Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2020, RV/2101475/2015

Rückzahlung Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld: Kindeseltern an derselben Meldeadresse

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2009 nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater der am xx.xx.2005 geborenen Tochter Tochter. Nach der in der Finanzamtsdatenbank enthaltenen Mitteilung des zuständigen Versicherungsträgers hat die Kindesmutter Frau AB für das genannte Kind 5.175,24 € an Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG in den Jahren 2005, 2006 und 2007 erhalten.

Der Beschwerdeführer und die Kindesmutter waren laut Abfrage im Zentralen Melderegister vom bis und vom bis an den selben Adressen gemeldet.

Dem Bf. wurde im Wege des automatischen Erklärungsversandes betreffend die Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld am ein Formular über die Erklärung des Einkommens des Bf. für das Jahr 2009 zugestellt (Hinterlegung am beim Postamt).

Lt. den Einkommensteuerbescheiden 2009 betrug das steuerpflichtige Einkommen des Bf. 31.134,31 € und jenes der Kindesmutter 5.852,96 €.

Mit Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2009 vom wurde dem Bf. ein Rückzahlungsbetrag von 1.849,36 € vorgeschrieben, die Berechnung erfolgte gemäß § 19 Abs. 1 KBGG (5% des Gesamteinkommens der Eltern von 36.987,27 €). In der Begründung des Bescheides führte das Finanzamt aus, dass für das Kind des Bf. Tochter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden seien. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG seien im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liege es im Ermessen der Behörde wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben werde. Im Jahr 2009 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten worden. Die Behörde habe nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände den Bf. auf Grund seiner Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass im Jahr 2009 weder er noch die Kindesmutter einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld erhalten hätten und auch kein Kindergeld bezogen worden sei. Ein Zuschuss wäre nur von 2005 bis 2007 möglich gewesen. Hätte die Kindesmutter einen Zuschuss erhalten, hätte sie sich zur alleinigen Rückzahlung verpflichtet.
Nach VfGH sei der zur Rückzahlung verpflichtete Elternteil gemäß § 16 KBGG von der Gewährung eines Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld durch den zuständigen Krankenversicherungsträger zu verständigen. Wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zutreffend darlege, liege der Sinn und Zweck der Information gemäß § 16 KBGG darin, dass der Rückzahlungspflichtige nicht von Rückzahlungsaufforderungen überrascht werde, sondern sich auf eine etwaige spätere Rückzahlungspflicht einstellen könne. Der Beschwerdeführer sei von der Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld vom zuständigen Krankenversicherungsträger nicht informiert worden. Es fehle daher die Grundlage zur Einhebung der ggst. Abgaben.
Unter Verweis auf § 15 KBGG und dem Beiblatt zum Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, das bei Lebensgemeinschaften beide Elternteile eine Erklärung zur Verpflichtung der Rückzahlung unterschreiben müssten, bringt der Bf. vor, dass eine derartige Unterschrift von ihm nicht geleistet worden sei. Weiters sei die Festsetzung der Abgabe nach 5 Jahren verjährt, siehe auch § 49 Abs. 17 KBGG und § 31 KBGG.
§ 18 KBGG sei lt. Erkenntnis des VfGH verfassungswidrig und scheine nicht mehr im KBGG auf.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass lt. vorliegender Kontoauszüge der GKK in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld iHv 5.175,24 € an Frau AB ausbezahlt worden seien. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung von Frau B bereits eine Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer vorgelegen sei, sei die gemeinsame Rückzahlungsverpflichtung gegeben. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG seien im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liege es im Ermessen der Behörde wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben werde (auf die diesbezügliche Begründung auf der Rückseite des Rückzahlungsbescheides werde hingewiesen).

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), verwies auf das bisherige Beschwerdevorbringen und brachte weiters vor, dass er nicht nachvollziehen könne, aus welchem Grund er einen Bescheid bezüglich Rückforderung eines ausbezahlten Zuschusses 2009 bekommen habe. Die Kindesmutter habe für Alleinstehende einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld 2005 - Juni 2007 beantragt und habe sich ausdrücklich - nach ihren Erinnerungen auch schriftlich - bereit erklärt, diesen Zuschuss selbst zurück zu zahlen. Dies müsste aus dem Antrag hervorgehen bzw. könne eine schriftliche Bestätigung von der Kindesmutter vorgelegt werden.
Außerdem verweise der Beschwerdeführer nochmals auf die Verjährung der Rückforderung. Laut VwGH-Erkenntnis verjähre eine Rückforderung eines ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2003 mit dem Jahr 2008. Weiters habe die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101486/2015, festgestellt, dass "der Rückzahlungsanspruch betreffend im Jahr 2008 ausbezahlter Zuschüsse mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt sei". Dies bedeute, dass die Rückforderung eines ausbezahlten Zuschusses für die Jahre 2005, 2006 und 2007 mit 2010, 2011 und 2012 verjährt wäre. Nochmals führt der Beschwerdeführer an, dass 2009 weder ein Zuschuss beantragt worden sei (dies wäre auch nicht möglich gewesen, da kein Anspruch auf Kindergeld bestanden habe) und auch kein Zuschuss ausbezahlt worden sei. Eine Verjährungsunterbrechung habe nicht stattgefunden.
Worauf sich die Behauptung stütze, dass sich Frau B zum Zeitpunkt der Antragstellung in einer Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer befunden habe, entziehe sich seiner Kenntnis. Der Umstand, dass die Meldeadresse dieselbe sei, könne hier nicht alleine ausschlaggebend sein. Würde dies der Grund sein, müssten alle Personen die an der selben Adresse gemeldet sind (insbesondere Studenten in Wohngemeinschaften) in einer Lebensgemeinschaft stehen und somit einige ihrer Steuervorteile und Förderungen verlieren.
Dass immer der Kindesvater zur Rückzahlung des Zuschusses herangezogen werde, sei nach Meinung des Beschwerdeführers verfassungswidrig, da es gegen das Gleichheitsprinzip verstoße.
Der Bf. beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

In der mündlichen Verhandlung am gibt der Beschwerdeführer seine aktuelle Adresse bekannt und bestätigt, dass das Kind Tochter, geb. xx.xx.2005, seine Tochter sei. Weiters ergänzt der Bf. sein Vorbringen, dass er mit der Kindesmutter keine Lebensgemeinschaft im eigentlichen Sinn gelebt habe, wenngleich er an derselben Adresse gemeldet gewesen sei. Er habe mit der Kindesmutter und dem Kind in einem Reihenhaus mit 3 Zimmer, Küche Bad, WC und Vorraum gewohnt und auch wenn nur eine Küche vorhanden gewesen sei, wäre nicht gemeinsam gekocht worden. Weiters verweist der Bf. nochmals auf das Beiblatt zum Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für Geburten bis 2009, worin u.a. darauf hingewiesen wird, dass Mütter/Väter, die verheiratet sind oder in einer Lebensgemeinschaft leben, beide Elternteile eine Erklärung unterzeichnen, worin sie sich zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.
Die Vertreterin des Finanzamtes verwies auf das bisherige Vorbringen und die Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Bf. zur Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2009 herangezogen werden kann und ob die Festsetzung der Abgabe verjährt ist.

§ 9 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) idgF lautet:
§ 9. (1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben
1. alleinstehende Elternteile (§ 11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.
(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht.
(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 Euro übersteigt.
(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt.

Nach § 11 Abs. 1 KBGG sind alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt. Nach Abs. 2 haben alleinstehende Elternteile nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben. Nach Abs. 3 haben alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.

Gemäß § 12 KBGG erhalten verheiratete Mütter bzw. Väter einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 €.

Nach § 13 KBGG erhalten einen Zuschuss nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend.

§ 18 KBGG lautet:
§ 18 (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:
[1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.]*)
2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.
3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.
(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO).
*) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 184-195/10-7, dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt:
I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

§ 19 KBGG lautet:
§ 19 (1) Die Abgabe beträgt jährlich
1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von
mehr als 14 000 € ...................................... 3%
mehr als 18 000 € ...................................... 5%
mehr als 22 000 € ...................................... 7%
mehr als 27 000 € ...................................... 9%
des Einkommens,

2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von
mehr als 35 000 € ...................................... 5%
mehr als 40 000 € ...................................... 7%
mehr als 45 000 € ...................................... 9%
des Einkommens.
(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt
1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,
2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte.

Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Nach § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Gemäß § 22 KBGG obliegt die Erhebung der Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes, nach dem Tod des Vaters dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen der Mutter des Kindes zuständigen Finanzamt.

§ 49 Abs. 22 und Abs. 23 KBGG lauten:
(22) § 1, die Überschrift des Abschnitts 2, §§ 3a Abs. 3, §§ 5 Abs. 4a und b, 5c, 7 Abs. 3 und 4, Abschnitt 5 samt Überschrift, die Überschrift des Abschnitts 5a, §§ 25 und 25a, § 26a und 33 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 116/2009 treten mit in Kraft und sind auf Geburten nach dem anzuwenden, sofern 2009 kein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld für Zelträume nach dem und vor dem gestellt worden ist; wird 2010 rückwirkend Kinderbetreuungsgeld für Zeiträume zwischen und beantragt, so besteht kein Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für diese Zeiträume.
(23) Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.

Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Nach Abs. 2 sind Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.

Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist in Bezug auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden (§ 209 Abs. 1 BAO).

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist seinem Wesen nach einem Kredit vergleichbar, der bei Überschreiten der im Gesetz definierten Einkommensgrenzen zurückzuzahlen ist (auf diesen Umstand wird bereits im Antrag (Formular "KBGG 1a") hingewiesen).

Die gesetzgeberische Intention hinter dem Kinderbetreuungsgeldgesetz ist die Schaffung eines Ausgleichs für entgehende Verdienstmöglichkeiten des betreuenden Elternteils ( und zum unterhaltsrechtlichen Aspekt auch G 9/09 u.a.).

Lt. den Daten im Zentralen Melderegister waren der Beschwerdeführer und die Kindesmutter vom bis und vom bis an den selben Adressen gemeldet. Das gemeinsame Kind wurde am xx.xx.2005 geboren. Somit waren die Kindeseltern im Zeitraum des Bezuges des Zuschusses nicht alleinstehend iS der Bestimmung des § 13 KBGG. Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld wurde in den Jahren 2005, 2006 und 2007 bezogen. Auch wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es sei keine Lebensgemeinschaft im eigentlichen Sinn gewesen, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Kindeseltern an den selben Adressen gemeldet waren.

Im hier zu beurteilenden Fall ist die Rückzahlungsverpflichtung nach § 18 Abs. 2 KBGG gegeben, da die Kindeseltern im Jahr 2009 getrennt lebten und mit ihrem Gesamteinkommen von 36.987,27 € die Einkommensgrenze nach § 19 Abs. 2 KBGG überschritten haben.

Damit ist der Rückzahlungsanspruch dem Grunde nach im Jahr 2009 für beide Elternteile erfüllt und der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 2009 (nach § 21 KBGG) entstanden. Die Erklärung der Kindesmutter zur alleinigen Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld kann an den zwingend anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen des KBGG nichts ändern.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0065, ausgesprochen: "Die Aufforderung des Finanzamtes an einen Elternteil, eine vorausgefüllte Erklärung des Einkommens gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz für ein bestimmtes Jahr genau zu prüfen, allenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen und unterschrieben an das Finanzamt zurückzuschicken, verlängert nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verjährungsfrist hinsichtlich jener Abgaben, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz, BAO6, § 209 Tz 22 f, mwN)."

Aufgrund der Zustellung der Erklärung "KBG 2" (betreffend Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) an den Bf. durch das Finanzamt im Dezember 2014 wurde die fünfjährige Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert und die Abgabenvorschreibung im Jahr 2015 (für den mit Ende des Jahres 2009 entstandenen Abgabenanspruch) erfolgte rechtzeitig (§§ 207 Abs. 2 iVm 209 Abs. 1 BAO).

Im vorliegenden Fall ist der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 2009 entstanden, weil in diesem Jahr die Einkommensgrenze der Eltern gemäß § 19 KBGG erreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Kind vier Jahre alt. Da der Abgabenanspruch gemäß § 21 KBGG letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres entsteht, erfolgte die Vorschreibung des Finanzamtes zu Recht.

Der vom Bf. ins Treffen geführte § 31 KBGG behandelt den Ersatz unberechtigt empfangener Zuschüsse und ist deshalb im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Dasselbe gilt für § 49 Abs. 17 KBGG, da danach die Festsetzungsverjährung für die Jahre 2002 und 2003 frühestens mit Ende 2008 eintritt. Im hier zu beurteilenden Fall wird aber über die Rückforderung der in den Jahren 2005 bis 2007 gewährten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld abgesprochen.

Die Eltern, die eine Rückzahlung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG zu leisten haben, sind Gesamtschuldner im Sinne des § 6 BAO, das heißt, jeder dieser Schuldner kann für den Gesamtbetrag herangezogen werden, auch wenn - wie im vorliegenden Fall - sich die Kindesmutter zur alleinigen Rückzahlung verpflichtet hat. Hier kann nur im Innenverhältnis zwischen Beschwerdeführer und Kindesmutter ein finanzieller Ausgleich erzielt werden.

Das Wesen einer Gesamtschuld beinhaltet, dass es im Ermessen des Gläubigers steht, wem gegenüber er die gesamte Schuld geltend macht (vgl. Ritz, BAO5, § 6 Tz 2).

Das im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigende Einkommen des Bf. im Jahr 2009 beträgt 31.134,31 €, das Einkommen der Kindesmutter 5.852,96 €. Da der Bf. ein vielfach höheres Einkommen als die Kindesmutter hatte, erachtet es das Bundesfinanzgericht im Rahmen des nach § 20 BAO auszuübenden Ermessens als gerechtfertigt, dass der Rückforderungsbetrag zur Gänze dem Bf. vorgeschrieben wurde. Im Übrigen wurde auch auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht genommen (vgl. mwH).

Im vorliegenden Fall ist keine dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot widersprechende Ungleichbehandlung zu erkennen; die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld werden im Allgemeinen nicht nur von den Kindesvätern rückgefordert.

Aus der jeweiligen unbedingten Verpflichtung, einerseits für den Krankenversicherungsträger, die Mitteilung zu erstatten (§ 16 KBGG), andererseits der in § 18 KBGG genannten Personen, die Rückzahlung zu leisten (§ 18 Abs. 1 KBGG), versucht der zur Rückzahlung Verpflichtete abzuleiten, dass die Rückzahlung nur zu leisten sei, wenn die Mitteilung nach § 16 KBGG erfolgt sei. Hiezu genügt es darauf hinzuweisen, dass das Gesetz eine derartige Verknüpfung nicht vorsieht. Die Rückzahlungsverpflichtung ist in § 18 Abs. 1 KBGG für den Fall des Vorliegens der dort normierten Voraussetzungen - Auszahlung an den anderen Elternteil, Überschreitung der Einkommensgrenzen - unbedingt formuliert. Auch im Sozialhilferecht machen jene landesgesetzlichen Ersatzregelungen, nach denen gegebenenfalls nahe Angehörige eines Hilfeempfängers zu einem (teilweisen) Ersatz der vom Sozialhilfeträger aufgewendeten Mittel verpflichtet werden können, die Rückzahlungsverpflichtung nicht von der Kenntnis über die Leistungserbringung im Leistungszeitpunkt abhängig. Insoweit trifft es nicht zu, dass es "weder im Zivilrecht noch im Verwaltungsrecht" Fälle gäbe, in denen jemand, der "sich nicht persönlich zur Rückzahlung einer Leistung, die ein Dritter empfangen hat, verpflichtet" hat, zur Rückzahlung verhalten werden könne. Vergleichbare Ersatzpflichten treten vielmehr regelmäßig ex lege ein und setzen keine vorangehende Verpflichtungs¬erklärung des Ersatzpflichtigen voraus ().

Zum Vorbringen des Bf., wenn alle Personen die an der selben Adresse gemeldet sind (insbesondere Studenten in Wohngemeinschaften) in einer Lebensgemeinschaft stehen müssten und somit einige ihrer Steuervorteile und Förderungen verlieren, wird auf § 13 KBGG verwiesen, wonach nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären, einen Zuschuss erhalten. Diese Voraussetzung liegt im ggst. Fall vor, daher waren der Beschwerdeführer und die Kindesmutter während des Bezuges des Zuschusses nicht alleinstehende Kindeseltern iSd KBGG.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 184-195/10-7, lediglich § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG aufgehoben, die übrigen Teile der gesetzlichen Bestimmung blieben in Kraft.

Somit war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil sich die Frage der Rückzahlungsverpflichtung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeldes ex lege ergibt, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 11 Abs. 1 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 12 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 13 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 18 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 19 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 20 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 21 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 22 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 49 Abs. 22 und 23 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101475.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at