Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.11.2020, RV/7400173/2014

Haftung des Gesellschaftergeschäftsführers für Kommunalsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Christian Widl, Tegetthoffstraße 7, 1010 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6, Rechnungs und Abgabewesen vom , MA 6/DII/R1-1858/12E, betreffend Haftung für Abgabenschulden der ***8*** GmbH gemäß §§ 6a KommStG und DGAG, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von 3.780,78 Euro eingeschränkt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
01-12/2008
491,97
Säumniszuschlag
01-12/2008
9,84
Kommunalsteuer
01-12/2009
844,33
Säumniszuschlag
01-12/2009
16,89
Kommunalsteuer
01-12/2010
933,76
Säumniszuschlag
01-12/2010
18,68
Kommunalsteuer
01-12/2011
1.136,77
Säumniszuschlag
01-12/2011
22,74
Pfändungsgebühr
01-12/2011
10,00
Kommunalsteuer
01-4/2012
290,00
Säumniszuschlag
01-4/2012
5,80

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Haftungsvorhalt vom wies der Magistrat der Stadt Wien MA 6 den Beschwerdeführer (Bf.) darauf hin, dass er bis im Firmenbuch als Geschäftsführer der ***8*** GmbH eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter sei.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß §§ 6a Abs. 1 DGAG und KommStG würden die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe bzw. Kommunalsteuer insoweit haften, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im gegenständlichen Fall seien die nachstehenden Abgabenbeträge bis dato nicht entrichtet worden, wodurch die gesetzliche Voraussetzung für die Haftungs- und Zahlungspflicht des Bf. gegeben sei:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
01-12/2008
1.092,01
Säumniszuschlag
01-12/2008
21,84
Kommunalsteuer
01-12/2009
844,33
Säumniszuschlag
01-12/2009
16,89
Kommunalsteuer
01-12/2010
2.123,17
Säumniszuschlag
01-12/2010
42,46
Kommunalsteuer
01-12/2011
2.846,77
Säumniszuschlag
01-12/2011
56,93
Pfändungsgebühr
01-12/2011
10,00
Kommunalsteuer
01-04/2012
1.129,99
Säumniszuschlag
01-04/2012
22,60
Dienstgeberabgabe
01-04/2011
37,44
Dienstgeberabgabe
01-04/2012
66,70
Summe
8.311,13

Es wurde dem Bf. gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bf. gemäß §§ 6a KommStG und DGAG als Geschäftsführer der ***8*** GmbH für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in der Höhe von 8.206,99 Euro für den Zeitraum Jänner 2008 bis April 2012 sowie für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in der Höhe von 104,14 Euro, gesamt daher 8.311,13 Eurohaftbar gemacht.

Die von der MA 6 angeführte Aufgliederung entspricht jener laut Haftungsvorhalt.

Begründend wurde ausgeführt, dass durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***2*** zur Zahl ***3*** die vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung gegeben sei.

Der Bf. sei als Geschäftsführer der ***8*** GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der ***8*** GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten einzubringen sei.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, weil nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin noch einbringlich sei.

In der gegen den Haftungsbescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wandte der Bf. ein, dass nicht ersichtlich sei, woraus sich die auf dem Abgabenkonto verzeichneten Rückstände ergäben. Tatsächlich habe er als Geschäftsführer der ***8*** GmbH für alle Angestellten dieser Gesellschaft nach Maßgabe bezahlter Löhne sowohl Kommunalsteuer als auch Dienstgeberabgaben abgeführt. Bislang habe der Bf. keine Gelegenheit gehabt, in die dem nunmehr vorgehaltenen Rückstand zugrundeliegenden Aufzeichnungen Einsicht bzw. Stellung dazu zu nehmen. Der Bf. beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom teilte der Magistrat der Stadt Wien MA 6 dem Bf. mit, dass sich der Rückstand auf Grund einer durchgeführten "Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA-Prüfung)" ergäbe und übermittelte dem Bf. die Prüfungsunterlagen. Da die anhand der Geschäftsunterlagen festgestellten Abgabenbeträge vom Masseverwalter für richtig befunden worden seien, sei kein Bemessungsbescheid erlassen worden.

Zu diesem Schreiben übermittelte der Bf. mit Eingabe vom eine Stellungnahme und führte aus, dass im Zuge des Verfahrens vor dem Finanzamt 9/18/19 Klosterneuburg als zuständiger Finanzstrafbehörde erster Instanz festgestellt worden sei, dass es sich bei den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung (GPLA-Prüfung) - und somit auch bei den Grundlagen des streitgegenständlichen Haftungsbescheides - um eine reine Hinzuschätzung gemäß § 184 BAO gehandelt habe. Diese Hinzuschätzung habe auf falschen Ausgangswerten beruht und folglich ein falsches Ergebnis der abzuführenden Abgaben ergeben. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass die Lebenshaltungskosten des Bf. durch eine private Reserve gedeckt gewesen seien. Aus diesem Grund sei das Erkenntnis auf Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der lohnabhängigen Abgaben ergangen. Dem angefochtenen Haftungsbescheid würden somit offensichtlich falsche Annahmen über geschuldete Abgaben zugrunde liegen, denn der Bf. habe als Geschäftsführer der ***8*** GmbH für alle Angestellten dieser Gesellschaft nach Maßgabe bezahlter Löhne sowohl Kommunalsteuer als auch Dienstgeberabgabe pünktlich und vollständig abgeführt.

Zu dieser Stellungnahme teilte die belangte Behörde dem Bf. mit, dass ein Freispruch der Finanzstrafbehörde den Geschäftsführer nicht von der Verpflichtung entbinden könne, auch im Haftungsverfahren entsprechende Unterlagen vorzulegen, aus denen die Nichtentnahme von Geschäftsführerbezügen ersichtlich sei. Der Bf. wurde daher aufgefordert, entsprechende Unterlagen vorzulegen, woraus ersichtlich sei, dass im Haftungszeitraum keine Geschäftsführerbezüge ausbezahlt worden seien.

In seiner Eingabe vom gab der Bf. einen Überblick über seine monatlichen Fixkosten/Lebenserhaltungskosten im Zeitraum von Jänner 2011 bis April 2012. An Wohnungsmiete: 1.400 Euro/Monat, Versicherungsbeiträge: 25 Euro/Monat, Alimente: 170 Euro/Monat, Kindergarten: 195 Euro/Monat und Telekommunikation: 80 Euro/Monat.

Des Weiteren führte der Bf. aus, dass er kein Auto besitze, sich keinen Urlaub leiste und einen äußerst sparsamen Lebensstil pflege. Für das private Wochenende hab er einen Großteil der für die Familie benötigten Lebensmittel aus der ***8*** GmbH mitgenommen, denn wäre die Ware für das Restaurant nicht mehr verwendet worden, wäre sie verdorben. Die Ehefrau des Bf. habe im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 1.000 Euro in das gemeinsame Zusammenleben beigebracht. Hinzu sei auch eine von ihren Eltern erhaltene Aussteuer im Zuge der Hochzeit gekommen.

Weiters habe der Bf. seine Lebenserhaltungskosten durch beträchtliche private Reserven gedeckt. So habe er im Jahr 2009 seine Eigentumswohnung in ***4***, zu einem Kaufpreis von 500.000 Euro verkauft. Mit habe der Bf. seine Lebensversicherung bei der ***5*** AG gekündigt, sodass ihm ein Betrag von 6.489,13 Euro ausbezahlt worden sei. Ebenso habe er seinen Vertrag bei der ***6*** gekündigt, sodass ihm ein Betrag von 1.962,78 Euro ausbezahlt worden sei.

Es sei somit offensichtlich, dass der Bf. auf Grund seiner Ersparnisse über den Zeitraum von Jänner 2011 bis April 2012, sohin über 16 Monate, habe leben können und daher nicht auf Geschäftsführerbezüge, welche er auch tatsächlich nicht bezogen habe, angewiesen gewesen sei.

Zum Nachweis seines Vorbringens legte der Bf. den Kaufvertrag vom über den Verkauf seiner Eigentumswohnung, die Note der ***5*** AG über die Auflösung der Lebensversicherung sowie die Note der ***6*** zur Kündigung der Versicherung vor.

Mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, als es die Haftung des Bf. für Abgabenschulden der ***8*** GmbH gemäß §§ 6a KommStG und DGAG auf 4.511,34 Euro einschränkte. Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Bf. betreffend die hinzugeschätzten Geschäftsführerbezüge berücksichtigt worden sei und hinsichtlich der bei der Prüfung vorgelegten Verrechnungskosten, deren Beträge der Kommunalsteuer unterworfen worden seien, keine Beschwerde eingebracht worden sei.

Mit Eingabe vom brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein, da er weiterhin für einen Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der ***8*** GmbH haftbar gemacht worden sei.

Am legte der Magistrat der Stadt Wien dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom 2. November hat der Bf. von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. war im Streitzeitraum (Jänner 2008 bis April 2012) Gesellschafter Geschäftsführer der Primärschuldnerin ***8*** GmbH.

Über das Vermögen der ***8*** GmbH wurde mit Beschluss des HG Wien vom ***2*** zur Zahl ***3*** der Konkurs eröffnet. Die Gesellschaft ist infolge Eröffnung des Konkurses aufgelöst.

Für den Zeitraum bis fand bei der ***8*** GmbH eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA-Prüfung) statt. Laut Feststellungen im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurden gemäß § 184 BAO Geschäftsführerbezüge in der Höhe von 2.000 Euro pro Monat hinzugeschätzt. Darüber hinaus wurden sämtliche Beträge der Verrechnungskonten dem Dienstgeberbeitrag, dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer unterzogen. Das GPLA-Ergebnis wurde nicht beeinsprucht.

Der Bf. legte Jahresabschlüsse der Primärschuldnerin für die Jahre 2008 bis 2010 vor. Für den Zeitraum 2011 bis April 2012 wurden keine Jahresabschlüsse vorgelegt.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Hinzuschätzung der Geschäftsführerbezüge.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Die Vertreterstellung des Bf. ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin.

Die Uneinbringlichkeit der noch offenen Abgabenschulden ergibt sich aus dem Umstand, dass die Primärschuldnerin infolge Konkurses aufgelöst ist (siehe Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin).

Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsgrundlagen

§ 6a KommStG 1993 lautet:

§ 6a. (1) Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

§ 6a Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe lautet:

§ 6a. (1) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

§ 80 Abs. 1 BAO lautet:

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

§ 224 BAO lautet:

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

§ 184 BAO lautet:

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 1 KommStG unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. a KommStG ist Bemessungsgrundlage die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen. Arbeitslöhne sind im Fall des § 2 lit. a Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG, sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Gemäß § 6a KommStG haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 6a Abs. 1 DGAG, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin und damit Vertreter im Sinne des § 80 BAO gewesen ist.

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG setzt voraus, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben im Hinblick auf die Insolvenz mit anschließender Auflösung der ***8*** GmbH (Primärschuldnerin) nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können.

Als Vertreter der Primärschuldnerin oblag es dem Bf., den abgabenrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere der Abgabenentrichtung nachzukommen.

Wenn der Bf. in seiner Beschwerde ausführt, dass er für alle Angestellten der ***8*** GmbH nach Maßgabe der bezahlten Löhne sowohl Kommunalsteuer als auch Dienstgeberabgabe abgeführt habe, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass aus den vorliegenden Bilanzen für die Jahre 2008 bis 2010 jeweils im Verrechnungskonto des Bf. eine Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Bf. ersichtlich ist. Entnahmevorgänge des Geschäftsführers werden auf der Ebene der Körperschaft buchhalterisch im Wege von Verrechnungskonten erfasst. Diese Entnahmevorgänge stellen sonstige Vergütungen jeder Art dar, die von der Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre Beschäftigung gewährt werden.

Auch die Verbindlichkeiten der ***8*** GmbH "Verrechnungskonto GSVG" stellen einen Vorteil des Bf. gegenüber den anderen Dienstnehmern der Gesellschaft dar, weil die ***8*** GmbH die Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers (Bf.), welche dieser selbst hätte tragen müssen, entrichtet hat. Insoweit stellen die bilanzmäßigen Ansätze der ***8*** GmbH betreffend die Verrechnungskonten des Bf. und GSVG Arbeitslöhne iSd § 5 KommStG 1993 dar und sind in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzubeziehen.

Hinsichtlich des Zeitraums 1-12/2011 sowie 1-4/2012 wurden seitens des Bf. keine Jahresabschlüsse der ***8*** GmbH vorgelegt, sodass die belangte Behörde eine schätzungsweise Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in Anlehnung an die Vorjahre, vorgenommen hat.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen; dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gegenstand der Schätzung sind nach Ritz, BAO5, Rz 1 zu § 184 BAO und den dort zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs die Besteuerungsgrundlagen oder ein Teil hievon, nicht jedoch die Abgabenhöhe (). Die Schätzungsbefugnis erstreckt sich neben dem Sachverhalt der Höhe nach auf den Sachverhalt dem Grunde nach (). Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird ().

Basierend auf diesen rechtlichen Ausführungen ist das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis gelangt, dass bei der gegebenen Sachlage an der Schätzungsberechtigung dem Grunde nach kein Zweifel bestehen kann, zumal es am Bf. gelegen wäre, die wegen Nichtvorlage der Jahresabschlüsse der ***8*** GmbH für die Jahre 2011 und 2012 erfolgte Schätzung durch die Vorlage der fehlenden Jahresabschlüsse zu verhindern. Der Einwand, wonach die erfolgte Schätzung auf falschen Ausgangswerten beruhe und ein falsches Ergebnis der abzuführenden Abgaben ergäbe, geht somit ins Leere.

Betreffend die Schätzung der Höhe nach ist festzustellen, dass die belangte Behörde bei ihrer Schätzung vom Vorjahr ausgegangen und für das Jahr 2011 betreffend das Verrechnungskonto einen Betrag in Höhe von 23.000,00 Euro und das Verrechnungskonto GSVG einen Betrag in Höhe von 6.000,00 Euro angesetzt hat. Während die geschätzten Werte für das Jahr 2011 für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar sind, ist die Schätzung für das Jahr 2012 im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vom (Beschwerdesache ***7***) seitens der belangten Behörde bekanntgegebenen korrigierten Werte betreffend die Verrechnungskonten richtig zu stellen. Als Basiswerte für das Verrechnungskonto des Bf. und das Verrechnungskonto GSVG werden die Werte des Vorjahres (23.000,00 Euro und 6.000,00 Euro) herangezogen und anteilig für vier Monate angesetzt. Dies ergibt eine Hinzurechnung für das Verrechnungskonto des Bf. in der Höhe von 7.666,67 Euro und für das Verrechnungskonto GSVG in der Höhe von 2.000,00 Euro.

Die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer, der Haftungsbetrag des Bf. und der Säumniszuschlag werden wie folgt angepasst:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2008
2009
2010
2011
01-04/2012
von [...] GmbH erklärte BMG
83.039,33
99.470,33
41.321,33
27.599,67
0,00
Verrechnungskonto Bf.
15.231,00
22.584,72
23.758,92
23.000,00
7.666,67
Verrechnungskonto GSVG
1.168,07
5.559,65
7.366,41
6.000,00
2.000,00
BMG NEU
99.438,40
127.614,70
72.446,66
56.599,67
9.666,67
davon 3% KommSt
2.983,15
3.828,44
2.173,40
1.697,99
290,00
von [...] GmbH entrichtete Beträge
-2.491,18
-2.984,11
-1.239,64
-561,22
0,00
Haftung des Bf. § 6a KommStG
491,97
844,33
933,76
1.136,77
290,00
davon 2 % Säumniszuschlag
9,84
16,89
18,68
22,74
5,80

Der Bf. war somit für einen Gesamtbetrag in der Höhe von 3.780,78 Euro zur Haftung heranzuziehen.

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer sowie die Höhe der in diesem Zusammenhang von der Primärschuldnerin eingezahlten Steuerbeträge stellen nicht über den Einzelfall hinausgehende Sachverhaltsfragen dar. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400173.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at