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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.10.2020, RV/7103892/2020

Aufhebung eines Berichtigungsbescheides gemäß § 293 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom (hinsichtlich des Jahres 2014) und vom (hinsichtlich der Jahre 2015 und 2016) gegen die Berichtigungsbescheide gemäß § 293 BAO zu den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils vom des Finanzamtes Wien 2/20/21/22

zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in seinen ArbeitnehmerInnenveranlagungen für die Jahre 2014 bis 2016 unter der Kennzahl 455 Ausgaben (für die Jahre 2014 und 2015 jeweils ein Betrag von 5.000,00 € und für das Jahr 2016 ein Betrag von 9.000,00 €) für Versicherungsprämien als Sonderausgaben.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom hinsichtlich des Jahres 2014 wurde der Bf. aufgefordert, die Weiterversicherungen/Nachkauf Schulzeiten belegmäßig nachzuweisen.

In Beantwortung des Vorhaltes legte der Bf. den belegmäßigen Nachweis der Pensionsversicherungsanstalt über die eingezahlten Beiträge und den Zahlungsbeleg vor.

Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom , mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom und mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurden die Sonderausgaben im beantragten Ausmaß anerkannt.

Am ergingen sowohl hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2014 vom als auch hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2015 vom Berichtigungsbescheide gemäß § 293 BAO, in denen lediglich der Pauschbetrag in Höhe von 60,00 € als Sonderausgaben festgesetzt wurde. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die freiwillige Höherversicherung in der Pensionsversicherung unter der Kennzahl 455 zu erfassen sei.

Am erging hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2016 vom ein Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO, in dem die Versicherungsprämien als Topf-Sonderausgaben, eingeschliffen auf einen Betrag von 429,33 €, angesetzt wurden. Als Begründung wurde ausgeführt, dass Topf-Sonderausgaben ab dem Jahr 1996 nur zu einem Viertel berücksichtigt und bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 36.400 € eingeschliffen werden. Zusätzlich wurde darauf verwiesen, dass die freiwillige Höherversicherung in der Pensionsversicherung unter der Kennzahl 455 zu erfassen sei.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom hinsichtlich der Jahre 2015 und 2016 wurde der Bf. aufgefordert, die Weiterversicherungen/Nachkauf Schulzeiten belegmäßig nachzuweisen.

In Beantwortung des Vorhaltes legte der Bf. den belegmäßigen Nachweis der Pensionsversicherungsanstalt über die eingezahlten Beiträge und die Zahlungsbelege vor.

Der Bf. erhob innerhalb offener Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die Berichtigungsbescheide gemäß § 293 BAO und beantragte die Aufhebung der Berichtigungsbescheide, da er die Versicherungsbeiträge in den ArbeitnehmerInnenveranlagungen unter der richtigen Kennzahl, nämlich unter der Kennzahl 455, eingetragen habe. Folglich liege kein Grund für eine Berichtigung gemäß § 293 BAO vor.

Am wurde ein weiterer Berichtigungsbescheid gemäß § 293 hinsichtlich der Einkommensteuer 2015 vom (hierbei handelt es sich um den Berichtigungsbescheid zur Einkommensteuer 2015 vom ), in dem ein Viertel der Aufwendung für Personenversicherungen als Topf-Sonderausgaben in Höhe von 352,90 € anerkannt wurden. Als Begründung wurde ausgeführt, dass Topf-Sonderausgaben ab dem Jahr 1996 nur zu einem Viertel berücksichtigt und bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 36.400 € eingeschliffen werden. Zusätzlich wurde darauf verwiesen, dass die freiwillige Höherversicherung in der Pensionsversicherung unter der Kennzahl 455 zu erfassen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom betreffend Einkommensteuerbescheid 2014 wurde ein Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen in Höhe von 543,53 € anerkannt.

Die Beschwerde vom , eingelangt beim Finanzamt am gegen den Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO betreffend Einkommensteuer 2015 wurde mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom als unbegründet abgewiesen, da die Beschwerde bereits mit Bescheid gemäß § 293 BAO vom erledigt worden sei.

Die Beschwerde vom , eingelangt beim Finanzamt am gegen den Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO betreffend Einkommensteuer 2016 vom wurde als unbegründet abgewiesen, da die Beschwerde bereits mit Bescheid gemäß § 293 BAO vom erledigt worden sei.

Mit Schreiben, jeweils vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom , eingelangt beim Bundesfinanzgericht am zog der Bf. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. hat in seinen Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2014 und 2015 Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in die gesetzliche Pensionsversicherung in Höhe von jeweils 5.000,00 € und für das Jahr 2016 einen Betrag von 9.000,00 € unter der Kennzahl 455 geltend gemacht.

In den Einkommensteuerbescheiden wurden diese Beträge ursprünglich erklärungsgemäß veranlagt. Diese Bescheide wurden in der Folge gemäß § 293 BAO berichtigt und zunächst - hinsichtlich der Jahre 2014 und 2015 - lediglich der Pauschbetrag gewährt, für das Jahr 2016 wurden die Ausgaben als Topf-Sonderausgaben anerkannt. Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidungen wurden auch für die Jahre 2014 und 2015 die Ausgaben als Topf-Sonderausgaben anerkannt.

Im Vorlagebericht beantragt das Finanzamt die Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung der Berichtigungsbescheide, da diese unter einem falschen Verfahrenstitel ergingen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Akt des Finanzamtes.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 293 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

§ 293 BAO soll die Möglichkeiten schaffen, Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen. Unter Schreibfehler sind Abschreibfehler, Rechtschreibfehler, Verschreiben beim Namen oder Verschreiben bei einer Datumsangabe zu verstehen. Im gegenständlichen Fall liegt kein derartiger Fehler vor.

Rechenfehler sind Additionsfehler oder eine unrichtige Ablesung des Steuerbetrages aus der Einkommensteuertabelle oder bei einem Vertippen an einer Rechenmaschine. Auch liegt in diesem Fall kein Rechenfehler vor.

Andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende Unrichtigkeiten sind Fehler, die Schreib- und Rechenfehler sehr nahekommen, also Fehler in der Ausdrucksweise, nicht hingegen Fehler im Bereich des Zustandekommens und der Gestaltung des Bescheidwillens.

Ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Richtigkeiten sind zum Beispiel Fehler, die sich daraus ergeben, dass ein Finanzamt den Programmablauf, den sie mit einer bestimmten Eintragung in einem Eingabebogen auslöst, nicht kennt. Ein solcher Fehler kann auch eine auf dem Eingabebogen bei einer falschen Kennziffer erfolgte Eintragung sein.

Auch liegt in diesem Beschwerdefall kein derartiger Fehler vor, da der Bf. in seinen ArbeitnehmerInnerveranlagungen die beantragen Sonderausgaben unter der richtigen Kennzahl angemerkt hat und dementsprechend veranlagt wurde.

Nicht nach § 293 BAO berichtigbar sind Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen. Daher sind unrichtige rechtliche Beurteilungen und Fehler in der Beweiswürdigung keiner Berichtigung gemäß § 293 BAO zugänglich.

Im gegenständlichen Fall vermeinte die Abgabenbehörde, dass die Angaben des Bf. unrichtig rechtlich beurteilt worden seien, nämlich dass es sich bei den geltend gemachten Beiträgen für eine freiwillige Weiterversicherung in die gesetzliche Pensionsversicherungsanstalt um Topf-Sonderausgaben, die mit einem Viertel der Ausgaben beschränkt sind, handelt.

Ein derartiger Fehler der Behörde kann nicht mit dem Tatbestand des § 293 BAO saniert werden. Aus diesem Grund wurden die verfahrensgegenständlichen Berichtigungsbescheide zu den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016, jeweils vom zu Unrecht erlassen, weswegen sie aufzuheben waren.

Bemerkt wird, dass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die vom Bf. geltend gemachten und in Streit stehenden Sonderausgaben, nämlich Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in die gesetzliche Pensionsversicherung, in den verfahrensgegenständlichen Jahren betraglich unbegrenzt und ohne Anrechnung auf das Sonderausgaben-Pauschale abzugsfähig sind, sowie der Bf. in den Erstbescheiden (hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 mit Bescheid vom , hinsichtlich der Einkommensteuer 2015 mit Bescheid vom und hinsichtlich der Einkommensteuer 2016 mit Bescheid vom ) veranlagt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da die Frage der Anerkennung der Sonderausgaben nach den im Erkenntnis zitierten Bestimmungen und die Frage der Nachweisführung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurde.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103892.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at