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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.11.2020, RV/7100100/2013

Vertreterbestellung gem. § 81 Abs.2 Satz 2 BAO: Abgabenbehörde muss nicht den bestgeeigneten Vertreter ermitteln, wenn die Miteigentümergemeinschaft keinen Vertreter namhaft macht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Milchrahm Stadlmann Rechtsanwälte OG, Landstraßer Hauptstraße 1/1/3 in 1030 Wien über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom betreffend Vertreterbestellung gem. § 81 Abs. 2 Satz 2 BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Vorverfahren:

Der Berufungswerber (nunmehrige Beschwerdeführer) ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) ist einer der Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft in Eichgraben, das im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens zu 1/72 Anteilen erworben wurde.

2. Verfahren vor der belangten Behörde:

Da die Eigentümergemeinschaft keinen Vertreter der gesamten Miteigentümerschaft im Sinne des § 81 Abs. 2 BAO der belangten Behörde bekannt gegeben hat, wollte die belangte Behörde die Miteigentümerin Fr. ***1*** zur Vertreterin bestellen.

Am richtete sie jedoch ein handschriftliches Schreiben an die belangte Behörde, indem sie darum bat, nicht als Vertreterin bestellt zu werden, zumal sie als Pensionistin mit kleiner Pension nicht die Möglichkeiten hätte, diese Funktion zu übernehmen, die Miteigentümer mit einer Ausnahme nicht kenne und auch die Grundsteuer nicht für alle auslegen könne. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf einen der Miteigentümer, Hrn. ***2***, der bereits in der Erbensache Rechtsgeschäfte für alle Erben durchgeführt hätte und auf die beiden Haupterben mit den höchsten Anteilen.

In der Folge wurde am ein anderer Miteigentümer, Hr. ***2***, als Vertreter der Miteigentümergemeinschaft gem. § 81 Abs. 2 BAO bestellt. Nachdem Hr. Milchrahm die belangte Behörde kontaktierte und eine Berufung gegen diese Bestellung einbringen wollte, die er damit begründen wollte, dass sein Miteigentumsanteil nur 1/72 betrage, er in der Steiermark wohne und ihm die anderen Miteigentümer unbekannt seinen, wurde ihm ein Widerruf seitens der belangten Behörde zugesagt. Dies wurde in einem Aktenvermerk vom schriftlich festgehalten.

Am wurde seine Bestellung schließlich widerrufen.

In der Folge wurde der Miteigentümer Hr. ***3*** als Vertreter bestellt.

Die beiden Hauptanteilseigner, die in Fürth in Deutschland wohnhaft waren, wurden von dieser Bestellung mit Verständigungsschreiben vom , die zwar an ihre Namen, nicht aber an ihre Zustelladresse in Deutschland, sondern an die Österreichische Finanzverwaltung adressiert war, und ihnen daher nachweislich nicht zugegangen sein kann, nicht informiert. Hr. Schlemmer erhob am Berufung gegen diese Bestellung mit der Begründung, dass er Pensionist sei und einen Fünfpersonenhaushalt zu betreuen hätte, sowie pflegebedürftige Eltern und Schwiegereltern hätte, die Miterben kaum kenne und sich nicht in der Lage sehe, diese Vertretung zu erfüllen. Er ersuchte die belangte Behörde eine jüngere, weniger belastete Person als Vertreter zu bestellen und schlug die Haupterben vor.

Am wurde seine Bestellung ebenfalls widerrufen.

Am wurde dann der Bf mit Bescheid als Vertreter bestellt. In einem Aktenvermerk wurde festgehalten, dass er am bei der belangten Behörde angerufen hätte und nicht bereit wäre, die Vertretung zu übernehmen, weil er nur 1/72 Anteile hätte und die Miteigentümer nicht kennen würde.

Der Bf erhob am die verfahrensgegenständliche Berufung.

Darin führte er im Wesentlichen aus, dass sein bezughabender Miteigentumsanteil lediglich 1/72 betrage und er daher weder einen tatsächlichen noch rechtlichen Einfluss auf die Miteigentümereigenschaft und auf deren Gestion hätte. Er wies darauf hin, dass es sachlich geboten gewesen wäre, einen Miteigentümer zu bestellen, der mehr Einfluss auszuüben berechtigt wäre. Zudem stünde er mit keinem der anderen Miteigentümer mit höheren Miteigentumsanteilen in Verbindung, da ihm praktisch alle Miteigentümer mit höheren Anteilen unbekannt seien. Ihm sei daher rechtlich als auch faktisch nicht möglich, irgendwelche Entscheidungen zu veranlassen. Er verwies auf die beiden Haupteigentümer, die als Geschwister auf Grund ihrer ¼ Anteile mit 50 % der Stimmrechte die relative Mehrheit hätten und jedwedes Vorgehen alleine bestimmen bzw. blockieren könnten. Zu dem Umstand, dass beide in Deutschland ihren Wohnsitz hätten, verweis der Bf auf einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom , BGBl 1990 II S 358, das für solche Fälle vorgesehen sei. Außerdem seien schon aus europarechtlichen Gründen beide Inländern gleichzuhalten.

Der Bf beantragte neben Übermittlung eines Grundbuchsauszuges und der Auflistung der Miteigentümer mit höheren Anteilen die Aufhebung des Bescheides und Bestellung einer anderen Person als Vertreter.

Am richtete die belangte Behörde an den Bf ein Schreiben mit dem Ersuchen um Ergänzung. Darin stellte die belangte Behörde klar, dass der Verpflichtung des § 81 Abs. 2 BAO, nach der bei einer Miteigentümergemeinschaft eine Person aus deren Mitte als gemeinsamer Bevollmächtigter namhaft zu machen, nicht nachgekommen worden wäre. Daher wäre die Bestellung von Amts wegen vorgenommen worden und der Bf als rechtskundige Person bestellt worden. Diese Bestellung würde so lange gelten, als eine andere Person von der Miteigentümergemeinschaft namhaft gemacht würde. Der Bf wurde daher ersucht, nach Rücksprache mit den anderen Miteigentümern der belangten Behörde Name und Anschrift der Person bekannt zu geben, die von den Miteigentümern beauftragt würde, sie vor dem Finanzamt zu vertreten. Außerdem wurde der Bf ersucht, das Schreiben über die Namhaftmachung von den übrigen Miteigentümern zum Zeichen des Einverständnisses unterfertigen zu lassen.

Nach Fristverlängerung bis erfolgte keine weitere Rückmeldung auf das Ergänzungsersuchen. Dies wurde per Aktenvermerk am festgehalten.

Am erging die anweisende Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde.

Darin stellte die belangte Behörde § 81 Abs. 1 und 2 BAO dar und dass für die Erfüllung der Pflichten der Miteigentümerschaft aus ihrer Mitte ein gemeinsamer Bevollmächtigter zu nennen ist, der der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen ist. Solange niemand namhaft gemacht würde, könne die Abgabenbehörde einen Vertreter bestellen, wobei die übrigen Miteigentümer mit Wohnsitz im Inland davon zu verständigen seien. Betreffend das Ermessen gem. § 20 BAO müssten Entscheidungen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe. Innerhalb derer sei nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände. Das Gesetz laste die Verpflichtung zur Erfüllung der Pflichten einer Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit vorrangig den Personen an, die von der Personenvereinigung dafür vorgesehen werde und folge damit dem Willen der Mitglieder. Nur wenn nach dieser Regel mehrere Personen in Betracht kämen, sei aus der Mitte der Mitglieder ein gemeinsamer Bevollmächtigter als Vertretungsbefugter namhaft zumachen.

Es sei aber auch zulässig, dass eine andere Person als der in Betracht kommende Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht würde. Für die Abgabenbehörde müsse jedenfalls die Möglichkeit bestehen, mit der Personenvereinigung wirksam in Verhandlung treten zu können und die Personenvereinigung als solche wirksam verpflichten zu können. Würde kein Geschäftsführer als Vertreter genannt, sei die gesetzliche Verpflichtung aufrecht, der Abgabenbehörde gegenüber jedenfalls einen Vertreter namhaft zu machen. Diese Verpflichtung ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz, es bedürfe daher keiner besonderen Aufforderung der Behörde. Sie könne daher unter der Voraussetzung des Absatzes 2 2.Satz ohne erst alle Mitglieder ermitteln und befragen zu müssen nach freiem Ermessen einen Beteiligten herausgreifen und als Bevollmächtigten behandeln.

Die Abgabenbehörde sei nicht verpflichtet, unter den als Vertretern in Frage kommenden Personen einer Miteigentümergemeinschaft eine Eignungsprüfung durchzuführen und diese zu begründen - zitiert wurde in diesem Zusammenhang die Entscheidung des .

Da im gegenständlichen Fall der Verpflichtung, einen gemeinsamen Vertreter der Miteigentumsgemeinschaft zu nennen, nicht nachgekommen worden sei, wurde die Vertreterbestellung von Amts wegen vorgenommen. Diese gelte so lange, bis eine andere Person namhaft gemacht werde, was trotz Aufforderung nicht erfolgt sei.

Am stellte der Bf Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz und verwies auf die Ausführungen in der Berufung bzw. wies darauf hin, dass nachneueren Information die belangte Behörde ursprünglich einen anderen Miteigentümer bestellt hätte und dann offenbar laufend auf Grund von Weigerungen der Reihe nach Umbestellungen vorgenommen hätte.

Weshalb die belangte Behörde es nicht bei der ursprünglichen oder zumindest einer späteren sachlich richtigen Bestellung belassen habe, die jedenfalls sachgerechter immer jemanden mit einem höheren Miteigentumsanteil vorgesehen haben hätte müssen, sei sachlich nicht mehr nachvollziehbar.

3. Verfahren vor dem UFS bzw. Bundesfinanzgericht:

Am wurde der Akt beim UFS (nunmehr Bundesfinanzgericht) unter Anschluss des Finanzamtsaktes vorgelegt.

Im Vorlagebericht wies die belangte Behörde zum einen auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung hin.

Zum anderen wurde und auf die darin genannte Entscheidung des verwiesen.

Es wurde die Abweisung der Berufung beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf hat im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens 1/72 Anteile an einer Liegenschaft erworben. Da die Eigentümergemeinschaft keinen Vertreter der gesamten Miteigentümerschaft im Sinne des § 81 Abs. 2 BAO der belangten Behörde bekannt gegeben hat, erfolgte ein umfangreiches Vertreterbestellungsverfahren (siehe Verfahrensgang).

Ursprünglich wollte die belangte Behörde die Miteigentümerin Fr. ***1*** zur Vertreterin bestellen. Diese erklärte sich als Pensionistin auf Grund von geringer Pension und Nichtkenntnis der Miteigentümer etc. nicht dazu bereit erklärte, bestellte die belangte Behörde am einen anderen Miteigentümer, Hrn. ***2***, als Vertreter der Miteigentümergemeinschaft gem. § 81 Abs. 2 BAO. Nachdem auch dieser sich außer Stande sah, diese Funktion zu erfüllen, wurde am seine Bestellung schließlich widerrufen.

Die beiden Hauptanteilseigner, die in Fürth in Deutschland wohnhaft waren, wurden nicht als Vertreter bestellt, aber der Miteigentümer Hr. ***3***. Als auch dieser sich außer Stande sah wegen Pension verbunden mit Versorgung pflegebedürftiger Personen etc. und dagegen berief, wurde seine Bestellung ebenfalls widerrufen.

Am wurde dann der Bf als Vertreter bestellt. Er begründete seine verfahrensgegenständliche Berufung damit, dass er lediglich 1/72 Anteile besitzt, daher weder tatsächlichen noch rechtlichen Einfluss auf die Miteigentümereigenschaft hätte und wies auf die beiden Haupteigentümer, die als Geschwister auf Grund ihrer ¼ Anteile mit 50 % der Stimmrechte die relative Mehrheit hätten und jedwedes Vorgehen alleine bestimmen bzw. blockieren könnten hin.

Die belangte Behörde ersuchte den Bf am , nach Rücksprache mit den anderen Miteigentümern der belangten Behörde Name und Anschrift der Person bekannt zu geben, die von den Miteigentümern beauftragt würde, sie vor dem Finanzamt zu vertreten und das Schreiben über die Namhaftmachung von den übrigen Miteigentümern zum Zeichen des Einverständnisses unterfertigen zu lassen.

Nach Fristverlängerung bis erfolgte keine weitere Rückmeldung auf das Ergänzungsersuchen.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des Inhaltes des vorliegenden Finanzamtsaktes als erwiesen anzusehen.

Der Verfahrensgang vor der belangten Behörde sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch die Bescheide, die als Beschwerdevorentscheidung zu behandelnde Berufungsvorentscheidung und den Vorlageantrag sowie die Vorlage vor dem UFS (nunmehr Bundesfinanzgericht) evident.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Zuständigkeitsübergang

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 BVG zu erledigen.

3.1.2. Rechtsgrundlagen

§ 81 BAO idgF lautet:

(1) Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

(2) Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.

(3) Sobald und soweit die Voraussetzungen für die Bestellung eines Vertreters durch die Abgabenbehörde nachträglich weggefallen sind, ist die Bestellung zu widerrufen. Ein Widerruf hat auch dann zu erfolgen, wenn aus wichtigen Gründen eine andere in Betracht kommende Person von der Abgabenbehörde als Vertreter bestellt werden soll.

(4) Für Personen, denen gemäß Abs. 1 oder 2 die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit obliegt, gilt § 80 Abs. 1 sinngemäß.

(5) Die sich auf Grund der Abs. 1, 2 oder 4 ergebenden Pflichten und Befugnisse werden durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters (Mitglieds) in die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) nicht berührt.

(6) In den Fällen des § 19 Abs. 2 sind die Abs. 1, 2 und 4 auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) sinngemäß anzuwenden. Die bei Beendigung der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) bestehende Vertretungsbefugnis bleibt, sofern dem nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen, insoweit und solange aufrecht, als nicht von einem der zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) oder der vertretungsbefugten Person dagegen Widerspruch erhoben wird.

(7) Werden an alle Gesellschafter (Mitglieder) einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dieser ihrer Eigenschaft schriftliche Ausfertigungen einer Abgabenbehörde gerichtet, so gilt der nach Abs. 1 bis 5 für die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) Zustellungsbevollmächtigte auch als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter der Gesellschafter (Mitglieder). Ergehen solche schriftliche Ausfertigungen nach Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, so gilt die nach Abs. 6 vertretungsbefugte Person auch als Zustellungsbevollmächtigter der ehemaligen Gesellschafter (Mitglieder), sofern ein solcher nicht eigens namhaft gemacht wurde. Die Bestimmung des Abs. 6 über die Erhebung eines Widerspruches gilt sinngemäß.

(8) Vertretungsbefugnisse nach den vorstehenden Absätzen bleiben auch für ausgeschiedene Gesellschafter (Mitglieder) von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit hinsichtlich der vor dem Ausscheiden gelegene Zeiträume und Zeitpunkte betreffenden Maßnahmen bestehen, solange dem nicht von Seiten des ausgeschiedenen Gesellschafters (Mitglieds) oder der vertretungsbefugten Person widersprochen wird.

(9) Die Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für Vermögensmassen, die als solche der Besteuerung unterliegen.

§ 20 BAO idgF lautet:

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

3.1.3. Rechtliche Würdigung

Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind die abgabenrechtliche Pflichten einer

Personenvereinigung/Personengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen bzw., wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern/Mitgliedern zu erfüllen. Gemäß § 81 Abs. 2 BAO haben diese, wenn zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht kommen, dafür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen. Die namhaft gemachte Person gilt dann solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Sollte keine Namhaftmachung im Sinne des ersten Satzes erfolgen, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommende Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind davon zu verständigen.

Auf Grund der "kann" Formulierung in § 81 Abs. 2 Satz 2 BAO handelt es sich um eine Ermessensübung der belangten Behörde (siehe dazu Ritz, BAO6 zu § 20 Rz 2), weil solange und soweit eine solche Namhaftmachung eines Vertreters seitens der Miteigentumsgemeinschaft nicht erfolgt, die Abgabenbehörde berechtigt ist, mit Bescheid eine der nach § 81 Abs. 1 BAO in Betracht kommenden Personen als Vertreter zu bestellen, wobei das Wort "kann" im Gesetzestext vielmehr ein bedingtes Müssen im Sinne des Gesetzeszweckes für die Abgabenbehörde bedeutet, um die ihr vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen und auch rechtlich wirksame Bescheide erlassen zu können. Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Ex lege wird die Verpflichtung zur Erfüllung der Pflichten einer Personenvereinigung (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) vorrangig den Personen angelastet, die von der Personenvereinigung hierfür vorgesehen und bestimmt sind, nämlich den von der Personenvereinigung "zur Führung der Geschäfte bestellten Personen" und folgt damit dem Willen der Mitglieder.

Nur wenn nach dieser Regel mehrere Personen in Betracht kommen, so ist aus der Mitte der Mitglieder oder ein gemeinsamer Bevollmächtigter (Drittorgan) der Abgabenbehörde gegen-über als Vertretungsbefugter namhaft zu machen. Es ist aber auch zulässig, dass eine andere Person als der in Betracht kommende Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Das bedeutet, dass ein Spielraum für die Personenvereinigung besteht, jemanden nach ihrem Willen zu bestimmen.

Für die Abgabenbehörde muss jedenfalls die Möglichkeit bestehen, mit der Personenvereinigung wirksam in Verhandlung treten zu können und die Personenvereinigung als solche wirksam verpflichten zu können.

Wird der Abgabenbehörde gegenüber niemand, der die Geschäft führt benannt, bleibt die gesetzliche Verpflichtung aufrecht, der Abgabenbehörde gegenüber einen Vertreter namhaft zu machen. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, es bedarf keiner besonderen Aufforderung seitens der Behörde.

Wird dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen, muss die Abgabenbehörde die Möglichkeit haben, einen Vertreter zu bestellen, da sonst eine weitere Vorgehensweise verunmöglicht würde. Demzufolge regelt § 81 Abs. 2 Satz 2 BAO, dass die Abgabenbehörde nach freiem Ermessen einen Beteiligten herausgreifen und als Vertreter benennen kann. Die Ermessensübung darf aber den offenkundigen Interessen der Mitglieder nicht zuwiderlaufen (s. Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, § 81, S. 800 f).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Grundstücksgemeinschaft, dessen Zusammensetzung der Miteigentümer im Zuge von Verlassenschaftsverfahren entstanden ist.

Miteigentum ist die Teilung des Rechtes an der ungeteilten Sache nach Bruchteilen dergestalt, dass jedem Miteigentümer die gleichen Befugnisse an der Sache zustehen, er aber über seinen Anteil nach Belieben verfügen kann - in diesem Sinn unter Hinweis auf Klang2 II 149 f.

An Liegenschaften entsteht eine Rechtsgemeinschaft iSd § 825 ABGB nicht erst mit Verbücherung der Anteile, sondern schon mit dem außerbücherlichen Erwerb der Liegenschaftsanteile (vgl. Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4 § 825, Rz 14). Das bedeutet, dass mit dem Eigentumserwerb der Liegenschaftsanteile durch mehrere Personen allein auf Grund des Gesetzes (ohne dass es weiterer Schritte bedürfte) eine Gemeinschaft zwischen den Miteigentümern (bezeichnet als "Miteigentümergemeinschaft") begründet wird.

Bei Miteigentum sind nach Maßgabe der §§ 833 ff ABGB alle Beteiligten zusammen im Sinne des Mehrstimmigkeitsprinzips nach Anteilen vertretungsbefugt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 81 Anm 3).

Zur Ermessensübung der belangten Behörde und den Einwendungen des Bf:

Im Beschwerdeverfahren ist die Ermessensübung der Abgabenbehörde voll zu prüfen (siehe Ritz, BAO6 zu § 20 Rz 11). Im Erkenntnis des BFG ist das Ermessen eigenverantwortlich zu üben (so Ritz, BAO6, § 20, Rz 11), wobei grundsätzliche Kriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit dabei zu beachten sind. Auch Verwaltungsökonomie, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung sind als wesentliche Gebote zu beachten (siehe Ritz, BAO6, § 20 Rz 7 und 9).

Die belangte Behörde hat einen österreichischen Rechtsanwalt für die Vertretung gewählt. Es liegt geradezu im Wesen des Ermessens, dass die erfolgende behördliche Lösung eben eine "Entscheidung" und nicht Erkenntnis im logischen Sinn ist (siehe Stoll, Ermessen im Steuerrecht, Wien 2001, Seite 150f mwN zur Rechtsprechung des VwGH). In Hinblick auf beide Kriterien ist die Bestellung des Bf aber als sachliche Wahl zu betrachten, zumal die vorangegangenen Bestellungen sich als nicht geeignet erwiesen haben, mangels Zugang zur EDV und persönlicher wie organisatorischer Überlastung.

Es wurde bereits ausgeführt, dass es im gegenständlichen Verfahren nur deshalb zur Anwendung des Ermessens des § 81 Abs. 2 Satz 2 BAO durch das Finanzamt gekommen ist, weil die gegenständliche Grundstücksgemeinschaft der Verpflichtung nach § 81 Abs. 2 BAO, erster Satz, nicht nachgekommen ist.

Der angefochtene Bescheid wird damit begründet, dass dem Finanzamt gegenüber bisher kein gemeinsamer Vertreter namhaft gemacht worden ist und deshalb die Vertreterbestellung von Amts wegen vorgenommen wurde.

Diese Begründung ist deshalb ausreichend, weil die Bestimmung des § 81 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde nicht verpflichtet, unter den als Vertreter in Frage kommenden Personen einer Miteigentümergemeinschaft eine Eignungsprüfung durchzuführen und diese zu begründen. In diesem Sinn ist die laufende Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (; RV/4100237; ). Demzufolge sprechen Gründe wie private und berufliche Überlastung - wie dies bei den bestellten Personen, die vor dem Bf bestellt wurden der Fall war - grundsätzlich gegen eine Bestellung als Vertreter; die Abgabenbehörde muss aber nicht alle in Frage kommenden Personen nach ihrer Überlastung oder Bereitschaft fragen, es ist nicht Aufgabe der Abgabenbehörde den geeignetsten herauszufinden - siehe dazu Ritz, BAO6 zu § 81 Rz 3a, der in diesem Zusammenhang auch auf die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde sowie die erhöhte Mitwirkungspflicht bzw. die Gelegenheit zur Geltendmachung der rechtlichen Interessen und Rechte der Partei hinweist.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall der Bf von der Abgabenbehörde um Nennung einer anderen Person bzw. Rücksprache mit den anderen Miteigentümern in einem Ergänzungsersuchen ersucht wurde. Es erfolgte jedoch keine Antwort.

Für die Abgabenbehörde muss jedenfalls die Möglichkeit bestehen, mit der Personenvereinigung wirksam in Verhandlung treten zu können und die Personenvereinigung als solche wirksam verpflichten zu können, daher ist es auf Grund der obigen Ausführungen ausreichend, dass die Behörde eine von mehreren in Betracht kommenden Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellt. Voraussetzung für eine solche Bestellung ist lediglich, dass die Miteigentümergemeinschaft ihrer Verpflichtung nach § 81 Abs. 2 BAO, erster Satz, nicht nachgekommen ist.

Eine mangelhafte Begründung der Ermessensentscheidung des Finanzamtes ist nicht erkennbar.

Der Bf weist im gegenständlichen Fall daraufhin, dass es zweckmäßiger gewesen wäre, die Miteigentümer mit den meisten Anteilen, die in Deutschland wohnhaft sind, mit der Vertretung zu bestellen. Diese Argumentation ist sachlich gerechtfertigt, da eine Zustellung nach Deutschland kein Problem darstellen sollte.

Die Sinnhaftigkeit einer "Verständigung" dieser beiden Personen mit Adressierung an die österreichische Finanzverwaltung, die sie also nachweislich nicht erhalten konnten, erschließt sich dem Bundesfinanzgericht nicht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass nur Personen mit Wohnsitz im Inland von der Vertreter Bestellung nach § 81 Abs. 2 letzter Satz BAO zu verständigen sind.

Jedoch ist die Bestellung des Bf als Vertreter sachlich durchaus nicht ungerechtfertigt, zumal es sich bei einem österreichischen Rechtsanwalt um eine rechtskundige Person mit Zugang zu Datenbanken, EDV etc. handelt, für den eine solche Vertretung kein Problem darstellen sollte. Dass der Bf einwendet, über weniger Anteile als die beiden in Deutschland wohnhaften Miteigentümer zu verfügen, ist zwar richtig, aber für die Bestellung als Vertreter kein Ausschlusskriterium, zumal die belangte Behörde nicht verpflichtet ist, eine Eignungsprüfung der in Frage kommenden Personen zu machen. Abgesehen davon, dass ein inländischer Rechtsanwalt, der im Berufsleben steht, mindestens genauso geeignet als in Deutschland ansässige Personen, von denen eine schon im pensionsreifen Alter war, sein sollte.

Sinn und Zweck von § 81 BAO ist es sicherzustellen, dass der Miteigentumsgemeinschaft verfahrenswirksam die Erfüllung ihrer Verpflichtungen wie auch die Wahrnehmung ihrer Befugnisse ermöglicht wird. Zudem wird gewährleistet, dass die Abgabenbehörde stets und in allen Stadien des Lebens dieser Vereinigung mit tauglichen Verfahrenspartnern in Verbindung treten kann, diesen mit Wirkung für die Gesellschaft Pflichten auferlegen und eingeräumte Rechtsansprüche der Gesellschaft gegenüber wirksam erfüllen kann. Diesem verfahrensökonomisch unabdingbaren Interesse trägt § 81 BAO Rechnung (Althuber/ Tanzer/Unger, BAO-HB, § 81, Seite 237 mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar, 797 f).

Die Regelungen des § 81 Abs. 1 bis 8 zielen darauf ab, dass für eine Personenvereinigung/Personengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit nach Möglichkeit eine vertretungsbefugte Kontaktperson zur Abgabenbehörde vorhanden ist, ohne dass dadurch die Beeinträchtigung der Rechte der daran Beteiligten oder beteiligt Gewesenen erfolgt (siehe dazu Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 81 Anm 18).

Diesen Vorgaben wurde seitens der belangten Behörde durch die Bestellung des Bf Rechnung getragen.

Auch hat der Bf die von der belangten Behörde eingeräumte Möglichkeit, eine andere Person als Vertreter zu benennen bzw. Rücksprache mit den anderen Miteigentümern zu halten, nicht wahrgenommen. Wenn der Bf also der Meinung ist, dass andere Personen geeigneter als er selbst wären, wäre es ihm freigestanden, in Abstimmung mit den anderen Miteigentümern eine geeignetere Person namhaft zu machen.

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass das Finanzamt den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gehandelt hat, indem es den Bf, einen Rechtsanwalt mit Sitz im Inland, als geeigneten Vertreter bestellt hat.

Die Suche nach einem möglicherweise bestgeeigneten Vertreter und dessen Namhaftmachung fällt ausschließlich in den Wirkungsbereich der Miteigentumsgemeinschaft und ist es nicht Aufgabe der Abgabenbehörde, im Rahmen eines aufwändigen Ermittlungsverfahrens im Kreis der Miteigentümer danach zu forschen.

Eine Ermessensüberscheitung oder gar ein Ermessensmissbrauch kann bei der Vorgehensweise der belangten Behörde nicht erkannt werden.

Demzufolge war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu, weil es sich im gegenständlichen Fall um eine Ermessensentscheidung der belangten Behörde handelt.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100100.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at