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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.10.2020, RV/7103363/2020

Erlassung von zweiten Beschwerdevorentscheidungen ist rechtswidrig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch INTER-TREUHAND PRACHNER Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Hauptplatz 7, 3430 Tulln, über den Vorlageantrag vom betreffend die Beschwerdevorentscheidungen vom des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2016, Steuernummer , zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerdevorentscheidungen vom hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2016 werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Umsatzsteuer betreffend die Jahre 2014 bis 2016 wurde mit Bescheiden vom (2014 und 2015) bzw. vom (2016) vorläufig festgesetzt und in der Begründung ausgeführt, der Umfang der Abgabepflicht sei von den Ergebnissen eines noch nicht beendeten Rechtsmittelverfahrens abhängig.

Die fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht und ausgeführt, das Bundesfinanzgericht sei in seiner Entscheidung GZ RV/7100189/2015 den Feststellungen des Finanzamtes zur Umsatzsteuer 2010 - 2018 (richtig: 2013) hinsichtlich des Leistungsortes von Vermittlungsleistungen für Kundenvermittler im Rahmen einer internationalen Einkaufsgemeinschaft für die L-AG Schweiz gefolgt und habe die Vermittlungsleistungen des Beschwerdeführers als im Inland steuerbar und steuerpflichtig angesehen. In der Begründung sei ausgeführt worden, die Kundengewinnung durch den Beschwerdeführer stelle eine Vermittlungsleistung dar, Leistungsempfänger sei die L-GmbH, da diese im eigenen Namen auftrete. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass die Kundenvermittlung an die Holding CH in der Schweiz erfolge, sei davon auszugehen, dass diese Holding für die Bestimmung des Leistungsortes Nichtunternehmer iSd § 3 a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 sei.

Gegen dieses Erkenntnis sei eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden, welche sich auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts GZ RV/2100552/2018 stütze, das in einem ident gelagerten Vermittlungsfall einen Kollegen des Beschwerdeführers betreffend ergangen sei. Darin habe das BFG die operative Tätigkeit der L-AG Schweiz als erwiesen angesehen und auf Unterlagen seitens der Schweizer Steuerbehörde verwiesen.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer niemals Umsatzsteuer ausgewiesen habe bzw. die Gutschriftsabrechnungen der L-AG Schweiz immer ohne (österreichische) Umsatzsteuer erstellt habe. Die Schweizer L-AG oder auch die im Erkenntnis RV/7100189/2015 angeführte Tochtergesellschaft L-GmbH als vermeintliche Leistungsempfängerin habe daher niemals einen spiegelbildlichen Vorsteuerabzug gehabt, sodass die einseitige Vorschreibung von Umsatzsteuer auf Ebene des Beschwerdeführers aus den erhaltenen Nettohonoraren gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie idF RL 2010/45/EU und gegen den Grundsatz der Steuerneutralität innerhalb der Unternehmerkette verstoße. Schon allein deshalb seien die Bescheide rechtswidrig.

Datiert mit ergingen hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2016 neuerliche abweisliche Beschwerdevorentscheidungen, gegen welche mit Schreiben vom ebenfalls ein Vorlageantrag eingebracht wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Gegen die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2016 vom wurde mit Schreiben vom fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht.

In weiterer Folge ergingen irrtümlich neuerlich Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2016, datiert mit , gegen welche wiederum nach mehrmaliger Fristverlängerung mit Schreiben vom ein Vorlageantrag eingebracht wurde.

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Gemäß § 300 Abs. 1 BAO können Abgabenbehörde ab Vorlage der Beschwerde (§ 265 BAO) bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung (§ 264 Abs. 6 BAO) bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht nach § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis abzusprechen. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Wie dem Sachverhalt zu entnehmen ist, hat die Abgabenbehörde die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2016 mit Beschwerdevorentscheidungen vom erledigt. Aufgrund des fristgerecht dagegen eingebrachten Vorlageantrages vom erließ das Finanzamt datiert mit neuerliche Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2016. Der dagegen am eingebrachte Vorlageantrag ist zulässig, da die Beschwerdevorentscheidungen vom nach der Bestimmung des § 300 Abs. 1 BAO zwar rechtswidrig sind, aber dem Rechtsbestand angehören ().

Da die belangte Behörde zu Unrecht hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2016 datiert mit zweite Beschwerdevorentscheidungen erlassen hat, waren diese Beschwerdevorentscheidungen ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Erlassung einer "zweiten" Beschwerdevorentscheidung ist im Gesetz nicht vorgesehen, ergeht dennoch in derselben Sache eine zweite Beschwerdevorentscheidung, so ist diese nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersatzlos aufzuheben. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war zu verneinen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103363.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at