Begrenzung der SV-Rückerstattung und damit der Negativsteuer sowie Kürzung des Erstattungsbetrages um eine Ausgleichszulage gem.§ 33 Abs. 8 Zif. 3 EStG 1988
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 beantragte die Bf. die Berücksichtigung des Familienbonus Plus und erklärte, dass sie monatliche Unterhaltszahlungen von € 302,77 leiste.
Mit dem am ergangenen Einkommensteuerbescheid wurde die Einkommensteuer mit 0,00 festgesetzt und in der Begründung ausgeführt:
"Wir können keine Rückerstattung der Sozialversicherung durchführen (§ 33 Abs. 8 Z 3 Einkommensteuergesetz 1988).
Der Grund: Ihre steuerfreie Ausgleichs- oder Ergänzungszulage (§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. F Einkommensteuergesetz 1988) zur Pension in Höhe von 910,84 Euro übersteigt den Betrag, den wir berücksichtigen können.
Wir nehmen keine Rückerstattung vor, da nur Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbeträge oder SoziaIversicherungsbeiträge rückerstattet werden können."
Dagegen brachte die Bf. eine Beschwerde mit folgender Begründung ein:
"Jedes Jahr habe ich Probleme wie sie sehen können!!
Ich muss jedes Jahr um Korrektur bitten das sie sich meine Arbeitnehmerveranlagung nochmal ansehen.
Auch diesmal bitte nochmal ansehen
Ich habe eine Tochter zahle dafür Allimente sie wohnt nicht im selben Haushalt!!"
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die nochmalige Überprüfung des Einkommensteuerbescheides 2019 habe dessen rechnerische und inhaltliche Richtigkeit ergeben. Dass es trotz Berücksichtigung des beantragten Familienbonus zu keiner Gutschrift kam, liege daran, dass die steuerfreie Ausgleichs- oder Ergänzungszulage zur Pension in Höhe von € 910,84 Euro, den Betrag an Sozialversicherung, der berücksichtigt werden könnte, übersteigt.
Ein gegebenenfalls zu erstattender Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrages stünde im Fall der Bf. nicht zu, der Unterhaltsabsetzbetrag stelle kein Tatbestandsmerkmal für eine zu erfolgende Rückerstattung dar.
Daraufhin reichte der Bf. am folgende als Vorlageantrag gewertete Eingabe via Finanzonline ein:
"Weil ich Allimente zahle und mein Kind erst heuer am Jahre wird nicht bei mir wohnt sondern bei ihren Vater steht mir die hälfte Familien Bonus zu.
Es steht mir gesetzlich zu! Oder nimmt mir das Finanzamt das Geld der Allimente und den Familienbonus weg!! Das kann es doch nicht sein!! Bitte um sofortige Korrektur. Danke im.v."
Es wurde erwogen:
§ 33 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung lautet:
"(1) Die Einkommensteuer beträgt jährlich
für die ersten 11 000 Euro 0%
für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro 25%
für Einkommensteile über 18 000 Euro bis 31 000 Euro 35%
für Einkommensteile über 31 000 Euro bis 60 000 Euro 42%
für Einkommensteile über 60 000 Euro bis 90 000 Euro 48%
für Einkommensteile über 90 000 Euro 50%
Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz in den Kalenderjahren 2016 bis 2020 55%.
(2) Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:
1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.
2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.
[…]
(8) 1. Ergibt sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.
2. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5, höchstens aber 400 Euro jährlich rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 haben, sind höchstens 500 Euro rückzuerstatten.
3. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, höchstens aber 110 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f.
4. Auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte sind für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer gemäß Z 1 bis 3 wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln. Der Kinderabsetzbetrag gemäß Abs. 3 bleibt bei der Berechnung außer Ansatz.
5. Die Erstattung erfolgt im Wege der Veranlagung gemäß § 41 und ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten Einkommensteuer unter null begrenzt."
Gegenständlich wurde der von der Bf. beantragte Familienbonus Plus antragsgemäß gewährt. Der Familienbonus Plus ist nach § 33 Abs. 2 EStG 1988 als erster Absetzbetrag von der auf Grund des Einkommensteuertarifs errechneten Steuer abzuziehen. Er kann jedoch maximal bis zum Betrag der tarifmäßigen Steuer - hier € 106,12 - in Ansatz gebracht werden. Durch den Familienbonus Plus kann somit kein Steuerbetrag unter null zu Stande kommen. Dies entspricht der Logik, dass es sich beim Familienbonus Plus um eine Steuerentlastung handelt und nicht um eine davon unabhängige Förderung.
Durch andere Absetzbeträge (etwa den Verkehrsabsetzbetrag oder den Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag) kann es weiterhin zu einer Einkommensteuer unter null und zu einer SV-Rückerstattung oder einer Erstattung des Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 kommen.
Im Beschwerdefall stehen der Unterhaltsabsetzbetrag und der Pensionistenabsetzbetrag zu. Diese Absetzbeträge berechtigen nicht zu einer Gutschrift (zum Unterhaltsabsetzbetrag vgl zB , 0125, 2000, 8), können aber indirekt eine Gutschrift ermöglichen (Steuer auf null oder ins Minus bringen).
Liegt die Eigenpension (inkl. eventueller zusätzlicher Einkünfte) unter dem sogenannten "Ausgleichszulagenrichtsatz", besteht Anspruch auf eine Aufstockung auf diesen Betrag. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit f EStG 1988 sind Ausgleichs- oder Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden, im Unterschied zur Eigenpensionen steuerfrei. Dies führt in manchen Fällen dazu, dass Personen mit niedriger Eigenpension ein höheres Nettoeinkommen haben als solche, die aufgrund ihrer Beitragsleistungen eine höhere Eigenpension erworben haben (siehe dazu Rainer in ÖStZ 23/2009, 1127). Aufgrund der Steuerbefreiung für Ausgleichszulagen ist eine ermittelte SV-Gutschrift durch die Ausgleichzulage zu kürzen, womit eine doppelte steuerliche Begünstigung vermieden werden soll.
Im Fall der Bf. ergibt sich eine sogenannte Negativsteuer von € 750,40. Die Negativsteuer wird aber nicht in voller Höhe erstattet, vielmehr ist die Höhe der Gutschrift mit einem bestimmten Prozentsatz der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung limitiert und zusätzlich durch einen Absolutbetrag begrenzt (Doralt, EStG18, § 33 Rz 91).
Die Sozialversicherungsbeiträge für die laufenden Pensionsbezüge werden im Lohnzettel für das Jahr 2019 mit € 769,02, die Sozialversicherungsbeiträge für die sonstigen Bezüge mit € 109,86 angegeben; insgesamt betragen daher die Sozialversicherungsbeiträge gegenständlich € 878,88, woraus sich ein Erstattungslimit von € 439,44 € (50 %) ergäbe. Der Gesetzgeber hat in § 33 Abs. 8 Zif. 3 EStG 1988 die maximale Höhe des Erstattungsbetrages aber darüber hinaus mit € 110,00 absolut begrenzt. Hinzu kommt im Fall der Bf., dass sie eine steuerfreie Ausgleichszulage zu ihrer Pension von € 910,84 bezieht. Da diese den maximal zustehenden Erstattungsbetrag von € 110,00 übersteigt, konnte eine Rückerstattung gesetzeskonform nicht erfolgen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Begrenzung der maximalen Höhe der SV-Rückerstattung und damit der Negativsteuer mit € 110 Euro sowie die Kürzung des Erstattungsbetrages um eine Ausgleichszulage ergibt sich aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 33 Abs. 8 Zif. 3 EStG 1988 in der für das Veranlagungsjahr 2019 anzuwendenden Fassung. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ). Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102047.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at