Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers aus Polen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte die Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 ein und machte folgende Werbungskosten geltend:
Kosten für Familienheimfahrten Kennzahl 300 - 3.672,00 €
Kosten für doppelte Haushaltsführung Kennzahl 723 - 939,10 €
Das Finanzamt richtete ein Schreiben wie folgt an den Bf.:
Ergänzungspunkte:
-) Meldenachweis aller am Familienwohnsitz wohnhaften Personen
(beglaubigte Übersetzung)
-) Mietvertrag der Wohnung in Wien, sowie Nachweis über die Mietzahlungen in Kopie
-) Vorlage Heiratsurkunde in Kopie in beglaubigter Übersetzung sowie
-) Einkommensnachweis der Gattin für das Jahr 2018 (Formular E9)
bei Vorliegen einer Landwirtschaft: Vorlage Einkommensteuerbescheid
-) genaue Aufstellung der Familienheimfahrten mit Datum der Hin- und Rückreise und verwendeten Verkehrsmittel.
Bei Fahrten mit dem eigenen Auto: Vorlage Fahrtenbuch, Kopie Zulassungsschein und Vorlage Tankbelege.
Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Vorlage der Tickets.
Gemäß § 115 Bundesabgabenordnung besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht, sowie
Beweismittelbeschaffungspflicht des Steuerpflichtigen unter anderem dann, wenn Sachverhaltselemente Ihre Wurzeln im Ausland haben. Sollten Sie oben angeführte Unterlagen nicht oder nur teilweise beibringen, kann Ihr Antrag nur aufgrund der Aktenlage erledigt werden.
Der Bf. legte diverse Unterlagen - die in den unten folgenden Erwägungsteil eingearbeitet sind - vor.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2018 und berücksichtigte weder die Kosten für Familienheimfahrten noch die Kosten für doppelte Haushaltsführung und begründete den Bescheid wie folgt:
Trotz Aufforderung haben wir nicht alle Unterlagen erhalten. Daher konnten wir nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigen.
Der Bf. brachte Beschwerde mit folgender Begründung ein:
Mit dem Bescheid wurden die Familienheimfahrten und die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht anerkannt, weil nicht alle Unterlagen eingelangt sind.
Ich übermittle nochmal alle abverlangten Unterlagen und beantrage die Familienheimfahrten nach Polen in der Höhe von € 3.672,00 und die Kosten der doppelten Haushaltsführung von € 939,10.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde mit folgender Begründung erlassen:
Voraussetzung für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten im Sinne des § 16 EStG 1988 ist, dass der Steuerpflichtige über zwei haushaltsführende Wohnsitze verfügt.
Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen keine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.
Da Sie über keine zwei haushaltsführenden Wohnsitze verfügen und sich nur an den Kosten der Mietwohnung Ihres Bekannten in Wien beteiligen, liegen somit die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung und Anerkennung von Familienheimfahrten nicht vor.
Dahingehend konnte Ihrer Beschwerde nicht entsprochen werden.
Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde.
Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn am Familienwohnsitz:
- vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zumutet werden kann und entweder,
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist, oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zumutet
werden kann.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist in folgenden Fällen unzumutbar:
- bei ständigen wechselnder Arbeitsstätte (zB bei einem Bauarbeiter, bei saisonal Beschäftigten oder bei Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine häufige Abberufung zu entsprechend weit entfernten Arbeitsstellen gegeben ist. Die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung reicht dazu aber dazu nicht aus, es muss sich vielmehr um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln. (). Eine ständig wechselnde Arbeitsstätte liegt nicht mehr vor, wenn die Arbeitsstätte fünf Jahre beibehalten wurde.
- wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahre befristet ist (vgl. ; ). Angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort ist es dem (auch alleinstehenden) Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben.
- mit Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen, die am Familienwohnsitz wohnen (vgl. ; 2001/14/0121),
solange aufgrund fremd rechtlicher Bestimmungen ein Familiennachzug nicht möglich ist (vgl. ; 2005/14/0127; ),
- wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen, und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Die Unterhaltsverpflichtung für Kinder reicht als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nicht aus. Es ist davon auszugehen, dass bei volljährigen Kinder (ausgenommen zB bei Pflegebedürftigkeit des Kindes) grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils mehr besteht.
Bei Vorliegen der beispielhaft angeführten Sachverhalte kann von wirtschaftlichen Gründen ausgegangen werden, die die Verlegung des Familienwohnsitzes und eine
(Mit)Übersiedlung der gesamten Familie an den Beschäftigungsort unzumutbar machen:
- der Verkauf des Einfamilienhauses bzw. der Wohnung am Familienwohnsitz würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu (einer) erheblichen
Vermögeneinbuße führen. Die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am
Beschäftigungsort wäre aus dem Erlös nicht möglich,
- der Arbeitgeber stellt dem Steuerpflichtigen eine kostenlose bzw. verbilligte
Wohnmöglichkeit, die aufgrund der Größe und Ausstattung nicht den
Familienbedürfnissen entspricht, zur Verfügung,
- am Familienwohnsitz wird eine eigene - wenn auch kleine und der eigenen
Selbstversorgung dienende - Landwirtschaft bewirtschaftet (vgl. ; RV/0440-G/04; -K/07).
In der Firma G... Bau GmbH & Co KG arbeite ich erst ab . Weil ich
keine ständige Arbeitsstätte hatte, war die Verlegung des Familienwohnsitzes an
den Beschäftigungsort unzumutbar.
Ich kann von vornherein mit Gewissheit annehmen, dass die auswärtige Tätigkeit
mit vier bis fünf Jahre befristet ist. Deshalb war die Verlegung des
Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar.
Meine Gattin bewirtschaftete am Familienwohnsitz eine Landwirtschaft, die der eigenen
Selbstversorgung diente. Deshalb war die Verlegung des Familienwohnsitzes an den
Beschäftigungsort unzumutbar.
In Polen verfüge ich über ein eigenes Haus. Der Verkauf des Einfamilienhauses am
Familienwohnsitz würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu
erheblichen Vermögeneinbußen führen. Deshalb war die Verlegung des
Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar (im Anhang die notarielle
Urkunde, Betriebsrechnungen, Zahlungsauftrag des Grund und Agrarsteuer).
Aus diesen vier Gründen finde ich, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar war, deshalb beantrage ich die Familienheimfahrten nach Polen in der Höhe von € 3.672,00 und die Kosten der doppelten Haushaltsführung von € 939,10.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Bf. bezieht Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Strittig ist, ob Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten anzuerkennen sind.
Der Bf. arbeitet seit Juni 2016 in Österreich; seine Ehegattin wohnt in Polen.
In Österreich lebt der Bf., nach eigenen Angaben, in einer Wohnung mit drei anderen Personen. Der Mietvertrag lautet auf Herrn Lukasz Jan Chlebek. Insgesamt sind € 301,33 pro Monat an Miete zu leisten. Im Jahr 2018 fielen € 128,40 an Stromkosten an. Auf den Bf. entfielen somit im Jahr 2018 € 904 an Miete und € 35,10 an Stromkosten.
Die Entfernung zwischen der österreichischen Adresse des Bf. und dem Familienwohnsitz beträgt 404 km.
Laut polnischen KFZ-Prüfberichten wies das KFZ des Bf. am einen Kilometerstand von 263.300 km auf. Am wurde der Kilometerstand mit 304.100 km festgestellt. Diese Kilometerstände stimmen mit den Kilometerständen in der vorgelegten Aufstellung über die Familienheimfahrten überein.
Am Familienwohnsitz lebt die Ehegattin des Bf. Kinder sind nicht aktenkundig.
Die Ehegattin erzielte im Jahr 2018 keine Einkünfte, bewirtschaftet aber eine kleine Landwirtschaft.
Beweismittel:
Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom
Einkommensteuerbescheid 2018 vom
Beschwerde vom eingelangt am
BVE vom (Zustellung )
Vorlageantrag vom eingelangt am
Vorhalt 1 vom
Vorhaltsbeantwortung 1 vom
Entfernung Arbeitsort Familienwohnsitz laut Google-Maps vom
Stellungnahme:
Bis Juni 2018 liegen die Voraussetzungen für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung (2 Jahre) vor. Da die entsprechenden Kosten der Höhe nach glaubhaft gemacht wurden, können sie anteilig berücksichtigt werden.
Im Jahr 2018 wären somit, nach Ansicht der ho. Behörde, € 469,55 an Kosten für die doppelte Haushaltsführung und € 1.836,00 an Kosten für die Familienheimfahrten zu berücksichtigen.
Für die Monate Juli bis Dezember 2018 müssten die Voraussetzungen für eine dauerhafte doppelte Haushaltsführung vorliegen.
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen ().
Zu den im Vorlageantrag ausgeführten Punkten wird wie folgt ausgeführt:
1. Inwiefern dieser Punkt eine Unzumutbarkeit begründen soll ist nicht ersichtlich, kann aber dahingestellt bleiben, da im Hinblick auf die Unzumutbarkeit die Jahresbetrachtung gilt. Im gegenständlichen Jahr 2018, war der Bf. ganzjährig bei der G... BAU GmbH & Co KG beschäftigt.
2. Warum der Bf. mit Gewissheit davon ausgeht, dass seine auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist, hat er weder ausgeführt, noch wurden diesbezüglich entsprechende Nachweise vorgelegt.
3. und 4. Wirtschaftliche Gründe, wie etwa das Unterhalten einer der Eigenversorgung dienenden Landwirtschaft oder ein Eigentumshaus am Familienwohnsitz, können eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nur begründen, wenn zusätzlich am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder leben (vgl. RZ 345 LStR 2002 und Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 16, V. ABC der Werbungskosten Rz 56 Stichwort Doppelte Haushaltsführung Punkt d).
Nach der Aktenlage leben am Familienwohnsitz keine Kinder. Dementsprechend sind die angeführten wirtschaftlichen Gründe nicht in der Lage, eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes, zu begründen.
Da somit keine Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes vorliegen, sind die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten ab Juli 2018 nicht mehr anzuerkennen.
Es wird beantragt der Beschwerde, im Sinne der obigen Ausführungen, teilweise stattzugeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. ist polnischer Staatsbürger, verheiratet und lebt seine Ehegattin in Polen.
In Polen besitzt der Bf. ein Einfamilienhaus, Grundflächen im Ausmaß 4,5 ha, und an versicherten landwirtschaftlichen Gebäuden: Stall und Wirtschaftsgebäude.
Diese Feststellungen beruhen auf den vorgelegten Unterlagen: Grundsteuerbescheid, Vorschreibung der Versicherungsbeiträge an den Bf. für das Jahr 2018 vom .
Von bis hatte der Bf. an einer Anschrift in Oberösterreich einen (ersten) inländischen Wohnsitz, einen Nebenwohnsitz, gemeldet.
Seit hat der Bf. an einer Wiener Anschrift einen Hauptwohnsitz gemeldet und seit (zusätzlich) einen Nebenwohnsitz an einer Anschrift in Niederösterreich (Behördenanfragen aus dem Zentralen Melderegister).
Seit ist der Bf. bei der Fa. G. Bau GmbH & Co KG nichtselbständig beschäftigt (Abgabeninformationssystemabfrage).
Die Bescheinigung EU/EWR /Zaswiadczenie EU/EEA der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) betreffend die Ehegattin des Bf. und das Jahr 2018 weist aus:
Einkünfte, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen: 0,00 PLN
Zu den einzelnen Beschwerdepunkten:
keine ständige Arbeitsstätte:
Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort begründet der Bf. mit dem Vorbringen, eine ständig wechselnde Arbeitsstätte liege nicht mehr vor, wenn die Arbeitsstätte fünf Jahre beibehalten wurde; er arbeitet bei der Firma G. Bau GmbH & Co KG erst ab . 'Weil ich keine ständige Arbeitsstätte hatte, war die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar.'
Vorgebracht wurde nicht, bei seiner Tätigkeit lägen ständig wechselnde Arbeitsstätten, die einer täglichen Rückkehr an den (Wiener) Wohnort auf Grund weit entfernter Arbeitsstellen entgegenstünden, vor. Der Lohnzettel betreffend das Jahr 2018 weist steuerfreie Bezüge, Kennzahl 215, iHv € 108,45 aus, jener für das Vorjahr 2017 iHv € 619,42.
Ständig wechselnde vom Wiener Wohnort weit entfernte Arbeitsstätten wurden nicht ins Treffen geführt und bietet die Aktenlage keine Hinweise in diese Richtung.
mit Gewissheit annehmen, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist:
Der Bf. bringt vor: 'Ich kann von vornherein mit Gewissheit annehmen, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahre befristet ist.'
Der Bf., im Beschwerdezeitraum 49-jährig, führt keinen Umstand ins Treffen, auf den sich dieses Vorbringen stützen kann. Das Vorbringen geht damit über das Aufstellen einer bloßen Behauptung nicht hinaus.
Gattin bewirtschaftete am Familienwohnsitz eine Landwirtschaft, die der eigenen
Selbstversorgung diente:
Dass eine Landwirtschaft mit Grundflächen im Ausmaß von 4,5 ha der weitgehenden Selbstversorgung zu dienen vermag, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101633/2016, entschied hinsichtlich der Rechtsansicht des Finanzamtes, wonach für die Begründung der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Serbien nach Österreich aus wirtschaftlichen Gründen wegen des Betreibens einer kleinen, der Eigenversorgung dienenden Landwirtschaft am Familienwohnsitz zusätzlich auch das Vorhandensein von unterhaltsberechtigten und betreuungsbedürftigen (= minderjährigen) Kindern am Familienwohnsitz Voraussetzung sei, wie folgt:
Dem Erkenntnis zugrunde gelegter Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war in den gegenständlichen Jahren nichtselbständig tätig an einem Beschäftigungsort in Österreich (seine steuerpflichtigen Bezüge hatten im Jahr 2014 € 19.095,21 betragen). Sein Familienwohnsitz befand sich in dieser Zeit in Serbien, wo er und seine Ehefrau über ein Haus und einen kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitz verfügen, welcher von dieser bewirtschaftet wurde und der Eigenversorgung diente.
Eine Verlegung des Familienwohnsitzes von Serbien nach Österreich würde aufgrund der unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein.
Strittig ist die Anerkennung von Werbungskosten in Form von Fahrtkosten für Familienheimfahrten und Mietaufwendungen für die Unterkunft am Beschäftigungsort in Österreich. …
Bei ausländischen Familienwohnsitzen gelten für die Frage der Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten grundsätzlich dieselben Kriterien wie bei inländischen Familienwohnsitzen. Wohl kann aber ein wesentlicher Kaufkraftunterschied oder die Bewirtschaftung einer eigenen Landwirtschaft dazu führen, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist (-G/04). …
Die beantragten aliquotierten Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung waren folglich als Werbungskosten anzuerkennen.
In der Entscheidung vom , RV/0555-L/03, erwog der unabhängige Finanzsenat:
Die Tatsache, dass die Gattin des Bws. in P [Polen] die Landwirtschaft betreibt, macht nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates die Verlegung des Familienwohnsitzes von P. [Polen] nach Ö. [Österreich] unzumutbar. Die Bedeutung der Landwirtschaft in Osteuropa ist in Bezug auf die berufliche Lebenssicherung mit westlichen Verhältnissen nicht vergleichbar.
Die Aufwendungen doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten werden dem Grunde nach als Werbungskosten anerkannt.
Der Verkauf des Einfamilienhauses am Familienwohnsitz (samt Einstellen oder gar Verkauf der Selbstversorgerlandwirtschaft) würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögens- bzw. Einkommenseinbußen führen.
Zur Wohnsitzverlegung aus einer strukturschwachen Region erwog der UFS in der Entscheidung vom , RV/3106-W/08:
Zutreffend ist, dass nach der Rechtsprechung des VwGH (z.B. ; ) und Rz. 345 LStR 2002 die Verlegung des Wohnsitzes aus einer strukturschwachen Region in ein Ballungszentrum unzumutbar sein kann. Hierbei geht es in aller Regel um Fälle, in denen sich der Familienwohnsitz in einer Kleingemeinde befindet und eine Landwirtschaft in einem zumindest zur Selbstversorgung geeigneten Umfang betrieben wird (z.B. , mwN).
Auf dieses weitere Argument braucht auf Grund obiger Ausführungen nicht eingegangen zu werden.
Zur Höhe der anzuerkennenden Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung:
Den iHv € 939,10 geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung liegen folgende Beträge zugrunde:
Die Miete für die Wohnung in Wien belief sich auf insgesamt € 301,33 pro Monat, an Stromkosten fielen im Jahr 2018 € 140,40 an.
Da die Wohnung vom Bf. und drei weiteren Personen bewohnt wurde (Vierer-Wohngemeinschaft), entfielen auf den Bf. Kosten iHv [(€ 301,33 x 12 + € 140,40) : 4 =)] € 939,09.
Zur Höhe der anzuerkennenden Aufwendungen für Familienheimfahrten:
Die Entfernung zwischen der österreichischen Adresse des Bf. und dem Familienwohnsitz beträgt 404 km (Beschwerdevorlage mit Verweis auf die Internetabfrage).
Laut polnischen Kfz- Prüfberichten wies das Kfz des Bf. am einen Kilometerstand von 263.300 km auf. Am wurde der Kilometerstand mit 304.100 km festgestellt.
Die vom Bf. mit der Beschwerde vorgelegte mit "Fahrtenbuch" überschriebene Aufstellung betrifft das Jahr 2017 (!), weist das Kfz mit dem Kennzeichen K... 4T3 aus (und am einen Km-Stand iHv 358.328).
Mit der Vorhaltsbeantwortung vom legte der Bf. betreffend das Jahr 2018 die mit "Fahrtenbuch" überschriebene Aufstellung vor. Diese weist am betreffend das Kfz mit dem Kennzeichen K...T28 einen Km-Stand iHv 265.899 aus und am einen iHv 304.066 (+ 38.167 km). Die Aufstellung beinhaltet 43 Hin- und Retourfahrten.
Die vorgelegte Kfz- Begutachtung weist am einen Km-Stand iHv 263.300 und am iHv 304.100 aus.
Bei 43 Hin- und Retourfahrten errechnet sich bei einer Entfernung von 404 km eine zurückzulegende Fahrtstrecke von 34.744 km.
Das polnische Kennzeichen, das in der Aufstellung ausgewiesen ist, betrifft folgendes Kfz (polnischer Zulassungsschein):
Marke BMW, Type 320 D, Baujahr 2003, Erstzulassung April 2003
Erstzulassung von bis für S.N., polnische Anschrift
Hubraum 1.995 l, Kraftstoff Diesel, Motorleistung 110 kw
Die iHv € 3.672,00 geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten entsprechen dem höchsten Pendlerpauschale-Betrag.
Im Erkenntnis vom , 97/14/0174, erwog der Verwaltungsgerichtshof mit Verweis auf die Ausführungen im Erkenntnis vom , 97/15/0073:
Bei höheren Kilometerleistungen würden sich die tatsächlichen Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW im Hinblick auf den hohen Anteil an Fixkosten jedoch degressiv entwickeln. Bemesse man auch in solchen Fällen die Werbungskosten für PKW-Fahrten mit dem amtlichen Kilometergeld, ergebe sich hingegen ein lineares Ansteigen, welches immer mehr von den tatsächlichen Aufwendungen abweiche.
Ein Wahlrecht auf Berücksichtigung der Fahrtkosten durch den Ansatz der amtlichen Kilometergelder besteht nach dem Gesagten nicht.
Wenn die belangte Behörde daher im Beschwerdefall die tatsächlichen Fahrtaufwendungen unter Berücksichtigung der einzelnen Kostenkomponenten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten angesetzt hat, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
In der Entscheidung vom , RV/0241-I/02, erwog der unabhängige Finanzsenat:
Nach ständiger Rechtsprechung können als Werbungskosten nur das amtliche Kilometergeld für 30.000 km oder die tatsächlich nachgewiesenen Kosten für die gesamten beruflichen Fahrten geltend gemacht werden, da bei so hoher Kilometerleistung die tatsächlichen Kosten erfahrungsgemäß geringer sind als das amtliche Kilometergeld. Das amtliche Kilometergeld stellt auf eine durchschnittliche Jahreskilometerleistung von 15.000 km ab; bei höheren Kilometerleistungen würden sich die tatsächlichen Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW im Hinblick auf den hohen Anteil an Fixkosten jedoch degressiv entwickeln. Würde man auch in solchen Fällen die Kosten für PKW-Fahrten mit dem amtlichen Kilometergeld bemessen, ergebe sich hingegen ein lineares Ansteigen, welches immer mehr von den tatsächlichen Aufwendungen abweicht.
Beim in Rede stehenden Kfz handelt es sich um einen vom Bf. nach dem angeschafften Anfang des Jahres 2014 11 Jahre und im Jahr 2018 15 Jahre alten BMW 320 D (nicht aktenkundig ist, wann der Bf. das Fahrzeug erwarb, die Aufstellung betreffend das Vorjahr 2017 weist ein anderes Kfz aus: anderes Kennzeichen: K...4T3, viel höherer Kilometerstand: 327.395).
Der hohe (oben angeführte) Kilometerstand Anfang des Jahres 2018 lässt auf den Wert des Kfz im Jahr 2018 ließen.
Der Diesel-Treibstoffverbrauch beträgt 5,38 l/100km (Internetabfrage Spritverbrauch).
Betreffend den Treibstoff bzw. die Treibstoffrechnungen ist ausführen:
Übermittelt wurden Kopien von 63 Tank-,Rechnungen' (Kassabon, ohne Angabe des Rechnungsempfängers), die nicht erkennen lassen für wen die Belege ausgestellt worden sind und betreffen Diesel-Kraftstoff. Manche Belege sind teilweise unlesbar (insb. Tankstelle BP Tankstelle F.).
Im Hinblick auf diesen Umstand wird bemerkt:
Zahlreiche Tank-Belege wurden - wie bei einem Vergleich mit einem Beschwerdefall eines anderen Steuerpflichtigen festgestellt werden konnte (!)- von einem weiteren Steuerpflichtigen geltend gemacht:
Als Beispiele werden folgende Tankvorgänge angeführt:
BP Dresdnerstraße 8 - - 57,75 l -1,299 €/l - 75,02 €
BP Kaiser Ebersdorfer Str. 248 - - 52,48 l - 1,239 €/l - 65,02 €
BP Gewerbeparkstraße 1 - - 50,84 l - 1,279 €/l - 65,02 €
BP Gewerbeparkstraße 1 - - 54,74 l - 1,279 €/l - 70,01 €
BP Dresdnerstraße 8 - - 54,04 l - 1,309 €/l - 70,73 €
BP Gewerbeparkstraße 1 - - 52,04 l - 1,249 €/l - 65,00 €
BP Gewerbeparkstraße 1 - - 51,63 l - 1,259 €/l - 65,00 €
BP Dresdnerstraße 8 - - 52,67 l - 1,329 €/l 70,00 €
Beim Ansatz eines um 30% verminderten Kilometergeldes errechnen sich für die Gesamtkilometerleistung von 34.744 km (34.744 km x € 0,28 =) € 9.728,32.
Auf Grund der Aufteilung der Kosten auf vier Personen (vgl. die vom Bf. hinsichtlich des Quartiers bzw. der Quartierkosten eingehaltenen Verhältnisse) betragen die anzuerkennenden Kosten für Familienheimfahrten (€ 9.728,32: 4 =) € 2.432,08.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Berechnung der Einkommensteuer 2018 (in €):
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Gesamtbetrag der Einkünfte bisher | 25.805,13 |
-Kosten für doppelte Haushaltsführung | -939,09 |
-Kosten für Familienheimfahrten | -2.432,08 |
Gesamtbetrag der Einkünfte laut Erkenntnis | 22.433,96 |
-Pauschbetrag für Sonderausgaben | -60,00 |
Einkommen | 22.373,96 |
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988: | |
0 % für die ersten 11.000,00 | 0,00 |
25 % für die weiteren 7.000,00 | 1.750,00 |
35% für die restlichen 4.373,96 | 1.530,89 |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 3.280,89 |
-Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 2.880,89 |
Steuer sonstige Bezüge | 60,08 |
Einkommensteuer | 2.940,97 |
Anrechenbare Lohnsteuer (260) | -4.155,62 |
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 | -0,35 |
Festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) | -1.215,00 |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101359.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at