Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2020, RV/7400035/2020

Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0108. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7400078/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch Dr. Matthias Klissenbauer, Trautsongasse 6, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe cht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom machte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, den Beschwerdeführer (Bf) als Haftungspflichtigen gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der ***2*** in der Höhe von Euro 923,54 für den Zeitraum Juni 2012 bis September 2013 und gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der ***2*** in der Höhe von Euro 99,45 für den Zeitraum Juni bis Dezember 2012 haftbar und führte zur Begründung wie folgt aus:

"Gemäß § 6a Abs. 1 des zitierten Kommunalsteuergesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

§ 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***3*** zur Zahl ***4*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Herr ***5*** war bis im Firmenbuch als Geschäftsführer der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und hat weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er hat somit die ihm als Geschäftsführer der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und ist daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf besteht, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Der Rückstand setzt sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rückstand
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
6-12/2012
835,37
Säumniszuschlag Kommunalsteuer
6-12/2012
18,27
Barauslagen
12/2012
8,70
Kommunalsteuer
1-9/2013
61,20
Dienstgeberabgabe
6-12/2012
99,45
Summe
1.022,99

Bemerkt wird:

Im Haftungsbetrag wurde die im Konkursverfahren der Gesellschaft erzielte Verteilungsquote in Höhe von 7,79% zur Gänze berücksichtigt.

Im Zeitraum Jänner bis Mai 2012 bestehen keine offenen Abgabenverbindlichkeiten. Der im Vorhalt vom angeführte Zeitraum 1-12/2012 stellt sich nach erneuter Durchsicht des Kontobildes als unrichtig heraus.

Nach dem Gleichheitsgrundsatz hat der Vertreter vorhandene Mittel zwar nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er darf allerdings auch nicht den Abgabengläubiger schlechter behandeln, als alle anderen Gläubiger; er darf also nicht andere Verbindlichkeiten vor den Abgabeschulden erfüllen. Sind zwar Geldmittel vorhanden, reichen sie aber nicht zur Deckung aller fälligen Verbindlichkeiten aus, müssen - damit dem Gleichheitsgrundsatz entsprochen wird - alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt werden (, 82/14/0070-0072).

Von einer anteiligen Begleichung kann nicht gesprochen werden, wenn z.B. die Löhne zur Gänze ausbezahlt werden und die Abgaben nicht entrichtet werden, denn zur Vermeidung eines haftungsrelevanten Verschuldens hätten die anfallenden Abgabenverbindlichkeiten zumindest anteilig entrichtet werden müssen und die Löhne nur in entsprechend geringerem Ausmaß ausbezahlt werden dürfen. ( ZI. 97/17/0144; , ZI. 99/14/0040).

Im gegenständlichen Fall wurden laut Aktenlage zwar die Löhne und Gehälter im Haftungszeitraum ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben wurden jedoch nicht entrichtet. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers hat der Haftungspflichtige somit seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

Mit Beschwerde vom brachte der Bf Folgendes vor:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es zwar Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Es wird jedoch andererseits nach dem VfGH (E 559/2014 vom ) das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt, wenn - insbesondere in Anbetracht des offenkundigen Umstandes, dass neben der betreffenden Abgabenschuld weitere Verbindlichkeiten im Konkursverfahren bestanden haben - ohne weiteres Ermittlungsverfahren davon ausgegangen wird, dass der Geschäftsführer für die Abgabenschuld zur Gänze hafte.

Wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung erkennt, darf die Nachweispflicht nicht überspannt und so aufgefasst werden, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre ().

Im gegenständlichen Fall wäre insbesondere leicht feststellbar gewesen, dass im Konkurs über das Vermögen der ***2*** Verbindlichkeiten von € 953.399,52 angemeldet wurden. Es wurden daher keineswegs alle anderen Gläubiger befriedigt, während das Magistrat im Vergleich dazu zu 100% benachteiligt worden wäre. Aus den Forderungsanmeldungen wäre auch einfach feststellbar gewesen, dass diese Verbindlichkeiten in den selben Zeiträumen angefallen sind, in denen auch die gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten entstanden sind.

Auch nach der Lebenserfahrung wird davon auszugehen sein, dass eine allfällige Benachteiligung zwar zum Teil vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgt ist, da die geforderte aliquote Bezahlung de facto nur selten erfolgt. Üblicherweise ist jedoch auch nicht anzunehmen, dass alle anderen Gläubiger vollständig bezahlt wurden, während das Magistrat überhaupt keine Zahlungen mehr erhalten hat, sodass sich die Haftung betragsmäßig auf den Betrag reduziert, der bei einer aliquoten Gläubigergleichbehandlung bezahlt worden wäre.

Wenn erhebliche sonstige Verbindlichkeiten nachweisbar vorhanden sind, ist jedenfalls im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur nicht zulässig, ohne weitere Ermittlungen von einer 100%igen Benachteiligungsquote auszugehen, sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund rechtswidrig Ist.

Hinsichtlich der Umstände des Einzelfalles ist weiters darauf hinzuweisen, dass der Abgabenschuldnerin mit Bescheid der MA 6 vom Zahlungserleichterungen gewährt wurden, sodass der Rückstand nicht mehr fällig war. Die Fälligkeit der Raten November und Dezember 2012 wurde mit Email der MA 61 Gruppenleiterstellvertreter ***6*** vom bis verlängert. Den Geschäftsführer traf bzw. trifft keine Verpflichtung, das Magistrat vor den anderen Gläubigern zu begünstigen und nicht fällige Verbindlichkeiten vorrangig zu bedienen.

Hintergrund dieser Zahlungsvereinbarung war, dass die Gesellschaft die betrieblichen Tätigkeiten bereits mangels Verfügbarkeit liquider Mittel im Mal 2012 vollständig eingestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt wurden daher auch keine anderen Gläubiger im Verhältnis zum Magistrat bevorzugt bzw. wäre dies mangels verfügbarer Mitte! auch nicht möglich gewesen.

Die Ratenzahlungen - nicht nur an das Magistrat, sondern auch an andere Gläubiger - erfolgten wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft nicht durch diese sondern bereits aus privaten Mitteln des Geschäftsführers, der aufgrund von erhofften Zahlungen, die jedoch letztlich nicht erfolgt sind, zu diesem Zeltpunkt noch davon ausging, eine Insolvenz der Gesellschaft unter Umständen allenfalls abwehren zu können.

Beweis: Kontoauszüge vom , ,

Es wird mangels Vorliegens der Haftungsvoraussetzungen daher beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. die Haftung auf € 0,- zu reduzieren."

Mit Vorhalt vom lud die belangte Behörde den Bf auf Grund der Beschwerde vom ein, der Magistratsabteilung 6 - Dezernat Abgaben und Recht - Referat Landes- und Gemeindeabgaben, eine monatliche Aufschlüsselung der Abgabenbeträge an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum Jänner 2012 bis September 2013, sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Jänner 2012 bis Oktober 2013 vorzulegen und führte wie folgt aus:

"Die Liquiditätsaufstellung hat für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit fällt:

Eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (fällt zwischen 16. des Vormonats und 15. des Fälligkeitsmonates) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum (fällt zwischen 16. des Vormonats und 15. des Fälligkeitsmonates) und eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonates).

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge hat nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (z.B. Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas, Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus ist eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) beizubringen. Weiters hat die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung muss für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

Es wird Ihnen gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Schreibens dazu zu äußern bzw. eine geeignete Liquiditätsaufstellung beizubringen."

Mit Eingabe vom gab der Vertreter des Bf bekannt, dass der Bf mit der Aufarbeitung der geforderten Präzisierung begonnen habe, und führte wie folgt aus:

"Auf Grund des Betrachtungszeitraums von fast zwei Jahren sowie der bis Jänner 2012 zurückreichenden Zeiträume wird zur Vorlage ergänzender Unterlagen vorsichtshalber um Erstreckung der Frist bis Oktober 2018 ersucht.

Vorsichtshalber weise ich im Namen und Auftrag meines Mandanten darauf hin, dass sich unabhängig davon bereits aus dem Vorbringen in der Beschwerde ableiten lässt, dass die Zahlungen an die Gläubiger bereits von dritter Seite bzw aus privaten Mitteln des Geschäftsführers erfolgen mussten, da im Unternehmen selbst keine Liquidität mehr vorhanden war. Eine Gläubigerbenachteiligung zu Lasten des Magistrats ist daher insoweit nicht erfolgt. Ausdrücklich wird vorsichtshalber weiters die Beischaffung des Insolvenzakts der ***2***, ***4*** HG Wien beantragt, da sich aus den Forderungsanmeldungen der Gläubiger jedenfalls ableiten lässt, dass diese in den gegenständlichen Zeiträumen nicht mehr bezahlt wurden."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

"Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGSI. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes, LGSI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgaben rechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBI. Nr. 58/1906, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten haben.

Voraussetzungen für die Haftung sind also:

Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, steht nach der Aktenlage fest.

Weiters steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehört.

Ferner wird nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich sind.

Es ist ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden kann, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist.

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde ins Treffen, dass er mangels Verfügbarkeit liquider Mittel auch keine anderen Gläubiger im Verhältnis zum Magistrat bevorzugt hätte. Somit hätte er seine Pflichten als Geschäftsführer nicht schuldhafterweise verletzt. Der angefochtene Bescheid sei daher zu beheben.

Dieser Argumentation wird Folgendes entgegengehalten:

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer wird auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, entrichtet werden.

Reichen die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten einer Gesellschaft nicht aus, haftet der Geschäftsführer nur dann nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn er nachweist, dass die zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Erbringt der Geschäftsführer diesen Nachweis nicht bzw. kann er auch nicht den Beweis führen, dass er trotz des Fehlens ausreichender Mittel seiner Gleichbehandlungspflicht nachgekommen ist, so ist die Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist. Konsequenterweise haftet der Geschäftsführer dann für die (von der Haftung betroffenen) Abgabenschulden zur Gänze.

Der Beschwerdeführer wurde deshalb mit Schreiben vom aufgefordert, zum Nachweis dafür, dass er den Abgabengläubiger nicht benachteiligt hat, eine Liquiditätsaufstellung vorzulegen. Dieser Aufforderung ist er jedoch nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer hat sohin keinen Nachweis erbracht, dass die im Haftungszeitraum vorhandenen Mittel der Gesellschaft anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze, wenn er dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderhandelt bzw. keinen entsprechenden Nachweis der Gleichbehandlung erbringt.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich war.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird.

Auf Grund dieser Tatsachen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Mit Vorlageantrag verwies der Bf durch seinen Vertreter zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen in seiner Beschwerde und ersuchte, diese der Entscheidung über den Vorlageantrag zu Grunde zu legen, und führte wie folgt aus:

"Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die vor Insolvenzeröffnung noch durchgeführten Zahlungen mangels Vermögenslosigkeit der Gesellschaft bereits von dritter Seite und nicht durch die Gesellschaft erfolgt sind. Unabhängig davon, dass dies durch Vorlage der Zahlungsbelege nachgewiesen wurde, ist glaubhaft und nachvollziehbar, dass die Zahlungen nicht aus privaten Mitteln vorgenommen worden wären, wenn die Gesellschaft noch in der Lage gewesen wäre, die Verbindlichkeiten zumindest teilweise zu bedienen.

Sonstige Ermittlungstätigkeiten hat die Behörde nicht erkennbar vorgenommen und insbesondere die ohne erheblichen Aufwand feststellbaren sonstigen Verbindlichkeiten im Verfahren der Insolvenz der ***2***, ***4***, HG Wien, vollständig unberücksichtigt gelassen.

Dies ist entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur unzulässig, umso weniger nachvollziehbar, als seit dem gegenständlichen Zeitraum nun bereits sieben Jahre vergangen sind, sodass für eine Ermittlungstätigkeit ausreichend Zeit gewesen wäre, für den Beschwerdeführer andererseits aber eine Rekonstruktion zunehmend schwieriger wurde.

Die Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Nachweis der Erfüllung des Gleichbehandlungsgebots nicht erbracht worden sei, (nur) weil die formalmäßig angeforderte Liquiditätsaufstellung in dieser Form nicht vorgelegt worden sei.

Die von der Behörde - erst rund acht Monate nach Erhebung der Beschwerde - angeforderte Liquiditätsaufstellung jedoch ist keineswegs der einzige zulässige Nachweis der Gläubigergleichbehandlung. Die nach der Judikatur des VwGH bestehe Nachweispflicht kann nicht dadurch überspannt werden, dass die Behörde nicht nur jegliche eigene Ermittlungen unterlässt und noch dazu dem Beschwerdeführer die Form des Nachweises auferlegt, obwohl mittels einfacher rechnerischer Operationen aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde inhaltlich zwangslos feststellbar ist, dass keine Gläubigerbenachteiligung erfolgt ist:

Da der Beschwerdeführer überzeugend dargelegt hat, dass aus den Mitteln der Gesellschaft im fraglichen Zeitraum keine anderen Gläubiger mehr bezahlt wurden und bezahlt werden konnten, ist eine Benachteiligung der Behörde rechnerisch nur mit € 0,- möglich und tatsächlich auch nicht eingetreten. Benachteiligende Zahlungen können schon deswegen nicht (anders) nachgewiesen werden, weil sie nicht erfolgt sind. Das Konto der Gesellschaft war bereits im März 2012 mit - € 18.905,01 überzogen, sodass keine Zahlungen an Gläubiger möglich gewesen wären.

Beweis: Kontoauszug ***2*** vom

Nach einem Konkursantrag der Wiener Gebietskrankenkasse im Juni 2012 wurden mit den Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen, wobei die Raten in den Folgemonaten von dritter Seite bezahlt wurden.

Beweis: Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom Kontoauszug ***5*** vom

Im Juni 2012 wurde auch die betriebliche Tätigkeit eingestellt, sodass keine weiteren Verbindlichkeiten entstehen konnten und entstanden sind.

Beweis: Ruhendmeldungen vom

Im Namen und Auftrag meines Mandanten beantrage ich daher die Abänderung des angefochtenen Bescheids dahingehend, dass die Haftung auf € 0,- reduziert wird."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993), BGBl. Nr. 819/1993 idgF, haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

Gemäß § 11 Abs. 2 erster Satz Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993), BGBl. Nr. 819/1993 idgF, ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. für Wien Nr. 17/1970 idgF, hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Gemäß § 6a Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. für Wien Nr. 17/1970 idgF, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Über das Vermögen der ***2*** wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***3*** zur Zahl ***4*** ein Konkursverfahren eröffnet.

Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der ***2*** stand spätestens mit der amtswegigen Löschung der Gesellschaft am im Firmenbuch gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit fest ().

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Entsprechend den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung führt der Bf in seiner Beschwerde ins Treffen, dass er mangels Verfügbarkeit liquider Mittel auch keine anderen Gläubiger im Verhältnis zum Magistrat bevorzugt und somit seine Pflichten als Geschäftsführer nicht schuldhafterweise verletzt hätte.

Die Gesellschaft hat die betrieblichen Tätigkeiten laut Vorbringen des Bf bereits mangels Verfügbarkeit liquider Mittel im Mai 2012 vollständig eingestellt. Die vor Insolvenzeröffnung noch durchgeführten Zahlungen erfolgten laut Vorlageantrag wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft bereits von dritter Seite und nicht durch die Gesellschaft. Die mit Bescheid vom gewährten Ratenzahlungen erfolgten wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft nicht durch diese, sondern bereits aus privaten Mitteln des Geschäftsführers, der aufgrund von erhofften Zahlungen, die jedoch letztlich nicht erfolgt sind, zu diesem Zeltpunkt noch davon ausging, eine Insolvenz der Gesellschaft unter Umständen allenfalls abwehren zu können.

Die nach Eintritt der Mittellosigkeit der Gesellschaft vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu dessen Abwehr geleisteten Zahlungen stammen somit aus privaten Mitteln des Bf und nicht aus Gesellschaftsmitteln, sodass sie bei der Beurteilung eines Verschuldens an der Verwendung von Gesellschaftsmittel zur anteiligen Abgabenentrichtung wohl außer Betracht zu bleiben haben. Da eine Verpflichtung zur Abgabenentrichtung für den Geschäftsführer nur aus Gesellschaftsmittel besteht, bestand zu deren Zahlung keine Verpflichtung.

Mangels Verfügbarkeit liquider Mittel bereits im Mai 2012 und Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben ab wurden die haftungsgegenständlichen Abgaben zu Zeitpunkten fällig, in denen der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung hatte.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung hat, so verletzt der Vertreter keine abgabenrechtliche Pflicht (; , 94/17/0420).

Zur Abweisung der Beschwerde aus dem Grunde, dass der Bf keinen Nachweis erbracht habe, dass die im Haftungszeitraum vorhandenen Mittel der Gesellschaft anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Bf nicht das Fehlen ausreichender Mittel der Gesellschaft zur Begleichung aller Verbindlichkeiten sondern vorgebracht hat, dass die Gesellschaft mangels Verfügbarkeit liquider Mittel im Mai 2012 ihren Betrieb vollständig eingestellt hat. Damit wurde das vollständige Fehlen jeglicher Mittel der Gesellschaft vorgebracht. Das ist ein Sachverhalt, der keiner konkreteren Darstellung bedarf (vgl. ).

Die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers bedeutet nicht, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre; entspricht der Geschäftsführer wie im gegenständlichen Fall - nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über das vom Bf vorgebrachte vollständige Fehlen jeglicher Mittel zu treffen (vgl. ; , 2002/13/0151; , 91/13/0037, 0038).

Konkrete Feststellungen hinsichtlich der Gesellschaft zur Abgabenentrichtung zur Verfügung stehenden Mittel wurden von der belangten Behörde nicht getroffen.

Die Inanspruchnahme des Bf als Haftungspflichtiger gemäß §§ 6a des Kommunalsteuergesetzes und des Dienstgeberabgabegesetzes mit Haftungsbescheid vom für Abgabenschuldigkeiten der ***2*** in der Höhe von € 1.022,99 erfolgte daher aus den dargestellten Gründen zu Unrecht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

, samt Akt

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400035.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at