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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2020, RV/7105281/2019

Rückzahlung der österreichischen Abzugssteuer bei gewerbsmäßiger Arbeitskräfteüberlassung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Mag. Renate Schohaj und die weiteren Senatsmitglieder Dr. Hans Blasina, Mag. Andrea Prozek, Wirtschaftskammer für Niederösterreich, KR Michael Fiala, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, im Beisein der Schriftführerin Andrea Newrkla, in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Steuerberatung, gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend den Antrag auf Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer für das Jahr 2012, Evidenznummer, in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.), ein niederländisches Unternehmen zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, hat der X GmbH & Co KG in Österreich im Zeitraum von März 2012 bis November 2012 Arbeitskräfte zur Arbeitsverrichtung überlassen. Die vom Beschäftigerbetrieb X GmbH & Co KG angemieteten Arbeitskräfte hielten sich jeweils weniger als 183 Tage im Kalenderjahr 2012 in Österreich auf.

Für diese Arbeitskräfte wurde in Österreich keine Lohnsteuer abgeführt. X GmbH & Co KG hat jedoch Abzugsteuer gemäß § 99 iVm §§ 100, 101 EStG einbehalten und an das zuständige österreichische Finanzamt abgeführt.

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin (Bf.) einen Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer in der Höhe von 80.494,10 Euro, welche für die Tätigkeit der überlassenen Arbeitnehmer im Jahr 2012 in Österreich abgeführt wurde.

Mit Bescheid der Abgabenbehörde vom wurde der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, folgende Mängel bis zum zu beheben, andernfalls das Anbringen vom als zurückgenommen gelte:

Vorlage folgender Unterlagen:

-) ZS-RD1 vom ausländischen Finanzamt bestätigt

-) die zum Antrag zugehörigen Rechnungen

-) Lohnkonten der eingesetzten Dienstnehmer oder eine Lohnverrechnung nach österreichischen Vorschriften (Führung eines Lohnkontos gemäß § 76 EStG), wenn diese nicht vorgelegt werden kann, wird die Steuer auf die Löhne im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt

-) Zeitnachweise der Dienstnehmer

-) Vollmacht.

Mangels fristgerechter Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages erklärte die belangte Behörde den Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer für das Jahr 2012 mit Bescheid vom als zurückgenommen.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Aufhebung des Bescheides über die Gegenstandsloserklärung des Rückzahlungsantrages sowie die Beurteilung der Vorlage der in der Folge genannten Unterlagen als rechtzeitig:

-) Von der ausländischen Finanzbehörde bestätigte Ansässigkeitsbescheinigung

-) Übersicht der Rechnungen mit Rechnungs-Nummer und Datum als Grundlage für die Abzugsbesteuerung

-) Die Abzugssteuer sei bei der X GmbH & Co KG (als Beschäftiger) im Rahmen einer Betriebsprüfung mit beiliegendem Haftungsbescheid vorgeschrieben und von dieser an das Finanzamt entrichtet worden. Der Haftungsbescheid umfasse die Abzugssteuer für ***1*** und ***2*** B.V. und sei von der Betriebsprüfung auf Basis der ebenfalls beiliegenden Excel-Liste festgesetzt worden.

-) Wie aus beiliegender Liste ersichtlich sei, hätten die Mitarbeiter alle unter 183 Tagen in Österreich gearbeitet, weswegen keine österreichische Lohnsteuerpflicht entstanden sei. Der Erlass vom sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Arbeitskräftegestellung bereits Ende 2012 beendet worden sei.

Mit Bescheiden vom hob die belangte Behörde einerseits den Bescheid vom , betreffend Zurücknahme des Antrages auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer für das Jahr 2014 (gemeint wohl 2012), auf und gab andererseits dem Antrag vom auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO in der Höhe von 80.494,10 Euro - unter Abweisung des Mehrbegehrens in der Höhe von 39.563,98 Euro - hinsichtlich folgender Abgaben statt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Jahr
Höhe in Euro
Abzugsteuer
2014
40.930,12
Anspruchszinsen
2014
2.066,32

Summe:42.944,44

Mit Eingabe vom erhob die Bf. rechtzeitig Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO. Begründend führte sie aus, dass sie in der nachträglich vom Finanzamt als Betriebsstätte qualifizierten Tätigkeit der X GmbH & Co KG in Österreich Leihpersonal in der Zeit von März 2012 bis November 2012 überlassen habe. Wie aus den bereits vorgelegten Unterlagen hervorgehe, sei keiner der Leiharbeitnehmer länger als 183 Tage in Österreich beschäftigt gewesen.

Im nunmehr ergangenen Rückzahlungsbescheid der von der X GmbH & Co KG einbehaltenen Abzugssteuer sei unter Hinweis auf das VwGH Erkenntnis vom , 2009/13/0031 unterstellt worden, dass die Arbeitslöhne der überlassenen Leiharbeiter in Österreich lohnsteuerlich zu erfassen gewesen wären und daher nur der auf die Gewinnkomponente der Verleihfirma entfallende Anteil von der 20% Abzugssteuer entlastet sei.

Festzuhalten sei, dass die Überlassung im November 2012 lange vor Ergehen des oben angeführten VwGH-Erkenntnisses beendet gewesen sei. Die Gesellschaft habe daher zurecht davon ausgehen können, dass die bisherige Rechtsauffassung, dass nämlich eine Lohnbesteuerung in Österreich unterbleibe, solange sich die Leiharbeitskräfte nicht länger als 183 Tage in Österreich aufhielten, zur Anwendung komme.

Die vom VwGH im oa. Erkenntnis vertretene Rechtsansicht habe in der Folge auch im Erlass vom , BMF-010221/0362-VI/8/2014, Eingang gefunden, wobei auch hier ausdrücklich festgehalten worden sei, dass diese neue Rechtsinterpretation auf alle im Zeitpunkt der Kundmachung des Erlasses offenen Fälle anzuwenden sei. Die Tätigkeit der Leiharbeitskräfte sei zu diesem Zeitpunkt aber schon längst beendet gewesen.

Es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass auf einen bereits verwirklichten Sachverhalt, der nicht mehr beeinflusst werden könne, nachträglich eine geänderte Gesetzesinterpretation angewendet werde.

Die Bf. beantragte daher die Aufhebung des oa. Bescheides sowie die Rückzahlung der restlichen 39.563,98 Euro. Zudem wurde die Entscheidung durch den Senat sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage der Monatslohnkonten gemäß § 76 EStG der überlassenen Dienstnehmer für den Leistungszeitraum, für den die österreichische Abzugsteuer eingehalten wurde sowie um Übermittlung der Stundenaufzeichnungen der einzelnen überlassenen Dienstnehmer und deren Stundensätze.

Mit Eingabe vom teilte die Bf. mit, dass die angeforderten Unterlagen nicht verfügbar seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Nach bewilligter Fristverlängerung beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Ergänzend wurde dazu ausgeführt, dass in der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen werde, dass die im Erlass über die Änderung bei der steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Arbeitskräftegestellung angeführte Inkrafttretensregelung auf im Zeitpunkt der Kundmachung offene Fälle der Rückerstattung und nicht auf die Beendigung der Tätigkeit der überlassenen Arbeitskräfte abzustellen sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass sich dieser Erlass ausschließlich mit der neu entstandenen Steuerpflicht durch die geänderte Auslegung des Begriffes Arbeitgeber durch den VwGH auseinandersetze und daher auch beim Inkrafttreten nur auf eine daraus resultierende Lohnsteuerpflicht Bezug nehmen könne.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die Bf. auf, den wegen Nichterfüllung des § 250 Abs. 1 lit. a BAO vorliegenden Mangel der Beschwerde vom innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben. Bei dem angefochtenen Bescheid handelte es sich um einen kombinierten Bescheid (Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO und Rückzahlungsbescheid für im Abzugswege entrichtete Abgaben). Während die Bf. in ihrer Beschwerde vom zwar ausdrücklich den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO bekämpfte, richtete sich hingegen das gesamte Beschwerdebegehren gegen den Rückzahlungsbescheid.

Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass im angefochtenen Bescheid vom offensichtlich ein Schreibfehler vorliege, zumal darin über das Jahr 2014 abgesprochen wurde, während der Antrag vom die Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für das Jahr 2012 begehrte.

Mit Eingabe vom teilte die Bf. mit, dass sich ihre Beschwerde vom gegen den Rückzahlungsbescheid für im Abzugswege entrichtete Abgaben vom - und nicht gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO - richte. Die Bf. stellte daher den Antrag, den Rückzahlungsbescheid für im Abzugswege entrichtete Abgaben aufzuheben und auch die restliche entrichtete Abzugssteuer 2012 in der Höhe von 39.563,98 Euro rückzuerstatten.

In der mündlichen Verhandlung brachte die steuerliche Vertreterin der Bf. zur Konkretisierung des Sachverhaltes vor, dass die X GmbH & Co KG ein deutsches Unternehmen mit Betriebsstätte in Österreich sei, welche Rohöltests durchführe. Dieses Projekt sei für einen Zeitraum vom fünf Monaten vorgesehen gewesen. Es sei jedoch zu Verzögerungen gekommen, sodass eine Betriebsstätte in Österreich eröffnet worden sei. In der Folge habe eine Lohnsteuerprüfung stattgefunden. Der steuerlichen Vertreterin sei das VwGH Erkenntnis vom , 2009/13/0031, bekannt. Da der dazu ergangene Erlass des BMF jedoch ausführe, dass das VwGH Erkenntnis nur auf offene Fälle anwendbar sei, fühle sich die Bf. in Treu und Glauben verletzt. In den Niederlanden sei die Lohnsteuer abgeführt worden, was nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.

In der Folge führte der Vertreter des Finanzamtes aus, dass er bei der Ansicht bleibe, dass die Steuerpflicht bezüglich der Löhne in Österreich gegeben sei. Der Erlass des BMF führe zwar aus, dass die neue Rechtsansicht des VwGH auf alle offenen Fälle anzuwenden sei, mit offenen Fällen seien jedoch die unerledigten Anträge auf Rückzahlung und nicht das Verhältnis zwischen Arbeitnehmerverleiher und -beschäftiger gemeint.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die Bf. ist ein niederländisches Unternehmen zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Verleiher). Im Zeitraum von März 2012 bis November 2012 hat sie der X GmbH & Co KG (Entleiher) in Österreich Arbeitskräfte zur Arbeitsverrichtung für eine jeweils unter 183 Tage dauernde Tätigkeit zur inländischen Arbeitsverrichtung überlassen. Für diese Arbeitskräfte wurde in Österreich keine Lohnsteuer abgeführt.

Gemäß § 4 (Vergütung) des zwischen der Bf. und der X GmbH & Co KG abgeschlossenen Rahmenarbeitnehmerüberlassungsvertrages vom hat der Entleiher dem Verleiher für jeden Leiharbeitnehmer die für diesen vereinbarte Vergütung/Stundensatz zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen (§ 4 Abs. 1). Die Abrechnung der Leistungen erfolgt nach vereinbarten Stundensätzen aufgrund der vom Entleiher unterzeichneten Nachweise (§ 4 Abs. 2).

Für die Tätigkeit der überlassenen Leiharbeiter hat X GmbH & Co KG (Entleiher) in Österreich Abzugsteuer gemäß § 99 EStG einbehalten, deren Rückzahlung die Bf. begehrt.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) grundsätzlich nur im Falle einer inländischen Betriebstätte, eines im Inland bestellten ständigen Vertreters oder im Inland vorliegenden unbeweglichen Vermögens. Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist. Dies bedeutet, dass ein Arbeitskräfteüberlasser - sofern er Steuerausländer ist - hinsichtlich der an ihn für die Überlassung von im Inland tätigen Personal geleisteten Gestellungsvergütungen beschränkt steuerpflichtig ist.

Gemäß § 99 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer). § 99 Abs. 1 Z 5 EStG normiert bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung einen Steuerabzug von 20% (§ 100 Abs. 1 Satz 1 EStG) der Bruttoeinnahmen, wobei der Schuldner der Einkünfte (also der Gestellungsnehmer, der inländische Beschäftiger) für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabsetzbeträge haftet.

Nach dieser innerstaatlichen Rechtslage ist somit bei gegebener Sachlage zweifelsfrei davon auszugehen, dass die in Frage stehenden Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG) unterliegen und die Einkommensteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug zu erheben war.

Primär hängt die Verpflichtung zur Vornahme eines Steuerabzuges zwar davon ab, wie die Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung nach originär innerstaatlichem Recht zu beurteilen sind. In einem zweiten Schritt ist jedoch zu klären, ob das österreichische Besteuerungsrecht aufgrund der Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl 1971/191 idF BGBl 1991/18, III 2003/14, III 2009/66, III 2010/44 (in der Folge DBA Niederlande), eingeschränkt oder aufgehoben wird.

Artikel 16 DBA Österreich - Niederlande lautet:

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten aufhält und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Mit seinem Erkenntnis vom , 2009/13/0031, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass Artikel 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR (welcher inhaltlich Artikel 16 Abs. 2 lit. b DBA Niederlande entspricht) für einen in Österreich ansässigen Arbeitnehmer mit Einkünften aus einer in der Slowakei ausgeübten Tätigkeit das ausschließliche österreichische Besteuerungsrecht davon abhängig macht, dass "die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden", der nicht in der Slowakei ansässig ist. Durch diese Einschränkung soll nach hM sichergestellt werden, dass der Tätigkeitsstaat sein Recht zur Besteuerung auch bei einer unter 183 Tage dauernden Tätigkeit behält, wenn die gezahlte Vergütung den Gewinn eines seiner Steuerhoheit unterliegenden Unternehmens geschmälert hat. Entscheidend ist demnach, dass die Vergütung vom nicht im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber getragen und nicht bloß an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird (vgl. Zehetner/Dupal, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer (Hrsg.), Wien 2003, S. 141 f, mwN, und z.B. das Urteil des Bundesfinanzhofes vom , I R 46/03, BStBl. 2005 II S. 547, der - in Bezug auf DBA-Bestimmungen, die mit der hier anzuwendenden vergleichbar sind - wiederholt ausgesprochen hat, dass Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere natürliche oder juristische Person sein kann, die die Vergütungen für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt; vgl. auch Giesinger, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, SWI 2010, S. 3 ff).

Da die überlassenen Leiharbeitnehmer im gegenständlichen Fall weniger als 183 Tage in Österreich aufhältig waren, macht demnach Artikel 16 Abs. 2 lit. b DBA Niederlande das ausschließliche niederländische Besteuerungsrecht für die in den Niederlanden ansässigen Dienstnehmer hinsichtlich ihrer Einkünfte aus der in Österreich ausgeübten Tätigkeit davon abhängig, dass die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt wurden, der nicht in Österreich ansässig ist. Wurden die Vergütungen hingegen von einem in Österreich ansässigen Arbeitgeber getragen, behält der Tätigkeitsstaat Österreich sein Recht zur Besteuerung auch bei einer unter 183 Tage dauernden Tätigkeit.

Der Begriff des - wirtschaftlichen - Arbeitgebers ist im Rahmen des DBA-Rechts abkommensautonom - und nicht nach nationalem Recht - zu interpretieren (vgl. zum inhaltlich entsprechenden Artikel 15 Abs. 2 lit. b DBA-Portugal). Entscheidend ist, ob die Vergütung vom im Wohnsitzstaat ansässigen Arbeitgeber getragen und nicht bloß an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird (vgl. in diesem Sinne zu Artikel 15 Abs. 2 lit. b DBA CSSR, der inhaltlich Artikel 16 Abs. 2 lit. b DBA Niederlande entspricht).

Wie aus § 4 des zwischen der Bf. und der X GmbH & Co KG abgeschlossenen Rahmenarbeitnehmerüberlassungsvertrages vom zu entnehmen ist, wurden im Beschwerdefall die Lohnkosten für die Leiharbeitnehmer an X GmbH & Co KG weiterverrechnet und somit vom inländischen Beschäftigungsunternehmen getragen. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/13/0031, ist die österreichische Gesellschaft daher als wirtschaftlicher Arbeitgeber im abkommensrechtlichen Sinne anzusehen.

Daraus folgt, dass die Vergütungen aus der internationalen Arbeitskräftegestellung im Tätigkeitsstaat Österreich zu besteuern sind, wobei die Dauer des Aufenthaltes im Tätigkeitsstaat ohne Belang ist.

Sofern die Bf. eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben darin erblickt, dass auf einen bereits verwirklichten Sachverhalt, der nicht mehr beeinflusst werden kann, nachträglich eine geänderte Gesetzesinterpretation angewendet wird, ist dazu zunächst festzuhalten, dass dieser Grundsatz nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; , 2002/13/0104; , 2008/15/0049) nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit schützt; die Behörde ist verpflichtet, von einer gesetzwidrige erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. Ritz, Rz 9 zu § 114). Dieser Grundsatz ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften (z.B. ; , 2008/15/0054; , 2007/15/0253) und insbesondere nur bei Vorliegen eines Vollzugsspielraumes (vgl. z.B. ; , 2006/15/0217; ) zu berücksichtigen.

Der Verwaltungsgerichtshof schützt jedenfalls kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen (; , 95/14/0035; , 94/13/0045; , 99/15/0119; , 2007/15/0253), sondern nur von Auskünften im Einzelfall (vgl. Ritz, Rz 10 zu § 114).

Abgesehen davon, dass im Beschwerdefall schon keine unrichtige Rechtsauskunft einer Abgabenbehörde vorliegt, kommt der vom Bf. angesprochene Grundsatz von Treu und Glauben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nur unter den oben genannten, ganz bestimmten - im Beschwerdefall nicht gegebenen Voraussetzungen - zum Tragen.

Es müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der zuständigen Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt (vgl. etwa die Erkenntnisse des , und vom , 94/15/0104).

Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er im Vertrauen auf die Auskunft bestimmte Besteuerungstatbestände verwirklicht habe, die er ohne die gegenständliche Auskunft nicht verwirklicht hätte.

Überdies kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. das Erkenntnis des ). Ein solcher Vollzugsspielraum bestand bei der Festsetzung der Einkommensteuer nicht.

Auch deswegen vermag der angesprochene Grundsatz der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Ob der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , BMF-010221/0362-VI/8/2014, von der Finanzverwaltung auf den vorliegenden Streitfall anzuwenden war oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da dieser Erlass mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt lediglich einen Auslegungsbehelf darstellt, welcher im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen zu den Änderungen bei der steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Arbeitskräftegestellungen im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () wiedergibt. Das Bundesfinanzgericht ist daran nicht gebunden.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sachverhaltsfragen sind der ordentlichen Revision nicht zugänglich. Die Frage, wie der Begriff des wirtschaftlichen Arbeitgebers im DBA-Recht auszulegen ist, wurde durch die angeführte Rechtsprechung geklärt. Das Bundesfinanzgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen (, zum gleich lautenden Artikel 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR); es liegt damit keine grundsätzliche Rechtsfrage vor. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erweist sich damit als nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 16 Abs. 2 lit. b DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971
§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105281.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at