Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages um Aussetzung der Einhebung
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0012. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/6100122/2023 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** über die Beschwerde des ***Bf1***, vertreten durch, ***1***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch ***2***, vom , betreffend die Abweisung eines Antrages um Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Aussetzung der Einhebung von € 492.179,-- (siehe Aufgliederung im Antrag vom ) bewilligt wird.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Anbringen vom stellte der Beschwerdeführer (Bf) ***Bf1*** durch seinen ausgewiesenen Vertreter (im Zuge des Vorlageantrages betreffend die nachstehend angeführten Bescheide) den Antrag die Einhebung der Kapitalertragsteuern für die Jahre 2006-2009 im Betrag von zusammen € 492.179,-- bis zur Erledigung der gegen die Kapitalertragssteuerbescheide dieser Jahre erhobenen Beschwerde auszusetzen.
Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Finanzamtes (FA) Salzburg-Stadt vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde auf die Entscheidung des BFG zu RV/6100456/2011 verwiesen, mit der die von der Abgabenbehörde festgestellten verdeckten Ausschüttungen zu Recht erkannt wurden. Die damit zusammenhängenden gegen die Haftungspflichtige (Fa. ***3***; kurz GmbH) ergangenen Haftungsbescheide seien nur im Zuge des Ermessens wegen Vermögenslosigkeit der GmbH aufgehoben worden. Damit war die Kapitalertragsteuer dem Steuerschuldner direkt vorzuschreiben.
Die Beschwerde erscheine daher wenig erfolgversprechend zu sein, weshalb die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen wäre.
Im Zuge der Betriebsprüfung bei der GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Bf ist, sei festgestellt worden, dass die Buchhaltungsunterlagen bereits mehrmals nicht ordnungsgemäß vorgelegt werden konnten. Weiters seien wiederholt Zahlungsflüsse aufgrund von gefälschten Rechnungen und Scheinrechnungen festgestellt worden, bzw. sollen Zahlungen an Firmen geleistet worden sein, die jedes Mal kurz nach der Barzahlung durch den Bf in Konkurs gingen und somit der tatsächliche Zahlungsfluss nicht mehr nachvollzogen werden konnte. Durch die Nichtanerkennung dieser Geschäftsfälle hätten sich erhebliche Abgabenrückstände ergeben, die bisher nicht beglichen worden sind. Die GmbH, vertreten durch den Bf, habe vielmehr eine Konkurs beantragt um den Zahlungsverpflichtungen zu entgehen.
Auch seien die Abgabenschulden aus der Einkommensteuer des Bf aus den Jahren 2010 -2012 noch nicht beglichen.
Durch das Verhalten auch als Gesellschafter Geschäftsführer habe der Bf jedenfalls ein Verhalten gesetzt, dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuld aus der Kest, die aufgrund der rechtmäßig festgestellten verdeckten Ausschüttung herrühre, gefährde.
Dagegen richtet sich die durch den Vertreter des Bf mit Anbringen vom eingebrachte Beschwerde.
Die Abweisung entspreche nicht dem Gesetz, die Voraussetzung für die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO lägen vor.
Von einer wenig erfolgversprechenden Beschwerde könne keine Rede sein.
In der Bescheidbeschwerde vom wurde u.a. Verjährung der geltend gemachten Abgabenansprüche eingewandt. Die Ausführungen des Finanzamtes des Nichtvorliegens der Verjährung ergäben sich ausschließlich und unsubstantiiert aus der Annahme, dass der Bf wusste, dass diese Zahlungen an die in den Scheinrechnungen angeführten Rechnungsaussteller erfolgten und werde alleine damit die vom Bf immer, seit mittlerweile mehr als acht Jahren gegebene Erklärung vom Tisch zu wischen versucht.
Damit könne aber von der Erfüllung des in § 212a Abs. 2 lit. a BAO genannten Abweisungstatbestandes nicht gesprochen werden.
Ebenso sei sein Verhalten keineswegs auf Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtet. Diesbezüglich verweise er auf ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) und des Bundesfinanzgerichtes (BFG), wonach ein solches Verhalten wohl nur dann vorliegen würde, wenn Vermögen oder Vermögensbestandteile beiseite geschafft oder an Dritte übertragen wurden.
Davon könne keine Rede sein, zumal er ein derartiges Verhalten nicht gesetzt habe, was in der Bescheidbegründung nicht einmal erwähnt werde.
Das BFG möge die beantragte Aussetzung der Kapitalertragsteuern 2006-2009 im Betrag von zusammen € 492.179 bewilligen.
Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des FA vom als unbegründet abgewiesen.
Vorweg wurde ausgeführt, dass mit Bescheiden vom dem Bf als Gesellschafter und Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 hinsichtlich der im BFG-Verfahren RV/6100456/2011, (Erg. für die) GmbH festgestellten verdeckten Ausschüttungen vorgeschrieben wurden.
Weiters wurde das Vorbringen gemäß dem abweisenden Bescheid wiederholt, sodass auf die festgestellten verdeckten Ausschüttungen lt. BFG Entscheidung und die damit im Zusammenhang getroffene Ermessensentscheidung samt Direktvorschreibung verwiesen wurde.
Hätte der Gesellschafter Geschäftsführer über den durch das BFG festgestellten tatsächlichen Sachverhalt nichts gewusst, hätte das BFG von keiner verdeckten Ausschüttung ausgehen können, da der subjektive Tatbestand gefehlt hätte.
Somit sei hinsichtlich der Vorschreibung der Kapitalertragsteuer von hinterzogenen Abgaben auszugehen und die zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden.
Auf die Ausführungen zu dem auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichteten Verhaltens des Bf, welches mit den Ausführungen im Abweisungsbescheid (ergänzt durch Zahlenangaben) im wesentlichen wortgleich wiedergegeben wurde, wird verwiesen.
Ergänzend wurde vorgebracht, dass es bei einer Firma die im Einflussbereich des Bf stehe aufgrund einer Betriebsprüfungen erhebliche Steuernachforderungen festgestellt worden seien. Die Feststellungen seien wieder aufgrund von nicht nachvollziehbaren Rechnungen und Barzahlungen erfolgt.
Aus dem bisherigen Gesamtverhalten der Bf sei jedenfalls von einer objektiven Gefährdungseignung auszugehen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom in dem eine mündliche Senatsentscheidung beantragt wurde.
Eine weitere Begründung erfolgte nicht.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde das gegenständliche Verfahren am dem nunmehr zur Erledigung zuständigen Richter übertragen.
Mit Vorhalt des wurde der Bf aufgefordert seine seit mittlerweile mehr als acht Jahren abgegebene Erklärung (welche vom Tisch zu wischen versucht werde) darzulegen bzw. ob diese nachwievor aufrechterhalten wird.
Dieser Vorhalt des BFG blieb unbeantwortet.
Mit Anbringen vom wurde der Antrag auf Senatsentscheidung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Rechtslage und Erwägungen
§ 212a Abs. 1 BAO lautet:
Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint und ob das Verhalten des Bf auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist.
Die Beschwerde richtet sich betreffend "wenig erfolgversprechend" auf den Einwand der Verjährung, da zu Unrecht von hinterzogenen Abgaben ausgegangen werde.
Dazu ist voranzustellen, dass gemäß § 207 Abs. 2 BAO die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre beträgt. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen (vgl. ).
Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage, welcher von der Abgabenbehörde festzustellen ist. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl. , bzw. vom , Ra 2019/13/0091). Dabei ist vor allem darauf Bedacht zu nehmen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht.
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Diesen Anforderungen wird das Finanzamt nicht gerecht, wenn es lediglich ausführt, dass die wegen Kapitalertragsteuer gegen die GmbH ergangen Haftungsbescheid nur im Zuge des Ermessens wegen Vermögenslosigkeit derselben aufgehoben wurden und die Kapitalertragsteuer dem Steuerschuldner direkt vorzuschreiben war.
Dazu ist festzustellen, dass es bei der Abgabenfestsetzung der Kest gegenüber der GmbH nicht auf ein Verschulden ankommt.
Der in der BVE dazu ergänzte Vorwurf, dass aufgrund des festgestellten Sachverhaltes nur aufgrund des Wissens des Bf darüber von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen werden konnte, stellt ebenfalls keine konkreten eindeutigen Feststellung für eine Abgabenhinterziehung dar.
Daran ändern auch Ausführungen (die weiters nicht näher konkretisiert wurden), wonach Unterlagen bereits mehrmals nicht ordnungsgemäß vorgelegt worden seien, Zahlungsflüsse aufgrund gefälschter Rechnungen und Scheinrechnungen vorliegen sollen, wobei Barzahlungen jeweils an kurz darauf in Konkursgegangen Firmen erfolgt seien und daher nicht mehr nachvollziehbar seien, nichts (Anmerkung: wobei dieses Vorbringen ohnedies nur zum Vorwurf des gefährdenden Verhaltens - siehe in der BVE - gemacht wurde).
Festzustellen ist auch, dass eine Kest-Vorschreibung für das Jahr 2009 gegenüber der GmbH nicht erfolgte, sodass eine Abgabenhinterziehung allein aus dieser vorangegangen Entscheidung nicht ableitbar ist.
Eine Gleichstellung einer verdeckten Gewinnausschüttung mit einer Abgabenhinterziehung ist daher ohne konkrete Feststellungen dazu nicht möglich.
Die Beschwerde ist daher in Hinsicht auf den Einwand der Verjährung im Zusammenhang mit hinterzogenen Abgaben, nicht als wenig erfolgversprechend anzusehen.
Zum Punkt des auf eine Gefährdung der Einbringung gerichteten Verhaltens ist dem Bf zu folgen, wenn dieser ausführt, dass nach ständiger Rechtsprechung (Erg. und Kommentarmeinungen) ein solches nur dann vorliegen kann, wenn Vermögen oder Vermögensbestandteile beiseitegeschafft oder an Dritte (Erg. oder nahe Angehörige) übertragen werden.
Derartiges wird vom Finanzamt jedoch nicht vorgebracht, bzw. ist auch aus dem Akteninhalt (siehe elektronischer Akte) nicht zu entnehmen.
Das Vorbringen, wonach der Bf selbst Abgabenschulden in Höhe von ca.
€ 135.000,-- hat (ohne die gegenständlichen Abgabenschulden), weist zwar auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit, nicht jedoch auf ein auf eine Gefährdung gerichtetes Verhalten des Bf hin.
Die Ausführung zum Verhalten des Bf als Gesellschafter/Geschäftsführer, wonach es bei GesmbH`s zu erheblichen Abgabenrückständen gekommen ist (siehe auch die oben angeführten Mängel; fehlende Aufzeichnungen, Scheinrechnungen, Barzahlungen usw.), der Bf den Konkurs beantragt hat, bzw. bei einer weiteren GmbH erhebliche Nachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung festgestellt worden seien, geht schon deshalb ins Leere, da es sich um andere Steuersubjekte, mit eigener Rechtspersönlichkeit, handelt.
Ein Vermögensverschiebung, wie zum Beispiel der Verkauf von Mitunternehmeranteilen oder GmbH-Anteilen (siehe zB. im Kommentar "Ritz" BAO), wird damit nicht aufgezeigt.
Ein auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtetes Verhalten des Bf im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. c BAO wurde seitens des Finanzamt somit nicht nachgewiesen und ist daher nicht als gegeben anzunehmen.
Der Beschwerde kommt somit Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Revision ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (da durch die Rechtsprechung des VwGH -siehe auch Kommentarmeinungen- als geklärt anzusehen ist), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100601.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at