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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2020, RV/7101277/2020

Alleinverdienerabsetzbetrag, doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten nach Ungarn

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) - Herr ***Bf1*** - erzielte im Streitjahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich und war in Ungarn ansässig.

Am langte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 elektronisch ein, in welcher der Bf die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages beantragte sowie Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.672 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.000 € als Werbungskosten geltend machte.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um eine detaillierte Aufstellung aller Aufwendungen und eine Begründung für die doppelte Haushaltsführung. Weiters wurde um Vorlage unter anderem folgender Unterlagen ersucht: Meldezettel aller am Familienwohnsitz gemeldeter Personen, Nachweis, dass der Bf am Familienwohnsitz über einen eigenen Haushalt verfügt, Heiratsurkunde, Einkommensnachweis der (Ehe)Partnerin des Bf (Formular E9), Mietvertrag der Wohnung am Arbeitsort, Nachweis der Mietzahlungen, genaue Aufstellung der Heimfahrten mit Angaben zu jeder Reise hinsichtlich Datum der Hin- und Rückreise und dem verwendeten Verkehrsmittel sowie bei Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug, Vorlage des detaillierten Fahrtenbuches, des Kfz-Zulassungsscheines sowie sämtlicher Tankbelege.

Der Bf übermittelte daraufhin elektronisch am

  • eine Aufstellung bezüglich der Familienheimfahrten, in der die Entfernung von seinem Familienwohnsitz in Adr-H, nach B (200 km) und zurück im Streitjahr 2018 39 Mal aufgelistet wird,

  • Kopien eines Zulassungsscheins bezüglich eines Opel Zafira, Diesel, Baujahr 2004, weiß, in dem als Zulassungsbesitzerin Frau C ausgewiesen wird,

  • Kopien eines Meldezettels und eines Personalausweises des Bf und von Frau D,

  • eine Kopie einer Bescheinigung EU/EWR (E 9), wonach Frau D im Jahr 2018 Einkünfte in Höhe von 2.129.827 HUF bezogen habe,

  • eine Kopie einer Geburtsurkunde des Sohns des Bf (E),

  • eine Kopie einer Inskriptionsbestätigung der Universität F für das Wintersemester 2018/19 bezüglich des Sohnes des Bf,

  • eine Kopie eines Leistungsnachweises des Sohnes des Bf der Universität F,

  • eine Kopie des Formulars E 411 (Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienbeihilfe (Kindergeld) in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen) und

  • eine Kopie einer handschriftlichen Bestätigung vom , wonach Herr G (Adr-Ö) bestätigt, dass er vom Bf für das Jahr 2018 Miete in Höhe von 250 € pro Monat erhalten habe.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrages in Abzug gebracht. Der beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag wurde mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass die steuerlichen Einkünfte und ein allfälliges Wochengeld der Partnerin des Bf höher als 6.000 € seien.

In der elektronisch eingelangten Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom verwies der Bf darauf, dass er alle benötigten Unterlagen nachgereicht habe, ersuchte um Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.672 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.000 € und übermittelte erneut die bereits vorgelegten Unterlagen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt, den Mietvertrag des ausländischen Wohnsitzes oder den Grundbuchsauszug zu übermittelt, für den Fall, dass der Bf über eine Immobilie verfüge. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei Fahrten mit dem eigene Auto ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, Tankbelege, Zulassungsschein, Überprüfungsberichte oder Kfz-Fachwerkstättenrechnungen ab 2017 vorzulegen seien, aus denen der Kilometerstand über einen längeren Zeitraum bis zumindest Ende 2018 nachvollziehbar sei. Weiters wurde der Bf ersucht, Kontoauszüge in chronologischer Reihenfolge zu übermitteln, aus denen die Abhebungen für die Miete in Höhe von 250 € pro Monat für den Zeitraum 01-12/2018 hervorgehen, bekanntzugeben, wie groß die Wohnung des Vermieters G sei und welchen Anteil der Bf gemietet habe sowie eine Kopie des Wohnungsplans nachzureichen.

Der Bf übermittelte daraufhin elektronisch am neben

  • der bereits vorlegten Aufstellung der Familienheimfahrten und

  • den ebenfalls bereits übermittelten Zulassungsschein,

  • eine Kopie eines Grundbuchauszuges bezüglich seines Familienwohnsitzes,

  • Kopien von 17 zum Teil unlesbaren Tankrechnungen aus denen hervorgeht, dass 623,09 Liter Diesel erworben wurden und

  • eine Bestätigung, dass Miete in Höhe von 3.000 € an Herrn G bezahlt worden sei.

Der Bf führte aus, dass er in Ungarn eine eigene Wohnung habe und verwies auf den Grundbuchsauszug. Bezüglich seines österreichischen Nebenwohnsitzes teilte der Bf mit, dass dieser 50 Quadratmeter habe, wovon die Küche, die Toilette und das Badezimmer gemeinsam benutzt würden. Der Bf verfüge über ein eigenes Zimmer, dessen Größe sich auf 10 Quadratmeter belaufe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 als unbegründet abgewiesen und damit begründet, dass, aufgrund des nicht erbrachten Nachweises eines eigenen Hausstandes in B, laut Aktenlage davon ausgegangen werde, dass sich der Bf nur anteilig an der Miete eines Bekannten für dessen Wohnung beteilige, weshalb die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kosten für Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung mangels zweier haushaltsführender Wohnsitze im Sinne des § 16 EStG nicht vorlägen.

Mit Schreiben vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt und unter anderem darauf hingewiesen, dass aus den vorgelegten Tankrechnungen hervorgehe, dass der Bf Kraftstoff (Diesel) im Ausmaß von 623,09 Liter erworben habe und bei einem Kraftstoffverbrauch von 6,9 Liter pro 100 km eine Distanz von 9.030 km zurückgelegt werden könne, während der Bf angegeben habe, im Streitjahr 2018 16.000 km im Rahmen von Familienheimfahrten zurückgelegt zu haben. Weiters verwies das Finanzamt darauf, dass teilweise über 60 Liter getankt worden seien, obwohl das Kfz einen
58-Liter-Tank aufweise, kein Mietvertrag übermittelt und bezüglich der Mietausgaben kein Zahlungsfluss nachgewiesen worden sei.
Eine Ausfertigung des Vorlageberichtes wurde dem Bf übermittelt.

Mit Beschluss vom wurde der Bf aufgefordert

  • den Mietvertrag bezüglich der Wohnung Adr-Ö zu übermitteln,

  • den Zahlungsfluss der monatlichen Miete in Höhe von 250 € belegmäßig, dh zB an Hand von Kontoauszügen nachzuweisen,

  • mitzuteilen, wie viele Personen im Streitjahr 2018 die Wohnung Adr-Ö bewohnt haben,

  • Auskunft darüber zu geben, weshalb Frau C im übermittelten Kfz-Zulassungsschein (forgalmi engedély) des Opel Zafira A (ABC123) als Besitzerin ausgewiesen wird,

  • sämtliche Tankbelege vorzulegen, die in Zusammenhang mit den als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten stehen, zumal das Finanzamt im Vorlagebericht vom darauf hingewiesen habe, dass aus den bisher übermittelten Tankrechnungen hervorgehe, dass Kraftstoff im Ausmaß von 623,09 Liter Diesel erworben worden sei, mit dem - bei einem Verbrauch von 6,9 Liter pro 100 km - aber lediglich 9.030 km zurückgelegt habe werden können, während der Bf angegeben habe, 16.000 km im Rahmen von Familienheimfahrten zurückgelegt zu haben,

  • dazu Stellung zu nehmen, dass laut Vorlagebericht des Finanzamtes vom "teilweise über 60 Liter getankt" worden seien (siehe zB Tankbeleg vom JET Tankstelle K B: 66,35 Liter), obwohl die technischen Daten des Opel Zafira (Quelle: www.autoplenum.at) einen Tankinhalt von 58 Liter ausweisen und

  • Kfz-Fachwerkstättenrechnungen, Servicerechnungen bzw Überprüfungsberichte das Streitjahr 2018 betreffend vorzulegen, aus denen der Kilometerstand über einen längeren Zeitraum bis zumindest Ende 2018 nachvollziehbar ist.

Mit Schreiben vom teilte der Bf mit, dass kein Mietvertrag abgeschlossen worden sei, die Bedingungen des Mietverhältnisses mündlich besprochen worden seien, die monatliche Miete bar bezahlt worden sei, die Auflistung über die monatlich gezahlten Mieten bereits dem Finanzamt übermittelt worden sei, die Wohnung in der Adr-Ö von ihm und einem Arbeitskollegen bewohnt worden sei, die Beschreibung der Wohnung sowie diesbezügliche Informationen bereits dem Finanzamt übermittelt worden sei und Frau C, bei der es sich um eine Bekannte handle, ihr Auto zur Verfügung gestellt habe, da sie im Jahr 2018 mehrere Autos gehabt habe und der Bf keines.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf erzielte im Streitjahr 2018 als Isolierer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich und war in H, einem Ort in Ungarn, rund 200 km südöstlich von B, ansässig.

Unstrittig ist die beruflich veranlasste zusätzliche Wohnsitznahme des Bf am Beschäftigungsort.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 beantragte der Bf die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und machte der Bf Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.672 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.000 € als Werbungskosten geltend.

Der Bf hat einen Sohn (E, geboren am TT.MM.JJJJ).

Die (Ehe)Partnerin des Bf - Frau D - erzielte im Streitjahr 2018 Einkünfte von über 6.000 €.

Kosten für die Unterbringung am Beschäftigungsort erwuchsen dem Bf im Streitjahr 2018 in Höhe von 3.000 € (= 250 € x 12 Monate).

Für die Zurücklegung der Fahrten zwischen dem Familienwohnsitz und dem Beschäftigungsort stellte eine Bekannte des Bf diesem ein Kraftfahrzeug (Opel Zafira A, Baujahr 2004, Kennzeichen ABC123) zur Verfügung.

Der Bf bezahlte im Streitjahr 2018 nachweislich 736,99 € für Diesel-Kraftstoff, wobei bezüglich des Monats März 2018 und des 10-wöchigen Zeitraums vom (Do) bis (Fr) keine einzige Tankrechnung übermittelt wurde:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tankstelle
Datum
Liter
Preis/Liter
Betrag
1
JET, J
26,56
1,129 €
29,99 €
2
JET K
?
?
62,00 €
3
JET J
?
?
67,02 €
4
JET J
61,75
1,149 €
70,95 €
5
JET J
50,42
1,152 €
58,08 €
6
JET J
52,48
1,229 €
64,50 €
7
JET K
66,35
1,173 €
77,83 €
8
JET J
16,54
1,209 €
20,00 €
9
JET J
24,41
1,229 €
30,00 €
10
JET J
24,21
1,239 €
30,00 €
11
MOL Budapest
23,3
428,90 Ft
9.993 Ft
= 30,87 €
12
JET J
41,19
1,214 €
50,00 €
13
BP L
?
15,28
1,309 €
20,00 €
14
JET J
15,05
1,329 €
20,00 €
15
JET J
15,15
1,321 €
20,01 €
16
JET M
?
?
19,98 €
17
Turmöl O
55,40
1,187 €
65,76 €
Summe
736,99 €

In Zusammenhang mit den Kosten für Familienheimfahrten machte der Bf im Streitjahr 2018 neben den Ausgaben für Kraftstoff keine weiteren Ausgaben als Werbungskosten geltend.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen, dem Schriftsatz vom (Beantwortung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts vom ) und der folgenden Beweiswürdigung:

2. Beweiswürdigung

Laut Judikatur des VwGH () ist ein Sachverhalt glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich.

Bezüglich seiner Wohnverhältnis am Beschäftigungsort führte der Bf aus, dass er die 50 m2-Wohnung in der Adr-Ö mit einem Arbeitskollegen bewohnt habe, die Küche, die Toilette und das Badezimmer gemeinsam benutzt worden sei und ihm ein eigenes Zimmer mit einer Fläche von 10 m2 zur Verfügung gestand sei. Laut Zentralem Melderegister ist der Bf vom bis an der Adr-Ö, gemeldet gewesen, wobei als Unterkunftsgeber Herr G ausgewiesen wird. Laut Zentralem Melderegister ist Herr G an der erwähnten Adresse seit gemeldet. In Form einer handschriftlichen Bestätigung vom bestätigte Herr G, vom Bf im Jahr 2018 250 € monatlich als Miete erhalten zu haben.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sowohl der Bf als auch Herr G im Streitjahr 2018 an der Adresse Adr-Ö gemeldet waren und der Bf keine weiteren Ausgaben für die Unterbringung am Arbeitsort - wie zB Betriebskosten (Energie, Heizung usw) - als Werbungskosten aus einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht hat, erscheinen die Kosten vom 250 € monatlich für die Benutzung einer 50 m2-Wohnung zusammen mit einem Arbeitskollegen als angemessen und glaubhaft.

Bezüglich der vom Bf als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten hat der Bf zunächst eine Aufstellung bezüglich der Familienheimfahrten übermittelt, in der lediglich die Entfernung von seinem Familienwohnsitz in Adr-H, nach B (200 km) und zurück im Streitjahr 2018 39 Mal aufgelistet wird und in weiterer Folge Kopien von 17 Tankrechnungen übermittelt, aus denen Ausgaben für Diesel-Kraftstoff in Höhe von 736,99 € hervorgehen. Im Vorlagebericht vom wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass aus den vorgelegten Tankrechnungen zu entnehmen sei, dass der Bf Kraftstoff (Diesel) im Ausmaß von 623,09 Liter erworben habe und bei einem Kraftstoffverbrauch von 6,9 Liter pro 100 km eine Distanz von 9.030 km zurückgelegt werden könne, während der Bf angegeben habe, im Streitjahr 2018 16.000 km im Rahmen von Familienheimfahrten zurückgelegt zu haben. Weiters verwies das Finanzamt darauf, dass teilweise über 60 Liter getankt worden sei, obwohl das Kfz einen 58-Liter-Tank aufweise. Mit Beschluss vom wurde der Bf (unter Punkt 5., 6. und 7.) unter anderem aufgefordert, sämtliche Tankbelege vorzulegen, die in Zusammenhang mit den als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten stehen, zumal das Finanzamt im Vorlagebericht vom darauf hingewiesen habe, dass aus den bisher übermittelten Tankrechnungen hervorgehe, dass Kraftstoff im Ausmaß von 623,09 Liter Diesel erworben worden sei, mit dem - bei einem Verbrauch von 6,9 Liter pro 100 km - aber lediglich 9.030 km zurückgelegt habe werden können, während der Bf angegeben habe, 16.000 km im Rahmen von Familienheimfahrten zurückgelegt zu haben, dazu Stellung zu nehmen, dass laut Vorlagebericht des Finanzamtes vom "teilweise über 60 Liter getankt" worden seien (siehe zB Tankbeleg vom JET Tankstelle K B: 66,35 Liter), obwohl die technischen Daten des Opel Zafira (Quelle: www.autoplenum.at) einen Tankinhalt von 58 Liter ausweisen und Kfz-Fachwerkstättenrechnungen, Servicerechnungen bzw Überprüfungsberichte das Streitjahr 2018 betreffend vorzulegen, aus denen der Kilometerstand über einen längeren Zeitraum bis zumindest Ende 2018 nachvollziehbar sei. Die Punkt 5., 6. und 7. des Beschlusses vom wurden vom Bf nicht beantwortet, jedoch wurde ausgeführt, dass für den Fall, dass das Bundesfinanzgericht noch weitere Fragen haben sollte, der Bf zur Verfügung stehe. Auf die im Beschluss vom gestellte Frage, weshalb Frau C im übermittelten Kfz-Zulassungsschein des Opel Zafira A (ABC123) als Besitzerin ausgewiesen werde, teilte der Bf mit, dass Frau C, bei der es sich um eine Bekannte handle, ihr Auto zur Verfügung gestellt habe, da sie im Jahr 2018 mehrere Autos gehabt habe und der Bf keines.

Der Bf wurde im Vorlagebericht vom von der Abgabenbehörde darauf hingewiesen, dass aus den bis dahin übermittelten Tankrechnungen hervorgehe, dass Kraftstoff im Ausmaß von 623,09 Liter Diesel erworben worden sei, mit dem - bei einem Verbrauch von 6,9 Liter pro 100 km - aber lediglich 9.030 km zurückgelegt habe werden können, während der Bf angegeben habe, 16.000 km im Rahmen von Familienheimfahrten zurückgelegt zu haben. Obwohl der Bf daraufhin mit Beschluss vom aufgefordert wurde, sämtliche Tankbelege vorzulegen, hat der Bf der Aufforderung des Bundesfinanzgerichts nicht entsprochen. Im Hinblick darauf, dass der Bf auch dazu keine Stellung abgegeben hat, dass laut Vorlagebericht des Finanzamtes vom "teilweise über 60 Liter getankt" worden seien (siehe zB Tankbeleg vom JET Tankstelle K B: 66,35 Liter), obwohl die technischen Daten des Opel Zafira (Quelle: www.autoplenum.at) einen Tankinhalt von 58 Liter ausweisen und trotz wiederholter Aufforderung sämtliche Tankbelege zu übermitteln, lediglich 17 Tankrechnungen vorgelegt hat, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass dem Bf im Streitjahr 2018 - im Ausmaß der übermittelten Tankbelege - Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 736,99 € erwachsen sind.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Fahrzeug, das der Bf für die Fahrten zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort und zurück benutzt hat, ihm von seiner Bekannten zur Verfügung gestellt wurde und der Bf trotz wiederholter Aufforderung, Kfz-Werkstättenrechnungen, Servicerechnungen bzw Überprüfungsberichte vorzulegen, nicht übermittelt hat, und auch nicht vorgebracht, dass ihm weitere in Zusammenhang mit den Familienheimfahrten stehende Kosten erwachsen sind, sind - außer den Ausgaben für den Kraftstoff in Höhe von 736,99 € - keine weiteren Kosten für die Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

3.1.1. Alleinverdienerabsetzbetrag

Gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. (…) Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. (…) Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt.

Laut "Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)" (E 9) unterlagen im Jahr 2018 Einkünfte von Frau D in Höhe von 2.129.827 HUF in Ungarn der Besteuerung.

Laut Umrechnungstabelle in Euro-Beträge 2018 (Referenzkurse der EZB) (L 17b-2018) des Bundesministeriums für Finanzen (Version vom ) entsprechen die von der
(Ehe-)Partnerin des Bf im Jahr 2018 in Ungarn erzielten Einkünfte in Höhe von 2.129.827 HUF einem Steuerwert von 6.579,04 €.

Da eine der Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrag ist, dass "der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt" und die von der (Ehe-)Partnerin des Bf im Jahr 2018 in Ungarn erzielten Einkünfte einem Steuerwert von 6.579,04 € entsprechen, war der Bf im Streitjahr 2018 nicht Alleinverdienender iSd § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 und stand ein Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zu.

3.1.2. Werbungskosten

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 und Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:

"1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen."

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Familienheimfahrten sind Fahrten zwischen dem Ort, wo die Berufstätigkeit ausgeübt wird und dem Familienwohnsitz. Diese gehören nach § 20 EStG 1988 in den Bereich der privaten Lebensführung.

Liegt aber der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, so können Familienheimfahrten von der Wohnung am Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Aufgabe des bisherigen Familienwohnsitzes unzumutbar ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (). Die Ursachen für die Unzumutbarkeit müssen aus objektiv gewichtigen Umständen resultieren, bloße Befindlichkeiten und persönliche Vorlieben für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (ua ; ).

Unzumutbarkeit für eine tägliche Rückkehr ist dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt ().

Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen gilt jedenfalls jener Ort, an dem er mit seiner Ehegattin einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet, als sein Familienwohnsitz ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall aber auch nicht verhalten nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen ().

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in mittlerweile ständiger Rechtsprechung zum EStG 1988 die Auffassung, dass die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ihre Ursache auch in der privaten Lebensführung haben kann (, , ).

Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unter der Bedingung bejaht, dass der Ehepartner des Steuerpflichtigen aus seiner Berufstätigkeit nachhaltig Einkünfte nicht bloß untergeordneten Ausmaßes erzielt (Hinweis Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 16 Tz 102, und Doralt, EStG7, § 4 Tz 351) (vgl ). Als steuerlich relevante Einkünfte des anderen (Ehe)Partners sind solche anzusehen, die für das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Nach Auffassung des VwGH ist für die Beurteilung der Relevanz die Relation zum Familieneinkommen ausschlaggebend; vernachlässigbar sind Einkünfte jedenfalls dann, wenn sie "deutlich unter einem Zehntel" der Einkünfte des anderen Ehegatten liegen.

Der Bf erzielte im Streitjahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (steuerpflichtige Bezüge Kz 245) in Höhe von 21.387,68 €.

Laut "Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)" (E 9) unterlagen im Jahr 2018 Einkünfte von Frau D in Höhe von 2.129.827 HUF in Ungarn der Besteuerung. Laut Umrechnungstabelle in Euro-Beträge 2018 (Referenzkurse der EZB) (L 17b-2018) des Bundesministeriums für Finanzen (Version vom ) entsprechen die von der (Ehe-)Partnerin des Bf im Jahr 2018 in Ungarn erzielten Einkünfte in Höhe von 2.129.827 HUF einem Steuerwert von 6.579,04 €.

Da die von der (Ehe-)Partnerin des Bf im Jahr 2018 in Ungarn erzielten Einkünfte (6.579,04 €) 30,8 % der Einkünfte des Bf (21.387,68 €) bzw 23,5 % des gemeinsamen Familieneinkommens (27.966,72 €) betragen, kommt diesen eine wirtschaftliche Bedeutung zu, die für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung und somit die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes sprechen.

Als Werbungskosten aus einer doppelten Haushaltsführung kommen nur die unvermeidbaren Mehraufwendungen in Betracht, die dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss. Das sind insbesondere die Kosten für Unterbringung und Familienheimfahrten (vgl Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 16 Rz 56). Als Fahrtkosten sind jene Aufwendungen abzusetzen, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen.

Im Hinblick auf die oben dargelegt Beweiswürdigung, sind die Kosten für die Unterbringung am Beschäftigungsort in Höhe von 3.000 € und die Kosten für die Familienheimfahrten in Höhe von 736,99 € als Werbungkosten aus einer doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die zu beantwortenden Rechtsfragen betreffend Familienheimfahrten im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst wurden () lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Bezüglich der Frage des Nachweises bzw der Glaubhaftmachung der geltend gemachten Familienheimfahrten handelt es sich um eine im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärende Tatfrage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Familienheimfahrten
Unzumutbarkeit
Alleinversdienerabsetzbetrag
doppelte Haushaltsführung
Wohnsitzverlegung
Verweise





Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 16 Tz 102
Doralt, EStG 7, § 4 Tz 351

Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 16 Rz 56
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101277.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at