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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.10.2020, RV/5101008/2020

Alternative Behandlungsmethode (Physikalische Gefäßtherapie) stellt keine außergewöhnliche Belastung dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage weiterer Unterlagen im Zusammenhang mit der außergewöhnlichen Belastung.

Im Beantwortungsschreiben vom wurde unter anderem (hier nicht streitgegenständliche Aufwendungen) die Rechnung betreffend dem streitgegenständlichen Aufwand sowie eine Beschreibung der Behandlungsmethode "BEMER" übermittelt.

Mit Datum wurde folgendes Schreiben (ohne Datum) eines Arztes nachgereicht:
"Auszug aus d.Dg.: KHK - CAG 2005,, Psioriasis palmaris, deg. Diskusprolaps C3/4, C4/5, C6/7,L5/S1 Zust. N. Sequesterektomie Ll/2 links,Tox. Handekzem, Omarthrosis dext.
Bei den oben angeführten Grunderkrankungen spielen Mikrozirkulationsstörungen eine wesentliche Rolle, die zu einer Verschlechterung der Krankheitsbilder führen.
Der Patient wendet die Physikalische Gefäßtherapie Bemer seit Mitte Dezember 2018 2x8 min täglich an.
Sehr einschränkend für die Lebensqualität bisher waren v.a. die Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, vor Beginn der Th. Stufe 7-8, dzt. 5-6. Die Schmerzen in der re Schulter vor Bemer-Therapie Schmerzen 7-8, derzeit ebenso zurückgegangen.
Bezüglich der Hautbeschwerden des Patienten kann der Patient zur Verbesserung auch die Bemer B Light Lichttherapie anwenden.
Dr.
***2******1***
Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin
Bemer Referenzmediziner"

Im Folgenden erfolgt die (auszugsweise) Wiedergabe einzelner Bestätigungen:
< Kauf BEMER Pro-Set: 4.150,00 €
< Beschreibung BEMER Physikalische Gefäßtherapie (aus https://oesterreich.bemergroup.com):
"Die BEMER International AG biete eine ganz neue Technologie die bereits vielfach erforscht wurde und die Mikrozirkulation, die Zellversorgung, die Blutverteilung und den Kreislauf verbessert. BEMER-Geräte kommen in vielfältigsten Bereichen zur Anwendung:
- zur Prävention, Leistungssteigerung und Verbesserung der Vitalität
- bei chronischen Erkrankungen
- bei Knochenmarködemen
- bei Diabetikern
- bei Wundheilstörungen
- in chirurgischen Zahnarztpraxen
- unterstützend für Physiotherapeuten
Laut div. Studien und Kundenerfahrungen unterstützt BEMER Therapie bei:
Müdigkeit, Stress, Burn Out, Migräne, Depressionen, Kopfschmerzen, Demenz, Mentale und körperliche Fitness, Alzheimer, Arthrose, Rheuma, Gicht, …., Schmerzen allgemein

"BEMER kann die eingeschränkte Durchblutung der kleinsten Blutgefäße verbessern und damit körpereigene Selbstheilungs- und Regenerationsprozesse unterstützen.

Durch viel Stress, zu wenig Schlag, einseitige Ernährung, ungesunde Lebensgewohnheiten, Krankheit und natürlich die Alterung verlangsamt sich jedoch die Pumpbewegung der kleinsten Blutgefäße. Dies betrifft die überwiegende Mehrheit aller Menschen. Dadurch sind die Blutzellen viel zu langsam unterwegs und können ihre Aufgaben nicht mehr ausreichend gut erfüllen. Eine Unterversorgung von Gewebe und Organen führt auf lange Sicht zu einem Nachlassen körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit, Schmerzen, Befindlichkeitsstörungen und Krankheit.
Die Physikalische Gefäßtherapie BEMER kann dem in einem natürlich begrenzten Rahmen entgegenwirken. Mit Hilfe elektromagnetische übertragener Stimulationssignale stimuliert sie die Pumpbewegung der kleinsten Blutgefäße und kann somit den Blutfluss in diesem Bereich wieder normalisieren.
….
Doch auch im Amateur- und Profisport kann BEMER wertvolle Unterstützung bieten. Denn durch eine bedarfsgerechte Durchblutung der kleinsten Blutgefäße sind kürzere Auf- und Abwärmphasen sowie eine schnellere Regeneration und somit effektivere Trainingseinheiten möglich. Zudem können Mikroverletzungen im Idealfall sofort repariert werden und dadurch größere Folgeverletzungen im Vorfeld verhindert werden.

In zahlreichen Doppelstudien wurde belegt, dass BEMER-Produkte wirken. In den Bereichen Wundheilung, Leistungssteigerung und auch Regeneration hat unsere Forschung Pionierarbeit geleistet und hierbei wertvolle und bisher unbekannte Ergebnisse über lokale und übergeordnete Regulationsmechanismen im menschlichen Organismus gewonnen und veröffentlicht. BEMER-Produkte sind offiziell in der EU zugelassenes Medizinprodukt.

Das Kernstück der Physikalischen Gefäßtherapie BEMER ist ein mehrdimensionales Signalgefüge, das die eingeschränkte bzw. gestörte Mikrozirkulation effektiv stimuliert. Sie unterstützt einen der wichtigsten körperlichen Regelmechanismen für Heilungs-, Genesungs- und Regenerationsprozesse und ist komplementär wirkungsvoll einsetzbar für:
- Bessere Versorgung von Organen und Geweben
- Unterstützung der Heilung von Wunden und Sportverletzungen
- Unterstützung des Immunsystems
- Erhöhung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
- Verkürzung der Regenerationszeiten im Sporttraining"

< Befundbericht vom (Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie):
Anamnese:
"Beim Patienten kam es im November 2017 zu Beschwerden, die im Rahmen der Abklärung auf eine Impressionsfraktur im LWS-Bereich zurückgeführt werden konnten. Ein Trauma war hierbei nicht erinnerlich, sodass vermutlich eine Laborabklärung zum Ausschluss einer sekundären Osteoporose im AKH Linz im Februar 2018 veranlasst wurde inklusive der Bestimmung der freien Leichtketten, einer Eiweiß-Elektrophorese sowie der tTG Antikörper (Ausschluss einer Zöliakie) sowie der Geschlechtshormone, wobei sämtliche Werte unauffällig waren. Nach Einleitung einer Osteoporosetherapie mittels Ibandronat alle 3 Monate erfolgte im März dieses Jahres ein Rehaaufenthalt in Bad Schallerbach. Hierbei kam es zu einer weitestgehenden Rückbildung der Beschwerden. Seit Oktober sind die vormalig zurückgebildeten Schmerzen wieder etwas aufgetreten.
Das Hauptproblem allerdings sind Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks, die vor etwa 6-7 Wochen erstmalig aufgetreten sind. Es dürfte im weiteren Verlauf zu einer leichten Schwellung sowie einer leichten Überwärmung gekommen sein. Die Schmerzen sind vorwiegend bei Bewegung aufgetreten und mit einer Morgensteifigkeit von mehreren Stunden einhergegangen. Anfänglich wurden NSAR eingenommen, die zu einer leichten Besserung führten.
In weiterer Folge wurden höherdosierte Dosen von Prednisolon über 1 Woche eingenommen, wobei unter 75-100 mg Prednisolon täglich offensichtlich eine völlige Beschwerdefreiheit vorgelegen haben dürfte. Im Rahmen der Dosisreduktion kam es allerdings wieder zu zunehmenden Beschwerden. Nach Absetzen der Prednisolon-Medikation musste zwischenzeitlich gehäuft Voltaren eingenommen werden. Im Rahmen einer orthopädischen Vorstellung bei Dr. M. konnte bei unauffälligem Handgelenksröntgen keine klare orthopädische Ursache gefunden werden. Es wurde für eine MRT-Diagnostik des linken Handgelenkes in die Wege geleitet. Aktuell wird Prednisolon 25 mg 2-0-0 eingenommen.
- Labordiagnostik vom : Unauffällige Entzündungsparameter (BSG, CRP), Blutbild + Diff. normal, Harnsäure mit 7,4 mg/dl gering erhöht, CK und GFR unauffällig, Gamma-GT mit 75 geringgradig erhöht, kein erhöhtes Mikroalbumin im Harn;
- Labor vom April 2018: TSH gering vermindert bei unauffälligem fT3 und fT4 (subklinisch hyperthyreote Stoffwechsellage)
Anamnestisch bestehen keine Hinweise auf Daktylitis, Enthesitis, chronisch-entzündlichen Kreuzschmerz, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Uveitis.
Beim Patienten ist eine Psoriasis palmaris bekannt, welche auf der dermatologischen Abteilung des Krankenhauses der Elisabethinen Linz erstdiagnostiziert wurde. Diesbezüglich nimmt der Patient in den letzten Jahren keine Medikation mehr ein und ist auch anfallsfrei.
- Verlaufskontrolle mit MRT des linken Handgelenks vom : Es zeigt sich eine Ergussbildung und ein synovialer Reiz im distalen Radioulnargelenk sowie im Carpus, die in erster Linie durch aktivierte Arthrosen bedingt sind.
Zusätzlich scheint der ulnokarpale Gelenkspalt reduziert im Sinn eines ulnaren Impactionsyndroms; rupturierter degenerativer Discus triangularis; mehrere sowohl nach dorsal, als auch nach palmar gerichtete ganglionäre Strukturen; Rhizarthrose - bei Befall auch der Grundgelenke wäre von radiologischer Seite differenzdiagnostisch eine rheumatologische Erkrankung denkbar; seit etwa 6 Tagen wird kein Cortison mehr eingenommen. Der Patient trägt seit ca. 12 Tagen eine Handgelenksbandage, worunter die Schmerzen gut in den Griff zu bringen sind. Lediglich bei stärkerer Dorsalextension und Palmarflexion kommt es zu deutlichen Handgelenksschmerzen."

< Ausstellung Behindertenpass (Sozialministerium Service vom ***3***):
"Aufgrund ihres Antrages vom wird ihnen mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 70% festgestellt wurde.
Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragungen liegen vor:
- Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz
- Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung."

Mit Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2018 abweichend von der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt, dass Ausgaben für alternative Heilmethoden (Physikalische Gefäßtherapie) eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn ihre durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen werde.
Die vorgelegte Bestätigung des Herrn Dr. ***1*** sei keine ärztliche Verordnung.
Sei dies nicht der Fall, würde eine Anerkennung derartiger Ausgaben als außergewöhnliche Belastung auch dann nicht möglich erscheinen, wenn der gewünschte Heilungseffekt eintreten würde.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen diesen Bescheid eingereicht.
Darin wurde beantragt, außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.150,00 € zu berücksichtigen.
Weiters wurde folgendes Schreiben (ohne Datum) beigefügt:
"An das Finanzamt
Betreff: Verordnung Physikalische Gefäßtherapie Bemer
Auszug aus d.Dg.: KHK - CAG 2005,, Psioriasis palmaris, deg. Diskusprolaps C3/4, C4/5, C6/7,L5/S1 Zust. N. Sequesterektomie Ll/2 links,Tox. Handekzem, Omarthrosis dext.

Verordnung Physikalische Bemer Therapie:
Insgesamt ist davon auszugehen, dass die oben genannten Erkrankungen, durch die begleitenden Mikrozirkulationsstörungen schneller fortschreiten.
Die Physikalische Gefäßtherapie Bemer, die nachweislich die Mikrozirkulationsstörungen günstig beeinflusst, ist daher für den Patienten besonders geeignet, um eine Besserung der Beschwerden zu erzielen und ein Fortschreiten der Erkrankungen einzudämmen, bzw. zu verlangsamen.
Dazu ist es notwendig, dass der Patient die Physikalische Gefäßtherapie Bemer täglich, min. 2 mal 8min, zuhause anwendet.
Der Patient wendet die Physikalische Gefäßtherapie Bemer seit Mitte Dezember 2018 2x8 min täglich an.
Sehr einschränkend für die Lebensqualität bisher waren v.a. die Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, vor Beginn der Th. Stufe 7-8, dzt. 5-6. Die Schmerzen in der re. Schulter vor Bemer-Therapie Schmerzen 7 - 8, derzeit ebenso zurückgegangen auf 5-6.
Bezüglich der Hautbeschwerden des Patienten soll der Patient zur Verbesserung auch die Bemer B Light Lichttherapie anwenden.
Dr.
***2******1***
Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin
Bemer Referenzmediziner"

Anmerkung Richter:
Dieses Schreiben wurde gegenüber der Eingabe vom dahingehend ergänzt, dass nunmehr "Verordnung Physikalische Gefäßtherapie" angeführt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für Behandlungsleistungen (incl. Therapiegeräte zur Eigenanwendung) durch nichtärztliches Personal grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG anzuerkennen seien, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben würden oder ein teilweiser Kostenersatz durch die zuständige Krankenkasse erfolgen würde; das gegenständliche Therapiegerät sei weder verordnet (nur Therapieempfehlung, ...), noch von der Krankenkasse ein Ersatz geleistet worden; ebenfalls würden Eigenanwendungen ohne konkreter direkter ärztlicher Aufsicht unter das Abzugsverbot nach § 20 EStG fallen. Laut Produktbeschreibung würde die angekaufte "Bemer Therapiematte" eine breitgefächerte Anwendungsmöglichkeit bieten und sei nicht konkret auf das Krankheitsbild des Beschwerdeführers abgestimmt.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen (Vorlageantrag).
"Das angekaufte Therapiegerät "Bemer Therapiematte" beeinflusst laut ärztlicher Bestätigung nachweislich eine positive Wirkung auf meine Mikrozirkulationsstörung. Dieses Gerät ist besonders geeignet, um eine Besserung der Beschwerden zu erreichen und ein Fortschreiten der Erkrankung einzudämmen. Weiters sollte ich laut ärztlichem Anraten eine Bemer B Light Lichttherapie anwenden, um meine Hautbeschwerden einzudämmen. Die physikalische Gefäßtherapie Bemer hat einen breiten Anwendungsbereich, die für viele Beschwerden eine positive Wirkung hat. Meine Krankheit ist durch ärztliche Diagnosen schon seit 2016 festgestellt worden.
Gemäß der Lohnsteuerrichtlinie Rz 902 ist für die Anerkennung von Krankheitskosten eine Krankheit erforderlich, die in einem direkten Zusammenhang mit der Krankheit stehen und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellen (). Der VwGH hat eine teilweise Kostentragung durch die Gebietskrankenkasse oder einer ärztlichen Verordnung nicht als Voraussetzung für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung angenommen. Nur der gesundheitsfördernde Aspekt wurde eindeutig hervorgehoben. Da die Physikalische Gefäßtherapie Bemer eine deutliche Besserung meines Gesundheitszustandes mit sich bringt, wären diese Aufwendungen nach der Argumentation des VwGH als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt (da ich einen Behinderungsgrad von 70% habe) anzuerkennen. Zur breiten Anwendungsmöglichkeit ist anzumerken, dass selbst bei Medikamenten, die ärztlich verordnet werden, oft eine breitere Anwendungsmöglichkeit für mehrere Krankheitsbilder gegeben ist."

Anlage: Kopien von ärztlichen Befunden und Gefäßtherapie Bemer

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde beantragte darin die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist zu 70% behindert und leidet vor allem an Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule; Schmerzen in der rechten Schulter.

Als Therapiemaßnahme hat sich der Beschwerdeführer eine Therapiematte zur "Physikalischen Gefäßtherapie" angeschafft, welche er täglich 2x8Minuten anwendet.

Nach den Darstellungen eines Arztes hat diese Anwendung bereits zu einer Besserung der Beschwerden geführt und ein Fortschreiten der Erkrankungen eingedämmt bzw. verlangsamt.

Eine ärztliche Verordnung (vor Anschaffung des streitgegenständlichen Produktes) für diese Maßnahme liegt nicht vor. Ebenso wenig eine ärztliche Anleitung und Überwachung deren Nutzung.

Das streitgegenständliche Produkt ist sehr vielseitig einsetzbar; nicht nur für Behandlungen im Zusammenhang mit Beschwerden an welchen der Beschwerdeführer leidet, sondern z. B. auch im Sportbereich - Verkürzung der Regenerationszeit.

Beweiswürdigung

< Beschreibung des Therapiegerätes auf der homepage bemergroup
- zur Prävention, Leistungssteigerung und Verbesserung der Vitalität
- BEMER Therapie wirkt unterstützend bei Müdigkeit, Stress, körperliche Fitness, …
- weitere Anwendungsbereiche siehe oben im Verwaltungsgeschehen.

< Ausstellung Behindertenpass (70% Behinderung)

< 2 Schreiben von Dr. ***1***
Dass das Schreiben von Dr. ***1*** keine Verordnung (Ausstellung VOR Therapiebeginn) darstellen kann, lässt sich aus der Tatsache schließen, dass in der "Erstversion" (Eingabe am ) der Text "Verordnung" noch nicht enthalten war. Erst nachdem die belangte Behörde im Bescheid vom angeführt hat, dass eine ärztliche Verordnung vorliegen müsse, wurde diese Passage in einem neuerlichen Schreiben (Beilage zur Beschwerde) ergänzt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Abs. 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Abs. 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (VO) lautet:
Abs. 1: Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung
(…)
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Abs. 2: Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
Abs. 3: Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach
§ 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 4 VO lautet:
Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z. B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 lautet:
Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden (…) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gegenständlich ist vor allem der Absatz 3 des § 34 EStG 1988 von Bedeutung ("… nicht entziehen kann …").
Hat sich also der Beschwerdeführer aus freien Stücken entschlossen, den Aufwand zu tätigen, so stellt dies keine außergewöhnliche - zwangsläufige - Belastung dar.

Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen insofern zwangsläufig erwachsen, als es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. VwGH 4.9.20014, 2012/15/0136; "vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens").

Wie schon in der Beschwerdevorentscheidung vom klar hervorgehoben wurde, kann dem hier strittigen Aufwand (Anschaffung einer Therapiemappe) keine ärztliche Verordnung zur Anschaffung entnommen werden.
Im "ersten" Schreiben in der Eingabe vom wurde auch lediglich angeführt: "der Patient wendet die Physikalische Gefäßtherapie Bemer seit Mitte Dezember 2018 2x8 min täglich an."
Eine medizinische Verordnung kann hierin keinesfalls erkannt werden.
Das "zweite" Schreiben (als Beilage zur Beschwerde) wurde offensichtlich an die angeführten Mängel im Bescheid angepasst.
Dies kann allerdings ebenfalls nicht als ärztliche Verordnung umgedeutet werden.

Ein wesentliches Entscheidungskriterium sind jedenfalls auch die unterschiedlichsten Einsatzmöglichkeiten des Produktes.
Auch wenn die Therapiematte für die Beschwerden des Beschwerdeführers dienlich ist, so wird diese jedenfalls auch von Personen ohne diese Beschwerden genutzt. Dass diese Therapiematte also ausschließlich auf die (behinderungsbedingten) Beschwerden des Beschwerdeführers abgestimmt wäre, kann hierin keinesfalls erkannt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in seiner Judikatur nur die typischerweise mit einer Heilbehandlung verbundenen Kosten als zwangsläufig an. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann (vgl. ).
Dass gegenständliches Produkt eine sehr breite Anwendungspalette besitzt, wurde oben bereits hervorgehoben - vor allem auch im Bereich der Fitness.
Bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über medizinische Auswirkungen bilden keine ausreichende Grundlage für den Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Aufwandes (vgl. ).

Mit einer außerhalb eines ärztlichen Behandlungsplanes stehenden, bloßen ärztlichen Empfehlung - umso mehr, wenn sie erst nachträglich gegeben wird, wird den o.a. Anforderungen an die Nachweisführung bei Krankheits- oder Behinderungskosten für gewöhnlich jedoch nicht entsprochen.

Allgemein kann gesagt werden, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt (Zwangsläufigkeit; Mittel zur Heilung und Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig; vgl. ).

Die gegenständliche Behandlungsmethode kann durchaus dem Bereich der alternativmedizinischen Behandlung zugeordnet werden. Die Kosten für derartige Behandlungen stellen allerdings nur dann eine außergewöhnliche Belastung dar, wenn ihre durch die Krankheit bzw. Behinderung bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit mittels ärztlicher Verordnung nachgewiesen wird.
Dieser Nachweis kann gegenständlich nicht erkannt werden. Die nachträgliche Änderung des Schreibens von Dr. ***1*** kann dies ebenfalls nicht bewirken.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist grundsätzlich eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme ergibt, erforderlich (vgl. ).

Aber auch wenn bereits im "ersten" Schreiben ein Verordnungscharakter zu erkennen gewesen wäre, so wären jedenfalls auch die grundsätzlichen Anwendungsmöglichkeiten der Therapiematte zu beachten.
Die Anwendungsbereiche dieser Therapiematte sind nicht unmittelbar auf die Beschwerden des Beschwerdeführers abgestimmt.
Auch zahlreiche Personen, welche nicht die (behinderungsbedingten) Beschwerden des Beschwerdeführers haben, nutzen diese Therapiematte.
Wie oben ausführlich wiedergegeben wurde, findet diese Matte in den verschiedensten Bereichen eine Anwendung:
- im Sportbereich
- Erhöhung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
- ….
Gerade diese allgemeinen Einsatzmöglichkeiten lassen auch die "Außergewöhnlichkeit" des Aufwandes nicht erkennen.
Eine klare medizinische Indikation bei der Nutzung dieser Therapiematte kann nicht erkannt werden (vgl. ).

Entscheidungswesentlich ist hier weiters, - wie schon in der Beschwerdevorentscheidung angeführt wurde - dass es sich um Therapiegerät zur Eigenanwendung handelt. Es gab keine Anweisung durch ärztliches Personal; es gab keine Verordnung zur Anschaffung der Therapiematte; es gab keine Ersätze seitens der Krankenkasse.
Die sehr breitgefächerten Anwendungsmöglichkeiten sind nicht konkret auf das Krankheitsbild des Beschwerdeführers abgestimmt.

Für die auch hier schwierige Trennung der Krankheitskosten von Aufwendungen, die ihrer Natur nach sowohl von Kranken als auch von Gesunden getätigt werden, um ihrer Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten, ist in schwer zu beurteilenden Einzelfällen die Vorlage eines zeitlich vor den Aufwendungen erstellten ärztlichen Gutachtes erforderlich, dem sich zweifelsfrei entnehmen lässt, dass die den Aufwendungen zu Grunde liegende Maßnahme auch medizinisch indiziert ist (vgl. ).

Eine Maßnahme zur therapeutischen Behandlung einer Krankheit, eine Therapie, erfordert nach der Rechtsprechung ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren (vgl. ).

Ein "mittelbarer ärztlicher Verordnungszusammenhang" reicht nicht aus; zur Abziehbarkeit von Aufwendungen, die ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern, ist ein "vorfeldweises" Gutachten erforderlich.
Aus obiger Beschreibung: "… Energie für körperliche und geistige Leistung zur Verfügung zu stellen oder auch das allgemeine Wohlbefinden wieder herstellen …"

In Anlehnung an das Erkenntnis () ist gegenständlich zu beachten, dass der streitgegenständlichen Anschaffung auch ein entsprechender Gegenwert gegenübersteht, welcher wie oben angeführt, einen sehr weiten Anwendungsbereich und somit keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit aufweist, sodass es hier zu keinem Vermögensabfluss und damit zu keiner Belastung im Sinne der hier maßgeblichen steuerlichen Bestimmungen kommt (Stichwort: "Gegenwerttheorie").
Beim streitgegenständlichen Produkt ist keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit zu erkennen. Somit liegt auch kein "Hilfsmittel" vor, welches behinderungsspezifische Besonderheiten aufweisen würde (vgl. ).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der streitgegenständlich dargestellte Sachverhalt lässt keine Abweichungen gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen erkennen. Einer ordentlichen Revisionsmöglichkeit war demnach nicht zuzustimmen. Das gegenständliche Erkenntnis berücksichtigt auch die entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. 2001/15/0164).

Linz, am

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