nur übernommen, weil sie sowohl bei der Abgabenbehörde als auch der Gebietskrankenkasse als korrekt eingestuft wurde. Dies ergibt sich aus den abgegebenen Steuererklärungen.

R: Sie verwechseln hier die Umsatzsteuervoranmeldungen, die regelmäßig abgegeben wurden, mit der Jahreserklärung, die für beide Jahre nicht eingereicht wurde.

Bf.: Die Erklärungsfrist für die Umsatzsteuer 2014 war erst am abgelaufen. Da die Konkurseröffnung bereits am D-4 erfolgte, kann mir daher daraus kein Verschulden vorgeworfen werden.

AB: Dies ist meiner Meinung nach nicht zutreffend, da der Bf. zumindest ab September 2014 für die Abgabe der unzutreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen verantwortlich war. Weiters hat sich ein Geschäftsführer, der diese Tätigkeit neu übernimmt, bei Übernahme zu erkundigen, ob bei der Gesellschaft Abgabenverbindlichkeiten aushaften.

R: Selbst wenn es zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung durch den Bf. aushaftende Abgaben auf dem Abgabenkonto gegeben hätte, betreffen diese nicht die haftungsgegenständlichen Abgaben.

AB: In diesem Verfahren ist nicht über die Umsatzsteuerveranlagung abzusprechen.

R: Grundsätzlich muss dem zugestimmt werden, da auf Festsetzungsbescheide Bedacht genommen werden muss, allerdings ist im Rahmen des Haftungsverfahrens eine Verschuldensprüfung vorzunehmen.

Bf.: Wie es zu den Malversationen gekommen ist, weshalb die geltend gemachten Vorsteuern nicht anerkannt wurden, kann ich nicht angeben, da ich in das Veranlagungsverfahren 2014 nicht eingebunden war.

R: Aus der Aktenlage ergeben sich nicht zwingend Malversationen, da lediglich aufgrund der Nichtabgabe die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt und die geltend gemachten Vorsteuern gestrichen wurden.

Bf.: Da die Frist für die Abgabe für die Umsatzsteuererklärung 2013 bereits am abgelaufen war und ich weder von meinen Vorgeschäftsführern noch von der Abgabenbehörde ein Signal erhalten habe, dass die Erklärung ausständig ist, und ich im Zeitpunkt des Ablaufes dieser Frist noch nicht Geschäftsführer dieser Gesellschaft war, konnte ich diese Pflichtverletzung der Nichtabgabe der Steuererklärung nicht erkennen."

Nach Schluss des Beweisverfahrens beantragte die Amtsbeauftragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und wies darauf hin, dass ab September 2014 ein Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Bf. und der Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer 2014 gegeben sei.

Der Bf. beantragte die Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des angefochtenen Bescheides und wandte ein, dass er die von der AB angesprochene Kausalität nicht erkennen könne, da sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführungstätigkeit als ordnungsgemäß geführt dargestellt habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

1. Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 der über das Vermögen der G-1 am D-4 eröffnete Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben und die Gesellschaft am D-2 auch bereits im Firmenbuch gelöscht wurde.

2. Vertreterstellung

Bestritten wurde, dass dem im Firmenbuch vom D-1 bis D-4 (Konkurseröffnung) als Geschäftsführer der genannten GmbH eingetragenen Bf. die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag, da die eigentlichen Geschäfte P-1 geführt habe, was dieser auch in diversen gerichtlichen Verfahren bestätigt habe. So sei auch das gegen die vor und gleichzeitig mit dem Bf. eingetragene Geschäftsführerin P-2 geführte Strafverfahren eingestellt worden, weil ihr kein Vorwurf über mögliche wirtschaftliche Schwierigkeiten habe gemacht werden können.

Dieser Sachverhalt wird seitens des erkennenden Gerichtes außer Streit gestellt und der Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt.

Den diesbezüglichen Beweisanträgen war daher mangels Relevanz nicht nachzukommen, zumal Beweisanträge von der Abgabenbehörde gemäß § 183 Abs. 3 BAO abzulehnen sind, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen unerheblich sind. Erheblich ist ein Beweisantrag nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn sie schon nicht (sachverhalts-)erheblich ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine (sachverhalts-)erhebliche Tatsache zu gewinnen ().

3. Schuldhafte Pflichtverletzung

3.1. Faktische Geschäftsführung

Jedoch lässt sich aus dem Umstand des erwiesenen faktischen Machthabers nichts gewinnen, weil ein für die Haftung eines Geschäftsführers relevantes Verschulden auch dann vorliegt, wenn sich der Geschäftsführer vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht. Das Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stellt eine derartige Beschränkung der Befugnisse eines Geschäftsführers dar ().

Nach der Verantwortung des Bf. war dieser tatsächlich niemals mit Geschäftsführungsaufgaben jedweder Art betraut. Wirksam bestellte Geschäftsführer ohne Tätigkeitsbereich sind aber weder denkbar noch nach den gesetzlichen Bestimmungen des GmbHG zulässig, da auch eine Geschäftsverteilung von den dem Geschäftsführer obliegenden, gesetzlich zwingenden Pflichten niemals befreien kann.

Darüber hinaus muss ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten werden, nach welcher den Geschäftsführer, der sich eine solche Hinderung an der Erfüllung seiner Obliegenheiten gefallen lässt, die Folgen seiner Willfährigkeit treffen (). Aus welchen Gründen der Bf. seiner Verpflichtung nicht nachkam, ist im gegenständlichen Haftungsverfahren ohne rechtliche Bedeutung. Dass er ohne seine Zustimmung zum Geschäftsführer bestellt worden oder zurechnungsunfähig gewesen wäre, hat der Bf. nie behauptet. Als bestellter Geschäftsführer hätte er die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen gehabt. Hat er das nicht getan, dann muss er die Konsequenzen tragen ().

Ein Vertreter handelt schon deshalb schuldhaft, weil ihm bewusst sein muss, dass er der gesetzlichen Sorgfaltspflicht des § 25 Abs. 1 GmbHG nicht entsprechen kann, wenn er dessen ungeachtet die Funktion eines Geschäftsführers übernimmt.

Dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an ().

Der vertretungsbefugte Geschäftsführer ist von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben nicht deshalb befreit, weil die Geschäftsführung - sei es auf Grund eines eigenen Willensentschlusses des Geschäftsführers, sei es über Weisung von Gesellschaftern, sei es auf Grund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen - faktisch anderen Personen zusteht und der Geschäftsführer dadurch der Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsichts- und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt ().

Damit kam es aber im Beschwerdefall - anders als bei einer Agendenverteilung zwischen bestellten Geschäftsführern - nicht darauf an, ob der handelsrechtliche Geschäftsführer Grund hatte zu zweifeln, ob der faktische Geschäftsführer ordnungsgemäß vorgeht ().

Aus dem Beschwerdevorbringen, dass P-1 in diversen Gerichtsverfahren bestätigt habe, als faktischer Machthaber tätig gewesen zu sein, und das gegen P-2 geführte Strafverfahren eingestellt worden sei, lässt sich nichts gewinnen, weil es keine Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme bildet, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgt oder nicht, ein Freispruch den Abgabepflichtigen somit nicht von der Verpflichtung entbindet, im Haftungsverfahren die Gründe aufzuzeigen, die ihn ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Abgabenentrichtung hinderten ().

Dem Vorbringen der Amtsbeauftragten, dass sich der Bf. im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung erkundigen hätte müssen, ob Abgabenrückstände bestünden, ist entgegenzuhalten, dass am D-1 auf dem Abgabenkonto sogar ein (später zurückgezahltes) Guthaben bestand.

Mit der Ansicht, ein Geschäftsführer habe bei Übernahme der Geschäftsführerfunktion nicht nur zu prüfen, ob und inwieweit Rückstände an sich bestünden (wie es von der Rechtsprechung des VwGH gefordert wird), sondern auch, ob die Buchhaltung tatsächlich korrekt und den gesetzlichen Vorschriften entsprechend geführt worden sei, wäre nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die dem Geschäftsführer zumutbare Prüfungspflicht überspannt. Gibt es keine Hinweise, aus denen der Geschäftsführer schließen könnte, dass die Steuererklärungen oder (bei Selbstbemessungsabgaben) die Selbstberechnungen der zu entrichtenden Abgaben unrichtig gewesen seien, hat ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion nicht auch noch die Pflicht, die gesamte Buchhaltung und das gesamte Rechenwerk sowie die Aufzeichnungen nachzuprüfen ().

3.2. Grundlagenbescheide

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Zum Vorbringen des Bf., dass die Nachforderungen an Umsatzsteuern auf rechtswidrig vorgenommenen Schätzungen der Abgabenbehörde basierten, mit denen unbegründet Vorsteuergutschriften gestrichen worden seien, ist festzustellen, dass im Haftungsverfahren nicht die Richtigkeit vorliegender Abgabenbescheide zu überprüfen ist (). Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nach § 9 BAO nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid vorangegangen ist. Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, entfalten diese Bindungswirkung und hat sich das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diese Bescheide zu halten. Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.

Grundsätzlich ist in einem Haftungsbescheidverfahren somit die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung nicht zu prüfen, jedoch steht diese Vorgabe eben in einem Spannungsfeld zum Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung. Erst wenn man zu dem Schluss kommt, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, ist in einem zweiten Prüfungsschritt für eine Haftungsinanspruchnahme ein Vorbringen zur Höhe der festgesetzten schuldhaft nicht entrichteten Abgabe als irrelevant zu bewerten und die Partei darauf zu verweisen, dass Streitigkeiten darüber im Festsetzungsverfahren (dritter Schritt, wenn bei einer Haftungsinanspruchnahme von dem Recht Gebrauch gemacht wird, die Abgabenfestsetzung zu bekämpfen) auszutragen sind ().

Die Abgabenbehörde hat zwar von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. Die Haftung nach § 9 BAO erfordert allerdings eine schuldhafte Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten. Deshalb hat sich die Behörde mit den Einwänden des zur Abgabenhaftung herangezogenen Geschäftsführers zu befassen, dass ihn kein Verschulden getroffen habe ().

Das Vorbringen des Bf., dass die Umsatzsteuernachforderungen auf unzutreffenden Schätzungen basiert seien, ist nicht in der Weise aussichtslos, dass die belangte Behörde nicht gehalten gewesen wäre, sich damit in einer Weise auseinanderzusetzen, die erkennen lässt, worin entgegen seinem Vorbringen die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Bf. zu sehen ist (vgl. ; ).

3.3. Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen

Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind Abgabenerklärungen für die Umsatzsteuer bis zum Ende des Monates April des Folgejahres, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt, bis Ende des Monates Juni einzureichen.

Mangels Relevanz war nicht zu prüfen, ob nach dem Vorbringen des Bf. die Umsatzsteuer 2014 tatsächlich erst zum zu melden gewesen wäre, da die Frist für die zeitgerechte Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2014 gemäß § 134 Abs. 1 BAO auch ohne Quotenregelung für steuerliche Vertreter bis (bzw. bis bei elektronischer Übermittlung) im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (D-4) und damit des Ausscheidens des Bf. aus der Geschäftsführung ohnehin noch offenstand, weshalb der Bf. für die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuer 2014 keine Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Steuererklärung verletzt hat und eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht vorliegt (vgl. ), zumal die Schätzung, der keine Betriebsprüfung vorangegangen war, lediglich durch die vom Bf. nicht zu verantwortende Nichtabgabe der Steuererklärung 2014 veranlasst wurde, ohne dass konkrete Hinweise auf das Nichtvorliegen von während des laufenden Jahres geltend gemachten Vorsteuergutschriften und einer sich daraus ergebenden Zahlungsverpflichtung vorgelegen wären (vgl. ), weshalb auch der Einwand der Amtsbeauftragten, dass infolge der vom Bf. ab September 2014 abgegebenen und angeblich unrichtigen Voranmeldungen ein Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten und der Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer 2014 bestehe, ins Leere geht.

Hingegen lässt sich aus dem Einwand des Bf., dass ihn keine Haftung für die Umsatzsteuer 2013 treffen könne, da er für wirtschaftliche Vorgänge in der Gesellschaft vor seiner Bestellung als Geschäftsführer nicht verantwortlich sei, nichts gewinnen, da diese Abgabe mit Bescheid vom und einer Zahlungsfrist bis , beides daher in der Zeit seiner Geschäftsführung, festgesetzt wurde. Dabei liegt die Pflichtverletzung nicht in der Nichtabgabe der Steuererklärung, die der Bf. mangels Erkennbarkeit dieser, vorangegangenen Geschäftsführern zuzurechnenden Unterlassung zu Recht ausgeschlossen hat, sondern in der Verletzung der ihm durch die Bescheiderlassung bekanntgegebenen Zahlungsverpflichtung.

Allerdings setzt die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraus, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist (), weshalb die am vom Abgabenkonto der weiteren Haftungspflichtigen P-2 erfolgte Überrechnung eines Betrages von € 3.375,00 die Entrichtung der Umsatzsteuer 2013 (sowie der hier nicht haftungsgegenständlichen Umsatzsteuer 03/2015) bewirkte und der Bf. daher auch für diese Abgabe nicht zur Haftung herangezogen werden kann.

3.4. Verpflichtung zur Abgabenentrichtung

Im Rahmen seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen als eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft hätte der Bf. jedoch für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben - mit Ausnahme der Umsatzsteuern 2013 und 2014 - Sorge zu tragen gehabt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Dass überhaupt keine liquiden Mittel vorhanden gewesen wären, wurde vom Bf. nicht behauptet.

3.5. Gläubigergleichbehandlung

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. dazu lediglich vor, die Gelder der Gesellschaft nicht verwaltet zu haben. Dass dieser Einwand ins Leere geht, wurde bereits ausgeführt. Der Geschäftsführer einer GesmbH haftet auch dann für rückständige Abgaben, wenn er aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Position keine Einflussnahmemöglichkeit auf die Erfüllung der Verbindlichkeiten gehabt hat; eine derartige faktische Behinderung seiner Geschäftsführerbefugnisse vermag ihn nicht zu exkulpieren (vgl. ).

Somit brachte der Bf. keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass der Gesellschaft keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären. Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bf. zu behaupten und zu beweisen gewesen.

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Dem Einwand der bereits vom Masseverwalter geprüften Gleichbehandlung ist zu entgegnen, dass für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt wurden, nicht bedeutsam ist, ob oder inwieweit vom Abgabepflichtigen geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () verletzt der Geschäftsführer die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen auch, wenn er das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet, als er keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung leistet. Da in einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () keine im "status kridae" unzulässige Gläubigerbevorzugung gesehen werden kann, erweist sich auch der Hinweis auf eine allfällige Anfechtung als nicht zielführend ( W/07).

Aus dem Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der Konkursordnung ergibt sich keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt bevorzugt befriedigt hat. Die Anfechtungsbestimmungen der Konkursordnung richten sich vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung (vgl. die Frist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 IO) vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger. Dass durch derartige, der Anfechtung unterliegende Zahlungen an die Abgabenbehörde in der Vergangenheit gelegene und vom Vertreter zu verantwortende Versäumnisse bei der zeitgerechten Abgabenentrichtung nicht beseitigt werden können, liegt auf der Hand. Andernfalls läge es im Belieben des Vertreters, sich durch die Verwirklichung eines einzelnen Anfechtungstatbestandes jeder abgabenrechtlichen Geschäftsführerhaftung zu entledigen ().

Ob bzw. inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen des § 12, des § 30 und des § 31 IO wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wären, ist im Haftungsverfahren nicht zu prüfen. Die im Haftungsverfahren zu beantwortende Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibt davon unberührt ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Den Anträgen auf diesbezügliche Beweisaufnahme durch Beschaffung des Konkursaktes und Einvernahme der Masseverwalterin war nicht nachzukommen, da solche Anträge - mangels einer konkreten Behauptung des Vertreters über die Verwendung der Mittel - auf Erkundungsbeweise, wonach ein Beweismittel nicht den Nachweis der Wahrheit von konkreten Tatsachenbehauptungen erbringt, sondern der beweisführenden Partei überhaupt erst die Möglichkeit bieten soll, die Tatsache kennenzulernen und bestimmte Tatsachenbehauptungen aufzustellen (Fasching, Lehrbuch2, Tz 898), hinausliefe. Einen Erkundungsbeweis aufzunehmen ist die Behörde nicht gehalten (vgl. ).

Allerdings war nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Lohnabgaben 2014 zu erstellen und die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu berechnen (), weshalb eine monatsweise Aufgliederung der Dienstgeberbeiträge 2014 (€ 41,65) und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für das Jahr 2014 (€ 63,40) grundsätzlich vorzunehmen gewesen wäre, jedoch mangels Vorwerfbarkeit der sodann nur äußerst geringen Nachforderungen unterbleiben konnte.

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten jedoch Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

4. Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

5. Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss gemäß § 9a Abs. 1 BAO dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

Die in Abs. 1 bezeichneten Personen haften gemäß § 9a Abs. 2 BAO für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.

Zum Einwand des Bf., dass der faktische Geschäftsführer P-1 heranzuziehen gewesen wäre, ist festzustellen, dass dieser ohnehin bescheidmäßig zur Haftung in Anspruch genommen wurde, allerdings die Abgaben bei ihm derzeit uneinbringlich sind, weshalb nach der Rechtsprechung des VwGH bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei dem anderen Gesamtschuldner für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners kein Spielraum für die Ermessensübung bleibt ().

Da die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern im Abgabenrecht im Ermessen des Abgabengläubigers liegt (Ritz, BAO6, § 6 Rz 6 ff, und die dort angeführte Judikatur), war daher zu prüfen, ob bzw. in welchem Ausmaß die weiteren Geschäftsführer zur Haftung herangezogen wurden bzw. warum dies unterblieben war.

Die handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft waren für folgende Zeitraume im Firmenbuch eingetragen:


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Geschäftsführer
von
bis
P-2
D-6
D-7
P-4
D-6
D-8
P-5
D-8
D-9
P-6
D-10
D-1
Bf.
D-1
D-4


Da die haftungsgegenständlichen Abgaben im Zeitraum vom bis fällig waren, kommt der bereits davor aus der Geschäftsführung ausgeschiedene Geschäftsführer P-4 zur Haftungsinanspruchnahme nicht in Betracht, der Bf. für den gesamten Haftungsbetrag (mit Ausnahme der Umsatzsteuern 2013 und 2014) und die übrigen für folgende Abgaben:

P-2:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2013
459,22
Lohnsteuer
11/2014
622,61
Dienstgeberbeitrag
11/2014
335,81
Dienstgeberbeitrag
2014
41,65
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2014
63,40
Lohnsteuer
01/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
01/2015
373,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2015
33,17
Lohnsteuer
02/2015
1.377,56
Dienstgeberbeitrag
02/2015
352,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/2015
31,36
gesamt
5.068,30


P-5:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2013
459,22


P-6:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2013
459,22


Daraus erhellt, dass eine Haftung für die Geschäftsführer P-5 und P-6 wegen der Geringfügigkeit des haftungsgegenständlichen Betrages nicht in Betracht kommt (Ritz, BAO6, § 7 Rz 7).

Da die Geschäftsführerin P-2, in deren Vertretungszeitraum die meisten Abgaben fällig wurden, auch zur Haftung für die gegenständlichen Abgaben herangezogen wurde, wurde das Ermessen im Sinne des § 20 BAO rechtsrichtig ausgeübt.

Vom Bf. wurden somit keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

6. Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 6.232,55 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor, die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichthofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103488.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at