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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2020, RV/7106297/2019

Geschäftsführerhaftung, behauptete Malversationen der steuerlichen Vertretung sowie Feststellungen der Betriebsprüfung betreffen nicht die haftungsgegenständlichen Abgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die SenatsvorsitzendeR-1, die RichterinR-2 sowie die fachkundigen Laienrichter R-3 und R-4 in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Walter Schuhmeister & Mag. Franz Haydn, Bruck-Hainburger Straße 7, 2320 Schwechat, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 18.930,95 herabgesetzt wird:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
07/2011
2.880,18
Umsatzsteuer
08/2011
14.675,35
Körperschaftsteuer
10-12/2011
326,25
Lohnsteuer
2011
717,24
Körperschaftsteuer
01-03/2012
331,93


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 19.804,632 (irrtümlich mit € 19.804,635 bzw. € 24.755,79 angeführt) zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
07/2011
2.880,184
Umsatzsteuer
08/2011
14.675,352
Körperschaftsteuer
10-12/2011
326,256
Lohnsteuer
2011
717,248
Dienstgeberbeitrag
2011
802,336
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2011
71,320
Körperschaftsteuer
01-03/2012
331,936


Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.

Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätten entrichtet werden können.

Der Bf. sei unbestritten Geschäftsführer der Gesellschaft, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre die Pflicht des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe sowohl die Meldung als auch die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. ).

Bei erwiesenen Lohnauszahlungen bestehe für den Geschäftsführer unter Hinweis auf die zitierte Gesetzesstelle und die §§ 41 und 43 FLAG sowie auf Grund der Tatsache, dass dieser durch die handelsrechtlich verankerte Sekundärhaftung Arbeitgeberfunktion ausübe, die Verpflichtung, zur Entrichtung aller anfallenden Lohnabgaben (Dienstgeberbeitrag). Dies gelte auch für den gemäß § 57 Handelskammergesetz zu bemessenden Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Für 07/2011 und 08/2011 sei die Umsatzsteuer von ihm selbst bemessen, jedoch nicht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang werde auch auf die Bestimmung des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstreckten. Ebenso seien Zwangs- und Ordnungsstrafen im Wege der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für die aushaftende Körperschaftsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Nach § 80 Abs. 1 BAO habe der Vertreter einer juristischen Person alle Pflichten zu erfüllen, die der juristischen Person oblägen. Gemäß § 4 Abs. 1 KStG seien juristische Personen des privaten Rechts ab jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtsgrundlage wie Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Stiftungsbrief festgestellt sei und sie erstmalig nach außen in Erscheinung trete. Gemäß § 4 Abs. 2 KStG seien sie bis zu jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtspersönlichkeit untergehe, jedenfalls bis zu jenem Zeitpunkt, in dem das gesamte Vermögen auf andere übergegangen sei. Gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988, in der Fassung nach dem VfGH-Erkenntnis vom (G 441,442/97 ua), sei bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in der Höhe von 5% eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals (§ 35.000,00 für Gesellschaften mit beschränkter Haftung) zu entrichten. Die festgesetzten Vorauszahlungen seien gemäß § 45 Abs. 2 EStG 1988 iVm § 24 Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 Z 1 KStG 1988 mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig. Die juristische Person privaten Rechts habe die Körperschaftsvorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Die Körperschaftsteuervorauszahlungen 10-12/2011 und 01-03/2012 seien nicht entrichtet worden.

Da der Bf. also seinen Verpflichtungen schuldhaft nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (€ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei.

Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdränge, sei die Abgabenbehörde veranlasst gewesen, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.

Dem Sanierungsverfahren sei Rechnung getragen worden, indem nur 80% der fälligen Abgabenschuld zur Haftung herangezogen worden seien.

Beilagen:
Haftungsbescheid Lohnsteuer 2011
Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2011
Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 2011

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass die belangte Behörde dem gegenständlichen Bescheid einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Ihm sei keine schuldhafte Pflichtverletzung, die die Uneinbringlichkeit der Abgaben verursacht habe, nachzuweisen.

Der Bf. stelle daher den Beschwerdeantrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Weiters stelle er an das Finanzamt die Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Beschwerdesenat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.

Begründung:

Bei der Gesellschaft hätte mit Erfolg Exekution geführt werden können.

Die Umsatzsteuerzahllasten für Juli und August 2011 seien im September bzw. Oktober 2011 fällig und zu entrichten gewesen. Das Finanzamt habe aber wie aus dem Abgabenkonto ersichtlich nur Säumniszuschläge vorgeschrieben. Eintreibungsmaßnahmen seien erst nach verhältnismäßig langem Zuwarten Ende März 2012 gesetzt worden. Weitere Eintreibungen bis zur Konkurseröffnung im September 2012 hätten nicht mehr stattgefunden.

Wie aus dem beiliegenden Sachkontendruck 2011 und 2012 ersichtlich, hätten wahrscheinlich auch (zumindest teilweise im Rahmen der Gläubigergleichberechtigung) die Steuerschulden im Rahmen der Ausnützung der Kreditlinien beglichen werden können. Überdies hätten die zeitgerechten Exekutionen durch die Finanzbehörde wahrscheinlich sogar eine frühere Insolvenz herbeigeführt. Ob nun auch ein Mitverschulden der Finanzbehörden vorliege, könnte ergänzend untersucht und hierzu Stellung genommen werden.

Sollte die Finanzbehörde aber feststellen, dass dies nicht zutreffe, könne dies wiederum nur dahingehend begründet werden, dass bereits bei Fälligkeit der Steuerzahlungen keine Mittel vorhanden gewesen seien (Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung). Also habe der Bf. auch keine Möglichkeit gehabt, im Rahmen des Verbots der Gläubigerbevorrechtigung die Steuerschulden zu begleichen.

Als Konsequenz könne festgehalten werden, dass die Voraussetzungen für die persönliche Inanspruchnahme des Bf. durch die Abgabenbehörde durch eine schuldhafte Pflichtverletzung, die die Uneinbringlichkeit der Abgaben verursacht habe, nicht vorgelegen seien.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt:

Hinsichtlich der Haftung für aushaftende Lohnsteuer für den Zeitraum 2011 sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre daher Sache des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe die fälligen Lohnsteuerbeträge dem Finanzamt gemeldet, eine Abfuhr jedoch unterlassen.

Es werde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. ).

Bei erwiesenen Lohnauszahlungen bestehe für den Geschäftsführer unter Hinweis auf die zitierte Gesetzesstelle und die §§ 41 und 43 FLAG sowie auf Grund der Tatsache, dass dieser durch die handelsrechtlich verankerte Sekundärhaftung Arbeitgeberfunktion ausübe, die Verpflichtung zur Entrichtung aller anfallenden Lohnabgaben (Dienstgeberbeitrag). Dies gelte auch für den gemäß § 57 Handelskammergesetz zu bemessenden Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Es seien nur jene Lohnabgaben angesetzt worden, welche laut der Vorhaltsbeantwortung vom Nachforderungen für tatsächlich ausgezahlte Gehälter gewesen seien.

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet worden seien, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. ; , 85/17/0035; , 87/14/0148).

Im Haftungsverfahren sei es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Habe der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mitteln der Gesellschaft Sorge zu tragen, so habe die Abgabenbehörde auch davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei. Nicht die Abgabenbehörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Widrigenfalls hafte der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze ().

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei, ob den Vertreter eine Pflicht zur Abgabenentrichtung getroffen habe, bestimme sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre. Dies sei der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt werde. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (zB Körperschaftssteuer) sei die erstmalige Festsetzung maßgebend.

Die der Beschwerde beigefügten Kontoauszüge reichten als Nachweis für eine Gläubigergleichbehandlung nicht aus.

Der Vorwurf, dass das Finanzamt bis zur Insolvenzeröffnung keine bzw. erst verspätete Eintreibungsmaßnahmen gesetzt habe, treffe nicht zu. Am sei ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden, welches am abgewiesen worden sei. Am sei eine Zahlungsaufforderung versendet worden. Am sei eine Begehung durch einen Außendienstmitarbeiter erfolgt usw.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass eine Gläubigerbevorzugung von ihm nicht durchgeführt worden sei, sondern sei erst im Rahmen des Insolvenzverfahrens überhaupt erkannt worden, dass eine unrichtige § 19a Umsatzsteuergesetzberechnung durchgeführt worden sei. Die Steuerberaterin, die für die GmbH die Buchhaltung gemacht und auch die Buchung der einzelnen Belege durchgeführt habe, habe diesen Fehler schuldhaft rechtswidrig begangen. Aufgrund der allerdings vereinbarten, dem Einschreiter nicht mehr bekannten, Verjährungsbestimmungen von sechs Monaten sei der Klage der Gesellschaft und des Bf. gegen die Steuerberaterin P-1 wegen Verjährung nicht Folge gegeben worden. Ungeachtet dessen könnte das Finanzamt aufgrund des schuldhaft rechtswidrigen Verhaltens der Steuerberaterin P-1 auch unmittelbar gegen diese vorgehen und von dieser die Steuern begehren.

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Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und wies ergänzend darauf hin, dass die im Haftungsbescheid enthaltenen Umsatzsteuern 07/2011 und 08/2011 keine Bauleistungen umfasst hätten, solche seien zuletzt 03/2011 und 04/2011 erklärt worden.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. um Konkretisierung seines Einwandes, dass eine unrichtige § 19 Abs. 1a UStG - Berechnung erfolgt sei, und Erbringung von Nachweisen (Vorlage aller Rechnungen, etc.), weshalb die Berechnung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche und in welcher Höhe die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern bei ordnungsgemäßer Berechnung gemeldet und entrichtet hätten werden sollen.

Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Primärschuldnerin als Generalunternehmerin im Vertrieb von Fertigteilhäusern laut Betriebsprüfungsbericht vom Subunternehmen (Baumeister, Elektriker, etc.) beauftragt habe, weshalb diese nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 19 Abs. 1a UStG als Leistungsempfängerin auch Schuldnerin der sich daraus ergebenden Umsatzsteuern gewesen sei.

Darüber hinaus sei die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen durch die am erfolgte Veranlagung der Umsatzsteuer 2011 (erklärungsgemäß im Hinblick auf die gemeldeten Vorauszahlungen) sowie die Beschwerdevorentscheidung vom bescheidmäßig bestätigt worden.

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Mit Schreiben vom gab der Bf. bekannt, dass ihn kein Verschulden und auch keine Fahrlässigkeit an der Falschberechnung der Steuern treffe.

Er habe als Geschäftsführer der G-1 die Steuerberatungskanzlei P-1 mit der Vertretung in sämtlichen steuerlichen Belangen beauftragt. Von Frau P-1 seien nicht nur der Jahresabschluss zu erstellen und die Buchungen durchzuführen gewesen, sondern habe es auch zu ihrem Aufgabenkreis gezählt, dass von ihr die einzelnen Rechnungen kodiert und gebucht worden seien.

Frau P-1 sei eine Steuerberaterin und sohin in Steuerangelegenheiten eine Sachverständige im Sinne des § 1299 ABGB. Der Bf. habe daher darauf vertrauen können und müssen, dass sie sämtliche steuerrechtlichen Angelegenheiten gewissenhaft und mit der notwendigen Fachkenntnis erfülle.

Dem Bf. sei natürlich nicht bekannt gewesen, dass sie untauglich gewesen wäre, andernfalls er sie nicht beauftragt hätte, und sei eine taugliche und zu diesem Zwecke auch geeignete Person vom Bf. Geschäftsführer der GmbH für deren sämtliche steuerrechtliche Belange der bestellt worden.

Wie sich im Zuge des Insolvenzverfahrens jedoch leider habe herausstellen müssen, habe Frau P-1 ihre Leistungen grob mangelhaft erbracht, was schließlich darin gemündet habe, dass die GmbH und der Bf. am am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Klage gegen sie wegen mangelhafter Leistungserbringung im Zuge der steuerrechtlichen Aufgaben eingebracht habe. Diese Klage werde dieser Stellungnahme angeschlossen. Mit dieser Klage seien genau die Ansprüche geltend gemacht worden, die nunmehr auch noch relevant seien und für die der Bf. gemäß § 9 BAO haftbar gemacht worden sei.

Mit dem beigelegten Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom sei die Klage wegen Verjährung abgewiesen worden, da Frau P-1 in ihrem mit der Gesellschaft geschlossen Vertrag die Anwendbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Wirtschaftstreuhänder, in denen eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche aus Vertragsverletzung auf sechs Monate beschränkt worden sei, vereinbart habe.

Dies ändere jedoch nichts daran, dass eine Haftung von Frau P-1 gegenüber der Abgabenbehörde bestehe, da gemäß § 9 Abs. 2 auch die Wirtschaftstreuhänder wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen hätten, hafteten.

Den Bf. treffe daher tatsächlich überhaupt kein Verschulden und wiederhole dieser seinen Antrag auf ersatzlose Behebung des Haftungsbescheides.

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In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung wurde ausgeführt:

Die Berichterstatterin verwies darauf, dass sie im Zusammenhang mit dem am gestrigen Tag eingelangten Schriftsatz nochmals den BP-Bericht vom durchgesehen habe. Dem Vertreter wurde eine Kopie des BP-Berichtes ausgehändigt.

Auf Vorhalt, dass im BP-Bericht keine Berichtigungen bzw. Beanstandungen zu dem im Haftungsbescheid erfassten Zeiträume 07 und 08/2011 enthalten seien:

"Vertreter: Wir haben in der Folge festgestellt, dass die Steuerberaterin bei Aufarbeitung der Unterlagen massive Fehler begangen hat und haben ein Klagsverfahren gegen sie geführt. Ich verweise dazu auf die gestern übermittelten Unterlagen. In diesem Verfahren hat sich herausgestellt, dass eine Geltendmachung bereits verjährt gewesen ist.

Mein Mandant hat sich einer erfahrenen Steuerberaterin bedient, daher konnte er darauf vertrauen, dass die Meldungen richtig sein werden. Er hat zunächst auch die Abgaben bezahlt, dann ging es sich nicht mehr aus. Die Versicherung der Steuerberaterin hat dem Masseverwalter zunächst € 40.000,00 angeboten. Dieser schien zu wenig, daher wurde der Klagsweg beschritten.

Amtsbeauftragter: Die Verjährung spielt in diesem Verfahren keine Bedeutung, dies weil im Haftungsverfahren keine Beträge erfasst sind, die Gegenstand des Verfahrens gegen die Steuerberaterin gewesen sind.

Vertreter: Es war auch ein Feststellungsbegehren sämtlicher bisher nicht bekannter Verfehlungen der Steuerberaterin im Klagsbegehren enthalten. Somit hätte dies auch Auswirkungen haben können. Der Haftungsbescheid wurde auch als Grund für das Feststellungsverfahren genannt.

Mit dem Schadenersatz hätte die Sanierungsquote der Gesellschaft im Konkursverfahren bedient werden sollen.

Amtsbeauftragter: Es ist unangemessen, dass erst gestern eine Stellungnahme zu einem Vorfall aus dem Jahr 2016 eingebracht wurde.

Vertreter: Derzeit bestehe ein enormer personeller Engpass in der Kanzlei. Die Zustellung eines Vorhaltes im Frühjahr dieses Jahres ist mir (offensichtlich coronabedingt) nicht zugekommen, weshalb ich erst am Freitag letzter Woche Akteneinsicht nehmen konnte.

Amtsbeauftragter: Ich verweise auf die vorgelegten Unterlagen, explizit auf Seite 9 der Klage (Seite 8 des Urteils), auf das Vorbringen der Steuerberaterin in diesem Verfahren.

Vertreter: Ich verweise darauf, dass in einer Klage selbstverständlich ein Anspruch und ein Haftungsausschluss des Geschäftsführers als unwahrscheinlich darzustellen ist, damit ein Anspruch auf ein Feststellungsbegehren besteht.

Dem Vertreter werden die fehlenden Seiten des BP-Berichtes (2, 4, 6, 8) ausgehändigt.

Vertreter: Keine Ergänzungen dazu."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff ezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in Höhe von 80% der bei der Gesellschaft aushaftenden Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 der Sanierungsplan im über das Vermögen der G-1 am D-2 eröffneten Insolvenzverfahren mit einer Quote von 20%, die bereits im Haftungsbescheid berücksichtigt wurde, bestätigt.

Nach Abschluss eines Sanierungsverfahrens ist - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - anzunehmen, dass der in der Sanierungsplanquote nicht mehr Deckung findende Teil der Abgabenforderung (diesfalls 80% der ursprünglichen Insolvenzforderungen) uneinbringlich sein wird. Eine rechtskräftige Bestätigung eines Sanierungsplanes des Primärschuldners steht der Geltendmachung der Haftung nach den §§ 80 ff BAO auch für die die Sanierungsplanquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegen (vgl. ).

Hinzu kommt, dass die Gesellschaft bereits am D-3 infolge Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht wurde.

Abgabenanspruch

Der festgesetzte Abgabenbetrag oder die Summe der in einem Bescheid festgesetzten Abgabenbeträge ist gemäß § 204 Abs. 1 BAO auf volle Cent abzurunden oder aufzurunden. Hierbei sind Beträge unter 0,5 Cent abzurunden, Beträge ab 0,5 Cent aufzurunden.

Gemäß § 204 Abs. 2 BAO gilt für die Selbstberechnung von Abgaben (§ 201) Abs. 1 sinngemäß.

Diese Sanierungsquote wurde zwar im Haftungsbescheid bereits berücksichtigt, allerdings wurden dabei die Rundungsbestimmungen des § 204 Abs. 1 und 2 BAO auf volle Cent nicht beachtet, was nunmehr richtigzustellen war, wobei eine Aufrundung nicht erfolgen konnte, da über die im Haftungsbescheid angeführten Beträge nicht hinausgegangen werden darf, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Bundesfinanzgericht seine Befugnis, in der Sache zu entscheiden (§ 279 Abs. 1 BAO), überschreiten würde, wenn es einen seiner Ansicht nach höheren zutreffenden Haftungsbetrag ausspräche als die Abgabenbehörde ():


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
07/2011
2.880,18
Umsatzsteuer
08/2011
14.675,35
Körperschaftsteuer
10-12/2011
326,25
Lohnsteuer
2011
717,24
Dienstgeberbeitrag
2011
802,33
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2011
71,32
Körperschaftsteuer
01-03/2012
331,93
gesamt
19.804,60


Stellung als Vertreter

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-4 bis D-2 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) sowie vom D-1 (Konkursaufhebung) bis D-3 (Löschung im Firmenbuch) Geschäftsführer bzw. Liquidator der genannten GmbH war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Somit oblag dem Bf. in den genannten Zeiträumen die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994 wird bei Bauleistungen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Erfolgt dies zu Unrecht, so schuldet auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer. Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen.

Aus dem Einwand, dass durch die ehemalige Steuerberaterin eine unrichtige Berechnung der Umsatzsteuer iSd § 19 Abs. 1a UStG erfolgt sei, lässt sich nichts gewinnen, weil die Primärschuldnerin als Generalunternehmerin im Vertrieb von Fertigteilhäusern laut Betriebsprüfungsbericht vom Subunternehmen (Baumeister, Elektriker, etc.) beauftragte und damit gemäß der genannten Bestimmung als Leistungsempfängerin auch Schuldnerin der sich daraus ergebenden Umsatzsteuern war.

Außerdem wurde die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen durch die am erfolgte Veranlagung der Umsatzsteuer 2011 (erklärungsgemäß im Hinblick auf die gemeldeten Vorauszahlungen) sowie abweisender Beschwerdevorentscheidung vom bescheidmäßig bestätigt.

Darüber hinaus teilte das Finanzamt mit, dass die im Haftungsbescheid enthaltenen Umsatzsteuern 07/2011 und 08/2011 gar keine Bauleistungen umfasst hätten, solche seien zuletzt 03/2011 und 04/2011 erklärt worden.

Dazu wird festgestellt, dass im Zuge einer Betriebsprüfung vom , Tz 2, unberechtigte Vorsteuerabzüge wegen erfolgter Bauleistungen beanstandet wurden. Diese Prüfungsfeststellungen betrafen allerdings nur die nicht im Haftungsbescheid enthaltenen Umsatzsteuern 2009 und 2010 und hatten somit keine Auswirkung auf die gemeldeten und nicht entrichteten Umsatzsteuern 07/2011 und 08/2011.

Somit geht auch mangels Übereinstimmung der Prüfungsfeststellungen mit den im Haftungsverfahren geltend gemachten offenen Abgabenschuldigkeiten für nachfolgende Zeiträume die Argumentation des Bf. hinsichtlich der behaupteten Malversationen der früheren Steuerberaterin ins Leere.

Eine zahlenmäßige Konkretisierung, dass die Umsatzsteuerzahllasten 7/2011 und 8/2011 lediglich in einer zahlenmäßig bestimmten niedrigeren Höhe zu entrichten gewesen wären, ist nicht erfolgt.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, dass ihm bereits im Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden seien.

Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich jedoch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, zumal aus den eingereichten Bilanzen zum , 2011 und 2012 liquide Mittel in Form von Bargeld und Bankguthaben hervorgehen.

Darüber hinaus wäre es ohne liquide Mittel auch nicht zum Abschluss des Sanierungsplanes vom D-1 mit Zahlung einer Quote von 20% gekommen.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich ein Mitverschulden der Abgabenbehörde einwendet, weil die offenen Beträge bei entsprechender Setzung von Einbringungsmaßnahmen problemlos hätten einbringlich gemacht werden können, räumt er damit selbst ein, dass Mittel zu der von ihm unterlassenen Abgabenentrichtung zur Verfügung gestanden wären ().

Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bf. zu behaupten und zu beweisen gewesen.

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Allerdings war nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer) für die lohnabhängigen Abgaben DB und DZ nicht zulässig.

Der Bf. wurde mit der Nennung einer Jahreszahl nicht in die Lage versetzt, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen ().

Die undeterminierte Bezeichnung, ohne Nennung der Monate für die bei Fälligkeit Abgaben nicht entrichtet wurden, ist wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig.

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten jedoch Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat, weshalb auch keine Aufgliederung für die Möglichkeit der Erstellung einer Gleichbehandlungsberechnung erfolgen musste.

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Zum Einwand des Bf., dass ein Mitverschulden der Behörde wegen unterbliebener Einbringungsmaßnahmen vorliege, ist auf die in der Beschwerdevorentscheidung aufgelisteten Vollstreckungsschritte hinzuweisen.

Darüber hinaus zeigt der Bf. damit einen Ermessensfehler der belangten Behörde nicht auf, dass er der Abgabenbehörde vorwirft, trotz einer möglichen Einbringung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Einbringungsschritte gesetzt zu haben. Bei den in Rede stehenden Abgaben handelt es sich überwiegend um Selbstbemessungsabgaben, welche ohne Zutun der Behörde zu entrichten gewesen wären ().

Zum Vorwurf des Bf., dass der Steuerberaterin Berechnungsfehler unterlaufen seien, wird darauf hingewiesen, dass eine Haftungsinanspruchnahme von berufsmäßigen Parteienvertretern nach § 9 Abs. 2 BAO nur dann erfolgen kann, wenn im Disziplinarverfahren der Standesvertretung festgestellte Verletzungen von Berufspflichten vorliegen.

Vom Bf. wurden somit keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 18.930,95 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 204 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 204 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106297.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at