Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.10.2020, RV/7500031/2020

Einwendungen gegen den Titelbescheid in der Beschwerde gegen die Verfügung der Zwangsvollstreckung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Monika Kofler in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid Zahl MA MA-Zahl1 vom betreffend Verfügung der Zwangsvollstreckung wegen Nichtbezahlung einer rechtskräftig mit Strafverfügung vom verhängten Strafe zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisations-recht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, GZ. MA-Zahl1, vom wurde über ***Bf1***, in der Folge kurz mit Bf. bezeichnet, eine Geldstrafe von 60,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden wegen folgender Verwaltungsübertretung verhängt:

Datum/Zeit: , 9:57 Uhr
Ort: 1050 Wien, Wiedner Hauptstraße 112
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: KFZ-Kennz
Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, wobei elektronische Parkscheine mit einer fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Abstellzeit unmittelbar aufeinander folgend aktiviert wurden.

Verwaltungsübertretung(en) nach:

1. § 9 Abs. 2 Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 33/2008, idgF, in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Parkometergesetz 2006, LBGl. für Wien Nr. 9/2006 in der geltenden Fassung.

Zur Zahlungsfrist enthielt die Strafverfügung folgende Aussagen:

"Wenn Sie keinen Einspruch erheben, ist diese Strafverfügung sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft der Strafverfügung entweder zu überweisen oder einzuzahlen. Bitte beachten Sie, dass die Einzahlung nur bei korrekter Angabe der Zahlungsreferenz zugeordnet werden kann.

Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann der Gesamtbetrag eingemahnt werden. Erfolgt dennoch keine Zahlung wird der ausstehende Betrag vollstreckt und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die diesem Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen."

Die Strafverfügung wies in der Rechtsmittelbelehrung darauf hin, dass binnen zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung Einspruch dagegen erhoben werden kann.

Die Strafverfügung wurde von der Bf. am übernommen. Sie brachte innerhalb der zweiwöchigen Frist keinen Einspruch dagegen ein.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - BA 32, zur GZ. MA-Zahl1 wegen Nichtbezahlung der Strafe eine Vollstreckungsverfügung über die Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro und setzte eine Mahngebühr von 5,00 Euro fest, die offene Forderung betrug daher 65,00 Euro.
Der Bescheid sei nunmehr vollstreckbar. Die Bf. wurde aufgefordert, den Gesamtbetrag binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Für den Fall der nicht fristgerechten Bezahlung wurde die Verfügung der Zwangsvollstreckung angekündigt.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde die Bf. auf das Recht hingewiesen, gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben.

Am erhob die Bf. "Einspruch gegen die Vollstreckungsverfügung" und erklärte, sie habe das Fahrzeug nicht gelenkt. Gleichzeitig gab Sie eine Person an, die das Fahrzeug gelenkt habe.

Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, den "Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom ", GZ. MA-Zahl1 als verspätet zurück. In dem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass gegen diesen Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides Beschwerde erhoben werden kann.

Dieser Bescheid wurde von der Bf. am übernommen.

Innerhalb der vierwöchigen Frist brachte die Bf. keine Beschwerde gegen den Bescheid ein.

Mit Bescheid vom , GZ. MA-Zahl1, wurde die Bf. seitens der MA 6 - BA 32 wegen Nichtbezahlung der Strafe gemahnt (I. Mahnung) und die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der offenen Forderung in Höhe von 65,00 verfügt. In diesem Bescheid wurde auf "die mit Schreiben vom , GZ. MA-Zahl1 verhängte rechtskräftige Strafe verwiesen", welche nicht bezahlt worden sei.

Die Bf. wandte sich daraufhin mittels einer E-Mail am an die MA 6 - BA 32, und führte unter dem Betreff: "Einspruch! Bitte um Lenkerauskunft KFZ-Kennz" aus, sie bitte um eine Lenkerauskunft, weil sie mit dem Fahrzeug des Behördlichen Kennzeichens KFZ-Kennz welches auf sie zugelassen sei nicht gefahren sei. Sie habe bereits 3 Strafen bekommen, obwohl nicht sie sondern eine dritte Person das Fzg gelenkt habe. Sie bitte daher um Zusendung des Formulars für eine Bekanntgabe der Lenkerauskunft (siehe Anhang).

Im vorgelegten Akt des Magistrates finden sich nach dieser E-Mail drei erste Seiten von Mahnungen vom bzw. zu folgenden Geschäftszahlen:


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Geschäftszahl
Datum
Strafe
Mahngebühr
MA-Zahl2
€ 60,00
€ 5,00
MA-Zahl3
€ 60,00
€ 5,00
MA-Zahl1
€ 60,00
€ 5,00

Die E-Mail vom wurde seitens des Magistrates als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6 vom zur GZ. MA-Zahl1 gedeutet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Magistratsabteilung 67 die "Beschwerde vom gegen die "Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6 vom ", Zahl MA MA-Zahl1 ab. In der Beschwerdevorentscheidung führte der Magistrat aus, die Beschwerde richte sich ausschließlich gegen die Strafverfügung, also den Titelbescheid. Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig entschieden wurde und die daher im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden könnten, bildeten keinen Grund für die Aufhebung einer Vollstreckungsverfügung. Folglich sei ausgeschlossen, im Zuge des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen vorzubringen, die sich gegen den Titelbescheid richten. Mit der Zustellung sei die Strafverfügung (Titelbescheid) der Bf. gegenüber wirksam geworden.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Bf. das Recht habe, gegen die Beschwerdevorentscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich den Antrag zu stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. am zugestellt.

Die Bf. erhob gegen die Beschwerdevorentscheidung am "Einspruch" und erklärte, sie habe das Fahrzeug nicht gelenkt. Dieser Einspruch wurde als Vorlageantrag gewertet.

Die Beschwerde vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Als angefochtener Bescheid wurde die Strafverfügung vom bezeichnet.

Der Bf. wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der §§ 48 und 49 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) Folgendes vorgehalten:

"Die Sache lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen:

Wegen des fehlenden Parkscheins - wer immer das Fahrzeug an dieser Stelle abgestellt hat - wurde über Sie mit der Strafverfügung vom eine Strafe verhängt. Diese Strafverfügung haben Sie erhalten und die Frist, welche für einen Einspruch offen stand, versäumt. Ein Grund für die Versäumung der Frist ist aus dem Akt nicht ersichtlich.

Da Sie die Strafe nicht bezahlt haben, hat der Magistrat eine Vollstreckungsverfügung erlassen. Der Einspruch, den Sie gegen die erste Vollstreckungsverfügung erhoben haben, wurde als Einspruch gegen die Strafverfügung gewertet und der Einspruch mit Bescheid als verspätet zurückgewiesen. Da Sie gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben haben, ist er in Rechtskraft erwachsen.

Da Sie die Strafe in der Folge weiterhin nicht bezahlten, erfolgte mit Bescheid vom eine I. Mahnung und wurde die Zwangsvollstreckung verfügt. Dagegen haben Sie Beschwerde erhoben, die mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen wurde.

Der Vorlageantrag (von Ihnen ebenfalls als Einspruch bezeichnet), bezieht sich auf die Beschwerde gegen den Bescheid vom , mit welchem die Zwangsvollstreckung verfügt wurde. Ihr Vorbringen in diesem bezieht sich jedoch auf die Strafverfügung, welche im Vorlagebericht des Magistrates an das Bundesfinanzgericht als verfahrensgegenständlicher Bescheid bezeichnet wird.

Rechtlich ist die Sache wie folgt zu werten:

Wie Sie dem oben angeführten § 49 VStG entnehmen können, besteht die Möglichkeit, gegen eine Strafverfügung Einspruch zu erheben. Wird Einspruch erhoben, so ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. In diesem Verfahren können sämtliche Einwendungen des Beschuldigten überprüft werden. Sie hätten also im Einspruch oder oder in einem aufgrund eines rechtzeitig eingebrachten Einspruchs eingeleiteten ordentlichen Verfahren einwenden können, dass Sie das Fahrzeug nicht gelenkt haben.

Da kein rechtzeitiger Einspruch eingebracht wurde, hätte die Strafe bezahlt werden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, hat der Magistrat Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. In diesem Stadium des Verfahrens hätte nur mehr eingewendet werden können, dass die Strafverfügung nicht den gesetzlichen Erfordernissen des § 48 VStG entspricht, dass Sie diese nicht erhalten haben und ein Einspruch daher rechtzeitig wäre oder dass die Strafe bezahlt wurde. Dies ist weder erfolgt noch ist aus dem Akt ersichtlich, dass dieses mit Erfolg eingewendet werden könnte."

Die Bf. wurde ersucht, binnen einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Schreibens des Bundesfinanzgerichtes bekannt zu geben, ob sie die Beschwerde zurücknehme. Wenn sie möchte, könne sie innerhalb dieser Frist auch noch eine Stellungnahme abgeben. Sollte sie keine Stellungnahme abgeben und die Beschwede nicht zurücknehmen, so werde aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

In Reaktion auf dieses Schreiben setzte sich die Bf. mit E-Mail vom mit der Richterin in Verbindung und führte wie folgt aus:

"... ich habe heute Ihr Schreiben bekommen, bzgl meiner Strafverfügung vom .

Auf der letzten Seite des Schreibens steht, dass ich 4 Wochen Zeit habe um Stellung zu nehmen oder die Beschwerde zurück zu ziehen.

Meine Frage ist nun, wenn ich die Beschwerde zurückziehe, was kommt auf mich zu? Wie hoch ist die offene Strafe? Wie ist das weitere Verfahren dann?"

Die Richterin teilte der Bf. per E-Mail Folgendes mit:

"Der Strafbetrag war 60,00 Euro und die Mahngebühr 5,00 Euro. Dabei handelt es sich ausschließlich um die offenen Beträge aus dem hier gegenständlichen Verfahren, soweit sie mir bekannt sind. Zu den anderen Geschäftszahlen ist bei mir kein Verfahren anhängig, ich habe aber in meinem Akt gesehen, dass Sie auch zu zwei weiteren Geschäftszahlen Mahnungen bekommen haben. Wenn Sie es genau wissen wollten, müssten Sie sich mit der Magistratsabteilung 6, BA 32, in Verbindung setzen und dort die Geschäftszahl angeben. Diese Abteilung macht die Buchhaltung und kann Ihnen Auskunft geben. Es ist auch möglich, dieser Stelle eine E-Mail zu senden. Die E-Mail-Adresse habe ich Ihnen unten hineinkopiert."

Die Bf. hat in der Folge keine weitere Stellungnahme abgegeben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Über die Bf. wurde mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom zur GZ. MA-Zahl1 wegen des unter dem Punkt "Verfahrensgang" angeführten Deliktes eine Geldstrafe von 60,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 14 Stunden verhängt.

Die Strafverfügung ist in Rechtskraft erwachsen.

Sämtliche im Akt abgelegten und in der Folge angeführten Bescheide des Magistrates im gegenständlichen Verfahren tragen die oben angeführte Geschäftszahl.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - BA 32 wegen Nichtbezahlung der Strafe eine Vollstreckungsverfügung über die Geldstrafe von 60,00 Euro und eine Mahngebühr in Höhe von 5,00 Euro, insgesamt 65,00 Euro.

Am erhob die Bf. Einspruch gegen diese Vollstreckungsverfügung.

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, ging aufgrund des Vorbringens der Bf. von einem Einspruch gegen die Strafverfügung aus und wies diesen mit Bescheid vom als verspätet zurück.

Auch dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom verfügte der Magistrat der Stadt Wien wegen Nichtbezahlung des Strafbetrages von 60,00 Euro und des Kostenbeitrages (Mahngebühr) in Höhe von 5,00 Euro die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des offenen Betrages von 65,00 Euro.

Die Bf. kontaktierte daraufhin wieder die MA 6 BA 32 mit E-Mail vom unter dem Betreff: Einspruch! Bitte um Lenkerauskunft KFZ-Kennz und führte wie folgt aus:

" ... ich bitte um eine Lenkerauskunft, weil ich mit dem Fahrzeug des Behördlichen Kennzeichens KFZ-Kennz welches auf mich zugelassen ist nicht gefahren bin.
Ich habe bereits 3 Strafen bekommen, obwohl nicht ich sondern eine dritte Person das Fzg gelenkt hat.
Bitte daher um Zusendung des Formulars für eine Bekanntgabe der Lenkerauskunft
(siehe Anhang)".

Im Akt waren die ersten Seiten von drei unter dem Punkt "Verfahrensgang" angeführten
I. Mahnungen abgelegt.

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, betrachtete diese E-Mail der Bf. als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom und wies sie mit Beschwerdevorentscheidung vom ab.

Mit E-Mail vom erhob die Bf. Einspruch gegen die Beschwerdevorentscheidung, und führte aus, sie habe das Fzg nicht gelenkt und bitte um Zusendung einer Lenkererhebung.

Diese E-Mail wurde vom Magistrat als Vorlageantrag betreffend die Beschwerde vom gewertet und die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Vorlagebericht des Magistrates wird als angefochtener Bescheid die Strafverfügung vom angeführt. Dieser Bescheid war der Titelbescheid im Vollstreckungsverfahren.

Die Bf. erstattete kein weiteres Vorbringen und brachte insbesondere weder Zustellungsmängel vor noch dass die Strafverfügung und der Zurückweisungsbescheid nicht an Sie gerichtet gewesen wären oder dass sie die Strafe vor Erlassung des Bescheides, mit dem die Zwangsvollstreckung verfügt wurde, entrichtet hätte.

Ein Einspruch gegen die ursprüngliche Strafverfügung wäre am verspätet gewesen, weil die Strafverfügung vom 2.4.1019 der Bf. bereits am zugestellt wurde und die zweiwöchige Einspruchsfrist im Mai 2019 abgelaufen ist. Der Magistrat hat überdies bereits den ausdrücklich als solchen bezeichneten, am eingebrachten Einspruch gegen die Vollstreckungsverfügung vom als Einspruch gegen die Strafverfügung betrachtet und diesen mit Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen, sodass der Bf. bereits bekannt war, dass die Frist zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung abgelaufen war.

Im Hinblick darauf, dass dem als Beschwerde gewerteten Einspruch vom die erste Seite der des Bescheides vom , mit welchem die Zwangsvollstreckung zur Geschäftszahl MA-Zahl1 verfügt wurde, beigelegt war und auch die Beschwerdevorentscheidung davon ausgegangen ist, dass Beschwerde gegen diese Vollstreckungsverfügung erhoben werden sollte, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass eine Interpretation in diesem Sinne noch am ehesten dem Parteiwillen entspricht und - weil die Bf. den Zurückweisungsbescheid vom akzeptiert hat - keine Notwendigkeit besteht, weitere Einsprüche als verspätet zurückzuweisen.

Der Sachverhalt ist insoweit unstrittig.

Rechtslage:

Gemäß § 5 WAOR entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht.

Gemäß § 54b Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) in der geltenden Fassung (idgF) gilt Folgendes:

"(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist."

Gemäß § 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) geltend folgende Bestimmungen:

(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

Gemäß § 10 VVG gilt Folgendes:

"(1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung."

Der Bescheid, mit welchem die Zwangsvollstreckung verfügt wurde, verweist darauf, dass "die mit dem Schreiben vom , GZ. MA-Zahl1 verhängte rechtskräftige Strafe" bis heute nicht bezahlt worden sei.

Bei dem Schreiben vom handelt es sich um den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung vom als verspätet zurückgewiesen wurde. Die Rechtskraft dieser Strafverfügung, welche den Titelbescheid zu den vorgenommenen Vollstreckungshandlungen darstellt und welche in der Vollstreckungsverfügung vom noch ausdrücklich erwähnt wurde, ist bereits nach Ablauf der Einspruchsfrist eingetreten. Der verspätet eingebrachte Einspruch änderte daran nichts, zumal weder eine Wiedereinsetzung gegen den Ablauf von Fristen noch eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt ist. Warum die Bf. die Einspruchsfrist versäumt hat, ist nicht bekannt, sie hat dazu in keiner der Eingaben aus Anlass des Verfahrens zur Hereinbringung der Strafe irgendwelche Angaben gemacht.

Der Bf. war klar, dass es sich um eine Einbringungsmaßnahme hinsichtlich einer nicht bezahlten Strafe handelte und aufgrund der angeführten Geschäftszahl und der Anführung der Strafverfügung vom im Zurückweisungsbescheid vom musste ihr auch klar sein, um welches Vergehen es sich handelte. Die Bezeichnung des Titelbescheides im Bescheid vom erfolgte daher hinreichend deutlich.

Zu den möglichen Beschwerdegründen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zahl Fe 2016/05/0001, Folgendes ausgeführt:

" 30 Während nach der bis zum Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33, geltenden Rechtslage die Gründe für eine Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung auf den Rahmen des § 10 Abs. 2 VVG idF vor Inkrafttreten dieser Novelle (im Folgenden: § 10 Abs. 2 VVG aF) beschränkt waren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0062, mwN), ist im VVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden, oben angeführten Fassung in Bezug auf Vollstreckungsverfügungen keine Beschränkung der Beschwerdegründe normiert (vgl. zum Ganzen etwa Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1293).

31 Soweit sich eine gegen die bescheidmäßige Anordnung der Ersatzvornahme erhobene Beschwerde auf Gründe stützt, die inhaltlich Berufungsgründe im Sinne § 10 Abs. 2 VVG aF darstellen, kann auf die zu dieser Gesetzesbestimmung ergangene hg. Judikatur zurückgegriffen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/07/0037).

32 Danach ist die Vollstreckung etwa unzulässig (§ 10 Abs. 2 Z 1 VVG aF), wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, wenn ein solcher dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist oder wenn der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0035, mwN). Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn die im Titelbescheid auferlegte Verpflichtung zu unbestimmt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0068, mwN, sowie zum Ganzen Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1294)."

Die Beschwerdeführerin hat gegen den Bescheid, mit dem die Zwangsvollstreckung verfügt wurde, Einspruch erhoben, welcher als Beschwerde gewertet wurde. In dieser hat sie Einwendungen erhoben, die in einem rechtzeitigen Einspruch gegen die Strafverfügung vorzubringen gewesen wären. Der Einspruch vom gegen die Vollstreckungsverfügung vom wurde jedoch bereits als verspäteter Einspruch gegen die Strafverfügung betrachtet und zurückgewiesen. Der Bf. musste daher bekannt sein, dass die Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung bereits abgelaufen war. Sowohl die Strafverfügung als auch der Zurückweisungsbescheid waren an die Bf. gerichtet und wurden ihr ordnungsgemäß zugestellt. Die Bf. hat nicht vorgebracht, dass sie die Strafe und die Mahngebühr bereits vor Verfügung der Zwangsvollstreckung bezahlt hätte.

Das neuerliche Vorbringen der Bf. in der Beschwerde vom , welches sich inhaltlich gegen die an sie ergangene Strafverfügung vom richtet, führt nicht dazu, dass die rechtskräftige Strafverfügung noch einmal zu überprüfen wäre. Der Sinn von Fristen ist, dass neues Vorbringen nicht unbefristet erstattet werden kann. Im Rahmen des Vollstreckungs-verfahrens kann ein rechtskräftiger Titelbescheid nicht mehr bekämpft werden (vgl. ).

Der Beschwerde konnte daher keine Folge gegeben werden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Eine Angelegenheit, die - wie die bekämpften Vollstreckungsverfügung - einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren untrennbar verbunden ist, stellt eine "Verwaltungsstrafsache" i. S. d. § 25a Abs. 4 VwGG dar (vgl. zum Begriff der "Verwaltungs-strafsache" etwa ; u. v. a. oder ). Daher kommt der Revisionsausschluss des § 25 Abs. 4 VwGG zum Tragen.

Eine ordentliche Revision der belangten Behörde war für nicht zulässig zu erklären, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es wird dabei auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Eine solche Rechtsfrage lag nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 54b VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 10 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
Verweise
VwGH, Fe 2016/15/0001
VwGH, 2007/17/0155
VwGH, 2011/02/0150
VfGH, G1393/95
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500031.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at