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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 22.10.2020, RV/7106436/2019

Säumniszuschlag: Antrag auf Aussetzung des Säumniszuschlagsverfahrens gemäß § 271 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***1***, die Richterin Ri sowie die fachkundigen Laienrichter L1 und L2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Baldinger & Partner Unternehmens- und Steuerberatung GmbH, Ferrogasse 35, 1180 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen zur Kapitalertragsteuer 01-12/2013, 01-12/2014, 01-12/2015, 01-12/2016, 01-12/2017 und 01-12/2018, Abgabenkontonummer 09, nach der am in Anwesenheit des Vertreters des Abgabepflichtigen, V1, des steuerlichen Vertreters V2, der Vertreterin der Abgabenbehörde, V3, sowie der Schriftführerin S durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Nach einer Außenprüfung (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , GBp Nr. 09) setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) mit den Bescheiden vom Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2013 bis 2018 in der Gesamthöhe von 959.149,47 Euro fest.

Mit dem hier angefochtenen (Sammel-)Bescheid vom setzte das Finanzamt erste Säumniszuschläge für Kapitalertragsteuer 01-12/2013, 01-12/2014, 01-12/2015,
01-12/2016, 01-12/2017 und 01-12/2018 in der Höhe von insgesamt 19.183 Euro fest.

Im Schriftsatz vom beantragte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter die Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides und begründete dies damit, dass die Festsetzung der Säumniszuschläge Folge einer beim Bf. durchgeführten Betriebsprüfung seien. In dieser sei durch den Prüfer eine falsche Tatsachenwürdigung erfolgt. Die Festsetzung von Kapitalertragsteuern aufgrund des Ausscheidens von betrieblichen Vermögensgegenständen (Bankkonten und Wertpapierkonten) und den damit zusammenhängenden Kapitalerträgen aus der betrieblichen Unternehmenssphäre sei zu Unrecht erfolgt. Die Festsetzungsbescheide Kapitalertragsteuer2013 bis 2018 sowie die davon abgeleiteten Säumniszuschlagsbescheide würden daher wegen Rechtswidrigkeit angefochten. Auf die detaillierte Begründung in der Beschwerde gegen die Festsetzung der Kapitalertragsteuer vom werde verwiesen.

Der Bf. beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gemäß § 262 BAO, die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht im Dezember 2019 zur Entscheidung vor.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter des Bf. vor,
1. stelle sich die Frage, ob die Verschiebung der Vermögenswerte durch die Betriebsprüfung in die nichtbetriebliche Sphäre gerechtfertigt war,
2. sei es eine grundsätzliche Frage, ob Wertgegenstände dem Betrieb gewerblicher Art zugeordnet werden können und
3. werde im vorliegenden Fall in der Sache die pauschale Zuteilung der Vermögenswerte durch die BP in die verschiedenen Sphären bekämpft.
Es handle sich in der Sache um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die so rasch wie möglich einer Klärung zugeführt werden müsse.
Der Vertreter des Bf. legte die Stellungnahme vom zur beschränkten Steuerpflicht von Kapitalerträgen zur Untermauerung vor, dass nach Ansicht des Bf. zunächst über das Problem der beschränkten Steuerpflicht der Kapitalerträge entschieden werden solle und beantragte die Aussetzung des Verfahrens über die Säumniszuschläge gemäß § 271 BAO. In der Sache wurde die Stattgabe der Beschwerde beantragt.

Die Vertreterin des Finanzamtes führte aus, das Vorbringen des Bf. sei hinsichtlich der Festsetzung der Säumniszuschläge unerheblich. Die fälligen Abgaben seien nicht entrichtet worden. Eine Fehlberechnung liege nicht vor, weshalb die Abweisung der Beschwerde beantragt werde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gegenstand dieses Verfahrens sind die im Bescheid vom festgesetzten Säumniszuschläge zur Kapitalertragsteuer 2013 bis 2018 im Gesamtausmaß von 19.183 Euro.

Die Einhebung der Säumniszuschläge ist derzeit gemäß § 212a BAO ausgesetzt (Buchungsabfrage Abgabenkonto StNr. 09).

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge der Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten bei deren Fälligkeit (). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (). Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt auch kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (vgl. ; , 2009/17/0125).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraus, sondern nur den einer formellen Abgabenschuld, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssen (; ). Ein Säumniszuschlagsbescheid ist daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist ().

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen (vgl. ). Im Fall einer nachträglichen Abänderung oder Aufhebung des Abgabenbescheides ist jedoch von Amts wegen insoweit auch der Säumniszuschlag herabzusetzen oder aufzuheben (§ 217 Abs. 8 BAO).

Da der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung für den Fall einer späteren Änderung der Bemessungsgrundlage Vorsorge getroffen hat, kann die Entscheidung über die Festsetzung von Säumniszuschlägen rechtmäßig auch vor der Entscheidung über die den Säumniszuschlägen zu Grunde liegenden Abgaben erfolgen.

Was den Antrag des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung betrifft, die gegenständliche Sache gemäß § 271 BAO auszusetzen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Verfahren hinsichtlich Säumniszuschlägen nicht auszusetzen ist, um den Ausgang eines die Stammabgabe betreffenden Verfahrens abzuwarten, weil, wie bereits ausgeführt, für die Säumniszuschlagspflicht nur der Bestand einer formellen Abgabenschuld Voraussetzung ist (, 0105). Dem Antrag konnte daher nicht entsprochen werden. Daran ändert auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Stellungnahme zur beschränkten Steuerpflicht von Kapitalerträgen nichts, die ausschließlich Rechtsfragen des zu Grunde liegenden Abgabenverfahrens betrifft.

Da somit die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt und nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraussetzt, kommt sämtlichen Einwendungen des Bf. gegen die Festsetzung der Kapitalertragsteuer im Verfahren über die Festsetzung von Säumniszuschlägen keine Relevanz zu.

Die Fälligkeit der Abgaben ist in den jeweiligen Abgabenvorschriften geregelt.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (z.B. ; , 2002/16/0072), ob die Festsetzung rechtskräftig ist (z.B. ; , 2005/16/0240), ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (z.B. ).

Die gegenständlichen Säumniszuschläge waren festzusetzen, weil die Kapitalertragsteuern nicht spätestens an den Fälligkeitstagen , , , , und entrichtet wurden. Die einmal eingetretene Fälligkeit von Abgaben kann weder durch die Einbringung eines Rechtsmittels noch eines (rechtzeitigen) Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) oder Bewilligung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) beseitigt werden (vgl. ; Ellinger, ÖStZ 1988, 168; Arnold, WoBl 1998, 127).

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines
Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde, ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegen stünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nämlich nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages.

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; …..

Sollte der Beschwerde gegen die den Säumniszuschlägen zu Grunde liegenden Abgabenbescheiden (teilweise) stattgegeben werden, wären die Säumniszuschläge von Amts wegen herabzusetzen bzw. aufzuheben.

Die Festsetzung der angefochtenen Säumniszuschläge erfolgte daher - ungeachtet ihrer Herabzusetzung oder Aufhebung im Falle einer Abänderung oder Aufhebung der Kapitalertragbescheide 2013 bis 2018 - zu Recht.

Nicht vorgebracht wurde, dass der angefochtene Säumniszuschlagsbescheid rechtsunwirksam sei oder falsch berechnet wurde.

Da keine weiteren Gründe vorgebracht wurden, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Säumniszuschläge aufzuzeigen bzw. keine solchen Gründe aktenkundig sind, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Auf die oben zitierte ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106436.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at